Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 03.08.2022, Az.: 6 B 227/22

Förderschwerpunkt geistige Entwicklung; freiwilliges Zurücktreten; Klassenwiederholung; Leistungsrückstand; sonderpädagogische Unterstützung; Versetzung; Kein freiwilliges Zurücktreten bei Vorliegen des Förderschwerpunktes geistige Entwicklung

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
03.08.2022
Aktenzeichen
6 B 227/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 57644
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGBRAUN:2022:0803.6B227.22.00

Amtlicher Leitsatz

Ein freiwilliges Zurücktreten nach § 11 WeSchVO kommt für Kinder und Jugendliche mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung unter Berücksichtigung von § 3 WeSchVO nicht in Betracht.

Tenor:

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, ihrem Pflegesohn die Wiederholung des 9. Schuljahres bei der Antragsgegnerin zu ermöglichen.

Die Antragsteller sind die Pflegeeltern des am 31. Juli 2006 geborenen H. C. und vom Amtsgericht Wolfsburg als dessen Vormünder bestellt. Bei H. wurden eine Intelligenzminderung mit Verhaltensstörung und autistischen Zügen (F79.1/G) sowie eine residuelle neurologische Störung mit Ataxie bei schwerer Hirnschädigung durch Kindesmisshandlung im Neugeborenenalter diagnostiziert. Er hat einen sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf in der körperlich-motorischen und der geistigen Entwicklung. Er besuchte im Schuljahr 2021/22 den 9. Schuljahrgang bei der Antragsgegnerin, einer Förderschule mit Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung, die im Sekundärbereich aktuell Förderschulklassen in den Jahrgängen 5 bis 9 anbietet.

Bereits im vorangegangen Schuljahr stellten die Antragsteller einen Antrag auf freiwillige Wiederholung des Schuljahres für H., den die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 15. Juli 2021 ablehnte.

Mit auf den 18. Mai 2023 (richtigerweise 2022) datiertem Schreiben beantragten die Antragsteller erneut die freiwillige Wiederholung der vorangegangenen Klassenstufe für ihren Pflegesohn mit der Begründung, dies sei für dessen weitere Entwicklung hilfreich. Coronabedingt habe er erst sehr verspätet mit seiner Autismustherapie und Aphasie-Logopädie beginnen können. In der Berufsvorbereitung habe er an einem Teil der Betriebsbesuche nicht teilnehmen dürfen, was durch eine Wiederholung bestimmt möglich wäre. H. gehe sehr gern in die Schule, möchte lernen und gern bei der Antragsgegnerin bleiben.

Am 30. Juni 2022 haben die Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Am selben Tag haben sie den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Juni 2022 erhalten, mit dem diese den Antrag der Antragsteller auf freiwillige Wiederholung des Schuljahres für H. mit der Begründung abgelehnt hat, dass die Voraussetzungen gemäß § 11 der Verordnung über den Wechsel zwischen Schuljahrgängen und Schulformen allgemein bildender Schulen (WeSchVO) nicht gegeben seien und eine Wiederholung der Klassenstufe in diesem Fall keine geeignete Maßnahme sei, um fehlende Kompetenzen zu erwerben. Hiergegen haben die Antragsteller am 1. Juli 2022 Widerspruch eingelegt, über den bislang nicht entschieden worden ist.

Zur Begründung des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes führen die Antragsteller aus, dass sie mit Informationsschreiben der Schule vom 28. Mai 2021 im letzten Schuljahr darüber informiert worden seien, dass aufgrund der aktuellen Corona-Situation sehr viele Kinder freiwillig das Schuljahr wiederholen würden, um so den einzelnen Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden und die "geschenkte" Zeit effektiv nutzen zu können. Sie meinen, es bestehe ein Anspruch auf freiwilliges Wiederholen der neunten Klasse nach § 11 Abs. 1 WeSchVO. Das Ermessen der Antragsgegnerin sei auf Null reduziert, da sie eine Gleichstellung mit anderen Schülern fordern könnten, denen bereits im letzten Schuljahr eine Wiederholung der Klasse gewährt worden sei. Es sei davon auszugehen, dass H. durch die Wiederholung der Klasse erheblich geholfen würde. Insofern wiederholen sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren unter Vorlage einer fachärztlichen Stellungnahme von Frau Dr. XXX vom 2. Juni 2022 und einem Bericht der Praxis für Logopädie und Lerntherapie Franka Stähle vom 25. Mai 2022, auf die jeweils Bezug genommen wird. Soweit die Antragsgegnerin auf die I. -Schule in A-Stadt verweist, würden sie es ablehnen H. dort anzumelden, da sie bereits negative Erfahrungen mit der Schule gemacht hätten und diese für H. nicht als geeignet ansehen. H. wolle eine Förderschule mit Schwerpunkt geistige Entwicklung nicht besuchen. Nach zweijähriger Isolation von H. in der Beschulung, nur mit seiner Schulbegleiterin oder zu Hause, sei es sein Anliegen, weitere soziale Kompetenzen zu erwerben, damit er ein "normales" Leben führen könne. Als Autist sei es ihm nicht einfach möglich, sich an neue Kinder, eine neue Schule, neue Lehrer, ein neues Umfeld, eine neue Schulbegleitung und einen neuen Schulweg zu gewöhnen. Auch seien Kinder mit geistiger Beeinträchtigung nicht von der Möglichkeit der freiwilligen Wiederholung der Klasse ausgeschlossen, da laut Erlass des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 14. Februar 2022 allen Kindern wegen der Corona-Zeit die Möglichkeit eröffnet werde, die Klasse zu wiederholen. Der Bescheid der Antragsgegnerin sei zudem rechtswidrig, da er keine ordnungsgemäße Begründung enthalte, weshalb auch davon auszugehen sei, dass eine ordnungsgemäße Klassenkonferenz nicht stattgefunden habe. Jedenfalls seien keine Überlegungen zu der Frage erfolgt, ob H. eine Chance hätte, durch eine Wiederholung der 9. Klasse bei der Antragsgegnerin die fehlenden Kompetenzen zu erwerben. Zudem sei das besondere Wohlwollen, welches im Erlass des Niedersächsischen Kultusministeriums zum Ausdruck komme, nicht zu erkennen.

Die Antragsteller beantragen wörtlich,

der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) aufzugeben, dem Antrag auf freiwillige Wiederholung des Schuljahres für H. C. vom 18. Mai 2022 bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache stattzugeben.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung führt sie aus, dass H. gemäß § 3 WeSchVO am Ende des Schuljahres in den nächsthöheren Jahrgang 10 aufrücke. Ein freiwilliges Zurücktreten nach § 11 WeSchVO sei nur möglich, wenn anzunehmen sei, dass durch die Wiederholung wesentliche Ursachen von Leistungsschwächen behoben werden könnten und die Klassenkonferenz dies durch Beschluss festgestellt habe. Bei ihr würden die Schüler in den Klassen G1 und G2 jahrgangsgemischt unterrichtet. Die Einteilung erfolge nach Schülerzahlen. Im laufenden Schuljahr seien die Klassen 8 und 9 der G2 zugeordnet. Bei sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf im Schwerpunkt geistige Entwicklung würden individuelle Bildungsziele ausgehend von der persönlichen Situation eines jeden Schülers fortlaufend entwickelt. Eine Zielfestlegung für alle Schüler eines Jahrgangs, welche Kompetenzen am Ende eines bestimmten Jahrgangs erreicht werden sollten, gäbe es nicht. Vielmehr würden die Schüler die Kompetenzen jeweils individualisiert erwerben und hätten hierzu alle Schuljahrgänge Zeit. Eine Wiederholung des Jahrgangs würde daher nicht dazu führen, dass wesentliche Ursachen von Leistungsschwächen behoben würden. Die Bewertung von Schülerleistungen und die Entscheidung zur weiteren Schullaufbahn seien pädagogische Entscheidungen, die nur eingeschränkt überprüfbar seien. Die pädagogische Beurteilung der Klassenkonferenz, dass die Wiederholung nicht dazu beitragen würde, die Kompetenzen aufzuholen, verstoße gegen keine Grundsätze.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg. Er ist jedenfalls unbegründet.

Der Wortlaut des gestellten Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zwar lediglich auf § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO bezogen. Allerdings ist das Gericht nach § 122 i. V. m. § 88 VwGO nicht an die Fassung der Anträge gebunden. Bei verständiger Würdigung des Antrags im Übrigen und des Vorbringens der Antragsteller begehren diese vielmehr eine Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO.

Danach kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dazu muss der Antragsteller gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl seine materielle Anspruchsberechtigung (Anordnungsanspruch) als auch die Eilbedürftigkeit der begehrten gerichtlichen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft machen.

Besondere Anforderungen für Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch bestehen, wenn die begehrte Anordnung die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen würde. Da die einstweilige Anordnung grundsätzlich nur zur Regelung eines vorläufigen Zustandes ausgesprochen werden darf, ist sie in diesen Fällen nur möglich, wenn sonst das Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes verletzt würde. So darf die Entscheidung in der Hauptsache ausnahmsweise vorweggenommen werden, wenn ein Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben würde und wenn es dem Antragsteller darüber hinaus schlechthin unzumutbar wäre, den Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (vgl. z. B. VG Braunschweig, B. v. 24.9.2021 - 6 B 309/21 -, juris; Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl., Rn. 190 ff.).

Vorliegend haben die Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Es besteht kein Anspruch auf ein freiwilliges Zurücktreten des Pflegesohnes der Antragsteller in den 9. Schuljahrgang.

Nach § 11 Abs. 1 WeSchVO, der seine gesetzliche Grundlage in § 60 Abs. 1 Nr. 2 Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG) findet, kann zwar eine Schülerin oder ein Schüler in den vorherigen Schuljahrgang zurücktreten, wenn anzunehmen ist, dass durch die Wiederholung wesentliche Ursachen von Leistungsschwächen behoben werden können und die Klassenkonferenz auf Antrag dies durch Beschuss festgestellt hat.

§ 11 Abs. 1 WeSchVO findet vorliegend jedoch keine Anwendung. Ein freiwilliges Zurücktreten kommt für Kinder und Jugendliche mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung - wie dem Pflegesohn der Antragsteller - unter Berücksichtigung von § 3 WeSchVO nicht in Betracht, da sie am Ende eines Schuljahres in den nächsthöheren Schuljahrgang aufrücken, ohne dass es - unabhängig vom jeweiligen Schuljahrgang - einer Versetzung bedarf, vgl. § 3 Abs. 3 WeSchVO, d. h. sie wechseln (stets) ohne Entscheidung der Klassenkonferenz in den nächsthöheren Schuljahrgang, § 1a Nr. 2 WeSchVO. Diese Vorgabe liegt darin begründet, dass eine Klassenwiederholung nur erfolgen soll, wenn die den Unterstützungsbedarf des Schülers begründende Einschränkung nicht selbst hierfür Anlass bietet. Es muss vielmehr ein feststellbarer Leistungsrückstand im Vergleich zu anderen Schülern vorliegen (vgl. Nds. OVG, B. v. 5.10.2016 - 2 ME 202/16 -, V. n. b.). Bei Schülern mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung sind Regelungen zur Versetzung, Nichtversetzung und zum freiwilligen Zurücktreten gerade nicht erforderlich, weil sie zieldifferent nach den Kerncurricula der Förderschule im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung unterrichtet werden, § 1a Nr. 6 lit. b. WeSchVO. Dabei richtet sich die zieldifferente Beschulung schuljahrgangsunabhängig durchgehend nach dem individuellen Lern- und Entwicklungsstand (ebenso Nds. OVG, B. v. 1.11.2017 - 2 ME 1560/17 -, V. n. b.). So passt sich die Schule nach dem insoweit maßgeblichen Kerncurriculum für den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, Sekundarbereich I, Schuljahrgänge 5 - 9 (nachfolgend: Kerncurriculums Sek. I) beispielsweise dem Unterstützungsbedarf der Schüler an und trifft angemessene Vorkehrungen. Die jeweiligen Lernvoraussetzungen der Schüler stellen dabei den Ausgangspunkt des individuellen Kompetenzerwerbs dar, die eine bedarfsgerechte Lern- und Entwicklungsplanung innerhalb der heterogenen Schülerschaft nötig machen (S. 6 des Kerncurriculums Sek. I). Zu den grundlegenden Unterrichtsprinzipien zählt hierbei die Individualisierung, weshalb nicht nur differenzierte Lernangebote für den Erwerb der angestrebten Kompetenzen für jeden Schüler individuell angepasst werden, sondern für jeden Schüler auch individuelle Schwerpunkte gesetzt werden (S. 9 des Kerncurriculums Sek. I). Im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung ist offen, welche Kompetenzen der einzelne Schüler erwerben wird und wie viel Zeit zum Erreichen bestimmter Kompetenzen benötigt wird. Die Bildungsinhalte sind in diesem Förderschwerpunkt offen und nicht an Schuljahre gebunden, weshalb die Kompetenzen in dem Kerncurriculum Sek. I auch nicht als erwartete, sondern lediglich als angestrebte Kompetenzen dargestellt sind. Für die Unterrichts- und Förderplanung werden individuell für jeden Schüler Kompetenzen ausgewählt, deren Erwerb gemäß fachlicher Gesichtspunkte und der individuellen Lernausgangslage angestrebt wird (S. 11 des Kerncurriculum Sek. I). Um alle Schüler im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung zu fördern und ihnen Kompetenzerwerb zu ermöglichen, trägt die Unterrichtsgestaltung den individuellen Lern- und Entwicklungsbedingen eines jeden Schülers Rechnung. Es werden individuelle Förderpläne erstellt. Die Erfassung und Überprüfung des jeweiligen Lernstands eines Schülers hat lediglich das Ziel, die Voraussetzung für den Erwerb der nächsten Kompetenzen festzuschreiben (S. 13 des Kerncurriculums Sek. I). Allgemeine Leistungsanforderungen, die - wie bei einer "Regelklasse" oder auch einem zielgleichen Unterricht" - am Ende eines Jahrganges zu erreichen sind und als Maßstab dafür gelten, ob unzureichende, einer Versetzung entgegenstehende Leistungen vorliegen, gibt es bei der für den Pflegesohn der Antragsteller maßgeblichen zieldifferenten Beschulung (§ 1a Nr. 6b WeSchVO) also gerade nicht.

Etwas anderes folgt auch nicht unter Berücksichtigung des Erlasses des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 14. Februar 2022. Ausdrückliches Ziel der darin enthaltenen Regelungen zum freiwilligen Zurücktreten sowie zur Wiederholung von Schuljahrgängen im Rahmen der Abschlussvergabe im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in den Schuljahrgängen 1 bis 10 im Schuljahr 2021/2022 sowie diesbezüglicher Regelungen für die Schuljahre 2022/2023 bis 2024/2025 ist es, Schülern durch ein freiwilliges Zurücktreten gemäß § 11 WeSchVO den Erwerb der für den weiteren Kompetenzaufbau aufgrund der Einschränkungen des Schulbetriebs durch die Corona-Pandemie im Schuljahr 2021/2022 noch fehlenden Kompetenzen zu ermöglichen. Dass mit diesem Erlass die grundsätzlichen Voraussetzungen von § 11 WeSchVO ausgedehnt werden sollten und eine Übertragung auf das Aufrücken erfolgen soll, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch das Niedersächsische Kultusministerium keinen Bedarf gesehen hat, die bestehenden Regelungen für Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung zu modifizieren. Hierfür spricht bereits, dass der Erlass den Förderschulen im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung lediglich zur Kenntnis gegeben, nicht aber an diese adressiert worden ist. Soweit der Erlass vom 14. Februar 2022 an die Schulleitungen u. a. der Förderschulen (allgemein) adressiert ist, dürfte dies schlicht dem Umstand geschuldet sein, dass eine Versetzung an Förderschulen nicht etwa grundsätzlich ausgeschlossen wäre, sondern vielmehr bei zielgleichem Unterricht und an Förderschulen im Förderschwerpunkt Lernen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 WeSchVO am Ende der dort angegebenen Schuljahrgänge stattfinden.

Vor diesem Hintergrund können sich die Antragsteller auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass viele Schüler, die bei der Antragsgegnerin unterrichtet werden, von der Möglichkeit des freiwilligen Rücktritts Gebrauch gemacht hätten. Insoweit ist weder ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Grundgesetz (GG) feststellbar noch lässt sich hieraus der geltend gemachte Anspruch begründen. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine Förderschule mit den Förderschwerpunkten körperliche und motorische Entwicklung, weshalb offenkundig entsprechend der oben dargestellten rechtlichen Grundsätze nicht alle ihre Schüler ohne Weiteres und ohne eine Entscheidung der Klassenkonferenz aufrücken. Damit sind bereits die Sachverhalte nicht vergleichbar. Eine unterschiedliche Behandlung ist entspricht vielmehr der Verordnungslage, die im Übrigen nicht etwa gegen Art. 2, 3 oder 6 GG verstößt, sondern vielmehr aus den oben dargestellten Gründen auch sachlich gerechtfertigt ist (Nds. OVG, B. v. 1.11.2017 - 2 ME 1560/17 -, V. n. b.).

Da somit bereits der Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 WeSchVO für den Pflegesohn der Antragsteller nicht eröffnet ist, kann das Gericht es dahingestellt lassen, ob die Klassenkonferenz den Antrag auf freiwilliges Zurücktreten des Pflegesohnes der Antragsteller in den 9. Schuljahrgang zu Recht unter Beachtung ihres Beurteilungsspielraums abgelehnt hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Da durch die von den Antragstellern begehrte Entscheidung die Hauptsache faktisch vorweggenommen worden wäre, wird von einer Reduzierung des Auffangstreitwertes wegen der Vorläufigkeit des Verfahrens abgesehen (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 i. d. F. der am 31.5, 1.6.2012 und am 18.7.2013 beschlossenen Änderungen; i. E. ebenso Nds. OVG, B. v. 1.11.2017 - 2 ME 1560/17 -, V. n. b.; VG Stade, B. v. 7.8.2017 - 4 B 2546/17 -, V. n. b.).