Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 30.01.2008, Az.: 6 A 1078/06
Anforderungen an die Nachweispflicht eines Betriebsinhabers im Hinblick auf die Erweiterung eines bestimmten Produktionszweiges; Berücksichtigungsfähigkeit von Investitionen in eine Bullenmast bei Einstellung der Produktion von Bullen nach kurzfristiger Nutzung der zusätzlichen Produktionskapazitäten für die Rindermast; Anforderungen an einen Anspruch auf die Zuweisung eines betriebsindividuellen Betrages aus einer nationalen Reserve aufgrund von Investitionen
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 30.01.2008
- Aktenzeichen
- 6 A 1078/06
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2008, 10582
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2008:0130.6A1078.06.0A
Rechtsgrundlagen
- § 15 BetrPrämdurchfV
- § 15 Abs. 5 a Nr. 1 BetrPrämDurchfV
- Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004
- Art. 18 Abs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004
- Art. 42 VO (EG) Nr. 1782/2003
Verfahrensgegenstand
Zahlungsansprüche
Amtlicher Leitsatz
Anforderungen an die Nachweispflicht des Betriebsinhabers im Hinblick auf die Erweiterung eines bestimmten Produktionszweiges (hier: Rindermast), Fertigstellungszeitpunkt
Zur Frage der Rücksichtigung von Investitionen in die Bullenmast bei Einstellung der Produktion von Bullen nach kurzfristiger Nutzung der zusätzlichen Produktionskapazitäten für die Rindermast
In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Stade - 6. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2008
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Gärtner,
den Richter am Verwaltungsgericht Fahs,
die Richterin Struhs sowie
die ehrenamtlichen Richter B. und C.
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Kostenbetrages abwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erhöhung von Zahlungsansprüchen wegen der Zuweisung betriebsindividueller Beträge aus der nationalen Reserve aufgrund von Investitionen.
Der Kläger bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Milchkuhhaltung und Rindermast, der ihm mit Wirkung vom 1. September 2005 von seinem Vater D.-E. F. übergeben worden ist.
Am 11. Mai 2005 stellte der Vater des Klägers den Antrag auf Festsetzung von Zahlungsansprüchen. Er beantragte die Zuweisung von betriebsindividuellen Beträgen wegen Investitionen in Produktionskapazitäten. In der Anlage - Vordruck J - gab er an, er habe durch den Bau bzw. Umbau eines Stalles in die Rindersonderprämie investiert. Die Investition im Umfang von insgesamt 75.534,-- Euro habe am 6. Mai 2000 begonnen. Zeitpunkt der Fertigstellung der Stallanlage sei der 21. Februar 2002. Vor der Investition habe er über keine Stallplätze für Bullen verfügt, nach der Investition seien 65 Stallplätze für Bullen mit einer Haltedauer von 13 Monaten vorhanden. Die Aufstockung erfolge aus eigener Nachzucht und sei zum 31. Dezember 2004 zu mindestens 50% realisiert.
In einer beigefügten Stellungnahme führt der Vater des Klägers aus, der Betrieb habe am 6. Mai 2000 eine Baugenehmigung für die Erweiterung eines Boxenlaufstalles erhalten. Ziel sei eine Aufstockung der Milchkühe und ein Einstieg in die Bullenmast gewesen. Es sei geplant gewesen, den erweiterten Milchkuhbestand und das weibliche Jungvieh in dem neuen Stall unterzubringen, so dass im alten Rinderstall Bullenmastplätze frei würden. Ein Umbau der alten Ställe sei dafür nicht nötig gewesen. Während des Bauvorhabens sei die Entscheidung getroffen worden, einen zunächst als Strohlager geplanten Bereich in einen Rinderstall umzunutzen. Dafür sei ein Bauantrag im Herbst 2000 gestellt worden. Aufgrund eines Widerspruches des Nachbarn sei die Baugenehmigung erst am 21. Februar 2002 erteilt worden. Erst seit diesem Zeitpunkt hätten Bullen in dem Neuanbau gehalten werden können. Daher seien erst im Jahr 2002 die ersten Bullen (43 Tiere) verkauft worden. Im Jahr 2003 sei mit 65 verkauften Bullen die volle Kapazität erreicht worden.
Dem Antrag sind Rechnungen im Hinblick auf den Erwerb von Baumaterialien und die Durchführung der Umbauarbeiten beigefügt, die im Zeitraum vom 6. März 2000 bis zum 20. November 2000 ausgestellt wurden. Weiterhin liegt die Baugenehmigung des Landkreises H. zum Bauvorhaben "Erweiterung eines Boxenlaufstalles" vom 5. Juni 2000 und die Genehmigung zur Nutzungsänderung des Strohlagers vom 21. Februar 2002 bei. In dem Betriebserhebungsbogen für den einfachen Flächennachweis (Anlage zur Genehmigung) ist eine zukünftige Viehhaltung von 30 Mastbullen aufgeführt. In einem Investitionskonzept, das einem Antrag des Vaters des Klägers nach dem Agrarinvestitionsförderungsprogramm (AFP) vom 18. Mai 2000 beigefügt war, sind als Ziel des Betriebes 22 Mastrinder eingetragen.
Aus den beigezogenen Bauakten ergibt sich, dass die Abnahme des Güllekellers am 21. November 2000 erfolgte. Auf eine Eingabe des Nachbarn fand am 10. Januar 2001 eine örtliche Überprüfung statt, bei der festgestellt wurde, dass das Strohlager bereits als Unterkunft für Rinder genutzt wurde. Der Vater des Klägers stellte daraufhin einen Bauantrag zur Nutzungsänderung des Strohlagers. In dem Betriebserhebungsbogen für den Flächennachweis zum neuen Bauantrag ist die Anzahl der zukünftig insgesamt gehaltenen Bullen mit 30 Tieren angegeben. In einer in der Bauakte befindlichen Übersicht der Viehbestände vom 25. Januar 2002 (Anlage zum Lageplan) sind als "vorhandener Bestand" für den alten Rinderstall 30 Bullen sowie weibliches Jungvieh und Kälber ausgewiesen. Als "vorhandener Bestand" für den Boxenlaufstall sind ausschließlich Kühe und Färsen aufgeführt. Die identischen Zahlen sind für den "zukünftigen Bestand" angegeben, eine Erweiterung des Tierbestandes ist nicht verzeichnet.
Am 4. Mai 2001 verfügte der Landkreis H. die Nutzungsuntersagung des Strohlagers zur Rinderhaltung. Der Rechtsanwalt des Vaters des Klägers beantragte die Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 14. Juni 2001. In dem Schreiben heißt es, sein Mandant habe in dem von der Nutzungsuntersagung betroffenen Stallteil Jungvieh stehen, welches nicht auf die Weide gebracht werden könne. In einem Besprechungstermin am 19. Juni 2001 setzte der Landkreis H. die sofortige Vollziehung der Nutzungsuntersagung aus. Am 21. Februar 2002 erteilte der Landkreis H. dem Vater des Klägers nach § 4 des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImschG) die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten oder zur Aufzucht von Rindern. Die Anlage besteht aus der vorhandenen Stallanlage Nr. 4,6 mit 242 Rinderplätzen und der beantragten Stallanlage - Nutzungsänderung eines Strohlagers zum Rinderstall - mit 33 Rinderplätzen. Aus diesem Tierbestand (275 Rinder) ergeben sich 211 Großvieheinheiten.
Die Landwirtschaftskammer I. stellte im Rahmen einer Verwaltungskontrolle fest, eine Investition werde nicht anerkannt, weil die Aufstockung des Viehbestandes aus eigener Nachzucht nicht 50% der beantragten männlichen Rinder zum 31. Dezember 2004 betrage. Aus der Anlage - Stallplätze - zur Verwaltungskontrolle ergibt sich eine Anzahl vermarkteter männlicher Rinder im Jahr 2001 von 22 Tieren, im Jahr 2002 von 47 Tieren und im Jahr 2003 von 39 Tieren. Im Jahr 2004 und im Jahr 2005 - Stand 2. September - wurden keine männlichen Rinder mehr vermarktet. Die durchschnittliche Haltungsdauer beträgt 14,6 Monate. Der Höchstbestand männlicher Rinder beträgt 39 Tiere im Jahr 2000, 63 Tiere im Jahr 2001, jeweils 65 Tiere in den Jahren 2002 und 2003, 30 Tiere im Jahr 2004 und 8 Tiere im Jahr 2005 - Stand 2. September -.
Am 2. September 2005 zeigte der Kläger unter Vorlage des Hofübergabevertrages der Landwirtschaftskammer I. an, dass ihm der Betrieb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge mit Wirkung vom 1. September 2005 übergeben worden sei.
Mit BIB-Informationsschreiben vom 15. Dezember 2005 teilte die Landwirtschaftskammer I. dem Vater des Klägers mit, der Antrag auf Berücksichtigung zusätzlicher Einheiten aus der nationalen Reserve bei Festsetzung des betriebsindividuellen Betrages sei abzulehnen. Zur Begründung wird ausgeführt, die Aufstockung des Viehbestandes aus der eigenen Nachzucht zum 31. Dezember 2004 betrage nicht mindestens 50% der beantragten 65 Stallplätze. Es seien lediglich 6 männliche Rinder vorhanden gewesen.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers teilte mit Schreiben vom 05. Januar 2006 mit, die Ablehnung sei rechtsfehlerhaft, da bereits am 20. August 2003 56 Mastbullen im Betrieb gehalten worden seien. Es sei nicht zwingend erforderlich, dass die vorgegebene Bestandsaufstockung genau am 31. Dezember 2004 vorhanden sei, vielmehr genüge das Erreichen der entsprechenden Aufstockung bis zum 31. Dezember 2004. Im Übrigen wies er auf die mit Wirkung zum 01. September 2005 erfolgte Hofübergabe an den Kläger hin.
Die Beklagte, die am 1. Januar 2006 an die Stelle der Landwirtschaftskammer I. getreten ist, lehnte eine Änderung der Rechtsauffassung mit Schreiben vom 21. Februar 2006 ab. § 15 Abs. 4 S. 4 BetrPrämDurchfV enthalte ausdrücklich eine Stichtagsregelung, die der Kläger nicht erfülle, weil er am 31. Dezember 2004 nur 6 männliche Rinder gehalten habe.
Mit Schreiben vom 24. Februar 2006 forderte die Beklagte den Vater des Klägers auf, unverzüglich zu erklären, ob die auf seinen Antrag zuzuweisenden Zahlungsansprüche an den Übernehmer des Betriebes übertragen werden sollen. Der Vater des Klägers sandte die dem Schreiben anliegende Erklärung am 28. Februar 2006 an die Beklagte zurück und teilte mit, er habe seinen Betrieb nach Antragstellung vollständig an seinen Sohn, den Kläger, übergeben. Die auf seinen Antrag hin zuzuweisenden Zahlungsansprüche sollen vollständig an den Übernehmer übertragen werden.
Mit Bescheid vom 7. April 2006 setzte die Beklagte gegenüber dem Vater des Klägers die Zahlungsansprüche fest. In Anlage 2 - Übersicht zum betriebsindividuellen Betrag - legte sie für die Prämienart Sonderprämie männliche Rinder 37,2 Einheiten für das Jahr 2002 zugrunde. Weitere Einheiten aus der nationalen Reserve wurden nicht zugewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 2. Mai 2006 mit folgender Begründung Klage erhoben:
Er sei klagebefugt. Die Klage sei auch begründet. Der Investition liege eine konkrete Betriebsplanung durch die Landberatung J. aus dem Jahr 2000 zugrunde. Der Betriebsplan vom 12. April 2000 sehe einen Bestand von 32 Mastrindern im Jahr 2000/2001 und von 50 Mastrindern (entsprechend einer Produktion von 33 Tieren) für die Folgejahre vor. Im Jahr 2002 seien 65 Stallplätze für Bullen fertiggestellt worden. In diesem Jahr sei erstmalig eine Rindersonderprämie für 37,2 Bullen bewilligt worden. Im Folgejahr 2003 seien 65 Bullen verkauft worden. Auf den Bestand am 31. Dezember 2004 komme es nicht an. § 15 Abs. 4 Betriebsprämiendurchführungsverordnung setze allein voraus, dass der Tierbestand nach einer Investition bis zum 31. Dezember 2004 mindestens einmal um 50% der beantragten Stallplätze aufgestockt worden sei. Im Betrieb sei im Jahr 2002 ein Höchstbestand von 65 männlichen Rindern und bis September 2003 von 58 Bullen gehalten worden. Die Reduzierung des Mastbullenbestandes ab Herbst 2003 beruhe auf außergewöhnlichen Umständen im Sinne von Art. 40 VO (EG) Nr. 1782/2003. Der Bestand habe infolge Grundfutterknappheit durch Notverkäufe reduziert werden müssen. Die Futtermittelknappheit habe auf den weit unterdurchschnittlichen Erntemengen im Jahr 2003 beruht.
Im Übrigen besage § 15 Abs. 5 a Nr. 1 BetrPrämDurchfV, dass bei Fertigstellung einer Investition bis zum 31. Dezember 2003 die zusätzlichen Produktionskapazitäten in dem Umfang berücksichtigt würden, in dem im Antragsjahr nach Fertigstellung Sonderprämien ermittelt worden seien. Im Kalenderjahr 2003 seien 65 Mastbullen verkauft worden. Bei einer zusätzlichen Stallkapazität von 65 Stallplätzen und einer Mastdauer von 15 Monaten seien abzüglich der bereits bewilligten Einheiten 39,6 Einheiten aus der nationalen Reserve zu berücksichtigen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 7. April 2006 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die Zahlungsansprüche unter Berücksichtigung eines zusätzlichen betriebsindividuellen Betrages aus der nationalen Reserve in Höhe von 8.232,84 Euro für 39,6 Einheiten im Prämienbereich Rindersonderprämie (65 Stallplätze x 12 Monate : 15 Monate Haltedauer = 52 Einheiten abzüglich 12,4 bereits festgesetzte Einheiten = 39,6 Einheiten x 210,-- Euro abzüglich 1% für die nationale Reserve) festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erwidert:
Die Klage sei unzulässig. Der Vater des Klägers habe als Betriebsinhaber am 11. Mai 2005 den Antrag auf Festsetzung der Zahlungsansprüche gestellt und diese seien mit Bescheid vom 7. April 2006 zu seinen Gunsten festgesetzt worden. Vor endgültiger Festsetzung der Zahlungsansprüche sei keine Übertragung möglich. Nur der Vater des Klägers sei zur Führung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens befugt.
Auch inhaltlich bestehe kein Anspruch. Die Erweiterung des Viehbestandes aus eigener Nachzucht auf 65 Tiere sei am 31. Dezember 2004 nicht in Höhe von 50 v.H. im Betrieb vorhanden gewesen. Es handele sich um eine Stichtagsregelung, die Einhaltung zu einem früheren Zeitpunkt reiche nicht aus. Ferner habe der Kläger mit der Baumaßnahme Investitionen allein im Milchviehbereich durchgeführt und lediglich frei werdende Stallkapazitäten für die Bullenhaltung genutzt. Die Investition führe nicht unmittelbar zur Kapazitätserweiterung in der Bullenmast. Im Jahr 2001 seien bereits 63 männliche Rinder gehalten worden, für die Stallplätze vorhanden gewesen sein müssten, so dass die Umnutzung des Strohlagers auch nicht zu einer Kapazitätserweiterung geführt habe.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge und die Bauakten des Landkreises H. 20731-00-13 und 20785-01-13 Bezug genommen.
Gründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger ist klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Bedenken gegen die Befugnis des Klägers, bezüglich der gegenüber seinem Vater mit Bescheid vom 07. April 2006 festgesetzten Zahlungsansprüche das gerichtliche Verfahren als Hofübernehmer zu betreiben, bestehen nicht.
Ein Anspruch auf Festsetzung eines betriebsindividuellen Betrages aus der nationalen Reserve aufgrund von Investitionen ist inhaltlich jedoch nicht begründet.
Als Rechtsgrundlage für die begehrte Berücksichtigung von Beträgen aus der nationalen Reserve bei Berechnung des betriebsindividuellen Betrages kommt § 15 der Verordnung zur Durchführung der einheitlichen Betriebsprämie (Betriebsprämiendurchführungsverordnung -BetrPrämDurchfV-) vom 03.12.2004 (BGBl. I, Seite 3204), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 04. April 2007 (BGBl. I S. 489), i.V.m. Art. 21 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 vom 21. April 2004 - mit späteren Änderungen und Art. 42 Abs. 4 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und Art. 37 Abs. 2 VO (EG) Nr. 1782/2003 vom 29. September 2003 - mit späteren Änderungen - in Betracht.
Die Höhe des betriebsindividuellen Betrages errechnet sich grundsätzlich aus den Direktzahlungen, die ein Betrieb in dem von Art. 33, 37 Abs. 1, 38 VO (EG) Nr. 1782/2003 zugrunde gelegten Bezugszeitraum (2000 bis 2002) durchschnittlich erhalten hat. Nach Art. 42 VO (EG) Nr. 1782/2003 bilden die Mitgliedstaaten eine nationale Reserve, die unter anderem dazu verwendet wird, Referenzbeträge für Betriebsinhaber festzulegen, die sich in einer "besonderen Lage" befinden. Dies sind gemäß Art. 18 Abs. 1 VO (EG) Nr. 795/2004 solche Betriebsinhaber, die die Voraussetzungen der Art. 19 bis 23 dieser Verordnung erfüllen. Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 regelt den Fall der besonderen Lage bei Investitionen. Nach dieser Vorschrift wird der betriebsindividuelle Betrag abweichend vom Regelfall nicht nur anhand des durchschnittlichen Prämienaufkommens in den Jahren 2000 bis 2002 berechnet, sondern aus der nationalen Reserve um Beträge zugunsten der bis zum 15. Mai 2005 nachgewiesenen zusätzlichen Produktionskapazitäten aufgrund von Investitionen erhöht. Die Einzelheiten regelt § 15 BetrPrämDurchfV.
Nach Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 i.V.m. § 15 BetrPrämDurchfV wird für eine nachgewiesene Erhöhung der Produktionskapazität durch Investitionen, die sich im Bezugszeitraum nicht mehr auswirkt, ein betriebsindividueller Betrag aus der nationalen Reserve bewilligt. Die Steigerung der Produktionskapazität darf nach Art. 21 Abs. 3 VO (EG) Nr. 795/2004 nur solche Sektoren betreffen, für die im Bezugszeitraum eine Direktzahlung gemäß Anhang VI der VO (EG) Nr. 1782/2003 gewährt worden wäre. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift müssen die Investitionen in einem Plan oder Programm vorgesehen sein, dessen Durchführung spätestens am 15. Mai 2004 begonnen hat und das der Betriebsinhaber der zuständigen Behörde übermittelt. Liegen weder ein Plan noch Programm in Schriftform vor, können die Mitgliedstaaten andere objektive Nachweise für das Vorliegen einer Investition berücksichtigen. Nach § 15 Abs. 5 a Nr. 1 BetrPrämDurchfV werden Investitionen in Produktionskapazitäten zu Haltung männlicher Rinder oder zur Mast von Kälbern, die spätestens mit Ablauf des 31. Dezember 2003 fertiggestellt worden sind, nur in dem Umfang berücksichtigt, in dem für die in der zusätzlichen Produktionskapazität gehaltenen Tiere für das Antragsjahr nach Fertigstellung der zusätzlichen Produktionskapazität Sonderprämien für männliche Rinder oder Schlachtprämien für Kälber beantragt und die Tiere in entsprechender Anwendung des Art. 3 a der VO (EG) Nr. 795/2004 ermittelt worden sind.
Die Vorgaben dieser Vorschriften sind nicht erfüllt.
Ausweislich der Bauakten ist die Erweiterung des Boxenlaufstalles - einschließlich des Strohlagers - bereits Ende 2000 fertiggestellt worden. Die Berücksichtigung der Investitionen konnte deshalb nach § 15 Abs. 5 a Nr. 1 BetrPrämDurchfV nicht erfolgen, weil im folgenden Jahr, dem Antragsjahr 2001, keine Sonderprämien für männliche Rinder in dem Betrieb beantragt worden sind. Zudem hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass die Investition gerade der Produktion von männlichen Mastbullen dienen sollte und damit dem geförderten Sektor Rindfleisch eindeutig zuzuordnen ist.
Die am 5. Juni 2000 genehmigte Erweiterung des Boxenlaufstalles war Ende des Jahres 2000 bereits fertiggestellt. Die von dem Kläger vorgelegten Rechnungen umfassen den Zeitraum vom 6. März 2000 bis zum 20. November 2000. Die Abnahme des Güllekellers hat am 21. November 2000 stattgefunden. Am 10. Januar 2001 ist bei einer örtlichen Überprüfung festgestellt worden, dass der erweiterte Stallteil - einschließlich des Strohlagers - bereits für die Haltung von Rindern genutzt wird. Der Landkreis H. hat zwar mit Bescheid vom 4. Mai 2001 eine Nutzungsuntersagung des Strohlagers zur Rinderhaltung verfügt. Der Vater des Klägers hat diese Nutzungsuntersagung jedoch nicht eingehalten. Der Vater des Klägers hat durch seinen Rechtsanwalt mit Schreiben vom 14. Juni 2001 vortragen lassen:
"In Anbetracht des Umstandes, dass unsere Mandantschaft in dem von der Nutzungsuntersagung betroffenen Stallteil Jungvieh stehen hat, welches nicht auf die Weide gebracht werden kann und in der Erwartung eines kurzfristigen Termins für die Vergleichsgespräche wird beantragt, die sofortige Vollziehung der Nutzungsuntersagung auszusetzen."
Am 19. Juni 2001 hat der Landkreis H. die sofortige Vollziehung ausgesetzt. Der Kläger hat demnach auch in dem Zeitraum des weiteren Genehmigungsverfahrens den erweiterten Stallteil - einschließlich des Strohlagers - zur Haltung von Rindern genutzt. Der Kläger hat in seiner Stellungnahme zum Antrag ausgeführt, in dem Anbau, dem die Investition dient, sollten ausschließlich Kühe und weibliches Jungvieh gehalten werden, so dass in dem alten Rinderstall Bullenplätze frei würden. Diese Plätze waren zu Beginn des Jahres 2001 frei, da das weibliche Jungvieh in dem neuen Stall bereits untergebracht war. Die Plätze im Altstall konnten also mit Bullen besetzt werden.
Die Annahme des Fertigstellungszeitpunktes im Jahr 2000 deckt sich mit dem aus der Anlage - Stallplätze - zur Verwaltungskontrolle hervorgehenden tatsächlichen Bestand männlicher Rinder in dem Betrieb. Während zu Beginn des Jahres 2000 nur 3 bis 4 männliche Rinder vorhanden waren, ist der Bestand bis Ende 2000 auf 39 männliche Tiere aufgestockt worden. Ende August 2001 befanden sich 59 männliche Tiere im Betrieb, und ein Höchstbestand von 63 Tieren wurde im November 2001 erreicht. Aus diesen Zahlen ergibt sich, dass die Aufstockung männlicher Rinder, die - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat - bereits im Jahr 2000 begonnen worden ist, nahezu in vollen Umfang der beantragten Stallplätze im Jahr 2001 erfolgt ist.
Die Argumentation des Klägers, er habe im Bereich des Strohlagers erst nach Erteilung der Genehmigung am 21. Februar 2002 Güllegruben und Spaltenböden hergestellt und deshalb hier zunächst nur "provisorisch" Kälber und Jungvieh, nicht aber Bullen gehalten, greift nicht durch. Aus der Übersicht über die Viehbestände vom 25. Januar 2002 ist erkennbar, dass in dem neuen Boxenlaufstall ausschließlich Kühe gehalten werden, während Bullenplätze lediglich in dem alten Rinderstall vorgesehen sind. Die Aussage des Klägers, er habe erst nach Erteilung der Genehmigung im Februar 2002 in dem neuen Stallbereich Bullen halten können, trifft somit nicht zu. Zum anderen geht aus der Übersicht hervor, dass in dem Boxenlaufstall bereits ein Viehbestand von 120 Kühen und 40 Färsen vorhanden war, der mit dem zukünftig geplanten Viehbestand identisch ist.
Da von einer Fertigstellung der zusätzlichen Stallkapazitäten im Jahr 2000 auszugehen ist, konnten die Investitionen gemäß § 15 Abs. 5 a Nr. 1 BetrPrämDurchfV nur in dem Umfang berücksichtigt werden, in dem im Folgejahr 2001 Sonderprämien für männliche Rinder beantragt worden sind. Für den Betrieb wurden jedoch im Jahr 2001 keine Anträge auf Gewährung von Rindersonderprämien gestellt.
Die Investition kann des Weiteren deshalb keine Berücksichtigung finden, weil der Kläger nicht nachgewiesen hat, ob und in welchem Umfang die Erweiterung des Boxenlaufstalls konkret der Schaffung von Bullenmastplätzen und damit der Produktionserweiterung im Bereich Rindfleisch diente. Nach Art. 21 Abs. 3 VO (EG) Nr. 795/2004 darf eine Steigerung der Produktionskapazität durch Investitionen nur berücksichtigt werden, wenn sie Sektoren betrifft, für die im Bezugszeitraum eine Direktzahlung gewährt worden wäre. Für den Fall, dass es an einem schriftlichen Investitionsprogramm fehlt, setzt dies objektive Nachweise voraus, aus denen sich ergibt, dass sich die Investition dem geförderten Sektor eindeutig zuordnen lässt (vgl. VG Koblenz, Urt. v. 25. Mai 2007 -4 K 1273/06.KO-).
Solche Nachweise hat der Kläger nicht vorgelegt. Ausweislich der Übersicht zu den Viehbeständen diente der Anbau an den vorhandenen Boxenlaufstall ausschließlich der Haltung weiblicher Rinder und damit der Produktion von Milch.
Auch soweit der Kläger ausführt, durch den Neubau seien im alten Stall freie Kapazitäten für die Rindermast entstanden, führt dies nicht dazu, dass die Investition zweifelsfrei dem Sektor Rindfleisch zugeordnet werden kann. Der Kläger hat nicht nachgewiesen, ob und in welchem Umfang Stallplätze im Altstall zukünftig tatsächlich der Rindermast zugute kommen sollen.
In dem AFP- Antrag vom 18. Mai 2000 ist die zukünftige Aufnahme einer Bullenmast im Umfang von 22 Tieren vorgesehen. Daraus ergibt sich, dass der von dem Kläger vorgelegte Betriebsplan der Landberatung J. vom 12. April 2000 nicht in vollem Umfang umgesetzt werden sollte. In dem Betriebserhebungsbogen für den Flächennachweis (Anlage zur Baugenehmigung) ist eine Anzahl von 20 Mastbullen angegeben. In den Anlagen zu der nachträglich genehmigten Nutzungsänderung des Strohlagers ist der geplante Gesamtbestand an Bullen im Betrieb mit 30 Tieren aufgeführt.
Der Kläger selbst beruft sich auf eine Anzahl von 65 zusätzlichen Mastplätzen und verweist zur Begründung auf die tatsächlich durchgeführte Aufstockung des Bestandes in den Jahren 2002 und 2003. Im Jahr 2003 habe er 65 Bullen verkauft. Die tatsächlichen Bestandszahlen sprechen zwar dafür, dass in dem Altstall die Haltung von Bullen in dem entsprechenden Umfang durchgeführt werden konnte. Dadurch wird aber nicht hinreichend der Nachweis geführt, dass die Investition gerade dem Sektor Rindfleisch zugute kommen sollte. Wie der Kläger selbst in seiner Stellungnahme ausführt, war ein Umbau des alten Rinderstalles zur Nutzung für die Bullenmast nicht nötig. Es handelt sich also um einen Stall, der verschiedenen Produktionsmöglichkeiten zugänglich ist. Außerdem wurde seit Ende des Jahres 2003 der Bestand männlicher Rinder reduziert. Während Ende des Jahres 2003 und zu Beginn des Jahres 2004 noch etwa 25 bis 30 männliche Rinder vorhanden waren, wurde der Bestand seit Mai 2004 auf eine Anzahl von 5 bis 7 Tiere zurückgeführt. Im Jahr 2005 war überwiegend noch ein Bestand von etwa 3 bis 4 männlichen Tieren vorhanden.
Die Einstellung der Rindermast nach einem nur kurzfristigen Produktionszeitraum stellt die Ernsthaftigkeit der Investition entscheidend in Frage. Sie führt dazu, dass die Investition der Produktion von Bullen nicht eindeutig zugeordnet werden kann. Die Regelungen der Art. 21 VO (EG) Nr. 795/2004 und des § 15 BetrPrämDurchfV dienen dem Schutz der Landwirte, die im Vertrauen auf den Fortbestand der früheren, produktionsorientierten Förderung Investitionen in die Tierkapazität ihres Betriebes getätigt haben, die nach dem früheren System zu einer höheren Förderung geführt hätten (vgl. VG Augsburg, Urt. v. 25.09.2007 - Au 3 K 06.1100 - ). Sie sollen demjenigen Betriebsinhaber zugute kommen, der in eine bestimmte zukünftige Produktionsart investiert und den Umfang der bestehenden Agrarförderung in seine betriebliche Entscheidung einbezogen hat. Ein solcher Betriebsinhaber soll davor geschützt werden, dass er mit Einführung der Betriebsprämienregelung im Jahr 2005, die seine Produktion in den Jahren 2000 bis 2002 zugrunde legt, die Prämien nicht im Umfang seiner nunmehr aufgrund der Investition vorhandenen oder geplanten Produktion erhält. Einen solchen Vertrauensschutz kann der Kläger nicht in Anspruch nehmen. Sein Vater hatte bei Einführung der Betriebsprämienregelung im Jahr 2005 die Produktionsart, wegen der ein zusätzlicher betriebsindividueller Betrag begehrt wird, bereits kontinuierlich reduziert.
Aus den vorstehenden Erwägungen scheitert die Berücksichtigung der Investition auch an den Voraussetzungen des § 15 Abs. 4 Satz 4 BetrPrämDurchfV. Danach muss bei einer geplanten Erweiterung des Viehbestandes aus eigener Nachzucht dieser zusätzliche Viehbestand bis zum 31. Dezember 2004 in Höhe von mindestens 50 v.H. im Betrieb vorhanden sein. Unabhängig davon, ob es sich bei dieser Vorschrift um eine strenge Stichtagsregelung handelt oder ob es ausreicht, wenn der zusätzliche Viehbestand vor dem 31. Dezember 2004 in Höhe von mindestens 50 v.H. im Betrieb vorhanden war, sind die Anforderungen jedenfalls im Fall des Klägers nicht eingehalten worden. Die Vorschrift dient dem Nachweis der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit einer Investition auf einem bestimmten Sektor (vgl. VG Augsburg, Urt. v. 25.09.2007 - Au 3 K 06.1100 - ). Der Verordnungsgeber führt zur Begründung des § 15 Abs. 4 Satz 4 BetrPrämDurchfV aus, im Fall der Erweiterung des Viehbestandes aus eigener Nachzucht könne die Ernsthaftigkeit der Investition dadurch nachgewiesen werden, dass die Erweiterung des Viehbestandes zum Stichtag 31. Dezember 2004 in der dort vorgegebenen Höhe vorhanden sei (BR- Drucks. 728/04 vom 05.11.2004, S. 4). Die Ernsthaftigkeit der Investition wird aber mit einer nur kurzfristigen, zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 31. Dezember 2004 erfolgten Bestandsaufstockung nicht belegt. Die Regelung geht vielmehr von einer mit Fertigstellung der Investition beginnenden kontinuierlichen Bestandsaufstockung bis auf 100% der zusätzlichen Stallplätze aus. Diese Aufstockung soll bis zum 31. Dezember 2004 mindestens 50% erreicht haben. Auch wenn diese Vorschrift möglicherweise zulässt, dass diese Zahl nicht gerade am 31. Dezember 2004 erreicht sein muss, sondern betriebsbedingte Schwankungen hingenommen werden können, so geht sie jedenfalls davon aus, dass eine beständige und fortlaufende Bestandsaufstockung eindeutig erkennbar ist. Eine solche Tendenz ist im Betrieb des Klägers nicht gegeben. Vielmehr hat er seit Mitte des Jahres 2003 den Bestand männlicher Rinder in seinem Betrieb kontinuierlich reduziert. Ende April 2004 waren nur noch 5 männliche Rinder im Bestand vorhanden. Am 31. Dezember 2004 hielt der Kläger 6 männliche Rinder.
Der Vortrag des Klägers, die Reduzierung des Mastviehbestandes seit Herbst 2003 beruhe auf einer Futtermittelknappheit aufgrund geringer Ernte im Jahr 2003, führt zu keinem abweichenden Ergebnis. Der Einwand, die Anzahl der Mastbullen sei allein aufgrund der Futtermittelknappheit im Jahr 2003 reduziert worden, ist angesichts der Tatsache, dass der Bestand männlicher Rinder weder im Jahr 2004 noch im Jahr 2005 wieder aufgestockt worden ist, nicht plausibel.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.
B e s c h l u s s :
Der Streitwert wird auf 6.174,63 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).
G r ü n d e :
Der Streitwert wird in Anlehnung an die Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, S. 1327) Nr. 24.2 auf einen Wert von 75% der hier streitigen Zahlungsansprüche festgesetzt (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17. November 2006 - 10 OA 223/06 -). Der Kläger begehrt die Festsetzung von Zahlungsansprüchen auf der Grundlage eines zusätzlichen betriebsindividuellen Betrages aus der nationalen Reserve für 65 Bullenmastplätze mit einer Haltungsdauer von 15 Monaten. Dies entspricht einer zusätzlichen Kapazität von 52 Einheiten. Abzüglich durchschnittlich bereits bewilligter 12,4 Einheiten verbleiben 39,6 Einheiten. Bei einem Satz von 210,00 Euro pro Einheit und einem Abzug von 1% zugunsten der nationalen Reserve ergibt sich ein beantragter zusätzlicher Betrag von 8.232,84 Euro und damit ein Streitwert von 6.174,63 Euro (75%).
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