Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 14.09.2005, Az.: 11 A 5589/03
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 14.09.2005
- Aktenzeichen
- 11 A 5589/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 43258
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOLDBG:2005:0914.11A5589.03.0A
Amtlicher Leitsatz
Wenn bei einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft, die auch zur Erteilung eines Aufenthaltstitels geführt hat, bestandskräftig widerrufen worden ist, kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG, die der früheren Regelung des § 30 Abs. 2 AuslG entspricht, in Betracht.
Danach kann die Aufenthaltserlaubnis auch in diesen Fällen nur in einzelnen Sonderkonstellationen verlängert werden (hier: Einleitung des Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung durch das Bundesamt nach gut einem Jahr)
Tatbestand
Die Kläger sind Volkszugehörige der Ashkali aus dem Kosovo. Die 1968 bzw. 1975 geborenen Kläger zu 1) und 2) sind Eheleute, die Kläger zu 3) bis 6) ihre gemeinsamen zwischen 1991 und 1997 geborenen Kinder.
Die Kläger reisten am 31. August 1998 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte dies zunächst mit Bescheid vom 7. Oktober 1998 ab. Auf Grund eines rechtskräftigen Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 5. Mai 1999 - A 4 K 589/98 - stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 8. Juli 1999 das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG fest.
Am 27. Juli 1999 wurden den Klägern durch den Landkreis Wittenberg erstmals Aufenthaltsbefugnisse erteilt, welche durch den Landkreis Merseburg - Querfurt am 27. Juli 2001 bis zum 26. Juli 2003 verlängert worden sind.
Am 8. September 2000 hat das Bundesamt bezüglich der Flüchtlingsanerkennung der Kläger ein Widerrufsverfahren eingeleitet. Mit Bescheid vom 12. Juni 2002 hat das Bundesamt die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, widerrufen und festgestellt, dass Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht gegeben sind. Die hiergegen beim Verwaltungsgericht Magdeburg erhobene Klage haben die Kläger am 12. Februar 2003 zurückgenommen.
Nach Anhörung der Kläger widerrief der Beklagte mit Bescheid vom 24. April 2003 die Aufenthaltsbefugnisse. Diese Verfügung hat sich nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten während des Widerspruchsverfahrens durch den Ablauf der Geltungsdauer der Aufenthaltsgenehmigungen erledigt.
Am 28. Juli 2003, einem Montag, haben die Kläger die Verlängerung der Aufenthaltsbefugnisse beantragt.
Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 30. Juli 2003 ab, forderte die Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe des Bescheides zu verlassen und drohte anderenfalls ihre Abschiebung in den Kosovo an. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden: Das Abschiebungshindernis sei entfallen, so dass die Aufenthaltsbefugnis nach § 34 Abs. 2 AuslG nicht verlängert werden dürfe. Es seien auch keine dringenden humanitären Gründe im Sinne des § 30 Abs. 2 AuslG gegeben. Das Schicksal der Kläger unterscheide sich nicht von demjenigen anderer Kosovo-Flüchtlinge, die sich seit vielen Jahren im Bundesgebiet aufhielten. Die Kläger seien sogar vergleichsweise kurz in Deutschland. Der Kläger zu 1) habe auch erst nach Bekanntgabe des Widerrufsverfahrens beim Bundesamt mit einer Erwerbstätigkeit begonnen. Bis dahin habe man Sozialhilfe bezogen. Die Kläger beherrschten auch die deutsche Sprache nicht. Hinsichtlich der geltend gemachten Krankheit des Klägers zu 4) müsse beim Bundesamt ein Antrag auf Wiederaufgreifen gestellt werden. Da den Klägern die freiwillige Ausreise möglich sei, sei es ohne Bedeutung, dass Angehörige der Ashkali nicht abgeschoben werden könnten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2003 hat die Bezirksregierung Weser-Ems den hiergegen gerichteten Widerspruch der Kläger zurückgewiesen.
Am 22. Dezember 2003, einem Montag, haben die Kläger Klage erhoben. Mit Bescheid vom 14. Januar 2004 hat der Beklagte den Bescheid vom 30. Juli 2003 insoweit geändert, als die Abschiebung nunmehr nach Serbien-Montenegro (Kosovo) angedroht worden ist.
Die Kläger tragen im Wesentlichen vor: Der Beklagte habe die erforderliche Ermessensentscheidung nicht getroffen. Nach einem Widerruf der Flüchtlingsanerkennung müsse unter Abwägung aller Umstände über den weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland entschieden werden. § 34 Abs. 2 AuslG sei nicht anwendbar. Hingewiesen werde auch auf einen Erlass des Innenministeriums von Rheinland Pfalz vom 7. Mai 2004. Für ihren Verbleib sprächen der lange Aufenthalt und die hierdurch eingetretene Integration. Für die Kläger zu 3) bis 6) sei Deutsch die Muttersprache, sie seien faktische Inländer. Sie lebten nunmehr sieben Jahre in Deutschland. Der Kläger zu 1) habe seit drei Jahren eine Arbeitsstelle in einem Zerlegebetrieb in Visbek.
§ 25 Abs. 5 AufenthG sei auch anwendbar, wenn die freiwillige Ausreise möglich, aber aus subjektiven Gründen nicht zumutbar sei. Dies ergebe auch die authentische Interpretation durch den Verhandlungsführer der SPD-Fraktion bei den Beratungen des Zuwanderungsgesetzes. Ferner werde auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 29. Juni 2005 - 6 A 171/05 - hingewiesen. Die Klägerin zu 6) sei chronisch krank. Sie leide an einer Entwicklungsstörung und Intelligenzminderung. Dies ergebe sich aus einer Bescheinigung des praktischen Arztes W. Ulbricht vom 28. Juni 2005 und einem Bericht des Kinderzentrums Oldenburg vom 5. April 2005. Im Heimatland sei die Behandlung nicht sichergestellt. Dies sei bei der Anwendung des § 25 Abs. 5 AufenthG zu berücksichtigen.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid des Beklagten vom 30. Juli 2003/14. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Weser-Ems vom 19. November 2003 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihnen Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er weist im Wesentlichen auf Folgendes hin: Er habe eine Entscheidung nach pflichtgemäßen Ermessen getroffen. Es seien keine Gründe erkennbar, die es rechtfertigen würden, die Kläger anders als andere Flüchtlinge aus dem Kosovo zu behandeln. Nach dem angeführten rheinland-pfälzischen Erlass sei ein sechsjähriger rechtmäßiger Aufenthalt erforderlich. Außerdem sei keine besonders ausgeprägte wirtschaftliche und soziale Integration ersichtlich. Da die freiwillige Ausreise möglich sei, bestehe auch kein Anspruch nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Die Vorschrift stelle nicht auf die Zumutbarkeit, sondern auf die objektive Möglichkeit der freiwilligen Ausreise ab. Nach Mitteilung des UNHCR seien auch bereits 9 000 Mitglieder der ethnischen Minderheiten zurückgekehrt. Die angeführten Erkrankungen seien zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, welche vom Bundesamt zu prüfen seien.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen aus humanitären Gründen.
1. Ein solcher ergibt sich nicht aus § 25 Abs. 1 bis 3 AufenthG. Das insoweit nach § 5 Abs. 1 Satz 1, § 24 Abs. 2 AsylVfG zuständige Bundesamt hat in Bezug auf sämtliche Kläger den Beklagten als Ausländerbehörde gemäß §§ 4, 42 AsylVfG bindende negative Entscheidungen zu Art. 16 a Abs. 1 GG sowie §§ 51 Abs. 1, 53 AuslG (= § 60 AufenthG) getroffen. Diese Bindungswirkung gilt auch in den Fällen, in denen eine Flüchtlingsanerkennung widerrufen worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. April 1999 - 9 C 29.98 - InfAuslR 1999, 373374) und ist nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung im Rahmen sämtlicher Regelungen des § 25 AufenthG zu beachten (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 15. Juli 2005 - 13 S 1103/05 -Leitsatz in juris; Urteil vom 6. April 2005 - 11 S 2779/04 -S. 11 ff.; OVG Münster, Beschluss vom 14. März 2005 - 18 E 195/05 - InfAuslR 2005, 263 [OVG Nordrhein-Westfalen 14.03.2005 - 18 E 195/05]).
Die betreffend die Kläger zu 4) und 6) angeführten Krankheiten, welche nach ihrem Vortrag im Heimatland nicht behandelbar sein sollen, können als nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu beurteilende zielstaatsbezogene Gesichtspunkte danach nur gegenüber dem Bundesamt geltend gemacht werden.
2. Es besteht auch kein Anspruch der Kläger aus § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG. Nach der Vorschrift kann eine Aufenthaltserlaubnis abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG verlängert werden, wenn auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles das Verlassen des Bundesgebietes eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde.
Die Regelung entspricht der Bestimmung des § 30 Abs. 2 AuslG (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 79 f.; VGH Mannheim, Beschluss vom 9. Februar 2005 - 11 S 1099/04 -S. 7). Eine außergewöhnliche Härte im Einzelfall ist nur in Sonderkonstellationen anzunehmen, wenn aus individuell-persönlichen Gründen eine besondere gegenüber Ausländern in vergleichbarer Lage signifikant abweichende Situation vorliegt. Hierbei sind etwa auch die Wertungen des Art. 8 EMRK zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 2000 - 1 C 14/00 - InfAuslR 2001, 7274, VGH Mannheim a.a.O.; VGH München, Urteil vom 14. März 2000 - 10 B 99.2101 - InfAuslR 2000, 284286).
Einen solchen Ausnahmefall vermag die Kammer im Falle der Kläger nicht festzustellen. Ihre Situation unterscheidet sich nicht in erheblicher Weise von den Angehörigen der maßgeblichen Vergleichsgruppe der ebenfalls zeitweise als Flüchtlinge anerkannten Personen aus dem Kosovo.
Zutreffend ist der Beklagte dabei davon ausgegangen, dass viele Flüchtlinge aus dem Kosovo bereits deutlich länger hier leben als die Kläger, welche im Sommer 1998 in die Bundesrepublik Deutschland gelangt sind. Die Kläger haben sich zwar insgesamt vier Jahre rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Ihre Aufenthaltsbefugnisse waren jedoch befristet. Eine Verlängerung stand unter dem Vorbehalt, dass die Ausreisehindernisse nicht entfallen (§§ 34 Abs. 2 AuslG, 26 Abs. 2 AufenthG). Entgegen der Auffassung der Kläger galt § 34 Abs. 2 AuslG dabei auch für Aufenthaltsbefugnisse, welche auf § 70 AsylVfG a.F. beruhten. Für diese fanden auch im Übrigen die allgemeinen Regelungen des AuslG, wie etwa §§ 34 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG, ergänzend Anwendung (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 1 C 3.02 - BVerwGE 117, 276282). § 26 Abs. 2 AufenthG, welcher auch für die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG gilt, die die Aufenthaltsbefugnis nach § 70 AsylVfG a.F. zum 1. Januar 2005 ersetzt hat, soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers der Regelung des § 34 Abs. 2 AuslG entsprechen (vgl. BT-Drs 15/420, S. 80).
Im Falle des Widerrufs der Flüchtlingsanerkennung sahen und sehen § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG und § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG grds. auch die Möglichkeit des Widerrufs des erteilten Aufenthaltstitels vor. Die in den maßgeblichen Vorschriften des § 35 AuslG (8 Jahre) bzw. des § 26 Abs. 4 AufenthG (7 Jahre) für die Erteilung unbefristeter Aufenthaltstitel vorgesehenen Zeiträume sind auch unter Berücksichtigung der Dauer des Asylverfahrens eindeutig noch nicht verstrichen gewesen als im Juli 2003 die Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsbefugnisse der Kläger endete. Auch der von den Klägern angeführte Erlass des rheinland-pfälzischen Innenministeriums vom 7. Mai 2004 würde, wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat, keine andere Entscheidung rechtfertigen. Dieser sieht in Bezug auf die Ausübung des Widerrufsermessens nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG vor, dass erst ein sechsjähriger rechtmäßiger Aufenthalt grundsätzlich dazu führt, von einer Aufhebung des Aufenthaltstitels abzusehen (Nr. 2.3.).
Von erheblicher Bedeutung ist hier zudem, dass das Widerrufsverfahren bereits gut ein Jahr nach der Flüchtlingsanerkennung eingeleitet worden ist. Die Kläger konnten damit nur für vergleichsweise kurze Zeit berechtigt von einem längeren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland ausgehen. Die Flüchtlingsanerkennung auf Grund des Gerichtsbescheides des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 5. Mai 1999 war auch einer bloß kurzzeitig gegebenen Gruppenverfolgungssituation während des Kosovokrieges geschuldet. Hinzu kommt, dass der Beklagte unverzüglich nach Unanfechtbarkeit des Widerrufsbescheides des Bundesamtes vom 12. Juni 2002 auch ein Widerrufsverfahren betreffend die Aufenthaltsbefugnisse eingeleitet hat.
Auch der Umfang der Integration der Kläger in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland vermag die Annahme eines Sonderfalles nicht zu rechtfertigen. Sie sind nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung gerade in der Lage ihren Lebensunterhalt durch das Arbeitseinkommen des Klägers zu 1) zu sichern. Die mündliche Verhandlung hat auch ergeben, dass der Kläger zu 1) nicht über besondere Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Er hat sein persönliches Lebensumfeld betreffende Fragen des Gerichts mit Hilfe eines Dolmetschers beantwortet. Die Ausführungen, die er auf ausdrückliche Bitte des Gerichts in Deutsch gemacht hat, ließen ein einfaches Sprachniveau erkennen. Im Juli 2003 konnte der Kläger zu 1) im Rahmen einer Vorsprache bei dem Beklagten Erklärungen ebenfalls lediglich mit Hilfe eines Dolmetschers abgeben. Die Kläger zu 1) und 2) verständigen sich im häuslichen Umfeld auf Albanisch. Die Kläger zu 3) bis 6) beherrschen diese Sprache ebenfalls.
2. Es besteht auch kein Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Nach der Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall des Ausreisehindernisses in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist.
Die Unmöglichkeit der Ausreise besteht insbesondere nicht im Hinblick darauf, dass UNMIK Abschiebungen von Angehörigen der Volksgruppe der Ashkali längere Zeit nicht akzeptiert hat. Denn auf Grund einer Neubewertung der Sicherheitslage stimmt UNMIK einer Rückführung dieser Minderheit inzwischen grundsätzlich zu (vgl. Erlass des Nds. Innenministeriums vom 3. Mai 2005).
Aber auch abgesehen davon liegen die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG nicht vor. Die Kammer hat hierzu mit Urteil vom heutigen Tage (11 A 3311/03) betreffend Angehörige der Roma, deren Abschiebung UNMIK weiterhin grundsätzlich ablehnt, ausgeführt:
"Maßgeblich ist nach der Vorschrift § 25 Abs. 5 AufenthG, wie sich aus dem Wortlaut ("Ausreise") und der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/420, S. 80), noch deutlicher als aus § 30 Abs. 3 und 4 AuslG, ergibt, ob (neben der Abschiebung) die freiwillige Ausreise des Ausländers aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist. Unerheblich ist dagegen, aus welchen Gründen eine Abschiebung des Ausländers scheitert.
UNMIK ist bereit, Angehörige der Minderheiten auf strikt freiwilliger Basis wieder aufzunehmen. Bis Ende 2003 haben hiervon etwa 9 000 Personen Gebrauch gemacht. Bis Juni 2004 sind rund 1 000 Angehörige der Roma zurückgekehrt (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes a.a.O., S. 14, 16, 20). Dies zeigt, dass UNMIK nicht die Rückkehr von Angehörigen der Minderheiten an sich als Sicherheitsrisiko einstuft, sondern lediglich die zwangsweise Rückführung gegen den Willen der Betroffenen.
Eine Unmöglichkeit der freiwilligen Ausreise kann deshalb aus den hier geltend gemachten zielstaatsbezogenen die Sicherheitslage für bestimmte Minderheiten betreffenden Erwägungen, die UNMIK zur Einschränkung des Rückführungsprozesses veranlasst, und deshalb zu einem Abschiebungshindernis führen, nicht festgestellt werden. Zielstaatsbezogene Gesichtspunkte, die einer Rückkehr in den Heimatstaat entgegenstehen, sind abschließend in § 60 AufenthG geregelt (vgl. OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 3. Juni 2004 und 19. Januar 2005 - 8 LA 84/04 und 8 PA 305/04 -). Eine weitergehende Untersuchung zielstaatsbezogener Aspekte ist deshalb nach der Rechtsprechung der Kammer (vgl. Beschluss vom 28. Juni 2005 - 11 B 2413/05 -; Urteil vom 11. Mai 2005 - 11 A 2574/03 -) auch unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit nicht erforderlich.
In der maßgeblichen Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/420 a.a.O.) wird zwar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die subjektive Möglichkeit und dabei auch die Zumutbarkeit der freiwilligen Ausreise zu prüfen sei. Diese sich im Übrigen bereits aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ergebende Voraussetzung jeglichen staatlichen Handelns vermag es aber nicht zu rechtfertigen, darüber hinausgehende zielstaatsbezogene Aspekte in diese Betrachtung mit einzubeziehen. Nach der erwähnten Gesetzesbegründung umfassen die Fälle rechtlicher Ausreisehindernisse im Sinne des § 25 Abs. 5 AufenthG inlandsbezogene Gesichtspunkte. Auch für die Unmöglichkeit der Ausreise aus tatsächlichen Gründen werden keine zielstaatsbezogenen Aspekte, sondern die Reiseunfähigkeit, die Passlosigkeit und unterbrochene Verkehrsbedingungen beispielhaft erwähnt. Spezielle aufenthaltsrechtliche Regelungen für die Fälle, in denen zielstaatsbezogene Gesichtspunkte einer Rückkehr entgegenstehen, finden sich zudem in § 25 Abs. 1 - 3 AufenthG. § 60 AufenthG enthält auch bereits einen umfassenden verfassungskonformen Katalog humanitäre zielstaatsbezogener Gründe, insbesondere sind in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auch konkrete Gefahren für Leib und Leben erwähnt, die im Heimatland drohen. Es handelt sich insoweit zwar um Abschiebungs- und nicht um Ausreiseverbote. Wenn jedoch die Abschiebung als Zwangsmaßnahme möglich ist, stehen einer freiwilligen Rückkehr erst recht keine Gründe entgegen.
Eine andere Betrachtung würde auch der grundsätzlichen Aufgabenverteilung zwischen Ausländerbehörde und Bundesamt im Asylverfahren entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 1997 - 9 C 13.96 - BVerwGE 105, 322 ff.; Urteil vom 25. November 1997 - 9 C 58.96 - BVerwGE 105, 383 ff.). Danach prüft im Falle eines Asylverfahrens das Bundesamt abschließend auslandsbezogene Aspekte, während die Ausländerbehörde lediglich sonstige Vollzugshindernisse zu untersuchen hat. Müsste die Ausländerbehörde demgegenüber auch nach Abschluss eines Asylverfahrens im Hinblick auf § 25 Abs. 5 AufenthG weitere zielstaatsbezogene Aspekte untersuchen, würde dieses System aufgebrochen. Es ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber des Zuwanderungsgesetzes an dieser Kompetenzaufteilung etwas ändern wollte, zumal nunmehr in § 72 Abs. 2 AufenthG eine Beteiligung des Bundesamtes sogar dann vorgeschrieben ist, wenn die Ausländerbehörde über zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote entscheidet.
Die Ansicht, dass sich gerade aus einem Vergleich zwischen § 25 Abs. 3 und 5 AufenthG ergebe, dass auch Abs. 5 zusätzliche zielstaatsbezogene Gesichtspunkte umfassen müsse, überzeugt die Kammer nicht. Insbesondere ist es nach dem Vorhergesagten unzutreffend, dass für § 25 Abs. 5 AufenthG dann kein Anwendungsbereich bliebe. Die Kammer ist zudem in einem erheblichen Umfang gerade mit Begehren betreffend Aufenthaltstitel dieser Art, insbesondere wegen der tatsächlichen Unmöglichkeit ins Heimatland zurückkehren, befasst.
Die in einem obiter dictum geäußerte gegenteilige Einschätzung des Verwaltungsgerichts Braunschweig (Urteil vom 29. Juni 2005 - 6 A 171/05 -) überzeugt die Kammer nicht. Allein der Umstand, dass der Gesetzgeber die Praxis der sog. Kettenduldungen beenden wollten, rechtfertigt sie nicht. Nach der erwähnten Gesetzesbegründung soll die Aufenthaltsgewährung nach § 25 Abs. 5 AufenthG in den bisher von § 55 Abs. 4 AuslG erfassten Fällen erfolgen. Dies betrifft mithin solche, in denen die Abschiebung rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist. Diese Absicht setzt der Gesetzgeber jedoch nicht zweifelsfrei um, denn er stellt im Gegensatz dazu - wie ausgeführt - für § 25 Abs. 5 AufenthG auch auf die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise ab und setzt zusätzlich voraus, dass ein Unvermögen nicht auf eigenem Verschulden beruht (Sätze 3 und 4). Die Gesetzesbegründung verweist insoweit auch auf § 30 Abs. 3 und 4 AuslG, wonach ebenfalls nur unter diesen Voraussetzungen eine Aufenthaltsbefugnis erteilt werden durfte. Vor diesem Hintergrund lässt sich eine zweifelsfreie gesetzgeberische Intention, dass in den zahlreichen Fällen, in denen Ausländer langjährig geduldet wurden, nunmehr ein Aufenthaltstitel zu erteilen wäre, nicht erkennen. Soweit einzelne auch führende Parlamentarier eine andere Zielrichtung vor Augen hatten, hätte diese in Anbetracht des kompromisshaften Charakters des Zuwanderungsgesetzes und der praktischen Folgen einer solchen Regelung einer insbesondere auch vom Wortlaut eindeutigen gesetzlichen Bestimmung bedurft. Hinzu kommt, dass im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens das Instrument der Duldung ausdrücklich wieder in das Aufenthaltsgesetz aufgenommen worden ist (§ 60 a).
Im Übrigen beruht das erwähnte Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweigs auf einer nicht überzeugenden Gleichsetzung der Möglichkeit einer Abschiebung und der freiwilligen Ausreise. Auch der Ansicht, dass sich das Land Niedersachsen der Auffassung der UNMIK zur Rückkehrmöglichkeit der Roma angeschlossen habe, vermag die Kammer nicht zu folgen. Nach dem Erlass des Nds. Innenministeriums vom 25. Juni 2004 (S. 4) wird aufgrund der Haltung der UNMIK lediglich von einem tatsächlichen Abschiebungshindernis ausgegangen (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. Dezember 2004 - 13 LA 572/04 -). Aus einer abgestimmten Niederschrift über die Gespräche zwischen einer deutschen Delegation und Vertretern von UNMIK am 25. und 26. April 2005 sowie den Erlassen des Niedersächsischen Innenministeriums vom 3. Mai 2005, 23. September und 25. Juni 2004 wird deutlich, dass die deutsche Seite - entsprechend der hiesigen Rechtslage - seit langem auf eine schnellere und umfassende Rückführung der aus dem Kosovo stammenden Personen drängt.
Dass die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG erteilt werden soll, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist, kann ebenfalls eine andere Beurteilung nicht rechtfertigen. Denn es handelt sich insoweit nicht um eine Bestimmung der hier in Rede stehenden Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung des Aufenthaltstitels, sondern um eine Regelung der Rechtsfolgen. Grundsätzlich steht nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG im Falle der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Ermessen der Behörde ("kann"), welches jedoch nach Ablauf der genannten Frist regelmäßig dahin auszuüben ist ("soll"), die Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. [...]
Soweit der 4. Senat des Nds. Oberverwaltungsgerichts (Beschluss vom 6. Februar 2004 - 4 ME 494/03 -) davon ausgeht, dass bei Angehörigen der Minderheiten aus dem Kosovo eine Rückkehr aus humanitären Gründen im Sinne des § 2 Abs. 1 AsylBLG nicht zumutbar sei, kann dies auf die strengeren Regelungen des § 25 Abs. 5 AufenthG nicht übertragen werden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 3. Juni 2004 a.a.O.,S. 4).
Diese Auffassung der Kammer entspricht auch derjenigen zahlreicher anderer Verwaltungsgerichte (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 15. Juli 2005 - 13 S 1103/05 -Leitsatz in juris; Urteil vom 6. April 2005 - 11 S 2779/04 -S. 16; OVG Münster, Beschluss vom 14. März 2005 - 18 ME 195/05 - InfAuslR 2005, 263; VG Osnabrück, Urteil vom 5. April 2005 - 5 A 595/04 -; VG Saarlouis, Beschluss vom 2. März 2005 - 10 K 173/04 -; tendenziell auch VG Hannover, Beschluss vom 30. August 2005 - 13 B 4894/05 -)."
3. Soweit die Kläger beanstanden, dass der Beklagte sein Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt habe, vermag dies eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Ein Anspruch auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen scheitert nämlich, wie ausgeführt, bereits daran, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 25 AufenthG nicht erfüllt sind. Nicht Streitgegenstand ist dagegen ein im Ermessen der Ausländerbehörde stehender Widerruf eines Aufenthaltstitels nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 AuslG, § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG.
Die auf § 50 AuslG beruhende Abschiebungsandrohung ist jedenfalls unter Berücksichtigung des ergänzenden Bescheides des Beklagten vom 14. Januar 2004 rechtlich nicht zu beanstanden.