Landgericht Stade
Urt. v. 02.09.2008, Az.: 3 O 20/07

Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde (GWL-Bürgschaft) nach Verjährung etwaiger Gewährleistungsansprüche

Bibliographie

Gericht
LG Stade
Datum
02.09.2008
Aktenzeichen
3 O 20/07
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2008, 55168
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Herausgabe einer Gewährleistungsbürgschft nach Verjährung.

Pflicht zur Herausgabe einer Bürgschaftsurkunde (GWL-Bürgschaft) nach Verjährung etwaiger Gewährleistungsansprüche.

In dem Rechtsstreit
des Herrn XXX,
Kläger
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte XXX XXX
Geschäftszeichen: 8-01449-06/C/ab
gegen
1. Herrn XXX,
2. Herrn XXX,
Beklagte
Prozessbevollmächtigte zu 1, 2: XXX
Geschäftszeichen: 2819/06U01
hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Stade auf die mündliche Verhandlung vom 22.07.2008 durch die Richterin am Landgericht XXX
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger die Bürgschaftsurkunde der Stadtsparkasse Cuxhaven, XXX, über eine Bürgschaftssumme von höchstens 4.727,01 DM = 2.416,88 € herauszugeben.

  2. 2.

    Die Widerklage wird abgewiesen.

  3. 3.

    Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.

  4. 4.

    Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagten bildeten eine Projektgemeinschaft unter dem Namen XXX. Der Kläger führt ein Baugeschäft. Zwischen den Parteien wurde am 23.06.1999 ein Bauvertrag über das Bauvorhaben XXX in Cuxhaven (Rohbauarbeiten) geschlossen. Die Beklagten haben bis auf einen verbliebenen Rest in Höhe von 4.727,01 DM den Werklohn des Beklagten gezahlt, hinsichtlich der Restzahlung verlangten die Beklagten die Bestellung einer Bankbürgschaft. Der Kläger beauftragte daraufhin die Stadtsparkasse Cuxhaven, eine entsprechende Bürgschaft zugunsten des Beklagten zu übernehmen, was auch erfolgte. Im Jahre 2004 forderte der Kläger die Beklagten auf, diese Bürgschaftsurkunde zurückzugeben, was die Beklagten mit der Begründung, dass dieses nicht vor Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist möglich sei, ablehnten. Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagten könnten keinerlei Ansprüche aus der Bürgschaft mehr geltend machen, da die VOB/B nicht insgesamt Grundlage des Vertrages gemacht worden sei. Vielmehr würden hinsichtlich der Gewährung die Allgemeinen Vorschriften des BGB gelten, so dass diese zumindestens mit Ablauf des 05.10.2004 abgelaufen seien.

Die Kläger beantragen,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger die Bürgschaftsurkunde der Stadtsparkasse Cuxhaven, XXX, über eine Bürgschaftssumme von höchstens 4.727,01 DM = 2.416,88 € herauszugeben.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, der Kläger habe Mängel an dem Bauvorhaben in der XXX verursacht. Diese Gewährleistungsansprüche seien auch nicht verjährt. In den zusätzlichen Vertragsbedingungen, die im Leistungsverzeichnis und dem Angebot vom 27.04.1999 zugrundegelegen hätten, sei in Ziffer 5 geregelt, dass eine Gewährleistungsfrist nach VOB/B von fünf Jahren und 6 Wochen nach Abnahme vereinbart worden sei. In Ermangelung einer ausdrücklichen Abnahme könne diese allenfalls mit der letzten Zahlung am 03.12.1999 erfolgt sein, weshalb ein Ende der Gewährleistungsfrist am 14.01.2005 eingetreten sein könnte. Innerhalb dieser Frist sei jedoch unstreitig die Mängelanzeige vom 05.01.2005 erfolgt, weshalb die Mängelgewährleistungsfrist frühestens am 08.01.2007 ende. Die Beseitigung der durch den Kläger verursachten Mängel würden Kosten in Höhe von mindestens 7.805,00 € verursachen. Außerdem sind die Beklagten der Ansicht, dass der Kläger die Beklagten hinsichtlich weitergehender Mängelbeseitigungskosten, die von den Bauherren noch geltend gemacht werden könnten, freizustellen habe. Die Bauherren hätten unstreitig Klage gegen die hiesigen Beklagten zu dem Aktenzeichen 3 O 328/06 eingereicht.

Die Beklagten beantragen widerklagend,

  1. 1.

    den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 7.805,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

  2. 2.

    festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, die Beklagten auch hinsichtlich eines weiter gehenden Betrages gegenüber Forderungen der Frau XXX und des Herrn XXX freizustellen, welcher 7.805,00 € übersteigt und erforderlich ist, um noch verbliebene Mängel nach Aufwendung von 7.805,00 € am Wohnhaus der Frau XXX und des XXX, Ricarda-Huch-Straße 17 a, 27474 Cuxhaven, zu beseitigen.

Der Kläger beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Der Kläger erhebt die Einrede der Verjährung. Er behauptet, die von den Beklagten jetzt vorgelegten zusätzlichen Vertragsbedingungen seien ihm nicht zugegangen und daher nicht Grundlage des Bauvertrages vom 23.06.1999 geworden. Die Beklagten hätten dem Kläger die Seiten 10 ff. der Leistungsbeschreibung übermittelt. Weitere Vertragsgrundlagen seien ihm nicht zugänglich gemacht worden. Darüber hinaus seien die Arbeiten des Klägers auch nicht mangelhaft.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen XXX sowie durch Einholung eines daktyloskopischen Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2007. Bl. 159 ff. d. A. sowie auf die kriminaltechnische Untersuchung des Landeskriminalamtes Niedersachsen vom 22.05.2008.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Der Kläger kann die Beklagten auf Herausgabe der Bürgschaftsurkunde in Anspruch nehmen. Die Beklagten haben keinen Anspruch auf Einbehalt der Bürgschaftsurkunde, da die Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Kläger verjährt sind. Zwischen den Parteien wurde insoweit nicht die VOB/B, sondern nur die Regelungen des Allgemeinen BGH vereinbart, mit der Folge, dass Gewährleistungsansprüche mit Ablauf des 05.10.2004 verjährt sind. Die Beklagten haben den ihnen obliegenden Beweis dafür, dass das komplette Leistungsverzeichnis zusammen mit den zusätzlichen Vertragsbedingungen dem Kläger zugegangen und damit Grundlage des Vertrages geworden ist, nicht erbringen können. Die Zeugin XXX hat zwar glaubhaft dargetan, dass sie dem Kläger vor Vertragsschluss das komplette Leistungsverzeichnis mit sämtlichen zusätzlichen Vertragsbedingungen per Post übersandt habe. Die Zeugin hat dies überzeugend und anschaulich damit begründet, sie habe seinerzeit jedes einzelne Blatt anhand einer Mustermappe überprüft. Demgegenüber hat die Zeugin XXX jedoch glaubhaft ausgeführt, sie sei sich sicher gewesen, dass diese Unterlagen nicht dabei gewesen seien, weshalb ihr Ehemann, der Kläger, die fehlenden Unterlagen bei den Beklagten angefordert habe. Das Gericht hält die Aussagen für gleichermaßen glaubhaft und die Zeuginnen für gleichermaßen glaubwürdig. Allein der Umstand, dass beide Zeuginnen zu den Parteien in verwandtschaftlichen Beziehungen stehen, genügt nicht, um deren Aussage in Zweifel zu ziehen. Durch die Aussage der Zeugin XXX haben die Beklagten daher nicht den Beweis dafür erbracht, dass die VOB/B vollständig übermittelt und deshalb Vertragsgrundlage gewesen sind.

Für eine Einbeziehung der vollständigen VOB/B genügt auch nicht, dass die Parteien schon andere Bauverträge geschlossen hatten.

Auch wenn der Kläger seit längerer Zeit in Vertragsbeziehungen zu den Beklagten gestanden und schon mehrfach mit Erstellung von Rohbauarbeiten an Bauvorhaben beauftragt worden war, bei denen der vollständige Vertrag Grundlage der geschäftlichen Beziehungen geworden ist, folgt daraus nicht, dass auch in dem vorliegenden Fall diese zusätzlichen Vertragsbedingungen als vereinbart worden sind. Welches Regelwerk die Beklagten üblicherweise verwendeten, war dem Kläger aus vorangegangenen Bauvorhaben zuvor bekannt, weshalb ihm auch aufgefallen war, dass die Seiten 1 bis 9 der zusätzlichen Vertragsbedingungen fehlten. Die Ansicht der Beklagten, der Kläger hätte, da er die Unvollständigkeit der übersandten Unterlagen erkannt habe, klarstellen müssen, dass er nur die übersandten Seiten zum Inhalt des Vertrages hätte machen wollen und, da er dies nicht unternommen habe, sei vom Empfängerhorizont davon auszugehen, dass er den Vertrag mit allen - auch den nicht übermittelten - Bedingungen habe schließen wollen, überzeugt aber nicht. Denn insoweit ist die Aussage der Zeugin XXX zu berücksichtigen, die ausgeführt hat, ihr Ehemann, der Kläger, habe mehrfach telefoniert, um die Unterlagen zu erhalten. Da der Kläger das Fehlen dieser Seiten, wenn auch nur mündlich, gerügt hat, konnten die Beklagten nicht davon ausgehen, dass der Kläger die Vertragsbedingungen insgesamt - ungesehen - akzeptiert. Es hätte ihnen oblegen, die Unterlagen dem Kläger auf seinen Anruf hin vollständig zu übermitteln, damit diese noch Vertragsinhalt werden.

Dass dem Kläger die Unterlagen insgesamt zugegangen sind, konnten die Beklagten auch nicht mit Hilfe des daktyloskopischen Sachverständigengutachtens beweisen, da sich auf den übersendeten Unterlagen keine brauchbaren Fingerspuren befunden haben.

Aus den dargelegten Gründen ist die Klage begründet, die Widerklage jedoch unbegründet. Denn mögliche Gewährleistungsansprüche der Beklagten gegenüber dem Kläger sind aus den dargelegten Gründen verjährt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Baars