Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 10.06.2013, Az.: 2 B 649/12

Baugebühren; Bemessung; Erlass; Freiflächenphotovoltaikanlage; Genehmigungsverfahren; Verzögerung; Herstellungswert; Planungskosten; Rohbauwert; unrichtige Sachbehandlung

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
10.06.2013
Aktenzeichen
2 B 649/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 64334
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Nach niedersächsischem Landesrecht werden die Gebühren für die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer Freiflächenphotovoltaikanlage nach dem Herstellungswert berechnet.

2. Die Kosten für die Planung und Genehmigung der baulichen Anlage sowie den Erwerb von Rechten gehören nicht zum Herstellungswert.

3. Verzögert die Bauaufsicht das Genehmigungsverfahren, kann ein Anspruch auf Erlass zusätzlich entstandener Baugebüren wegen unrichtiger Sachbehandlung bestehen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Höhe der vom Antragsgegner festgesetzten Kosten für die Genehmigung der Errichtung einer Freiflächenphotovoltaikanlage zur Erzeugung von Öko-Strom in der Gemarkung D. am Harz mit einer Leistung von etwa 1,4 MWp, die im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplanes Nr. 9 „Gewerbegebiet E. Straße - F.“ gelegen ist.

Der Entwurfsverfasser der Antragstellerin reichte hierfür erstmals am 29. Februar 2012 einen Bauantrag mit diversen Bauvorlagen ein. Nach deren Sichtung forderte der Antragsgegner mit Schreiben vom 8. und 14. März 2012 zahlreiche Unterlagen und Angaben zum Bauvorhaben nach und leitete gleichzeitig das Verfahren zur Beteiligung diverser Träger öffentlicher Belange und der betroffenen Gemeinde ein. Die mit Schreiben des Entwurfsverfassers vom 20. März 2012 nachgereichten Unterlagen gaben dem Antragsgegner erneut Anlass, mit Schreiben vom 23. März und 10. April 2012 weitere Vorlagen nachzufordern und wegen der beabsichtigten Überschreitung der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen und Durchbrechung der dort festgesetzten Grünflächen einen entsprechenden Antrag auf Befreiung von diesen Festsetzungen. Die diesbezüglich überarbeiteten und ergänzten Bauvorlagen des Entwurfsverfassers gingen am 27. April 2012 beim Antragsgegner ein, der diese zunächst nur zur Herstellung des gemeindlichen Einvernehmens an die Samtgemeinde G. am Harz weiterleitete. Der Verwaltungsausschuss der Gemeinde D. am Harz stimmte auf seiner Sitzung am 15. Mai 2012 dem geänderten Bauvorhaben zu. Offenbar erst nach dem Eingang dieses Votums beim Antragsgegner am 18. Mai 2012 setzte dieser am 22. Mai 2012 sein Verfahren zur Beteiligung weiterer Träger öffentlicher Belange, insbesondere diverser Fachämter seiner Kreisverwaltung und der Energieversorgungsträger, fort. Die untere Naturschutzbehörde des Antragsgegners äußerte in der Folge erstmals unter dem 4. Juni 2012 Bedenken hinsichtlich des von der Antragstellerin am 27. April 2012 vorgelegten Bepflanzungsplans, indem sie auf den Verlauf einer Gasleitung der Fa. EON Avacon AG aufmerksam machte und eine Bestätigung dieses Gasversorgers forderte, dass die Ausgleichsmaßnahmen wie beantragt durchgeführt werden könnten. Schon zuvor hatte die Antragstellerin den Antragsgegner mit Email vom 31. Mai 2012 wegen der vom Gesetzgeber zum 1. Juli 2012 beschlossenen Absenkung der Vergütung für Ökostrom nach dem EEG und der hiermit verbundenen Gefahr für die Finanzierung ihres Vorhabens auf die Dringlichkeit der Erteilung der von ihr beantragten Baugenehmigung aufmerksam gemacht. Mit Email vom 4. Juni 2012 vertiefte die Antragstellerin ihr Vorbringen zu den Gefahren für das Projekt und beantragte zur Beschleunigung des Verfahrens die Erteilung einer Teilbaugenehmigung zur Einbringung der Gestellpfosten. Wegen ausstehender Stellungnahmen weiterer Träger öffentlicher Belange lehnte der Antragsgegner in einem Telefonat vom 5. Juni 2012 dieses Begehren der Antragstellerin ab. Am 7. Juni 2012 ging beim Antragsgegner per Email die Stellungnahme der Fa. EON Avacon AG ein, die die untere Naturschutzbehörde des Antragsgegners unter dem 8. Juni 2012 veranlasste, nach telefonischer Erörterung mit der Antragstellerin, ihrem Entwurfsverfasser und dem Gasversorger eine Abänderung der geplanten Kompensationsmaßnahmen zu fordern, die später Eingang in die Baugenehmigung fand.

Am 13. Juni 2012 sprach der Eigentümer der zu bebauenden Flächen, Herr H. I., im Auftrag der Antragstellerin bei dem Abteilungsleiter der Bauaufsicht des Antragsgegners, Herrn J., vor und wies diesen darauf hin, dass mit der Baumaßnahme sofort begonnen werden müsse, um die Anlage noch rechtzeitig vor dem 1. Juli 2012 in Betrieb nehmen zu können. Zwischen den Beteiligten ist insoweit unstreitig, dass der Abteilungsleiter für die besondere Situation der Antragstellerin Verständnis zeigte und auch keine Einwände gegen den sofortigen Baubeginn erhob bzw. diesen - so die Antragstellerin - „erlaubte“. Nach dem Vorbringen des Antragsgegners habe sein Abteilungsleiter darüber hinaus den Eigentümer zusätzlich auf die gebührenrechtlichen Konsequenzen eines Baubeginns ohne Baugenehmigung hingewiesen, welche dem Eigentümer indes schon bekannt gewesen seien.

Unmittelbar nach diesem Gespräch errichtete die Antragstellerin auf einer Fläche von rund 29.000 m² ein mit Aluminiumpfosten im Boden verankertes Trägersystem der Herstellerfirma CWF, auf das sie insgesamt 5.942 Photovoltaikmodule und dazugehörige Wechselrichter montierte und diese mit der Übergabestation des Stromnetzbetreibers verkabelte.

Nachdem im Anschluss an die Stellungnahme der Fa. Harz Energie Netz GmbH vom 31. Mai 2012 eine vom Antragsgegner telefonisch angeforderte ergänzende Stellungnahme dieses Stromnetzbetreibers zu den geplanten Ausgleichsmaßnahmen bei ihm am 25. Juni 2012 eingegangen war, erließ er unter dem 28. Juni 2012 die beantragte Baugenehmigung und setzte hierfür mit Kostenbescheid vom selben Tage Gebühren und Auslagen i.H.v. 61.488,00 € fest. Grundlage dieser Festsetzung war u.a. die Ermittlung der Herstellungskosten der Antragstellerin vom 9. Mai 2012 i.H.v. 2.664.410,00 € brutto, die ihr Entwurfsverfasser mit Telefax vom 22. Mai 2012 bestätigt hatte. Die aus den Herstellungskosten gem. Ziffer 1.1.2 der Nds. Baugebührenordnung (NBauGO) errechnete Gebühr für die Genehmigung der Baumaßnahme i.H.v. 20.250,00 € verdreifachte der Antragsgegner gem. Ziffer 1.1.3 NBauGO im Hinblick auf die Errichtung der Photovoltaikanlage vor Erteilung der Baugenehmigung.

Gegen den Kostenbescheid legte die Antragstellerin unter dem 13. Juli beim Antragsgegner am 17. Juli 2012 Widerspruch ein und fügte diesem eine neue Aufstellung der Kosten bei, die ihrer Auffassung nach als Rohbauwert einer korrigierten Gebührenfestsetzung durch den Antragsgegner zugrunde zu legen sei. Den Rohbauwert i.H.v. 609.000,00 € netto (im Laufe des Verfahrens auf 571.000,00 € bzw. 345.100,00 € netto beziffert) ermittelte sie, indem sie die Positionen Projektrechte, Planung und Genehmigung, Projektierung und Detailplanung, Wechselrichter, Photovoltaikmodule und Verkabelung aus den von ihr zunächst ermittelten Herstellungskosten herausrechnete. Daraufhin bat der Antragsgegner um Vorlage von Kostennachweisen (Rechnungen, Lieferscheine etc.) für die Baumaßnahme, die Anlass für weiteren Schriftwechsel zwischen den Beteiligten boten. Unter anderem wandte sich die Antragstellerin mit Schreiben ihres Entwurfsverfassers vom 28. September 2012 erstmals auch gegen die Verdreifachung der Gebühr. Über den Widerspruch hat der Antragsgegner bislang nicht entschieden. Den Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung vom 9. November 2012 lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 12. November 2012 ab.

Daraufhin hat die Antragstellerin beim erkennenden Gericht am 20. Dezember 2012 den vorliegend streitgegenständlichen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 13. Juli 2012 gegen den Kostenbescheid des Antragsgegners vom 28. Juni 2012 gestellt. Zu dessen Begründung verweist sie auf die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Kostenbescheides. Bei der Gebührenbemessung sei von den Rohbaukosten auszugehen, die ihr Entwurfsverfasser zuletzt mit Schreiben vom 17. September 2012 auf 345.100,00 € beziffert habe. Nachweise für diese Kosten lägen dem Antragsgegner vor. Anders als bei Windenergieanlagen sei bei Freiflächenphotovoltaikanlagen der Rohbauwert bestimmbar und eine Rohbauabnahme jederzeit möglich. Die PV-Module, Wechselrichter und die Verkabelung gehörten nicht zu den konstruktiv wichtigen Teilen; die hierfür angefallenen Kosten zählten deshalb nicht zum Rohbauwert. Diesen Befund bestätige die bisherige Gebührenbemessungspraxis der Bauaufsichtsbehörden in anderen Bundesländern, die ihrer Gebührenbemessung analog § 48 HOAI 55 % der Rohbaukosten zugrunde legten. Selbst wenn die Herstellungskosten als Anknüpfungspunkt für die Gebührenbemessung heranzuziehen seien, ergebe sich die Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Kostenbescheides daraus, dass diese u.a. wegen des Preisverfalls auf dem Solarmarkt und wegen einer zu hoch kalkulierten Anlagenleistung (1,8 MWp) tatsächlich geringer ausgefallen seien, als in der Kostenaufstellung vom 9. Mai 2012 von ihrem Entwurfsverfasser zunächst angegeben. Die darin ebenfalls aufgeführten Positionen „Projektrechte“, „Planung und Genehmigung“ sowie „Projektierung und Detailplanung“ gehörten nicht zum Herstellungswert i.S.d. § 3 Abs. 2 NBauGO. Der tatsächliche Herstellungswert der Anlage betrage ausweislich der Kostenaufstellung vom 14. Februar 2013 und den ihr beigefügten Rechnungen 1.668.000,00 € netto. Schließlich sei die Verdreifachung der Gebühr für die Genehmigung der Baumaßnahme unrechtmäßig. Der Antragsgegner verhalte sich widersprüchlich, indem er die vorzeitige Durchführung der Baumaßnahme zum Anlass für eine Gebührenerhöhung nehme, obwohl er hierfür gegenüber dem Eigentümer am 13. Juni 2012 einen mündlichen Dispens erteilt habe. Der Antragsgegner habe in diesem Gespräch jedenfalls ein Vertrauen darin erweckt, aus dem vorzeitigen Baubeginn folgten für sie - die Antragstellerin - keinerlei Konsequenzen. Hinzu komme, dass der Antragsgegner das Verfahren zur Erteilung der Baugenehmigung u.a. durch zahlreiche Nachforderungen von Unterlagen vorwerfbar verzögert habe und deshalb die Verdreifachung der Gebühr unbillig sei. Er habe zudem seine untere Naturschutzbehörde zu spät beteiligt. Spätestens jedoch mit Eingang der Stellungnahme der Fa. EON Avacon AG per Email am 7. Juni 2013 habe Genehmigungsreife vorgelegen. Wäre die beantragte Baugenehmigung binnen weiterer 5 Arbeitstage erteilt worden, wäre ein vorzeitiger Baubeginn nicht erfolgt, weil dann die Fertigstellung der Anlage noch vor dem Stichtag 1. Juli 2012 möglich gewesen wäre. Sein Ermessen habe der Antragsgegner im Hinblick auf einen Billigkeitserlass nicht ausgeübt.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 13. Juli 2012 gegen den Kostenbescheid des Antragsgegners vom 28. Juni 2012 in der Gestalt des Ersetzungsbescheides vom 12. März 2013 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Bemessung der Gebühren sei nach den Vorgaben der NBauGO erfolgt. Der Rohbauwert einer Freiflächenphotovoltaikanlage sei schwer bestimmbar, deshalb sei gem. Ziffer 1.1.2 des Gebührenverzeichnisses an den Herstellungswert anzuknüpfen. Zudem sei die bauliche Anlage der Antragstellerin nicht in der Anlage 2 zur NBauGO gelistet. Eine der Schlussabnahme vorangehende Rohbauabnahme i.S.d. § 80 Abs. 1 Nr. 2 NBauO könne bei dieser Art von baulichen Anlagen nicht erfolgen. Eine Unterscheidung zwischen der Errichtung konstruktiv wichtiger Teile und nachfolgendem Innenausbau sei hier nicht möglich. Zu den konstruktiv wichtigen Teilen der Freiflächenphotovoltaikanlage zählten auch die PV-Module, da deren Gewicht und die Art ihrer Befestigung auf den Traggestellen die Anforderungen an die Standfestigkeit (z.B. Windlasten) bestimmten. Es mangele deshalb an einem Rohbauwert, an dem die Gebührenbemessung anknüpfen könne. Insoweit sei diese Art von baulichen Anlagen mit Windenergieanlagen vergleichbar, für die die niedersächsische Verwaltungsgerichtsbarkeit bereits entschieden habe, dass bei der Gebührenbemessung nach der NBauGO an den Herstellungswert anzuknüpfen sei. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 4 NBauGO zählten zu den Herstellungskosten alle bis zu einer Schlussabnahme fertig zu stellenden Arbeiten und Lieferungen, somit auch „weiche“ Kosten für Projektrechte, Planung und Genehmigung. Aus dem Gespräch mit dem Grundstückseigentümer vom 13. Juni 2012 könne die Antragstellerin gebührenrechtlich nichts herleiten; die mündliche Erteilung einer Baugenehmigung sei gem. § 75 Abs. 3 NBauO 2003 nicht vorgesehen. Die Anwendung der Ziffer 1.1.3 des Gebührenverzeichnisses stehe nicht in seinem Ermessen. Eine von ihm zu vertretene Verzögerung des Genehmigungsverfahrens sei nicht eingetreten. Frühestens mit Eingang der Stellungnahme der Fa. Harz Energie GmbH zu den geplanten Ausgleichsmaßnahmen am 25. Juni 2012 habe er die Genehmigungsfähigkeit der Baumaßnahme abschließend prüfen können. Eine Gebührenreduzierung aus Billigkeitsgründen komme weder im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin noch wegen der Termingebundenheit der Baumaßnahme im Hinblick auf die Reduzierung der Vergütungssätze nach dem EEG in Betracht. Es fehle der Antragstellerin an der Erlassbedürftigkeit und Erlasswürdigkeit, sodass es auf die fehlerfreie Ermessensausübung schon nicht ankomme.

Der Antragsteller hat mit Kostenbescheid vom 12. März 2013 seinen bisherigen Kostenbescheid vom 28. Juni 2012 „ersetzt“ und für die Bearbeitung des Bauantrags der Antragstellerin nunmehr Kosten i.H.v. 49.398,00 € festgesetzt. Dabei legte er der Bemessung der Genehmigungsgebühr gem. Ziffer 1.1.2 des Gebührenverzeichnisses zur NBauGO den von der Antragstellerin unter dem 14. Februar 2013 genannten Herstellungswert von 1.668.000,00 € netto zugrunde und addierte dazu weitere 140.000,00 € netto für die Positionen „Projektrechte“ sowie „Planung und Genehmigung, Projektierung und Detailplanung“. Für die bis dato noch nicht durchgeführten Ausgleichsmaßnahmen zog er die hierfür in Ansatz gebrachten Kosten i.H.v. 22.000,00 € netto ab. Aus dem so ermittelten Herstellungswert von 2.125.340,00 € errechnete er eine Gebühr für die Genehmigung der Baumaßnahme i.H.v. 16.153,00 €, die er wiederum gem. Ziffer 1.1.3 des Gebührenverzeichnisses verdreifachte und mit den hier unstreitigen weiteren Kostenpositionen addierte. Mit weiterem Bescheid vom 30. April 2013 hat der Antragsgegner seinen Kostenbescheid vom 12. März 2013 um Ausführungen zu Billigkeitsmaßnahmen gem. § 11 NVwKostG ergänzt, die er gegenüber der Antragstellerin ablehnt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Bescheid vom 30. April 2013 (Bl. 189 ff. GA) verwiesen.

Der Berichterstatter hat am 18. April 2013 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Eine vergleichsweise Einigung der Beteiligten ist dabei nicht zustande gekommen. Die Beteiligten sind jedoch darin einig gewesen, den Kostenbescheid vom 12. März 2013 in das vorliegende Verfahren einzubeziehen. Die Antragstellerin hat daneben zu erkennen gegeben, diesen Kostenbescheid zum neuen Gegenstand des beim Antragsgegner anhängigen Widerspruchsverfahrens zu machen. Wegen der Einzelheiten des Erörterungstermins wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift (Bl. 146 ff. GA) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

II.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des in der Hauptsache am 17. Juli 2012 eingelegten Widerspruchs ist - nachdem die Antragstellerin den gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO erforderlichen Aussetzungsantrag mit Schriftsatz vom 9. November 2012 bei dem Antragsgegner gestellt und dieser den Antrag mit Schreiben vom 12. November 2012 abschlägig beschieden hat - zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang teilweise begründet. Dies gilt auch in Ansehung der „Ersetzung“ des ursprünglich angefochtenen Kostenbescheides vom 28. Juni 2012 durch den neuen Kostenbescheid vom 12. März 2013 in der Fassung der Ergänzung durch den weiteren Bescheid vom 30. April 2013. Denn die Beteiligten haben in entsprechender Anwendung des § 91 Abs. 1 VwGO (vgl. dazu Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 17. Aufl., § 91 Rn. 1 m.w.N.) den neuen Kostenbescheid vom 12. März 2013 in dem Erörterungstermin vom 18. April 2013 einvernehmlich zum neuen Gegenstand des Anordnungsbegehrens der Antragstellerin erklärt (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 91 Rn. 12). Die Antragstellerin hat insoweit zu Beginn des Termins auch hinreichend deutlich erkennen lassen, dass sie diesen zweiten Kostenbescheid im Wege der Widerspruchsänderung analog § 91 Abs. 1 VwGO in das beim Antragsgegner seit dem 17. Juli 2012 anhängige Widerspruchsverfahren einbezogen wissen will und dieses nicht für erledigt erklärt (dazu Bay. VGH, Urteil vom 12. Februar 1982 - 23 B 80 A.2332 -, NVwZ 1982, 615 (616)). Es kann deshalb dahinstehen, ob der Kostenbescheid vom 12. März 2013 nur als unselbständiger Zweitbescheid bzw. als schlichte Teilabhilfe mit der prozessualen Folge zu qualifizieren ist, dass dieser Bescheid schon automatisch Gegenstand des beim Antragsgegner anhängigen Widerspruchsverfahrens wird, ohne dass es einer dahingehenden Erklärung der Antragstellerin bedurfte (dazu Sächs. OVG, Beschluss vom 28. Mai 1998 - 1 S 149/08 -, NVwZ-RR 1999, 101 f.).

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht in den Fällen des Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs ganz oder teilweise anordnen, wenn nach der für die behördliche Aussetzungsentscheidung maßgebenden Regelung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO, deren Maßstäbe auch im gerichtlichen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO Anwendung finden (Nds. OVG, Beschluss vom 13. Januar 1989 - 9 M 1/89 -, NVwZ-RR 1989, 328; Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rn. 146; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Auflage, Rn. 980 m.w.N.), bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Abgaben- oder Kostenbescheides bestehen, wenn die Bedenken an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes so gewichtig sind, dass ein Obsiegen des Betroffenen im Widerspruchsverfahren wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen (Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 829 m.w.N.). Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Wird der angefochtene Verwaltungsakt bis zur gerichtlichen Entscheidung geändert, so hat das Gericht diese Änderung im Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO zu berücksichtigen (Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 953 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 13. Juli 2012 teilweise anzuordnen, denn bei der im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung bestehen - auch unter Berücksichtigung der in das vorliegende Verfahren eingeführten Bescheidergänzung vom 30. April 2013 - ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Kostenbescheids des Antragsgegners vom 28. Juni 2012 in der Gestalt des Ersetzungsbescheides vom 12. März 2013, sodass der in der Hauptsache eingelegte Widerspruch der Antragstellerin aller Voraussicht nach teilweise Erfolg haben wird.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Niedersächsischen Verwaltungskostengesetzes (NVwKostG) in der Fassung vom 25. April 2007 (Nds. GVBl S. 172), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 9. Dezember 2011 (Nds. GVBl. S. 471), werden für Amtshandlungen im übertragenen Wirkungskreis der Gebietskörperschaften und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts nach diesem Gesetz Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben, wenn die Beteiligten zu der Amtshandlung Anlass gegeben haben. Die Höhe der Gebühren für die einzelnen Amtshandlungen der kommunalen Bauaufsichtsbehörden Niedersachsens regelt die nach § 3 Abs. 1 NVwKostG und § 66 Abs. 3 NBauO in der Fassung vom 10. Februar 2003 (NBauO 2003) von der obersten Bauaufsichtsbehörde erlassene Niedersächsische Verordnung über die Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen der Bauaufsicht (Baugebührenordnung - NBauGO) in der hier anzuwendenden Fassung vom 13. Januar 1998 (Nds. GVBl S. 3), zuletzt geändert durch Verordnung vom 23. November 2010 (Nds. GVBl. S. 537). Der von der Antragstellerin bemühte Vergleich zwischen der Gebührenbemessung für die Genehmigung von Freiflächenphotovoltaikanlagen durch Bauaufsichtsbehörden anderer Bundesländer einerseits und durch den Antragsgegner andererseits ist daher von vorn herein nicht zielführend. Insbesondere lässt sich aus den von der Antragstellerin vorgelegten Gebührenbescheiden der Stadt Köthen und des Salzlandkreises nichts herleiten, weil beide auf dem Kostenrecht des Landes Sachsen-Anhalt fußen, hier indes niedersächsisches Landesrecht anzuwenden ist.

Gemäß § 1 Abs. 1 NBauGO sind für Amtshandlungen der Bauaufsichtsbehörden Gebühren und Auslagen zu erheben. Die Höhe der Gebühren ergibt sich aus dem Gebührenverzeichnis (Anlage 1) und den Anlagen 2 bis 5. Die Gebühren sind auf volle Euro abzurunden. Nach § 3 Abs. 1 NBauGO ist der Rohbauwert für die in Anlage 2 genannten Gebäude nach deren Brutto-Rauminhalt, vervielfacht mit dem jeweils angegebenen Rohbauwert je Kubikmeter Brutto-Rauminhalts zu errechnen. Der Brutto-Rauminhalt für die in Anlage 2 genannten Gebäude bestimmt sich nach Anlage 5.

Die von der Antragstellerin errichtete Freiflächenphotovoltaikanlage ist kein Gebäude und deshalb in der Anlage 2 nicht gelistet. Neben dem Wortlaut der Anlage 2 spricht auch die Systematik der Berechnungen des Brutto-Rauminhalts nach Anlage 5 dagegen, dass für die bauliche Anlage der Antragstellerin ein Rohbauwert nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 NBauGO ermittelt werden kann. Für die Gebührenbemessung ist somit von vorn herein auf § 3 Abs. 2 NBauGO abzustellen, was die Beteiligten auch nicht in Zweifel ziehen.

Gemäß § 3 Abs. 2 NBauGO ist für die nicht in Anlage 2 genannten Gebäude und für sonstige bauliche Anlagen der Rohbauwert nach den Kosten zu ermitteln, die im Zeitpunkt der Genehmigung für alle bis zu einer Rohbauabnahme fertigzustellenden Arbeiten und Lieferungen entstehen werden. Hierzu gehören insbesondere die Kosten für Erdarbeiten, Abdichtungen, Dachdeckungsarbeiten, Klempnerarbeiten, Gerüste, Baugrubensicherungen, die Baustelleneinrichtung sowie die Kosten für Bauteile, die nicht bis zu einer Rohbauabnahme fertigzustellen sind, für die jedoch ein Standsicherheitsnachweis erforderlich ist. Bei Umbauten sind auch die Kosten von Abbrucharbeiten zu berücksichtigen. Soweit die Gebühr nach dem Herstellungswert zu berechnen ist, sind die Kosten zugrunde zu legen, die im Zeitpunkt der Genehmigung für alle bis zu einer Schlussabnahme fertigzustellenden Arbeiten und Lieferungen entstehen werden. Zu dem Rohbau- und Herstellungswert gehört die auf die Kosten nach den Sätzen 1 bis 4 entfallende Umsatzsteuer. Gemäß § 3 Abs. 4 NBauGO sind der Rohbauwert und der Herstellungswert jeweils auf volle 500 Euro aufzurunden.

Die Freiflächenphotovoltaikanlage ist eine sonstige bauliche Anlage i.S.d. § 3 Abs. 2 NBauGO. Ein Rohbauwert lässt sich bei ihr allerdings auch nach Maßgabe des § 3 Abs. 2 Sätze 1 und 2 NBauGO nicht bestimmen, weil es an einem Zeitpunkt fehlt, zu dem sinnvollerweise eine Rohbauabnahme i.S.d. § 80 Abs. 1 Nr. 2 NBauO 2003 (entspricht § 77 Abs. 1 Nr. 2 NBauO 2012) angeordnet werden könnte. Dem Antragsgegner ist darin beizupflichten, dass sich die Rechtslage in diesem Punkt nicht von der Bemessung der Baugenehmigungsgebühr bei der Errichtung einer Windenergieanlage unterscheidet. Für Windenergieanlagen ist durch das Nds. OVG (Urteil vom 28. März 1994 - 6 L 4747/92 -, v.n.b.; ebenso VG Braunschweig, Urteil vom 9. Oktober 2002 - 2 A 462/01 -, zit. nach juris Rn. 18) bereits geklärt, dass eine der Schlussabnahme vorangehende Rohbauabnahme, bei der die konstruktiv wichtigen Bauteile zu prüfen sind, bevor diese durch den Innenausbau und die Putzarbeiten verdeckt werden, nicht möglich ist und es damit an einem Rohbauwert mangelt, an dem die Gebührenbemessung anknüpfen könnte. Ebenso verhält es sich bei der Errichtung einer Freiflächenphotovoltaikanlage. Auch bei dieser baulichen Anlage kann nicht zwischen der Errichtung der konstruktiv wichtigen Teile und dem nachfolgenden Innenausbau unterschieden werden. Die Kammer folgt dem Antragsgegner in seiner Einschätzung, dass insbesondere die PV-Module zu den konstruktiv wichtigen Teilen dieser baulichen Anlage zählen, da deren Gewicht und die Art ihrer Befestigung auf den Traggestellen die Anforderungen an die Standfestigkeit bestimmen. Deshalb konnte sich der von der Antragstellerin beauftragte Prüfingenieur für Baustatik auch nicht mit den generellen statischen Berechnungen der Fa. IBH Tragwerksplanung GmBH im Auftrag der Herstellerfirma CWF PV-Trägersysteme zufrieden geben. Aufgrund der besonders hohen Windlasten am Standort der baulichen Anlage der Antragstellerin in Harzrandlage musste sie ihrem Prüfingenieur darüber hinaus Zusatznachweise der Herstellerfirma über durchgeführte Zugversuche und die Berechnung von Zuglasten vorlegen und zur Gewährleistung der Standsicherheit in den Eckbereichen der letzten Reihen des PV-Feldes weitere Zwischenpfosten im Boden verankern, um den Nachweis der Standsicherheit zu führen. Die Module, aber auch die Wechselrichter und die Verkabelung bestimmen insgesamt das äußere Erscheinungsbild der Freiflächenphotovoltaikanlage und damit die bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Anforderungen an diese bauliche Anlage. Die Anlage ist in ihrer Gesamtheit zu würdigen und deshalb nur einer Schlussabnahme i.S.d. § 80 Abs. 1 Nr. 3 NBauO 2003 (entspricht § 77 Abs. 1 Nr. 3 NBauO 2012) zugänglich. Die mangelnde Bestimmbarkeit des Rohbauwertes einer Freiflächenphotovoltaikanlage hat zur Folge, dass zur Gebührenbemessung deren Herstellungswert i.S.d. § 3 Abs. 2 Satz 4 NBauGO herangezogen werden muss. Insoweit unterscheidet sich die niedersächsische Rechtslage, anders als die Antragstellerin meint, auch nicht von der des Landes Sachsen-Anhalt. Für Photovoltaikanlagen zur Flachdachmontage hat das VG Halle unter Hinweis auf § 6 Abs. 2 Satz 5 BauGVO ebenfalls entschieden, dass bei der Ermittlung der anrechenbaren Bauwerte von den Kosten für die Herstellung der Anlage auszugehen ist (Urteil vom 8. Mai 2012 - 2 A 72/11 -, REE 2012, S. 111 ff., zit. nach juris Rn. 33).

Die Höhe der Gebühr für die der Antragstellerin erteilte Baugenehmigung hat der Antragsgegner - im Ausgangspunkt ebenfalls zutreffend - nach Ziffer 1.1.2 des Gebührenverzeichnisses (Anlage 1) zur NBauGO bestimmt. Danach ist für die Genehmigung von Baumaßnahmen oder baulichen Anlagen, ausgenommen nach den Nrn. 1.3 bis 1.5, soweit der Rohbauwert schwer bzw. wie hier nicht bestimmbar ist, für je angefangene 500 Euro des Herstellungswertes eine Gebühr i.H.v. 3,80 Euro festzusetzen.

Nicht zu folgen vermag die Kammer dem Antragsgegner indes bei der Bestimmung der Höhe des Herstellungswertes. Die dem Kostenbescheid vom 12. März 2013 zugrunde gelegten Herstellungskosten i.H.v. 2.125.340,00 Euro sind um 166.600,00 Euro zu hoch angesetzt. Dabei handelt es sich um die Kosten der Antragstellerin für den Erwerb der Projektrechte, die Planung und Genehmigung des Bauvorhabens und die Projektierung und Detailplanung der baulichen Anlage einschließlich Umsatzsteuer. Zu den Herstellungskosten zählen nach § 3 Abs. 2 Satz 4 NBauGO jedoch nur die bis zu einer Schlussabnahme fertigzustellenden Arbeiten und Lieferungen. Hiervon sind schon begrifflich Dienstleistungen wie die Planung und Projektierung, aber auch der Erwerb von Rechten für die bauliche Anlage zu unterscheiden, die regelmäßig im Vorfeld der Genehmigung der Baumaßnahme erbracht werden bzw. erfolgen, deren Kosten somit bis zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung schon entstanden sind. Demgegenüber knüpfen sowohl § 3 Abs. 2 Satz 1 NBauGO als auch § 3 Abs. 2 Satz 4 NBauGO für die Wertbestimmung nur an die „im Zeitpunkt der Genehmigung“ bis zur Rohbauabnahme bzw. Schlussabnahme (noch) fertigzustellenden Arbeiten und Lieferungen an, wie die in beiden Sätzen übereinstimmend gewählte Formulierung „entstehen werden“ verdeutlicht. Hätte der Verordnungsgeber dagegen auch die Kosten für Dienstleistungen im Vorfeld der Genehmigung der Baumaßnahme gebührenrechtlich in die Wertermittlung einbeziehen wollen, hätte zudem deren beispielhafte Aufzählung in § 3 Abs. 2 Satz 2 NBauGO nahe gelegen. Im Übrigen spricht auch die systematische Zusammenschau mit § 3 Abs. 1 NBauGO gegen die Auffassung des Antragsgegners. Bei der Bemessung des Rohbauwertes nach dieser Vorschrift bleiben die Kosten für Dienstleistungen im Vorfeld der Erteilung der Baugenehmigung ebenfalls außen vor.

Beträgt danach der Herstellungswert lediglich 1.958.740,00 € (aufgerundet gem. § 3 Abs. 4 NBauGO: 1.959.000,00 €), errechnet sich hieraus die Gebühr gem. Ziffer 1.1.2 des Gebührenverzeichnisses wie folgt: 1.959.000,00 € / 500 = 3.918 x 3,80 € = 14.888,40 €; dieser Betrag ist gem. § 1 Abs. 1 Satz 4 NBauGO auf 14.888,00 € zu runden. Zusammen mit den im vorliegenden Verfahren unstreitigen Positionen des Kostenbescheides vom 12.03.2013 (zusammen 939,00 €) ist im Ergebnis die Festsetzung von Kosten i.H.v. 15.827,00 € rechtlich nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich der darüber hinaus vom Antragsgegner auf insgesamt 49.398,00 € festgesetzten Kosten bestehen ernstliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Kostenbescheids. Zwar ist dem Antragsgegner zuzugeben, dass der Tatbestand der Ziffer 1.1.3 des Gebührenverzeichnisses zur NBauGO vorliegend erfüllt ist. Die bauliche Anlage der Antragstellerin war zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung am 28. Juni 2012 bereits fertiggestellt; sie ist somit nachträglich genehmigt i.S.d. Ziffer 1.1.3. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass der Antragsgegner in dem am 13. Juni 2012 geführten Gespräch des Grundstückseigentümers I. mit seinem Leiter der Abteilung IV.2 der Kreisverwaltung (Bauaufsicht), Herrn J., nach der vorgelegten Eidesstattlichen Versicherung Verständnis für die Situation der Antragstellerin gezeigt und „die Erlaubnis“ erteilt habe, „sofort mit den Bauarbeiten zu beginnen.“ Eine mündliche Erteilung der beantragten Baugenehmigung ist hierin nicht zu erblicken; sie wäre jedenfalls ohne Rechtswirkungen. Gemäß § 75 Abs. 3 NBauO 2003 bedarf die Baugenehmigung der Schriftform, damit keine Zweifel aufkommen können, was konkret genehmigt wurde. Mündliche Erklärungen von Bediensteten der Bauaufsicht können daher keine wirksame Baugenehmigung darstellen (vgl. Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, Niedersächsische Bauordnung, Kommentar, 8. Aufl., § 75 Rn. 17). Aus der Erklärung des Abteilungsleiters lässt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht die mündliche Zusage - für eine wirksame Zusicherung fehlt es ebenfalls an der Schriftform gem. § 1 Abs. 1 NdsVwVfG i.V.m. § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG - herleiten, der vorzeitige Baubeginn habe keinerlei gebührenrechtliche Konsequenzen. Es kann dahinstehen, ob der Abteilungsleiter des Antragsgegners, wie von ihm im Erörterungstermin dargelegt, den Grundstückseigentümer ausdrücklich auf die hierdurch eintretende Gebührenerhöhung hingewiesen hat und ob dieser Umstand dem Grundstückseigentümer aus einem vorangegangenen Verwaltungsverfahren bereits bekannt gewesen ist. Dem Entwurfsverfasser der Antragstellerin war die drohende Verdreifachung der Genehmigungsgebühr bei einem vorzeitigen Baubeginn offenbar von vorn herein bewusst. Er führt in seinem Schreiben an den Antragsgegner vom 17. September 2012 zur Anwendung der Ziffer 1.1.3 des Gebührenverzeichnisses aus, die Bauarbeiten seien mit Einvernehmen des Antragsgegners ohne Genehmigung ausgeführt worden. Die Bauvorlagen seien nachträglich genehmigt worden, somit komme nach Tarifstelle 1.1.1 bzw. 1.1.2 BauGO die dreifache Gebühr zur Anrechnung. In dem Widerspruchsschreiben der Antragstellerin vom 13. Juli 2012 wendet sich auch deren Geschäftsführer nicht gegen die Verdreifachung der Gebühr; diese wird erstmals nach Legitimation der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zum Verfahren im November 2012 gerügt. Weder der Inhalt der Eidesstattlichen Versicherung des Grundstückseigentümers noch die vorstehend beschriebenen Umstände lassen daher erkennen, dass die vorgetragenen Tatsachen und Geschehensabläufe bei der Antragstellerin vor Baubeginn ein schutzwürdiges Vertrauen darin entstehen lassen konnten, der Antragsgegner werde die Genehmigungsgebühr entgegen Ziffer 1.1.3 des Gebührenverzeichnisses nicht verdreifachen. Ein widersprüchliches Verhalten des Antragsgegners ist insoweit nicht erkennbar, denn aus der Erklärung seines Abteilungsleiters vom 13. Juni 2012 lässt sich bei verständiger Würdigung aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers lediglich schlussfolgern, der Antragsgegner werde bei einem vorzeitigen Baubeginn dagegen nicht bauaufsichtlich einschreiten, etwa einen Baustopp gem. § 89 NBauO 2003 verfügen. Schließlich begegnet die Verdreifachung der Genehmigungsgebühr nach Ziffer 1.1.3 des Gebührenverzeichnisses zur NBauGO auch keinen grundsätzlichen Zweifeln im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. September 2001 - 9 B 51/01 -, NVwZ 2002, 482; OVG NRW, Urteil vom 19. April 2001 - 9 A 411/99 -, KStZ 2002, 155; OVG NRW, Beschluss vom 19. Dezember 1997 - 9 A 292/97 -, KStZ 1998, 217; allesamt zit. nach juris, zur Rechtslage in NRW).

Die Antragstellerin hat allerdings gem. § 11 Abs. 1 NVwKostG einen Anspruch auf Erlass der Gebühren, die in Anwendung der Ziffer 1.1.3 des Gebührenverzeichnisses zur NBauGO durch die nachträgliche Genehmigung der baulichen Anlage zusätzlich entstanden sind. Nach § 11 Abs. 1 NVwKostG sind Kosten zu erlassen, die dadurch entstanden sind, dass die Behörde die Sache unrichtig behandelt hat. Im Sinne dieser Bestimmung unrichtig ist jedes Verwaltungshandeln, das von der Rechtsordnung nicht gedeckt ist (Beschluss der Kammer vom 21. Dezember 2007 - 2 B 87/07 -, zit. nach juris Rn. 8; Loeser/Barthel, Niedersächsisches Verwaltungskostengesetz, Loseblatt-Kommentar, Stand: 6. Nachlfg. August 2010, § 11, Erl. 3.1. m.w.N.). Eine unrichtige Sachbehandlung liegt danach u.a. vor, wenn die Behörde gegen eindeutige gesetzliche Normen verstößt und dieser Verstoß für die Entstehung der Kosten ursächlich gewesen ist. Darunter fallen nach Auffassung der Kammer auch die Vorschriften zur Gestaltung des Verwaltungsverfahrens, etwa § 1 Abs. 1 NdsVwVfG i.V.m. § 10 Satz 2 VwVfG, die bestimmen, dass das Verwaltungsverfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen ist (vgl. Loeser/Barthel, a.a.O., Erl. 3.1, Seite 3, Beispiel Nr. 1). In Ergänzung dieses allgemeinen Beschleunigungsgebotes regelt § 73 NBauO 2003 (entspricht § 69 NBauO 2012) die Behandlung eines Bauantrages; unter anderem werden vom Gesetzgeber konkrete Fristen für einzelne Verfahrensschritte gesetzt. Zwar regelt die NBauO darüber hinaus keine weiteren Details zur Durchführung eines Baugenehmigungsverfahrens. Anhaltspunkte für eine sachgerechte Verfahrensweise ergeben sich jedoch aus dem inzwischen außer Kraft getretenen Runderlass des Niedersächsischen Sozialministeriums vom 21. November 1989 - 305-242/4-2 -, Nds. MBl. 1989, S. 1280, mit dem Titel: „Bauaufsicht, schnellere und kalkulierbare Baugenehmigungsverfahren“ (Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, a.a.O., § 73 Rn. 3). Dieser Runderlass sieht u.a. vor, dass die Bauaufsichtsbehörde die Vorprüfung der Bauantragsunterlagen auf Vollständigkeit und Brauchbarkeit innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang abschließt und innerhalb dieser Frist fehlende Unterlagen nachfordert bzw. zur Mängelbeseitigung auffordert (Ziffer 2.2 des RdErl). Das Verfahren zur Beteiligung von Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange ist unverzüglich nach dem Abschluss der Vorprüfung bzw. nach dem Eingang nachgeforderter Unterlagen einzuleiten und die Behörden bzw. sonstigen Stellen gleichzeitig zu beteiligen (sog. Sternverfahren, vgl. Ziffer 2.4 des RdErl).

Gegen diese Verpflichtung zur Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens hat der Antragsteller zur Überzeugung der Kammer verstoßen. Zum einen lässt sich hinsichtlich des vom Antragsgegner praktizierten Verfahrensablaufs nicht nachvollziehen, warum er erst mit Schreiben vom 10. April 2012 einen Begrünungsplan nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes und wegen der beabsichtigten Überschreitung der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen und Durchbrechung der dort festgesetzten Grünflächen einen entsprechenden Antrag auf Befreiung von diesen Festsetzungen von der Antragstellerin nachgefordert hat, zu dem die Beteiligung der unteren Naturschutzbehörde erforderlich wurde. Es ist weder ein Grund dafür vorgetragen noch ersichtlich, warum bei sorgfältiger Prüfung der Bauantragsunterlagen der Antragstellerin diese Nachforderung nicht schon unter dem 14. März 2012 hätte verfügt werden können. Selbst wenn zugunsten des Antragsgegners davon auszugehen wäre, dass erst mit Eingang der überarbeiteten Bauantragsunterlagen am 27. April 2012 ein prüffähiger Bauantrag der Antragstellerin vorlag, lässt sich jedenfalls sachlich nicht rechtfertigen, dass seine Bauaufsicht seine untere Naturschutzbehörde und die Energieversorger EON Avacon AG und Harz Energie GmbH erstmals mit Schreiben vom 22. Mai 2012 im Verfahren beteiligt hat. Diese verspätete Beteiligung ist ursächlich dafür, dass sich die Energieversorger abschließend erst mit Schreiben vom 7. Juni - EON Avacon AG - bzw. 20. Juni 2012 (Eingang 25. Juni 2012) - Harz Energie GmbH - dem Bauvorhaben zustimmend geäußert haben. Die Kammer kann dem Antragsgegner nicht in seiner Einschätzung folgen, die Beteiligung der unteren Naturschutzbehörde und der Energieversorger sei erst geboten gewesen, nachdem die Gemeinde D. am Harz am 18. Mai 2012 ihr gemeindliches Einvernehmen erteilt gehabt habe. Die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens ist keine zwingende Voraussetzung für die planungsrechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens, da die Bauaufsicht des Antragsgegners dieselbe in eigener Zuständigkeit zu prüfen und ein ggf. rechtswidrig versagtes gemeindliches Einvernehmen im Baugenehmigungsverfahren zu ersetzen hat, vgl. §§ 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB, 2 Nr. 1 DVO-BauGB. Das vom Antragsgegner daneben ins Feld geführte Argument, unnötige Kosten vermeiden zu wollen, die durch eine ggf. überflüssige Beteiligung der unteren Naturschutzbehörde ausgelöst worden wären, vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil die Antragstellerin von Beginn des Genehmigungsverfahrens an deutlich zu erkennen gegeben hat, dass sie eine Parallelbeteiligung weiterer Fachämter des Antragsgegners wünscht. Sie ist namentlich der Empfehlung des Antragsgegners in der Eingangsbestätigung gefolgt und hat zu diesem Zweck 6 Ausfertigungen der Bauantragsunterlagen mit Schreiben vom 20. März 2012 nachgereicht. Bei dieser Sachlage kann nicht angenommen werden, der Antragstellerin sei es vorrangig um eine schrittweise, kostenoptimierte Bearbeitung ihres Bauantrages gegangen. Der Verstoß des Antragsgegners gegen das Beschleunigungsgebot, vorrangig durch die verspätete Beteiligung seiner unteren Naturschutzbehörde und der Energieversorger war allein ursächlich dafür, dass die Genehmigungsreife erst am 25. Juni 2012 eingetreten ist. Wäre die Beteiligung dagegen spätestens ab dem 27. April 2012 erfolgt, steht unter Berücksichtigung des hier zu prüfenden Verfahrensablaufs außer Zweifel, dass die Genehmigungsreife schon zum Zeitpunkt des Gesprächs mit dem Grundstückseigentümer am 13. Juni 2012 vorgelegen hätte. Wäre die Baugenehmigung noch in der ersten Hälfte des Monats Juni 2012 erteilt worden, so steht nach den glaubhaften Angaben der Antragstellerin zur Dauer des Baus ebenfalls außer Zweifel, dass die Antragstellerin von einem vorzeitigen Baubeginn abgesehen und damit die Verdreifachung der Gebühr nach Ziffer 1.1.3 des Gebührenverzeichnisses zur NBauGO vermieden hätte.

Nach alledem spricht bei der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung Überwiegendes dafür, dass der Widerspruch der Antragstellerin vom 13. Juli 2012 Erfolg haben wird, soweit der Antragsgegner gegen sie Kosten festgesetzt hat, die über den Betrag von 15.827,00 € hinausgehen.

Es ist im Hinblick auf den Betrag von 15.827,00 € von der Antragstellerin indes nicht dargetan noch ersichtlich, dass die Vollziehung dieser reduzierten Gebührenforderung für sie eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die von ihrem Geschäftsführer in der Eidesstattlichen Versicherung vom 18. Dezember 2012 geltend gemachten, durch die sofortige Begleichung der hohen Gebührenforderung des Antragsgegners ggf. eintretenden finanziellen Engpässe reichen für die Annahme einer unbilligen Härte nicht aus (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 S 18.04 -, NVwZ-RR 2005, 304, zit. nach juris Rn. 16), sodass der weitergehende Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs abzulehnen war.

Die Anordnung der Sicherheitsleistung erfolgt nach pflichtgemäßer Ermessensausübung durch die Kammer in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO (vgl. dazu Nds. OVG, Beschluss vom 20. Februar 1996 - 9 M 7867/95 -, NVwZ-RR 1997, S. 79 f., zit. nach juris Rn. 3; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 1008 m.w.N.) im Hinblick darauf, dass sich eine abschließende Entscheidung in der Hauptsache unter Umständen über einige Jahre hinziehen und es im Interesse der Allgemeinheit an der Beschaffung der Mittel zur Finanzierung des Allgemeinwesens nicht hingenommen werden kann, für diese Zeitdauer das Insolvenz- und Ausfallrisiko der Antragstellerin dem Antragsgegner aufzubürden. Die Antragstellerin hat im vorliegenden Verfahren u.a. an Eides statt versichert, schon durch die Zahlung der zunächst i.H.v. 61.488,00 € festgesetzten Kosten einen erheblichen finanziellen Engpass zu erleiden. Da derzeit nicht absehbar ist, ob die Antragstellerin auch nach Eintritt der Bestandskraft des angefochtenen Kostenbescheids über die finanziellen Mittel zur Erfüllung ihrer Zahlungspflicht aus diesem Verwaltungsakt verfügt, erscheint die Beibringung einer Bankbürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage sachgerecht und zumutbar, die bei dem Antragsgegner zu hinterlegen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und berücksichtigt, dass die Antragstellerin zu 55 % obsiegt hat (49.398,00 € - 15.827,00 € = 33.571,00 € => entspricht 55/100 von 61.488,00 €). Hinsichtlich der Reduzierung der festgesetzten Verwaltungskosten von ursprünglich 61.488,00 € auf 49.398,00 € hat sie die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie konkrete Nachweise über die Höhe der Herstellungskosten erst im vorliegenden einstweiligen Rechtschutzverfahren beigebracht hat, sodass der Antragsgegner gehalten war, seinen Kostenbescheid entsprechend anzupassen, vgl. § 3 Abs. 3 Satz 2 NBauGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004 (abgedruckt bei Kopp/Schenke, a.a.O., Anh § 164 Rn. 14). Danach ist 1/4 von 61.488,00 € als Streitwert in Ansatz zu bringen.