Landgericht Stade
Urt. v. 17.12.2008, Az.: 2 O 179/08
Bibliographie
- Gericht
- LG Stade
- Datum
- 17.12.2008
- Aktenzeichen
- 2 O 179/08
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 44311
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGSTADE:2008:1217.2O179.08.0A
In dem Rechtsstreit
...
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Stade auf die mündliche Verhandlung vom 19.11.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht ... als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
- 3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung eines Verdienstausfallschadens.
Der Geschäftsführer der Klägerin, Herr ... befuhr am 16.05.2007 den Radweg entlang der Viverstraße in Buxtehude, als der bei der Beklagten versicherte Kraftfahrer, Herr ..., mit seinem Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen STD-Q 747, ohne anzuhalten, vom Parkplatz der Firma F: K:e in das vorfahrtsberechtigte Fahrrad des Geschäftsführers der Klägerin hinein fuhr. Durch den Aufprall verlor der Geschäftsführer der Klägerin das Gleichgewicht und stürzte von seinem Fahrrad, wobei er sich u.a. eine Distorsion des linken Daumengrundgelenkes zuzog, wie sich aus dem ärztlichen Attest vom 21.05.2007, gemäß der Anlage K 3 (Bl. 12 d.A.), ergibt. Der Geschäftsführer der Klägerin war vom 18.05.2007 bis zum 22.06.2007 und vom 07.09.2007 bis zum 28.09.2007 zu 100 % krankgeschrieben, gemäß der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Anlagenkonvoluts K 4 (Bl. 13 ff.d.A.). Vom 13.11.2007 bis zum 22.06.2008 war der Geschäftsführer der Klägerin zu 50 % krankgeschrieben. Der Geschäftsführer der Klägerin war aufgrund des Anstellungsvertrages vom 01.02.1999, gemäß der Anlage K 1 (Bl. 6-8 d.A.) bei der Klägerin beschäftigt. Ausweislich des § 1 des Anstellungsvertrages war er berechtigt, die Klägerin allein zu vertreten und ihre Geschäfte allein zu führen. Ausweislich § 4 des Anstellungsvertrages erhielt er für seine Tätigkeit ein festes Monatsgehalt von 3 200,00 DM netto und hatte im Krankheitsfall einen Gehaltsanspruch für die Dauer von drei Monaten. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen. Die Klägerin zahlte ihrem Geschäftsführer den Lohn während seiner Krankheit fort, die Beklagte zahlte auf geltend gemachten Verdienstausfall für den Zeitraum vom 16.05.2007 bis zum 22.06.2007 ausweislich der Abrechnung der Anlage K 8 (Bl. 20 d.A.) einen Betrag in Höhe von 3 946,24 €. Die Klägerin begehrt nunmehr Zahlung eines Verdienstausfallschadens für die Zeit vom 07.09.2007 bis April 2008.
Die Klägerin behauptet, dass ihr Geschäftsführer aufgrund des Unfalles vom 16.05.2007 weiterhin teilweise arbeitsunfähig sei, weswegen die Beklagte ihr den insoweit entstandenen Schaden auch zu ersetzen habe. Ihre Einstandspflicht habe die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 04.03.2008 gemäß der Anlage K 8 auch bereits anerkannt.
Die Klägerin beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 13 695,69 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.04.2008 zu zahlen;
- 2.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab Mai 2008 den Verdienstausfall zu erstatten, welcher der Klägerin dadurch entsteht, dass deren Geschäftsführer, Herr ..., weiterhin teilweise arbeitsunfähig ist, mithin also zur Zeit monatlich 1 938,07 €.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass der Klägerin eigene Ersatzansprüche überhaupt nicht zustehen würden, da die Klägerin nicht unmittelbar geschädigt sei. Insoweit fehle ihr bereits die Aktivlegitimation. Im Übrigen sei die Klägerin zur Fortzahlung der Bezüge gemäß § 4 des Anstellungsvertrages nur für die Zeit von drei Monaten verpflichtet gewesen. Für den hier geltenden Zeitraum aber nicht. Letztlich werde die Unfallursächlichkeit der geltend gemachten Ansprüche bestritten.
Wegen des weiteren Sachvortrages wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung bzw. Feststellung von Verdienstausfall, weil ihr eigene Ansprüche nicht zustehen.
Ein Anspruch nach § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 115 VVG, 3a Pflichtversicherungsgesetz kommt nicht in Betracht, weil die Klägerin durch die Verletzung ihres Geschäftsführers nicht unmittelbar Geschädigte ist. Unmittelbar Geschädigter ist durch die Verletzungshandlung des Mitglieds der Beklagten allein der Geschäftsführer der Klägerin, dessen Gesundheit beeinträchtigt worden ist. Die Klägerin als sogenannte mittelbar Geschädigte ist dagegen nicht ersatzberechtigt. Dies ist nur dann ausnahmsweise der Fall, wenn die Zurechenbarkeit der Verletzungshandlung aus der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht hergeleitet werden kann und der Geschädigte in den persönlichen Schutzbereich dieser Pflicht fällt (vgl. Palandt, ZPO-Kommentar, 67. Aufl., Rd.-Nr. 73 zu § 823). Die Klägerin fällt nicht in den persönlichen Schutzbereich der in Betracht kommenden Verkehrssicherungspflichten, die mit den Gefahren des Straßenverkehrs in Verbindung stehen. Soweit infolge der Fortzahlung der Vergütung an ihren Geschäftsführer ein Schaden bei diesem wirtschaftlich betrachtet nicht eintritt, sondern bei der Klägerin, die den Arbeitslohn fortzahlt, gilt die sogenannte normative Betrachtungsweise, die einen Erwerbsschaden des Verletzten gegenüber dem Schädiger bejaht, um diesen nicht im Hinblick auf die Lohnfortzahlung zu privilegieren (vgl. Palandt, a.a.O., Rd.-Nr. 136 vor § 249). Damit verbleiben nicht nur der originäre Anspruch beim Geschädigten, sondern auch der Schaden, mit der Folge, dass dieser originärer Anspruchsinhaber bleibt, die nur mittelbar geschädigte Klägerin kann ohne eine Abtretung dieser Ansprüche ihren Schaden nicht direkt gegenüber der Beklagten geltend machen.
Gleiches gilt für etwaige Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB, weil die Klägerin nicht in den persönlichen Schutzbereich der in Betracht kommenden Schutzgesetze nach dem Straßenverkehrsgesetz bzw. dem StGB fällt. Denn auch nach §§ 7 und 18 StVG ist nur der unmittelbar Verletzte ersatzberechtigt.
Ein Zahlungsanspruch der Klägerin lässt sich auch nicht aus einem deklaratorischen Anerkenntnis herleiten. Ein solches lässt sich bereits dem Schreiben der Beklagten vom 04.03.2008 nicht herleiten, zumal dort auch nur Verdienstausfälle bis zum 22.06.2007 behandelt wurden und damit nicht den Streitgegenstandlichen Schaden umfassen.
Ein Anspruch aus übergegangenem Recht kommt ebenfalls nicht in Betracht. Zum einen fehlt es an einer ausdrücklichen Übertragung der Ansprüche auf die Klägerin, zum anderen kommt § 6 Abs. 1 EFZG nicht in Betracht, weil dieser nur auf Arbeitnehmer im Sinne von § 1 EFZG anwendbar ist, was bei dem Geschäftsführer der Klägerin nicht in Betracht kommt. Denn ausweislich des Anstellungsvertrages war dieser berechtigt, die Klägerin allein zu vertreten und ihre Geschäfte allein zu führen, so dass er mit einem weisungsgebundenen Arbeitnehmer nicht zu vergleichen ist und damit nicht in den Schutzbereich des EFZG fällt. So geht die Klägerin auch selber davon aus, dass es sich bei ihrem Geschäftsführer um ein "Organ der GmbH" handelt und gerade nicht um einen Arbeitnehmer.
Nach alledem kam mangels Ersatzanspruches die begehrte Feststellung auf Erstattung von Verdienstausfall gleichfalls nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Anspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit erging gemäß § 709 ZPO.