Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 24.06.2008, Az.: 4 PA 780/07
Anspruch auf Gewährung eines Studiendarlehens nach Vollendung des 35. Lebensjahres
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 24.06.2008
- Aktenzeichen
- 4 PA 780/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 20294
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:2008:0624.4PA780.07.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
Orientierungssatz:
Gewährung eines Studiendarlehens nach Vollendung des 35. Lebensjahres
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Denn das Verwaltungsgericht hat ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren zu Recht abgelehnt.
Der Senat stimmt mit dem Verwaltungsgericht darin überein, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO nicht vorliegen, weil die Klage auf Gewährung eines Studiendarlehens keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die im Beschwerdeverfahren von der Klägerin erhobenen Einwände sind nicht geeignet, diese Beurteilung in Frage zu stellen.
Nach § 11 a Abs. 1 Satz 1 NHG haben Studienbewerberinnen, die mit ihrer Einschreibung zur Zahlung von Studienbeiträgen nach § 11 NHG verpflichtet sind, sowie Studierende, die zur Zahlung derartiger Studienbeiträge verpflichtet sind, im Rahmen eines Erststudiums nach Maßgabe des § 11 a Abs. 2 und 3 NHG einen Anspruch auf Gewährung eines Studiendarlehens in Höhe des Studienbeitrags. Nach § 11 a Abs. 2 Satz 2 NHG kann derjenige kein Studiendarlehen beanspruchen, der bei Aufnahme des Erststudiums das 35. Lebensjahr vollendet hat. Diese Bestimmung gilt nach § 11 a Abs. 2 Sätze 3 und 4 NHG allerdings nicht für Studierende, die aus persönlichen oder familiären Gründen, insbesondere wegen der Erziehung von Kindern bis zu 14 Jahren, gehindert waren, das Studium zu beginnen, oder infolge einer einschneidenden Veränderung ihrer persönlichen Verhältnisse bedürftig geworden sind, sofern sie das Studium unverzüglich nach dem Wegfall der Hinderungsgründe des § 11 a Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 NHG oder dem Eintritt der Voraussetzungen des § 11 a Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 NHG aufnehmen.
Bei der im vorliegenden Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass die Klägerin, die im Wintersemester 2004/2005 im Alter von 49 Jahren das Studium der Sozialwissenschaften aufgenommen hat, das von ihr beantragte Studiendarlehen nicht beanspruchen kann. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin nicht infolge einer einschneidenden Veränderung ihrer persönlichen Verhältnisse bedürftig geworden ist. Dem Verwaltungsgericht ist auch darin zuzustimmen, dass die Klägerin sich nicht darauf berufen kann, aus familiären Gründen, insbesondere wegen der Erziehung von Kindern bis zu 14 Jahren, gehindert gewesen zu sein, das Studium zu beginnen, weil nicht die Erziehung ihrer 1977, 1985 und 1987 geborenen Kinder, sondern der Umstand, dass sie erst am 21. Juni 2004 die allgemeine Hochschulreife erworben hat, für die späte Aufnahme des Studiums ursächlich gewesen ist. Ein Anspruch auf die Gewährung des Studiendarlehens bestünde im Übrigen selbst dann nicht, wenn die Klägerin nicht aufgrund des Fehlens der allgemeinen Hochschulreife, sondern wegen der Kindererziehung gehindert gewesen wäre, das Studium rechtzeitig zu beginnen, weil dieser Hinderungsgrund mit der Vollendung des 14. Lebensjahres ihres jüngsten Kindes im Jahr 2001 entfallen wäre, die Klägerin das Studium aber nicht unverzüglich danach aufgenommen hat.
Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Altersgrenze des § 11 a Abs. 2 Satz 2 NHG nach § 11 a Abs. 2 Satz 3 NHG nicht gelte, weil sie aufgrund ihrer Biografie nicht in der Lage gewesen sei, die allgemeine Hochschulreife vor Vollendung des 35. Lebensjahres zu erlangen. Nach § 11 a Abs. 2 Satz 3 Nr. 1, Satz 4 NHG gilt diese Altersgrenze zwar nicht für Studierende, die aus persönlichen oder familiären Gründen gehindert waren, das Studium zu beginnen, sofern sie das Studium unverzüglich nach dem Wegfall dieses Hinderungsgrundes aufnehmen. Das Fehlen der allgemeinen Hochschulreife stellt aber keinen persönlichen oder familiären Hinderungsgrund im Sinne des § 11 a Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 NHG dar, weil die Hochschulzugangsberechtigung eine sachliche Voraussetzung für die Aufnahme des Studiums ist. § 11 a Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 NHG setzt daher eine Hochschulzugangsberechtigung voraus und begünstigt nur Studierende, die über eine Hochschulzugangsberechtigung verfügt haben, aus persönlichen oder familiären Gründen aber gehindert gewesen sind, das Studium vor Ablauf des 35. Lebensjahres zu beginnen. Die von der Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung angeführten Umstände, die sie daran gehindert haben sollen, die allgemeine Hochschulreife vor dem 21. Juni 2004 zu erlangen, sind demnach rechtlich nicht von Belang.
Schließlich kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, dass eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vorliege, weil Ausbildungsförderung nach § 10 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 BAföG trotz Vollendung des 30. Lebensjahres bei Beginn des Ausbildungsabschnitts geleistet wird, wenn der Auszubildende die Zugangsberechtigung für die zu fördernde Ausbildung u. a. - wie die Klägerin - an einem Abendgymnasium erworben hat. Zum einen sprechen die im erstinstanzlichen Beschluss angeführten Erwägungen des Verwaltungsgerichts gegen eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung. Zum anderen steht auch der Umstand, dass Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und Studiendarlehen nach § 11 a NHG unterschiedlichen Zwecken dienen, der Annahme entgegen, eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung liege vor. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht ergänzend darauf hingewiesen, dass die Klage selbst dann keinen Erfolg hätte, wenn von einer Verfassungswidrigkeit des § 11 a Abs. 2 Satz 2 NHG auszugehen wäre, weil ein derartiger Verstoß zur Folge hätte, dass die Regelung insgesamt nicht mehr angewendet werden könnte. Gründe dafür, dass diese Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts unzutreffend sein könnte, hat die Klägerin im Beschwerdeverfahren indessen nicht dargelegt.