Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 21.02.2005, Az.: 2 B 392/05
Bürgerbegehren; Bürgerentscheid; Deckungsvorschlag; finanzielle Folgen; Folgen; Kosten; Kostendeckungsvorschlag
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 21.02.2005
- Aktenzeichen
- 2 B 392/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 51067
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 22b GemO ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die bezüglich eines Kostendeckungsvorschlages geltenden Grundsätze finden entsprechende Anwendung bei Bürgerbegehren, bei denen der geforderte Verzicht auf ein vom Rat beschlossenes Vorhaben (auch) mit einem Ausfall erwarteter Einnahmen verbunden ist.
2. Eines Deckungsvorschlages bedarf es - ausnahmsweise - nur dann nicht, wenn die beantragte Maßnahme keine Kosten oder Einnahmeausfälle verursacht oder offensichtlich die günstigere zu einem von der Gemeinde beschlossenen Vorhaben darstellt.
3. Der Sinn und Zweck eines Vorschlages im Sinne von § 22 b Abs. 4 Satz 2 NGO rechtfertigt es nicht, alle durch die Ausführung der Entscheidung äquivalent-kausal verursachten Vermögensminderungen einzubeziehen. Vielmehr muss ein Zurechnungszusammenhang zur Ausführung der Entscheidung bestehen.
Gründe
1. Der Antrag der Antragsteller, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zu verpflichten, ihr Bürgerbegehren zuzulassen, ist zulässig.
Insbesondere besitzen die Antragsteller ein Rechtsschutzinteresse. An dieser (Zulässigkeits-)Voraussetzung würde es allerdings dann fehlen, wenn die Auffassung der Antragsteller zutreffend wäre, dem letzten Bürgerbegehren aus dem Jahre 2004, das Gegenstand des Beschlusses der Kammer vom 17. Juni 2004 (- 2 B 1293/04 -, V.n.b.) war, sei stattgegeben worden. Sie berufen sich dabei auf ein Schreiben des Antragsgegners vom 17. August 2004 im Beschwerdeverfahren 10 ME 76/04, das durch Beschluss des Nds. OVG vom 10. September 2004 endete (Nds.VBl. 2005, 52). Der Stadtrat hatte am 31. März 2004 nach Eingang des genannten Bürgerbegehrens (26. Februar 2004) und nach der ablehnenden Entscheidung des Antragsgegners u.a. beschlossen, dass das jetzige Rathaus weiterhin der Standort der Stadtverwaltung bleiben solle. Die maßgeblichen Voraussetzungen des § 22 b Abs. 11 Niedersächsische Gemeindeordnung - NGO - sind indes nicht erfüllt. Vor Ablauf von zwei Jahren kann zwar gemäß Satz 2 der Bürgerentscheid nur auf Antrag des Rates durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden. Wären diese Voraussetzungen gegeben, hätten die Antragsteller ein erneutes Bürgerbegehren nicht einzuleiten brauchen und es fehlte am Rechtsschutzinteresse, weil dann jeder Bürger die Aufrechterhaltung und Beachtung des Bürgerentscheids - ggfls. wohl auch im Eilverfahren - hätte verlangen können (vgl. Wefelmeyer in KVR-NGO, Kommentar, Stand Dezember 2004, § 22 b Rdnr. 75 a). § 22 b Abs. 11 Satz 2 NGO gilt aber nicht in den Fällen, in denen der Rat einen Beschluss im Sinne eines Bürgerbegehrens fasst, das noch nicht durch einen Bürgerentscheid beendet war, also insbesondere über dessen Zulässigkeit der Verwaltungsausschuss noch nicht oder negativ entschieden hat. Eine analoge Anwendung dieser Norm ist abzulehnen, weil es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Gesetzgeber hier ungewollt eine lückenhafte Regelung getroffen hat (vgl. Wefelmeyer, a.a.O., Rdnr. 67 b). Das oben genannte Bürgerbegehren war (vor dem Beschluss des Rates vom 31. März 2004) als unzulässig abgelehnt worden und auch der Antrag der damaligen Antragsteller auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hatte keinen Erfolg, so dass es nicht zu einem Bürgerentscheid kam.
Der Eilantrag ist aber unbegründet.
Die Sachentscheidung des Bürgerbegehrens lautet gemäß der Unterschriftsliste, die der Einleitungsanzeige vom 21. Dezember 2004 beigefügt war:
„Bürgerbegehren zum Erhalt des Norderneyer Rathauses“ „Ich beantrage mit meiner Unterschrift die Durchführung eines Bürgerentscheides gemäß § 22 b NGO zu folgender Frage: Sind Sie dafür, dass die Stadtverwaltung im Rathaus, Friedrichstraße 31, bleibt?“
Antragsteller und Antragsgegner sind zwar aktiv- bzw. passivlegitimiert. Soweit die Kammer hinsichtlich der Passivlegitimation in früheren Entscheidungen eine andere Auffassung vertreten hat, wird an dieser nicht mehr festgehalten (vgl. in diesem Sinne auch Wefelmeyer, a.a.O., § 22 b Rdnr. 56 f. m.w.N.).
Eine einstweilige Anordnung kann jedoch nur ergehen, wenn sowohl ein Anordnungsgrund, d.h. die Dringlichkeit der begehrten Regelung, als auch ein Anordnungsanspruch, d.h. der Anspruch auf die begehrte Leistung glaubhaft gemacht werden (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).
Hier fehlt es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches. Das Bürgerbegehren ist nach der in diesem Verfahren erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung aller Voraussicht nach zu Recht als unzulässig abgelehnt worden. Dabei ist der Zeitpunkt des Eingangs des Bürgerbegehrens der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der materiellen Voraussetzungen (s. § 22 b Abs. 6 Satz 1 NGO), also der 6. Januar 2005.
Gemäß § 22 b Abs. 4 Satz 2 NGO muss das Bürgerbegehren schriftlich eingereicht werden und eine Begründung sowie einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag zur Deckung der mit der Ausführung der Entscheidung verbundenen Kosten oder Einnahmeausfälle enthalten. An einem derartigen Vorschlag fehlt es hier. Zwar dürfen die Anforderungen an den Vorschlag nicht überspannt werden, weil die Antragsteller regelmäßig nicht über das Fachwissen einer Behörde verfügen. Deshalb genügen hinsichtlich der Kosten überschlägige, aber schlüssige Angaben über die geschätzte Höhe der anfallenden Kosten und die Folgen der Umsetzung der Maßnahme für den Gemeindehaushalt. Soweit die Maßnahme nicht nur einmalige Herstellungs- oder Anschaffungskosten verursacht, sind für darüber hinaus entstehende Folgekosten auch insoweit eine zu beziffernde Prognose und ein Vorschlag zur Deckung dieser Kosten notwendig. Bei der Bewertung dieser Prognose ist zu beachten, dass angesichts der Krise der öffentlichen Haushalte der Kostenfaktor der die Realisierung eines kommunalen Projekts bestimmende Gesichtspunkt ist. Deshalb darf der Aspekt der finanziellen Realisierbarkeit nicht vernachlässigt werden. Damit die Bürger und Bürgerinnen sich ihrer Verantwortung bei der Abstimmung bewusst werden, ist eine möglichst umfassende Information über die finanziellen Folgen eines Projekts unerlässlich. Dies schließt die Beschreibung der Mittel und Wege ein, auf denen sie aufgebracht werden sollen (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 11. August 2003 - 10 ME 82/03 -, NVwZ-RR 2004, 62 <62 f.> = NST-N 2003, 234; Beschluss vom 10. September 2004 - 10 ME 76/04 -, Nds.VBl. 2005, 52). Diese Grundsätze gelten entsprechend für Bürgerbegehren, bei denen der geforderte Verzicht auf ein vom Rat beschlossenes Vorhaben (auch) mit einem Ausfall erwarteter Einnahmen verbunden ist (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 20. November 1998 - 1 K 11351/96 -, NVwZ 1999, 684 <686>). Eines Deckungsvorschlages bedarf es - ausnahmsweise - nur dann nicht, wenn die beantragte Maßnahme keine Kosten oder Einnahmeausfälle verursacht oder offensichtlich die günstigere zu einem von der Gemeinde beschlossenen Vorhaben darstellt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 24. März 2000 - 10 M 986/00 -, Nds.VBl. 2000, 195, zu den Kosten). Ist Letzteres nicht ohne Weiteres erkennbar, so sind zumindest Darlegungen dazu nötig, auf Grund welcher Faktoren eine ggfls. vorgeschlagene Alternative für günstiger gehalten wird (vgl. Wefelmeyer, a.a.O., Rdnr. 33). Darüber hinaus rechtfertigt der Sinn und Zweck eines Vorschlages im Sinne von § 22 b Abs. 4 Satz 2 NGO es nicht, alle durch die Ausführung der Entscheidung äquivalent-kausal verursachten Vermögensminderungen einzubeziehen. Vielmehr muss ein Zurechnungszusammenhang zur Ausführung der Entscheidung bestehen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 19. März 2004 - 15 B 522/04 -, NVwZ-RR 2004, 519 <520>; ähnlich VG Düsseldorf, Urteil vom 22. Oktober 2004 - 1 K 2006/03 -, Juris, das sinngemäß ausgeführt hat, zu den darzustellenden Kosten gehörten Folgekosten, der Verzicht auf Einnahmen sowie die Kosten einer von dem Vorhaben indirekt erzwungenen Alternative). Soweit die Antragsteller unter Bezugnahme auf den genannten Beschluss des OVG Münster allerdings sinngemäß die Auffassung vertreten, das Bürgerbegehren habe lediglich entstehende Kosten im engeren Sinne zu berücksichtigen, zu erwartende Einsparungen oder gar entgangener Gewinn im Sinne von § 252 BGB seien dagegen nicht direkte und damit nicht zu berücksichtigende „Kosten“, übersehen sie, dass § 22 b Abs. 4 Satz 2 NGO - wie oben ausgeführt - sogar ausdrücklich auch eine Bestimmung zu den mit der Ausführung der Entscheidung verbundenen Einnahmeausfällen enthält. Insoweit unterscheidet sich der Wortlaut des § 22 b Abs. 4 Satz 2 NGO von dem des § 26 nordrhein-westfälische Gemeindeordnung (GO NW). Nach § 26 Abs. 2 GO NW muss das Bürgerbegehren u.a. einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Hinsichtlich der mit der Ausführung der Entscheidung verbundenen Einnahmeausfälle enthält die Vorschrift keine ausdrückliche Regelung.
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist nicht ersichtlich, dass die Ausführungen der Antragsteller in der Begründung zum Bürgerbegehren ausreichend sind. Dort heißt es insoweit nur:
„Kostendeckung/Folgekosten - Hierzu bedarf es keiner Angaben, weil eine Entscheidung im Sinne des Bürgerbegehrens gegenüber der Absicht des Rates keine Kosten bei der Stadt auslöst.“
Die Antragsteller können sich entgegen ihrer Auffassung insbesondere nicht darauf berufen, dass ein Deckungsvorschlag deshalb entbehrlich sei, weil die von ihnen begehrte Nichtausführung des Ratsbeschlusses vom 9. November 2004 keine Kosten auslöse und daher jedenfalls offensichtlich kostengünstiger als die Durchführung des geplanten Vorhabens der Stadt sei. Der Rat beschloss mit zwei Nein-Stimmen und 16 Ja-Stimmen, die Verwaltung der Stadt Norderney werde mit der Verwaltung des Staatsbades Norderney GmbH im Bazargebäude räumlich zusammen geführt (a) und die Verwaltung werde beauftragt, das bisherige Rathaus einer wirtschaftlichen Lösung zuzuführen (b). Es ist zwar zutreffend, dass das Begehren der Antragsteller, die Stadtverwaltung bleibe im Rathaus, bei isolierter Betrachtung im Vergleich zum bisherigen Zustand keine weiteren Kosten verursachen und damit Aufwand vermeiden würde, der durch die Ausführung des Ratsbeschusses ausgelöst würde. Diese Sichtweise ist jedoch nicht ausreichend. In den Blick zu nehmen ist vielmehr auch, welche weiteren Folgen eine derartige (Unter-
lassungs-)Entscheidung zwangsläufig hätte. Insoweit besteht nämlich der zu fordernde Zurechnungszusammenhang.
Um dem Bürgerbegehren zum Erfolg zu verhelfen, wären ausgehend vom oben dargestellten Maßstab zumindest Darlegungen nötig gewesen, auf Grund welcher Faktoren die begehrte (Unterlassungs-)Entscheidung für günstiger gehalten werde. Es ist jedenfalls nicht offensichtlich, dass sie im Vergleich zu dem vom Stadtrat beschlossenen Vorhaben die günstigere Maßnahme darstellen würde. Die Antragsteller hätten sich insbesondere erkennbar damit auseinandersetzen müssen, in welcher Höhe bei einem Erfolg des Bürgerbegehrens Einnahmeausfälle wegen der dann nicht möglichen Verwertung des Rathauses durch Vermietung oder Verkauf möglich und wie diese ggfls. zu decken gewesen wären. Derartige Folgen sind gleichsam zwangsläufig mit der begehrten (Unterlassungs-)Entscheidung verbunden. Es ist nach allgemeiner Lebenserfahrung anzunehmen, dass eine (Teil-)Vermietung oder ein Verkauf des Rathauses zu einem angemessenen Preis im Falle des Auszugs der Verwaltung aller Voraussicht nach innerhalb eines überschaubaren Zeitraums realistisch (gewesen) wäre.
Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 15. Februar 2005 vorgetragen, in dem formlosen Ausschreibungsverfahren hätten bis „heute“ zwei Betriebe ernsthaftes Interesse an dem Objekt bekundet. Ein der Stadt vorliegendes schriftliches Angebot, das noch nachverhandelt werden könne und an dessen Existenz das Gericht trotz der von den Antragstellern geäußerten Skepsis mangels entgegenstehender Anhaltspunkte nicht zweifelt, biete einen Mietzins von 72.000,- € jährlich. Es sei festzustellen, dass unter Berücksichtigung der Mietkosten für das Bazargebäude in Höhe von 40.000,- bis 45.000,- € jährlich ein Überschuss zugunsten des städtischen Haushaltes in Höhe von 30.000,- € verbleibe. Soweit die Antragsteller die im Schriftsatz des Antragsgegners vom 4. Februar 2005 noch allgemeiner gehaltenen Ausführungen zur Höhe des Überschusses sinngemäß (ebenfalls) bezweifelt haben, ist darauf hinzuweisen, dass sie ungeachtet dessen die Bürger und Bürgerinnen möglichst umfassend über die finanziellen Folgen ihrer begehrten Entscheidung hätten informieren müssen. Die Entscheidung hätte möglichst transparent sein müssen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die finanzielle Situation einer Kommune - wie hier - angespannt ist. Der Antragsgegner hat unwidersprochen vorgetragen, die Stadt habe Anfang des Jahres 2004 ein Defizit in Höhe von annähernd 4,0 Millionen Euro festzustellen gehabt. Vor diesem Hintergrund sei ein Haushaltskonsolidierungskonzept beschlossen worden, das zur Minimierung des strukturellen Fehlbedarfes auch eine Reduzierung der Personalausgaben zum Inhalt gehabt habe (s. auch das Manuskript für die Rede des Bürgermeisters in der Ratssitzung am 9. November 2004).
Selbst wenn man aber nur von den der Öffentlichkeit bis zum Zeitpunkt des Eingangs der Einleitungsanzeige am 21. Dezember 2004 bekannt gewordenen Angaben der Stadt insbesondere zur Vermietung/Vermietbarkeit des Rathauses ausginge, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Dem genannten Manuskript des Bürgermeisters lässt sich entnehmen, dass offenbar auch schon in der Ratssitzung am 9. November 2004 nicht nur über die Möglichkeit des Verkaufs, sondern auch über die der Vermietung des Rathauses gesprochen wurde. So heißt es im Manuskript des Bürgermeisters sinngemäß, er wisse, dass für Teilflächen des Rathauses bereits Mietinteressenten für Büroräume vorhanden seien (s. auch Bericht in der Norderneyer Badezeitung vom 17. November 2004). Rechtlich unerheblich ist es, dass die Möglichkeit der Vermietung insbesondere in den Schreiben der Stadt vom 30. November und 8. Dezember 2004 nicht wieder genannt wurde, sondern - im Gegenteil - im zuerst genannten Schreiben ausgeführt wurde, neben dem Betrag von 700.000,- €, mit dem sie „ihren“ Kostenanteil am Bazargebäude finanziere, sei eine Miete nicht zu zahlen. Den Antragstellern war auch bekannt, dass die Stadt mindestens von einem möglichen Verkaufserlös für das Rathaus in Höhe von 1,0 Mill. € ausgeht (s. Schreiben der Stadt vom 16. November 2004 an den Vertreter zu Nr. 1)). Die Antragsteller hätten deshalb überschlägige, aber schlüssige Angaben über die geschätzte Höhe der erzielbaren Einnahmen in der Begründung des Begehrens machen müssen, wobei sie die voraussichtlich durch die Nutzung des Bazargebäudes anfallenden Kosten die Einnahmen mindernd hätten berücksichtigen dürfen. Die genannten Mietkosten für eine Nutzung des Bazargebäudes wurden nach dem Vorbringen des Antragsgegners dadurch ermittelt, dass ein Schuldendienst in Höhe von 6 % p.a. für den Investitionsaufwand in Höhe von 700.000,- € zugrunde gelegt wurde, der nach den Angaben des Antragsgegners durch den zusätzlichen Ausbau des Bazargebäudes für Zwecke der Stadt entstehen soll. Die Antragsteller meinen zwar, dass die realistischerweise zu erwartenden Kosten erheblich über den vom Antragsgegner veranschlagten Kosten lägen. Insoweit ist allerdings festzustellen, dass die Differenz zwischen den vom Architekturbüro Reinhard Schneider in der Aufstellung vom 23. Oktober 2004 genannten Kosten für Umbau, Sanierung und Erweiterung des Bazargebäudes zur gemeinschaftlichen Nutzung der Kurverwaltung mit der Stadtverwaltung und denen ohne Berücksichtigung einer Nutzung durch die Stadtverwaltung - allerdings unter Einbeziehung weiterer Kosten auslösender Maßnahmen - ca. 627.939,- € netto (ca. 3.515.000,- € abzgl. ca. 2.887.061,- €) beträgt. Selbst wenn der Betrag in Höhe von 700.000,- € aber (erheblich) zu niedrig wäre oder/und wegen der von den Antragstellern durch die „im Vorfeld“ erfolgte Ausgliederung des technischen Dienstes der Stadtverwaltung und der Bibliothek geltend gemachten „Mehrkosten“ weitere Aufwendungen im - sinngemäß behaupteten - Zusammenhang mit der Zusammenlegung der genannten Verwaltungen entstünden - den bestehenden Zusammenhang hat der Antragsgegner allerdings mit beachtlichen Erwägungen bestritten -, änderte dies nichts daran, dass es aufgrund der oben dargestellten Grundsätze die Aufgabe der Antragsteller gewesen wäre, überschlägige, aber schlüssige Angaben über die geschätzte Höhe der voraussichtlich anfallenden Kosten und Einnahmeausfälle zu machen. Insbesondere können sie wegen der Bedeutung eines Bürgerentscheids - er hat die Wirkung eines Ratsbeschlusses (§ 22 b Abs. 11 Satz 1 NGO) - sinngemäß nicht erfolgreich geltend machen, zum Zeitpunkt des „Antrages“ des Bürgerbegehrens seien die wirtschaftlichen Überlegungen des Antragsgegners weder vorhanden gewesen noch seien sie ihnen zur Verfügung gestellt worden, damit sie ggfls. hätten reagieren können.
Weil die vorstehenden Ausführungen bereits die Entscheidung des Gerichts tragen, kann offen bleiben, ob die vom Antragsgegner im Falle der Realisierung des Ratsbeschlusses seiner Auffassung nach erzielbaren - und im (erforderlichen) Deckungsvorschlag zu berücksichtigenden - Einsparungen bei den Sach- und Personalausgaben in Höhe von ca. 100.000,- € jährlich tatsächlich allein der Stadt oder teilweise - unmittelbar - der Staatsbad Norderney GmbH zugute kämen. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu berücksichtigen, dass in Vergleichsberechnungen wohl nicht Kosten oder Einsparungen einbezogen werden dürfen, die jedenfalls zunächst erst einmal im Bereich der Staatsbad Norderney GmbH und/oder der Wirtschaftsbetriebe Norderney GmbH entstünden, auch wenn die Stadt letztendlich verpflichtet ist, Fehlbeträge dieser Gesellschaften auszugleichen. Denn bei den genannten Gesellschaften handelt es sich um rechtlich selbständige juristische Personen. Insbesondere ist die Stadt nicht unmittelbar Träger der Kosten, die im Zusammenhang mit der Unterhaltung und der Sanierung des Bazargebäudes entstehen, weil dieses im Eigentum der Wirtschaftsbetriebe Norderney GmbH steht, die der Staatsbad Norderney GmbH nach dem Vorbringen des Antragsgegners insoweit wiederum die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers eingeräumt hat. Aus den vorgenannten Gründen ist des Weiteren voraussichtlich davon auszugehen, dass ein (erforderlicher) Deckungsvorschlag in der Begründung des Bürgerbegehrens Kosten nicht hätte darstellen müssen, die den genannten Gesellschaften entstehen würden.
Rechtlich unerheblich ist es nach alledem auch, ob nach dem Inhalt des Schreibens der Stadt Norderney vom 12. März 2004 (s. Beschluss der Kammer vom 17. Juni 2004 - 2 B 1293/04 -, V.n.b.) aufgrund der Eigentums- und Pachtverhältnisse des Bazargebäudes die Verlegung der Verwaltung der Staatsbad Norderney GmbH in das Rathaus nicht zu realisieren wäre, weil - wie in dem Schreiben vertreten wird - nicht der Rat der Stadt nach § 40 Abs. 1 NGO zuständig sei oder sich die Beschlussfassung auch nicht vorbehalten und demzufolge auch kein Bürgerentscheid eine entsprechende Ratsentscheidung ersetzen könne.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
2. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 53 Abs. 3 Nr. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG unter Berücksichtigung der Nr. 22.6 des Streitwertkataloges 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.), nach der Streitwert bei einem Bürgerbegehren der Auffangwert in Höhe von 5.000,- € ist. Eine Reduzierung ist nicht angemessen, weil das Begehren der Antragsteller die Entscheidung in der Hauptsache jedenfalls teilweise vorweggenommen hätte (s. Nr. 1.5. des Streitwertkataloges 2004).