Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 20.10.1994, Az.: 7 U 11/94

Aufhebung eines Pachtvertrages; Teilweise Annahme eines Angebots

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
20.10.1994
Aktenzeichen
7 U 11/94
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1994, 15828
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1994:1020.7U11.94.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Alfeld - 22.12.1993 - AZ: 8 Lw 16/93

Prozessführer

...

Prozessgegner

...

In dem Rechtsstreit
hat der 7. Zivilsenat - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...
den Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richterin am Oberlandesgericht ... als Berufsrichter sowie
die Landwirtin ... und den Landwirt ... als ehrenamtliche Richter
auf die mündliche Verhandlung vom 15. August 1994 für
Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 22. Dezember 1993 verkündete Urteil des Landwirtschaftsgerichts Alfeld abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, die von ihm innegehaltenen landwirtschaftlichen Flächen Gemarkung ... zur Größe von 11.283 qm ... sowie Gemarkung ... zur Größe von 4.711 qm ... an den Kläger herauszugeben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

1

Die Berufung des Klägers ist begründet.

2

Das Landwirtschaftsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der von dem Beklagten am 30. September 1992 aufgesetzte Vertrag das Angebot zum Abschluß eines Aufhebungsvertrages war, und zwar in Absatz 1 hinsichtlich des Pachtverhältnisses über die im Pachtvertrag vom 1. September 1983 unter laufender Nr. 1 und 2 bezeichneten Flächen, die im Tenor näher bezeichnet sind, und zu einem späteren Zeitpunkt hinsichtlich des Pachtverhältnisses über die im Pachtvertrag vom 1. September 1983 unter laufender Nr. 4 und 5 bezeichneten Flächen. Ebenso richtig ist, daß der handschriftliche Zusatz des Klägers mit der Bezugnahme auf den am 13. November 1992 geschlossenen Vertrag eine Abänderung im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB war. Der Senat folgt jedoch nicht der Ansicht des Landwirtschaftsgerichts, daß, wenn der Beklagte diese Abänderung nicht ausdrücklich oder jedenfalls wirksam zugestimmt habe, der ganze Vertrag nicht zustandegekommen sei. Ein Angebot kann nämlich auch teilweise angenommen werden, insbesondere dann, wenn das Angebot aus zwei verschiedenen Sachverhalten besteht, so daß praktisch zwei Vertragsangebote bestehen.

3

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung NJW 1986, 1984 beiläufig ausgesprochen, daß ein Angebot auch teilweise angenommen werden kann und es dem Parteiwillen überlassen ist, in Abweichung von § 150 Abs. 2 BGB auch eine Teilannahme als möglich vorzusehen. Zu Recht dehnt Heinrichs (Palandt, Kommentar zum BGB, 52. Aufl., Rdnr. 2 zu § 150) diesen Rechtssatz dahin aus, daß eine Auslegung des Antrages ergeben könne, daß eine Teilannahme möglich sei. Bei einer Auslegung ist vom erklärten Willen gemäß § 133 BGB und vom objektiven Sinngehalt gemäß § 157 BGB auszugehen. Zwischen den beiden Absätzen des Angebotes des Beklagten bestand kein Zusammenhang. Der erste Absatz betraf nur die drei im Tenor näher bezeichneten Pachtflächen und sah die Aufhebung des Pachtverhältnisses über diese Flächen zum 30. September 1992 vor. Dieser Teil wurde durch den handschriftlichen Zusatz des Klägers nicht berührt. Beide Parteien haben entsprechend ihrer mündlichen Absprache eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß sie hinsichtlich der Positionen 1 und 2 des Pachtvertrages von 1983 das Vertragsverhältnis aufheben wollten. Gegenteilige Gesichtspunkte sind nicht zu erkennen. Der Beklagte persönlich hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, daß er mit der Aufhebung des Pachtvertrages insoweit einverstanden gewesen sei.

4

Da das Angebot des Beklagten zum Abschluß eines Aufhebungsvertrages den Kläger erst zu einem Zeitpunkt erreichte, als die Wirkung nach dem überstimmenden unstreitigen Vortrag der Parteien bereits eingetreten war, ließe sich der erste Absatz des Vertragsangebotes auch lediglich als Feststellung einordnen, daß das Pachtverhältnis zum 30. September 1992 hinsichtlich der laufenden Nr. 1 und 2 des Pachtvertrages aufgehoben sei, der der Kläger im Ergebnis nicht widersprochen hat und auch nicht widersprechen wollte. Im übrigen läßt sich eine sofortige Vertragsbindung der Parteien an den ersten Teil des Vertrages auch dann annehmen, wenn die Parteien mit der tatsächlichen Vertragserfüllung beginnen (vgl. Münchener Kommentar, Rdnr. 7 zu § 154 BGB). Unstreitig hat der Beklagte jedenfalls zum 1. April 1993 nicht mehr den Pachtzins für die Positionen 1 und 2 des ursprünglichen Pachtvertrages gezahlt. Unstreitig hat er zu diesem Zeitpunkt den übrigen Pachtzins gezahlt, und unstreitig hatte er bis dahin die Pachtzinsen immer pünktlich gezahlt. Unstreitig ist die Abgabe der Pachtflächen zu Positionen 1 und 2 der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft angezeigt worden, wobei es unerheblich ist, ob diese Anzeige von dem Beklagten selbst oder seiner Ehefrau stammte. Ohne näheren Vortrag kann nicht angenommen werden, daß die Ehefrau ohne Wissen und Willen des Beklagten gehandelt hat. Deren Handeln muß sich der Beklagte zurechnen lassen. Unstreitig, jedenfalls vom Beklagten nicht bestritten, ist aber auch, daß der Pachtvertrag vom 13. November 1992 einen Ausgleich für den Aufhebungsvertrag darstellen sollte. Denn der Beklagte gab 1.59.94 Hektar ab und erhielt mehr als 3 Hektar vom Kläger hinzu.

5

Wenn demnach der Aufhebungsvertrag über die Pachtflächen zu laufender Nr. 1 und 2 des Pachtvertrages vom 30. September 1992 wirksam zustandegekommen ist, hat der Beklagte diese Flächen herauszugeben. Inwieweit eine wirksame Vereinbarung über die Pachtflächen zu laufenden Nr. 4 und 5 zustandegekommen ist, ist für diesen Rechtsstreit unerheblich.

6

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 713 und 546 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Beschwer: 1.735,87 DM.