Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 14.08.2001, Az.: 4 A 236/99
Heimkosten; Pflegebedürftigkeit; Pflegestufe 0
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 14.08.2001
- Aktenzeichen
- 4 A 236/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 40202
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 93 Abs 2 BSHG
- § 68 BSHG
- § 68 Abs 1 S 2 BSHG
- § 93 Abs 2 BSHG
- § 93 Abs 3 BSHG
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Übernahme weiterer Heimpflegekosten. Er ist im Jahr 1934 geboren und ist psychisch krank. Bis zum Tod seiner Ehefrau wurde er von dieser versorgt. Danach wurde er im November 1998 in die Psychiatrische Klinik A. aufgenommen. Seit dem 2. Dezember 1998 lebt er in dem Alten - und Pflegeheim "B. - Stift" in C. . Während seines Klinikaufenthaltes beantragte die Klinik für ihn bei der AOK Leistungen nach dem SGB XI für vollstationäre Pflege. Der Kläger leide unter einer paranoiden Psychose und einem Parkinsonsyndrom. Besserung sei nicht zu erwarten. Nach dem Tod seiner Ehefrau und vor dem Hintergrund der langjährigen Haldol Medikation könne sich der Kläger nicht alleine versorgen und seine Medikamente nicht selbständig einnehmen. Darüber hinaus drohe wegen fehlender Kontakte Vereinsamung, Isolation und Verwahrlosung. Der Kläger benötige Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung, dem An - und Auskleiden, dem Verlassen der Wohnung und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Die Pflegekasse bei der AOK stufte den Kläger zunächst in Pflegestufe I ein und gewährte für das Heimentgelt den monatlichen pauschalen Höchstbetrag von 2.000,- DM. Mit Wirkung zum 25. Februar 1999 stellte die AOK die Leistungen ein. Die endgültige Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen habe zu dem Ergebnis geführt, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht gegeben seien, weil ein regelmäßiger täglicher Grundpflegebedarf von lediglich 5 Minuten gegeben sei. In dem Gutachten des Medizinischen Dienstes vom 24. Februar 1999 heißt es u.a.:
"Bei dem Vers. besteht kein regelmäßiger Pflegebedarf. Herr D. benötigt zeitweise Anleitung oder Aufforderung in den Bereichen der Körperpflege. Es werden nicht die Kriterien einer der drei Pflegestufen erfüllt."
Am 26. November 1998 beantragte die Stieftochter des Klägers bei dem Beklagten, dem Kläger Hilfe zur Pflege zu gewähren. Mit Bescheid vom 18. März 1999 teilte der Beklagte mit, ab dem 1. März 1999 werde er die von dem Einkommen des Klägers nicht gedeckten Kosten des Heimaufenthaltes übernehmen, bewilligte aber lediglich einen Teil des Heimentgeltes in Höhe der Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionsfolgekosten. Zur Begründung hierfür berief er sich auf das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen.
Der Kläger erhob am 6. April 1999 Widerspruch. Er sei wegen seiner psychischen Erkrankung nicht in der Lage, allein zu leben. Der Beklagte müsse deswegen zumindest die Pflegekosten der Pflegestufe 0 gewähren. Außerdem habe er Anspruch auf Hilfe ab dem 26. Februar 1999. Mit Bescheid vom 20. April 1999 half der Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als er Hilfe bereits ab dem 26. Februar 1999 gewährte. Dabei bewilligte er einen Tagessatz in Höhe von insgesamt 77,82 DM für Unterkunft und Verpflegung, Investitionsfolgekosten sowie für Betreuung. Dem Kläger wurde in dem umstrittenen Zeitraum von dem Heim ein Pflegesatz in Höhe von 88,68 DM für die Pflegestufe 0 (G) in Rechnung gestellt. Auf diesen Pflegesatz hatten sich der Beklagte und der Träger des Heimes im März 1999 vor der Niedersächsischen Schiedsstelle für die Pflegeversicherung für Personen geeinigt, die einen Pflegebedarf im Sinne des § 68 Abs. 1 Satz 2 BSHG hatten. Eine Vereinbarung über das Entgelt für Personen ohne Pflegebedarf wurde nicht getroffen. Am 18. Mai 1999 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. April 1999. Er sei wegen einer ernsten psychiatrischen Erkrankung erheblich pflegebedürftig. Bei der punktuellen Begutachtungsmethode des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen würden psychische Unzulänglichkeiten aber nicht hinreichend erfasst.
Mit Bescheid vom 1. November 1999 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 68a BSHG sei die Entscheidung der Pflegekasse über das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit auch im Rahmen der Entscheidung über Hilfe zur Pflege nach § 68 BSHG zu Grunde zu legen. Aus dem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen gehe hervor, dass bei dem Kläger ein regelmäßiger täglicher Grundpflegebedarf von 5 Minuten gegeben sei. Damit liege keine erhebliche Pflegebedürftigkeit vor mit der Folge, dass auch keine Heimpflegekosten zu übernehmen seien. Es gehe aber aus einem Schreiben des Heiligen Geist Stiftes hervor, dass der Kläger ständiger Betreuung bedürfe. Diesem Bedarf sei Rechnung getragen worden, indem neben den Heimkosten (Unterkunft, Verpflegung und Investitionsaufwendungen) auch ein Anteil für die Betreuung übernommen worden sei.
Der Kläger hat am 3. Dezember 1999 Klage erhoben. Er sei psychisch erkrankt und bedürfe ständiger Betreuung, weil ansonsten Verwahrlosung drohe. Der Beklagte habe mit dem Heim für die sogenannte Pflegestufe 0 einen Pflegesatz von 88,68 DM vereinbart. Hieran sei er gebunden. Er könne nicht eigenmächtig einen anderen Pflegesatz für Personen festsetzen, die seiner Meinung nach die Voraussetzungen für die Pflegestufe 0 nicht erfüllten.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, ihm ab dem 26. Februar 1999 weitere Heimpflegekosten in Höhe von 10,86 DM täglich zu gewähren und die Bescheide des Beklagten vom 18. März 1999 und vom 20. April 1999 sowie seinen Widerspruchsbescheid vom 1. November 1999 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom Februar 1999 lasse sich entnehmen, dass eine Heimpflege nicht erforderlich sei. Er sei aber bereit gewesen, Hilfe auf der Grundlage des § 11 BSHG zu gewähren. Dabei müsse § 93 BSHG beachtet werden. Der unstreitige stationäre Betreuungsbedarf des Klägers werde ihm durch die angefochtenen Bescheide bewilligt. Bei der Ermittlung der Betreuungskosten habe er die unmittelbaren Kosten für das Pflegepersonal aus dem Tagessatz herausgerechnet und durch Betreuungskosten ersetzt. Bei der Bemessung sei er von dem Lohn ausgegangen, der für eine Pflegekraft einschließlich der Arbeitgeberanteile zu zahlen sei. Dabei habe er einen Personalschlüssel von 1 : 36,2 zu Grunde gelegt, wie er bis zum Jahr 1998 für die Betreuung gegolten habe. Dies führe zu einem Betreuungspersonalanteil von 5,62 DM im Vergleich zu den von dem Heim für die Pflegestufe G kalkulierten 16,72 DM. Der von ihm, dem Beklagten, bewilligte Kostenanteil sei ausreichend, um die Betreuung des Klägers zu sichern. Es sei nicht von dem Sozialhilfeträger zu vertreten, wenn der Kläger Pflegeleistungen einkaufe, die nicht erforderlich seien. Er, der Beklagte, habe bei der Heimaufnahme alternative Unterbringungsmöglichkeiten nicht geprüft, weil die Heimkosten zunächst von der Pflegekasse abgedeckt worden seien. Rückblickend betrachtet habe es mehrere Heime gegeben, in denen der Kläger für einen geringeren, als den von dem "B. - Stift" geforderten Pflegesatz hätte wohnen können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger die begehrte weitere Hilfe auf der Grundlage des § 68 BSHG verlangen kann, wobei - weil der Kläger unstreitig nicht im Sinne des § 68 Abs. 1 Satz 1 BSHG in erheblichem oder höherem Maße pflegebedürftig ist - lediglich § 68 Abs. 1 Satz 2 BSHG als Anspruchsgrundlage in Betracht käme. Danach ist Hilfe zur Pflege u.a. auch Kranken und Behinderten zu gewähren, die einen geringeren Hilfebedarf als nach Satz 1 haben oder die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach Abs. 5 bedürfen (sog. Pflegestufe 0 oder G). Entgegen der Auffassung des Beklagten rechtfertigt dabei das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung allein nicht den Schluss, dass eine sog. einfache Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 68 Abs. 1 Satz 2 BSHG nicht gegeben war. Dies folgt auch nicht aus § 68 a BSHG, wonach die Entscheidung der Pflegekasse über das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI auch der Entscheidung im Rahmen der Hilfe zur Pflege zugrunde zu legen ist, soweit sie auf Tatsachen beruht, die bei beiden Entscheidungen zu berücksichtigen sind. Das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI wird durch die drei Pflegestufen des § 15 SGB XI bestimmt. Auf diese kommt es hier nicht an; denn der Kläger macht selbst nicht geltend, dass er zum damaligen Zeitpunkt zumindest erheblich pflegebedürftig (Pflegestufe I) war. Die Feststellungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu dem jeweils in Minuten bestimmten Hilfebedarf bezogen auf die einzelnen Leistungskomplexe entfalten keine rechtliche Bindungswirkung und machen eigene Feststellungen des Sozialhilfeträgers zur Erforderlichkeit der Hilfe nicht entbehrlich (so bereits Urt. der Kammer v. 23.1.2001 - 4 A 118/98 - unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 15.6.2000 - 5 C 34.99 - NJW 2000, 3512).
Derartige eigene Feststellungen hat der Beklagte nicht getroffen. Er hat sich allein auf das Gutachten des Medizinischen Dienstes gestützt, welches bereits deshalb nicht hinreichend aussagekräftig ist, weil hierin der Hilfebedarf nicht im Hinblick auf alle Verrichtungsformen des § 68 Abs. 5 BSHG begutachtet worden ist. Feststellungen zum Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung fehlen völlig. Auch sind keine Feststellungen zum Hilfebedarf außerhalb der Verrichtungen des § 68 Abs. 5 BSHG getroffen worden, der zwar keinen Leistungsanspruch nach dem SGB XI begründen kann aber nach § 68 Abs. 1 Satz 2 BSHG durchaus einen Anspruch auf Hilfe zur Pflege. Als solche "andere Verrichtungen" werden beispielsweise Tagesstrukturierung, Orientierungstraining sowie allgemeine Beaufsichtigung vor Selbst - und Fremdgefährdung angesehen (vgl. Krahmer in LPK - BSHG, Kommentar, 5. Auflage, § 68 Rn. 7). Für die Beurteilung der Frage, ob eine einfache Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 68 Abs. 1 Satz 2 BSHG vorliegt, kommt es weiter nicht auf einen zeitlichen Mindestpflegeaufwand an. Maßgebend ist vielmehr, ob bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles der Hilfesuchende ohne die Pflegeleistung in seiner menschenwürdigen Existenz bedroht wäre, wobei es genügt, wenn er nur für einzelne Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens der Hilfe bedarf (Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, 15. Aufl. § 68, Rn. 21, Lachwitz in Fichtner, BSHG, 1. Aufl. München 1999, § 68 Rn. 24 ff; Mergler/Zink, BSHG, § 68 Rn. 48.3). Mangels ausreichender Feststellungen des Beklagten ist hier nach allem der Pflegebedarf des Klägers in dem umstrittenen Zeitraum ungeklärt.
Die Frage kann für eine Entscheidung dieses Rechtsstreits aber dahinstehen. Der Kläger kann jedenfalls die Übernahme der vollen Heimkosten auf der Grundlage des § 11 BSHG verlangen. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger stationär untergebracht werden musste, weil er nicht in der Lage war und ist, sich selbständig zu versorgen. Damit ist es auch im Hinblick auf die Hilfe zum Lebensunterhalt allein im Sinne des § 3 Abs. 1 BSHG bedarfsgerecht, die Kosten für eine stationäre Unterbringung zu übernehmen.
Dem Anspruch des Klägers steht dabei die Regelung des § 93 BSHG (in der am 1. 1. 1999 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes v. 23. Juli 1996 - BGBl. I, S. 1088 -) nicht entgegen. Nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG ist, wenn die Leistung von einer Einrichtung erbracht wird, der Träger der Sozialhilfe zur Übernahme der Vergütung für die Leistung nur verpflichtet, wenn mit dem Träger der Einrichtung oder seinem Verband eine Vereinbarung über
1. Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung (Leistungsvereinbarung),
2. die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzt (Vergütungsvereinbarung) und
3. die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (Prüfungsvereinbarung) besteht.
Im Hinblick auf Heimbewohner, die lediglich Unterkunft, Verpflegung und Betreuung benötigten - sog. Pflegestufe W - , bestanden in dem hier entscheidenden Zeitraum zwischen dem Beklagten und dem B. - Stift derartige Vereinbarungen nicht, insbesondere fehlte eine Vergütungsvereinbarung. In einem derartigen Fall kann der Träger der Sozialhilfe Hilfe durch die fragliche Einrichtung nur gewähren, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalls geboten ist (§ 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG). Hierüber hat der Sozialhilfeträger nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Ist die begehrte Hilfe angemessen, sind andere Hilfen nicht möglich oder nicht ausreichend und ist die Erfüllung der Hilfe nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden, so ist das dem Sozialhilfeträger nach § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG zustehende Ermessen, ob die Hilfe zu gewähren ist, auf Null reduziert (Münder in LPK-BSHG, Kommentar, 5. Auflage, Anhang § 93 d Rn. 3).
So liegt es hier. Das B. - Stift ist ein Alten - und Pflegeheim, das offensichtlich nicht nur Pflegebedürftige aufnimmt, sondern auch Personen, die lediglich Versorgung und Betreuung benötigen. Auch wenn der Kläger, wovon der Beklagte ausgeht, nicht der Pflege bedarf, erhält der Kläger damit in dem Heim die für ihn angemessene und auch erforderliche Hilfe. Dies gilt auch im Hinblick auf den Anteil des Entgeltes, der nach der Kalkulation des Heimträgers auf Pflegeleistungen entfällt; denn das Heim sah - wie der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung unbestritten vorgetragen hat - keine gesonderten Entgelte für nicht pflegebedürftige Bewohner vor. Dem Kläger wäre es mithin nicht möglich gewesen, die Heimkosten durch Abschluss eines anderen Heimvertrages zu senken. Der Beklagte hat weiter nicht substantiiert vorgetragen, dass eine Unterbringung des Klägers in dem B. - Stift mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden war. Er hat den Kläger auch nicht konkret auf ein anderes Heim verwiesen, sondern sein Ermessen gerade im Sinne einer Übernahme der Kosten für eine Unterbringung in dem B. Stift ausgeübt. In einem derartigen Fall ist es ermessensfehlerhaft, lediglich einen Teil der Kosten, die dem Kläger tatsächlich entstehen, zu übernehmen, weil damit der Bedarf auf Dauer gerade nicht gedeckt werden kann.
Die Übernahme nur eines Teils der dem Kläger von dem Heim in Rechnung gestellten Kosten ist auch durch die weiteren in § 93 Abs. 3 BSHG getroffenen Regelungen nicht gerechtfertigt. Allerdings ist nach § 93 Abs. 3 Satz 2 BSHG ein Leistungsangebot des Einrichtungsträgers vorzulegen, das die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 1 BSHG erfüllt, sowie seine schriftliche Verpflichtung, Leistungen entsprechend diesem Angebot zu erbringen. Daran fehlt es hier, soweit es die sog. Pflegestufe W angeht.
Auch bei der Anwendung des § 93 Abs. 3 Satz 2 BSHG ist aber der Grundsatz der Bedarfsdeckung zu beachten. Nach der zur alten Rechtslage ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durfte eine Übernahme der Kosten einer Heimunterbringung unter Berufung auf die Unvereinbarkeit des Heimentgelts mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit oder Leistungsfähigkeit (§ 93 Abs. 2 Satz 2 BSHG i.d.F. von Art. 26 Nr. 9 des Gesetzes vom 22. Dezember 1983 - Haushaltsbegleitgesetz 1984 - BGBl I S. 1532 - ) nur abgelehnt werden, wenn der Sozialhilfeträger dem Hilfesuchenden eine konkrete, zur Behebung seiner Notlage ebenfalls geeignete anderweitige Hilfemöglichkeit nachgewiesen hatte und wenn dem Hilfesuchenden die Wahrnehmung dieser Möglichkeit auch zuzumuten war (vgl. Urt. v. 20.10.1994 -5 C 28/91 - BVerwGE 97, 53-62). Zur Begründung hat das BVerwG u.a. ausgeführt:
"Was der Hilfesuchende aus sozialhilferechtlicher Sicht benötigt, ist ihm zu gewähren; muß zur Behebung der Notlage die Hilfe eines bestimmten Dritten in Anspruch genommen werden, so sind die dadurch entstehenden Kosten im Rahmen der Sozialhilfe zu übernehmen, wobei die tatsächlich entstehenden, notwendigen Kosten maßgeblich sind. Das Gebot der Sparsamkeit ist dagegen keine Rechtfertigung für eine etwaige Verletzung des Grundsatzes der Bedarfsdeckung und des Gebots, die Hilfe so zu gewähren, daß die Notlage des Betroffenen tatsächlich wirkungsvoll beseitigt wird. (siehe ebenso Oestreicher/ Schelter/Kunz, BSHG, Kommentar, Stand: Oktober 1993, § 93 Rn. 12). Was nach der Rechtsprechung des Senats (BVerwGE 91, 114 <116>; 94, 127 <130>) für die Anwendung von § 3 Abs. 2 BSHG gilt, nämlich eine Beschränkung des Wunschrechts durch den Mehrkostenvorbehalt nur nach Maßgabe der Möglichkeit, dem Hilfesuchenden anderweitig und kostengünstiger, jedoch nicht minder wirkungsvoll zu helfen, ist somit auch gültig, wenn einem Kostenübernahmebegehren die Regelung des § 93 Abs. 2 Satz 2 BSHG entgegengehalten werden soll."
Insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Bedarfsdeckung müssen die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts auch für die seit dem 1. Januar 1999 geltende Rechtslage Anwendung finden. Soweit der Sozialhilfeträger dem Hilfesuchenden keine konkrete, zur Behebung seiner Notlage ebenfalls geeignete anderweitige Hilfemöglichkeit nachweist oder wenn dem Hilfesuchenden die Wahrnehmung dieser Möglichkeit nicht zuzumuten ist, müssen die Heimkosten in der tatsächlich entstehenden Höhe übernommen werden, auch wenn die Voraussetzungen des § 93 Abs. 3 Satz 2 BSHG nicht vorliegen. Anderenfalls bliebe der Bedarf des Hilfeempfängers teilweise ungedeckt.
So liegt es auch hier. Der Beklagte hat zwar im Rahmen des Klageverfahrens geltend gemacht, es habe Heime gegeben, in denen der Kläger zu einem geringeren Satz hätte untergebracht werden können. Er hat aber zu keiner Zeit dem Kläger ein konkretes anderweitiges Hilfsangebot gemacht. Er ist deswegen verpflichtet, die Kosten der Unterbringung des Klägers in dem B. Stift in dem hier umstrittenen Zeitraum in der Höhe zu übernehmen, wie sie dem Kläger von dem Heim in Rechnung gestellt worden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.