Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 18.08.2022, Az.: 1 A 145/20

Heilkunde; heilkundliche Tätigkeit; Heilpraktikererlaubnis; Podologe; Podologie; Sektoral

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
18.08.2022
Aktenzeichen
1 A 145/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 59769
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstelle

  • GesR 2023, 194-199

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Anwendung podologischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung ist eine heilkundliche Tätigkeit, die ohne Erlaubnis nicht ausgeübt werden darf.
2. Die Zuerkennung einer sektoral beschränkten Heilpraktikererlaubnis in Bezug auf das Gebiet der Podologie ist zulässig.
3. Die gemäß § 2 Abs. 1 Buchstabe i) DVO-HeilprG erforderliche Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten ist von der Behörde vorzunehmen. Dabei ist zu prüfen, ob und inwieweit die Kenntnisüberprüfung im Hinblick auf die durch die vorgelegte Urkunde sowie die vorgelegten Nachweise über absolvierte Zusatzausbildungen nachgewiesenen Qualifikationen entbehrlich ist.

Tenor:

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Juli 2020 verpflichtet über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer auf das Gebiet der Podologie beschränkten Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird festgesetzt auf 10.000,00 €.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis auf dem Gebiet der Podologie.

Die Klägerin ist staatlich geprüfte Podologin und übt diesen Beruf seit 2016 als Selbstständige aus. Mit Schreiben vom 11. März 2019 beantragte die Klägerin eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf das Gebiet der Podologie und reichte mit dem Antrag umfangreiche Unterlagen ein. Der Beklagte hörte die Klägerin mit Schreiben vom 7. Mai 2020 zu der beabsichtigten Ablehnung ihres Antrages an. Mit Schreiben vom 25. Mai 2020 teilte die Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung mit, dass nicht ausreichend gewürdigt worden sei, dass sie neben ihrer Zulassung zur Podologin zusätzlich über ein Zertifikat der Schule „Die Heilpraktiker Mentoren“ vom 27. Januar 2019 verfüge, wonach sie erfolgreich die Ausbildung „Heilpraktiker eingeschränkt auf den Bereich der Podologie“ mit 240 Zeitstunden und schriftlicher Prüfung abgeschlossen habe. Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 14. Juli 2020 den Antrag ab und setzte dafür Kosten (Gebühren und Auslagen) in Höhe von 143,13 € fest. Zur Begründung führt er an, dass das Heilpraktikergesetz für eine sektorale Heilpraktikererlaubnis keine Rechtsgrundlage biete. Nach dem Podologengesetz dürften Podologen im heilkundlichen Bereich nur nach ärztlicher Anleitung oder aufgrund ärztlicher Veranlassung tätig werden. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Erlaubniserteilung bei Physiotherapeuten könne insoweit nicht auf den Bereich der Podologie übertragen werden. Es liege folglich ein Versagungsgrund gemäß § 2 Abs. 1 i) der „Ersten Durchführungsverordnung für die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde (Heilpraktikergesetz)“ (DVO-HeilprG) vor.

Am 17. August 2020 hat die Klägerin Klage erhoben. Die Ablehnung der Erteilung der Heilpraktikererlaubnis ohne vorherige Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten sei rechtswidrig und verletzte sie in ihren Rechten. Ihr stehe ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zu. In dem von ihr besuchten Lehrgang an der Schule „Die Heilpraktiker Mentoren“ seien ihr insbesondere Kenntnisse in der Rechts- und Berufsheilkunde, in der Diagnostik, in Anamnese- und Untersuchungstechniken in der Praxis sowie Kenntnisse über Symptome, Differenzialdiagnosen und Komplikationen, Kenntnisse über Erkrankungen und deren Ursache sowie lebensrettende Sofortmaßnahmen nähergebracht worden. Die Verwaltungsbehörden in anderen Bundesländern würden eine sektorale Heilpraktikererlaubnis auf dem Gebiet der Podologie erteilen. Für den Beruf des Physiotherapeuten habe das Bundesverwaltungsgericht bereits festgestellt, dass die Heilpraktikererlaubnis teilbar sei. Der Bereich der Podologie sei hinreichend ausdifferenziert und abgrenzbar, so dass sich eine Abgrenzung der beabsichtigten beschränkten Heilbehandlung von einer uneingeschränkten Heilpraktikertätigkeit durchführen lasse.

Die Klägerin verweist auf ein Urteil des VG Gera aus dem Jahr 2014 (Az. 3 K 705/14 Ge), mit dem der Saale-Orla-Kreis verpflichtet wurde, die klagende Podologin zur sektoralen Heilpraktikertätigkeit zuzulassen. Das OVG Weimar habe in der mündlichen Verhandlung vom 31. Januar 2019 in dem Berufungsverfahren (Az. 3 KO 194/15) die Rechtsauffassung des VG Gera bestätigt.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Juli 2020 zu verpflichten, über ihren Antrag auf Erteilung einer auf das Gebiet der Podologie beschränkten Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt der Beklagte vor, dass gemäß § 1 Abs. 1 Heilpraktikergesetz (HeilprG) der Erlaubnis bedarf, wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will. Auf die Erlaubnis bestehe ein Rechtsanspruch, wenn kein Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 DVO-HeilprG eingreife. Gemäß § 2 Abs. 1 i) DVO-HeilprG ist die Erlaubnis nicht zu erteilen, wenn sich aus einer Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers durch das Gesundheitsamt, die auf der Grundlage von Leitlinien zur Überprüfung von Heilpraktikeranwärtern durchgeführt wurde, ergibt, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung oder für die ihn aufsuchenden Patientinnen und Patienten bedeuten würde. Dieser Versagungsgrund greife im vorliegenden Fall. Für eine sektorale Heilpraktikererlaubnis auf dem Gebiet der Podologie mangele es an einer gesetzlichen Grundlage sowie höchstrichterlicher Rechtsprechung, die ersatzweise an die Stelle der gesetzlichen Grundlage treten könne. Für eine entsprechende Anwendung der zu dem Bereich der Physiotherapie ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehle es an der Vergleichbarkeit der Berufe, insbesondere im Hinblick auf deren selbstständige Ausübung. Podologen könnten gemäß § 3 des Gesetzes über den Beruf der Podologin und des Podologen (Podologengesetz - PodG) im kosmetischen Bereich ausdrücklich selbstständig tätig werden, während im heilkundlichen Bereich ausdrücklich eine ärztliche Anleitung oder Veranlassung vorgeschrieben sei. Eine eigenverantwortliche Ausübung im heilkundlichen Bereich habe der Gesetzgeber im Berufsrecht ausdrücklich nicht ausgestaltet. In § 8 des Gesetzes über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur- und Physio-therapeutengesetz - MPhG), der vom Bundesverwaltungsgericht für die Physiotherapie als Rechtsgrundlage herangezogen wurde, fehle es an derartigen Einschränkungen. Außerdem habe das Bundesverwaltungsgericht weitestgehend fachliche Argumente aus dem Bereich der Physiotherapie zu Grunde gelegt, die auf den Bereich der Podologie nicht übertragbar seien. Eine Übertragung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Bereich der Physiotherapie auf den Bereich der Podologie verbiete sich schon vor dem Hintergrund der fachlichen Besonderheiten und der Tatsache, dass der Bundesgesetzgeber es für erforderlich gehalten habe, mit dem MPhG und dem PodG für jede Tätigkeit ein eigenes Berufsgesetz zu schaffen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass aufgrund der nach dem Podologengesetz für die Ausübung der Podologie teilweise zulässigen selbstständigen beruflichen Tätigkeit, eine das gesamte Gebiet umfassende sektorale Erlaubnis ohnehin nicht erteilt werden könne, weil davon auch erlaubnisfreie Tätigkeiten umfasst würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung über den Antrag auf Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis ist zulässig, insbesondere besteht ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin. Sie begehrt mit der Erteilung einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz eine Erweiterung des ihr bislang zugesprochenen Rechtskreises (vgl. VGH BW, Urt. v. 19. März 2009 - 9 S 1413/08 -, juris Rn. 16).

Die Klage ist auch begründet. Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 14. Juli 2020 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

I. Der Klägerin steht ein Anspruch auf erneute Entscheidung über ihren Antrag auf Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für den Bereich der Podologie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu, § 113 Abs. 5 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

§ 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 HeilprG vom 17. Februar 1939 (in der im BGBl. III, Gliederungsnummer 2122-2, veröffentlichten bereinigten Fassung), in Verbindung mit der 1. DVO-HeilprG vom 18.2.1939 (in der im BGBl. III, Gliederungsnummer 2122-2-1, veröffentlichten bereinigten Fassung), jeweils zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Dezember 2016, bilden die Anspruchsgrundlage für die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.02.2021 – 3 C 17/19 -, juris). Danach bedarf der Erlaubnis, wer die Heilkunde ausüben will, ohne als Arzt bestallt zu sein. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht ein Rechtsanspruch, wenn kein - rechtsstaatlich unbedenklicher - Versagungsgrund nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der 1. DVO-HeilprG eingreift (vgl. stRspr. BVerwG, Urt. v. 26.08.2009 – 3 C 19.08 - und vom 10.10.2019 – 3 C 15.17 -, juris).

Der Beklagte hat die Möglichkeit der Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis von vornherein verneint, so dass die gemäß § 2 Abs. 1 Buchstabe i) DVO-HeilprG erforderliche Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten der Klägerin noch nicht vorgenommen worden ist. Demnach ist die Sache nicht spruchreif und der Beklagte kann nur zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verpflichtet werden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung podologischer Behandlungsmethoden ohne ärztliche Verordnung ist eine heilkundliche Tätigkeit, die ohne Erlaubnis nicht ausgeübt werden darf (1.). Die Zuerkennung einer sektoral beschränkten Heilpraktikererlaubnis in Bezug auf das Gebiet der Podologie ist zulässig (2.).

1. Die podologische Behandlung, welche die Klägerin ohne ärztliche Verordnung durchführen will, stellt eine Heilbehandlung dar. Denn die Behandlung setzt medizinische Fachkenntnisse voraus und ist mit Gesundheitsrisiken verbunden.

Die Ausübung der Heilkunde ist gemäß § 1 Abs. 2 HeilprG jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Der Begriff Feststellung erfasst alle Tätigkeiten, die die Entscheidung über das Vorliegen einer Krankheit ermöglichen sollen, also insbesondere Untersuchungen und Befunderhebungen. Heilung ist die vollständige Behebung des anormalen Zustands. Unter Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden ist die nicht unerhebliche Verbesserung des Zustandes in Richtung auf das Normale zu verstehen. Erforderlich ist, dass ein Bezug zu einem individuellen Krankheitsfall hergestellt wird, nur ganz allgemein gehaltene Ratschläge fallen hingegen nicht unter die Begriffe Feststellung, Heilung oder Linderung. Der Begriff Krankheit ist weit auszulegen und umfasst jede, auch nur unerhebliche oder vorübergehende Störung der normalen Beschaffenheit oder Tätigkeit des Körpers, die geheilt oder gelindert werden kann. Leiden sind lang anhaltende, häufig kaum oder nicht mehr therapeutisch beeinflussbare Funktionsstörungen, weshalb auch die Behandlung unheilbar Kranker Ausübung der Heilkunde ist. Unter Körperschäden sind alle grundsätzlich irreparablen, nicht krankhaften Veränderungen des Zustands oder der Funktion des Körpers, einzelner Organe oder Organteile zu verstehen (vgl. Schelling, in Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl., § 1 HeilprG, Rn. 8). Wegen der mit dem Erlaubniszwang verbundenen Beschränkung der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ist der Begriff der Heilkunde verfassungskonform auszulegen. So fallen darunter nur solche Heilbehandlungen, die heilkundliche Fachkenntnisse erfordern und gesundheitliche Schäden verursachen können, wobei ein nur geringfügiges Gefährdungspotential nicht ausreicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.08.2010 – 3 C 28.09 -, juris Rn. 18). Ob Heilkunde ausgeübt wird oder nicht, beurteilt sich nach objektiven Maßstäben (vgl. Schelling, in Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl., § 1 HeilprG, Rn.15).

a) Die eigenverantwortliche Anwendung podologischer Methoden zur Krankenbehandlung ist danach Ausübung der Heilkunde, da heilkundliche Fachkenntnisse vorausgesetzt werden. Zur Bestimmung des Berufsbildes des Podologen ist vorrangig auf die Fixierung im Gesetz über den Beruf des Podologen, welches erstmalig 2002 in Kraft getreten ist, abzustellen. Die Podologie ist ein neues Berufsbild, welches sich in Deutschland erst nach dem Inkrafttreten des Heilpraktikergesetzes entwickelt hat. In dem Gesetzesentwurf (BT-Drs. 14/5593) heißt es zur Zielsetzung, dass mit dem neuen Beruf des Podologen, der die Qualität der Ausbildung sicherstellt, an die Seite der Ärzte ein qualifizierter Podologe gestellt werden soll, der wichtige Aufgaben in der Prävention, bei der Therapie und der Rehabilitation auf dem Gebiet der medizinischen Fußpflege übernehmen kann. Gemäß § 2 Abs. 1 PodG wird die Erlaubnis erteilt, wenn der Antragsteller 1. die vorgeschriebene Ausbildung abgeleistet und die staatliche Prüfung bestanden hat, 2. sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt, 3. nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs ungeeignet ist und 4. über die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. Die Ausbildungs- und Prüfungsanforderungen für den Beruf des Podologen zeigen, dass die Anwendung podologischer Behandlungsmethoden heilkundliche Fachkenntnisse erfordert. Der schriftliche Teil der Prüfung erstreckt sich gemäß § 5 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Podologinnen und Podologen (PodAPrV) auf die Fächergruppen Berufs-, Gesetzes- und Staatskunde; Psychologie/ Pädagogik/Soziologie; Anatomie; Physiologie; Allgemeine Krankheitslehre und Spezielle Krankheitslehre. Der mündliche Teil erstreckt sich gemäß § 6 PodAPrV auf die Fächer Theoretische Grundlagen der podologischen Behandlung, Spezielle Krankheitslehre, Arzneimittellehre, Material- und Warenkunde, Hygiene und Mikrobiologie. Der praktische Teil erstreckt sich gemäß § 7 PodAPrV auf die Fächer Podologische Behandlungsmaßnahmen (Der Prüfling hat unter Aufsicht an zwei Patientinnen oder Patienten nach vorheriger Befunderhebung eine podologische Behandlung durchzuführen. Dabei hat er sein Handeln zu erläutern und zu begründen sowie nachzuweisen, dass er seine Kenntnisse und Fertigkeiten am Patienten umsetzen kann) und Podologische Materialien und Hilfsmittel (Der Prüfling hat im Rahmen einer podologischen Behandlung am Patienten jeweils mindestens eine Nagelkorrekturmaßnahme sowie mindestens eine orthotische Korrekturmaßnahme durchzuführen. Dabei hat er sein Handeln zu erläutern und zu begründen.). Neben der Durchführung von fußpflegerischen Maßnahmen befähigt die Ausbildung demnach auch dazu, pathologische Veränderungen oder Symptome von Erkrankungen am Fuß, die eine ärztliche Abklärung erfordern, zu erkennen und medizinisch indizierte podologische Behandlungen durchzuführen. Es ergibt sich ein zeitlich und inhaltlich erheblicher Ausbildungsaufwand. Gemäß § 1 Abs. 1 PodAPrV umfasst die Ausbildung mindestens den in der Anlage 1 aufgeführten theoretischen und praktischen Unterricht von 2000 Stunden und die aufgeführte praktische Ausbildung von 1000 Stunden. Gemäß Anlage 4 (Fortbildung) zum Vertrag nach § 125 Absatz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) über die Versorgung mit Leistungen der Podologie und deren Vergütung vom 30.11.2020 sind Podologen verpflichtet, regelmäßig an Fortbildungen teilzunehmen. Dabei umfasst die Fortbildungsverpflichtung 48 Fortbildungspunkte in vier Jahren, wobei ein Fortbildungspunkt eine Unterrichtseinheit von 45 Minuten widerspiegelt.

Vor dem Hintergrund des mit dem Heilkundebegriff verbundenen Zweckes, Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung abzuwehren, ist dieser grundsätzlich weit auszulegen. (vgl. BVerfG, Urt. v. 24.10.2002 - 2 BvF 1/01 -, juris Rn. 170; VGH BW, Urt. v. 23.03.2017 – 9 S 1899/16 –, juris Rn. 44). Daher ändert sich an dem Heilkundecharakter der eigenverantwortlich ausgeübten Podologie auch dadurch nichts, dass zu ihrem Gebiet ebenso Methoden zählen, die für sich genommen keine ärztlichen oder heilkundlichen Fachkenntnisse voraussetzen (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 10.10.2019 – 3 C 10/17 -, juris Rn. 14). Die Einstufung der Podologie als Ausübung der Heilkunde im Sinne von § 1 Abs. 2 HeilprG verlangt nicht, dass jede Maßnahme aus dem podologischen Bereich für sich genommen heilkundliche Fachkenntnisse erfordert. Der Heilkundecharakter hängt auch nicht davon ab, dass der heilkundliche Anteil der Tätigkeit eine quantitative Schwelle überschreitet. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass dem heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzenden Tätigkeitsbereich erhebliches Gewicht zukommt, weil er einen bedeutsamen Bestandteil der eigenverantwortlich ausgeübten Tätigkeit ausmacht (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2019 – 3 C 8/17 -, juris Rn. 15). Das Berufsbild des Podologen ist zwar nicht auf medizinisch indizierte podologische Behandlungen beschränkt. Neben Risikopatienten, wie z. B. Menschen mit einem diabetischen Fußsyndrom, kann jeder Mensch auch von allgemeinen fußpflegerischen Maßnahmen mit geeigneten Verfahren nach den anerkannten Regeln der Hygiene profitieren. Das in § 3 PodG beschriebene Ausbildungsziel macht aber deutlich, dass Tätigkeiten erfasst werden, welche als Heilbehandlungen einzustufen sind. Hinzu kommt eine sehr ausdifferenzierte Beschreibung podologischer Heilbehandlungen in der Anlage 1 zu § 1 Abs. 1
PodAPrV (vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 25.08.2016 – 7 K 1583/14 -, BeckRS 2016, 51362).Die eigenverantwortlich ausgeübte Podologie ist in erheblichem und damit ausreichendem Maß durch Methoden geprägt, die heilkundliche Fachkenntnisse voraussetzen. Dies ergibt sich vorliegend neben dem Podologengesetz aus der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Podologinnen und Podologen sowie der Heilmittelrichtlinie. Es ergeben sich auch keine Schwierigkeiten für die Bestimmung des Umfangs der erlaubten Heiltätigkeit daraus, dass zur podologischen Tätigkeit auch nicht-heilkundliche Verfahren und Behandlungsmethoden zählen. Denn podologische Maßnahmen, die keine Ausübung der Heilkunde darstellen, unterfallen nicht der Erlaubnispflicht des § 1 Abs. 1 HeilprG. Auf sie würde sich daher die sektorale Heilpraktikererlaubnis nicht erstrecken. Insoweit ergeben sich keine Unterschiede zur Erteilung einer unbeschränkten Erlaubnis. Erlaubnisgegenstand ist nach § 1 Abs. 1 und 2 HeilprG allein die erlaubnispflichtige heilkundliche Tätigkeit (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2019 – 3 C 10/17 -, juris Rn. 32).

Bei der Podologie handelt es sich um ein gesetzlich vorgesehenes und durch Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel (§ 124 Abs. 1 SGB V Heilmittel-Richtlinie vom 20.01.2011 / 19.05.2011, BAnz. 2011 Nr. 96, zuletzt geändert am 19.05.2016, BAnz. AT 10.08.2016 B2). Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und Krankenkassen in Deutschland (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Seine Richtlinien (§ 92 SGB V) haben den Charakter untergesetzlicher Normen und sind für alle gesetzlich Krankenversicherten und Akteure in der gesetzlichen Krankenversicherung rechtlich bindend. Angesichts dessen kommt auch der Heilmittel-Richtlinie eine berufsbildprägende Funktion zu (vgl. dazu VGH BW, Urt. v. 23.03.2017 – 9 S 1899/16 –, juris Rn. 42). In den §§ 27 bis 28b Heilmittelrichtlinie (HeilM-RL) sind wesentliche Behandlungsmethoden und Therapieformen der Podologie beschrieben.

b) Mit der eigenverantwortlichen Anwendung podologischer Methoden zur Krankenbehandlung ist die Gefahr nennenswerter gesundheitlicher Schäden verbunden. Zwar dürfte sich dies nicht ohne Weiteres aus dem Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse herleiten lassen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind das Erfordernis ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnisse einerseits und das der Gefahrenträchtigkeit andererseits stets kumulativ genannt worden. Es ist auch in der Sache keineswegs ausgeschlossen, dass bestimmte Behandlungen nur mit ärztlicher oder heilkundlicher Fachkenntnis ordnungsgemäß vorgenommen werden können, ohne dass beim Fehlen der Fachkenntnis nennenswerte Gefahren drohen (vgl. VGH BW, Urt. v. 23.03.2017 – 9 S 1899/16 –, juris Rn. 45).

Die Gefahrengeneigtheit der Podologie ist zu bejahen. Durch podologische Anwendungen können unmittelbar Gefahren hervorgerufen werden. Voraussetzung für ein nennenswertes Risiko ist, dass die Wahrscheinlichkeit einer Gesundheitsgefährdung nicht nur geringfügig ist (vgl. BVerwG, Urt v. 10.10. 2019 – 3 C 10/17 -, juris Rn. 17). Podologie umfasst präventive und kurative therapeutische Maßnahmen rund um den Fuß. Bei vorgeschädigten Patienten, die beispielsweise an Diabetes oder Hämophilie leiden, können bereits kleinste, oft unsichtbare, Mikroverletzungen zu ernsten medizinischen Problemen, z. B. Infektionen, führen. Auch die Übertragung gefährlicher Krankheiten wie Hepatitis C stellt eine Gefahr dar, die durch Desinfektion und Sterilisation von Behandlungsbesteck verhindert werden soll (vgl. etwa Informationen im Internet unter: Pediküre - Behandlung, Wirkung & Risiken | MedLexi.de - Risiken, Gefahren & Besonderheiten, abgerufen am: 25. Juli 2022). Zu den Aufgabenfeldern eines Podologen gehört auch die Behandlung von Diabetikern mit Folgeschäden am Fuß (Diabetisches Fußsyndrom – DFS) und von Patienten mit nachgewiesener Polyneuropathie an den Füßen. Polyneuropathie bezeichnet eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, die auf vielfältige Ursachen zurückzuführen sein kann. Auch Diabetes mellitus kann verschiedene Komplikationen und Folgeerkrankungen nach sich ziehen. Behandlungsbedürftige Veränderungen am Fuß als Folge einer Diabeteserkrankung können zu Amputationen führen. In der BT-Drs. 14/5593 heißt es dazu auf Seite 8:

„Nach Schätzungen leiden zum Beispiel im Bereich der zahlenmäßig größten, von Fußveränderungen betroffenen Patientengruppe, das sind die rund vier bis sechs Millionen Diabeteserkrankten in Deutschland, ein Viertel an behandlungsbedürftigen Veränderungen am Fuß. Deren Folgen können bis zu Amputationen im Fußbereich führen. Die Zahl dieser Amputationen wäre nach Schätzungen durch podologische Maßnahmen, flankiert von gegebenenfalls erforderlichen orthopädieschuhtechnischen Maßnahmen, um mehr als 50 Prozent reduzierbar. Die St. Vincent-Deklaration der WHO, zu deren Zielen sich auch die Bundesregierung bekannt hat, stellte Diabetes mellitus als Volkskrankheit in Mitteleuropa und insbesondere Deutschland fest. Damit war Deutschland aufgefordert, binnen eines Zeitraumes von fünf Jahren die Anzahl diabetesbedingter Amputationen um die Hälfte zu reduzieren. Dennoch hat sich die Situation der Diabetiker bis heute nicht entscheidend verbessert; noch immer betreffen zwei Drittel aller in Deutschland durchgeführten Amputationen Diabetiker. Die diabetesgerechte Fußpflege durch fachkompetent ausgebildete Podologen ist daher ein Schritt, um die ausreichende und sachgerechte Versorgung der Diabetiker in Deutschland in einem Netz damit verbundener Maßnahmen, wie interdisziplinären Versorgungsnetzen, standardisierten Behandlungsvorgaben und strukturierten qualitätsgesicherten Schulungen zu verbessern.“

Weiter heißt es in der Gesetzesbegründung:

„Nicht nur bei Diabetikern können unzureichend ausgebildete Behandler, die eine unsachgemäße Fußpflege unter mangelhaften hygienischen und apparativen Verhältnissen durchführen, zusätzliche Komplikationen hervorrufen. Auch sind in der Orthopädie und Dermatologie medizinische Fortschritte z. B. bezüglich der Neueinschätzung von Krankheiten gemacht worden, die bei unzureichender Berücksichtigung durch fehlende Selbsteinschätzung des Fußpflegers ein Gefahrenpotential für den Patienten darstellen können. Deswegen und zur Vermeidung zusätzlicher Behandlungskosten erscheint eine qualifizierte Fußpflege durch entsprechend ausgebildete Podologen unabdingbar. Dabei haben sich die neuen Erkenntnisse in der Hygiene und Mikrobiologie über Erregerbekämpfung und Resistenzstandards in der täglichen Arbeit niederzuschlagen. Bei der Beschreibung des Ausbildungsziels ist daher besonderer Wert auf die Betonung der anerkannten hygienischen Regeln gelegt worden, die während der Behandlung durch den Podologen einzuhalten sind.“

Es ist davon auszugehen, dass insbesondere ältere Menschen podologische Behandlungen in Anspruch nehmen. Mithilfe von konservativen Behandlungsmaßnahmen durch einen Podologen sollen die in vielen Fällen unnötigen Operationen vermieden werden. Hier ist besonders das Anfertigen und Anpassen von podologischen Korrektur- und Hilfsmitteln, z. B. die Spangenbehandlung bei eingewachsenen Nägeln, zu nennen (vgl. BT-Drs. 14/5593, S. 9).

Überdies drohen bei der eigenverantwortlichen Anwendung podologischer Methoden zur Krankenbehandlung jedenfalls mittelbare Gefahren, weil ein Patient im Einzelfall davon absehen könnte, einen Arzt aufzusuchen, obwohl dies geboten wäre (vgl. zur Logopädie VGH BW, Urt. v. 23.03.2017 – 9 S 1899/16 –, juris Rn. 47). Im Falle einer (unerkannten) Neu- oder Wiedererkrankung könnten insbesondere frühere Patienten geneigt sein, statt eines Arztes einen selbstständig die Podologie ausübenden Behandler aufzusuchen, zu dem bereits eine länger dauernde Vertrauensbeziehung besteht.

Die Erlaubnispflicht nach dem Heilpraktikergesetz entfällt nicht deshalb, weil die Klägerin ausgebildete Podologin ist. Die ihr nach dem Podologengesetz erteilte Erlaubnis berechtigt nicht zu Krankenbehandlungen ohne ärztliche Verordnung und somit nicht zur Ausübung der Heilkunde. Das Berufsrecht unterscheidet zwischen Heilberufen, die eigenverantwortlich körperliche oder seelische Leiden behandeln dürfen (Arzt, Zahnarzt, Psychotherapeut, Heilpraktiker), und den Heilhilfsberufen oder Gesundheitsfachberufen, die zur Krankenbehandlung grundsätzlich nur aufgrund ärztlicher Verordnung befugt sind. Das gesetzlich fixierte Berufsbild des Podologen zählt zu der zweiten Gruppe. In der BT-Drs. 14/5593 heißt es auf Seite 8 dazu: „Der Beruf der Podologin/des Podologen erfüllt die Anforderungen an einen anderen Heilberuf im Sinne des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 19 GG. Der Beruf ist – wie vergleichbare Gesundheitsfachberufe – durch die Arbeit am Patienten geprägt.“ Als Heilberufe im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG sind unter anderem Heilpraktiker, Physiotherapeuten, Logopäden und Psychotherapeuten anzusehen (vgl. BVerfG, Urt. v. 24. 10. 2002 - 2 BvF 1/01 -, NJW 2003, 41; Seiler, in: BeckOK Grundgesetz, Stand: Mai 2022, Art. 74 Rn. 71.1). Die Ausbildung ist gemäß § 3 PodG darauf ausgerichtet, unter ärztlicher Anleitung oder auf ärztliche Veranlassung medizinisch indizierte podologische Behandlungen durchzuführen und damit bei der Prävention, Therapie und Rehabilitation von Fußerkrankungen mitzuwirken. Aus § 27b HeilM-RL ergibt sich die Notwendigkeit einer ärztlichen Erstdiagnostik vor Verordnung einer Podologischen Therapie. Aus § 28a HeilM-RL ergibst sich, dass über die podologische Befunderhebung hinausgehende Diagnostik, die Wundversorgung und weitere Therapien, einschließlich konservativer oder invasiver Maßnahmen der Wundbehandlung (z. B. Anwendung lokaler Therapeutika, Eröffnung eitrigen Gewebes), für alle Stadien ärztliche Leistung bleiben. Auch für die Verordnung der Nagelspangenbehandlung prüft gemäß § 28 Abs. 4 S. 1 HeilM-RL ein Arzt mögliche Kontraindikationen. Deutlich wird die den Podologen durch das Berufsrecht gezogene Grenze zudem durch einen Vergleich mit der gesetzlichen Ausgestaltung des Berufsbildes der Psychotherapeuten. Diesen ist gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Beruf der Psychotherapeutin und des Psychotherapeuten (PsychThG) die Ausübung der Heilkunde im Bereich der Psychotherapie ausdrücklich erlaubt. Durch die Zulassung der Berufsausübung im Wege der Approbation wird die Gleichstellung mit den anderen Heilberufen dokumentiert, die die Versorgung der Patienten eigenverantwortlich wahrnehmen dürfen (BT-Drucks. 13/8035 S. 14 Nr. 7 und Nr. 8). Wenn der Gesetzgeber die Podologen ebenfalls zu einer eigenverantwortlichen Ausübung hätte berechtigen wollen, hätte er ihr Berufsrecht entsprechend ausgestaltet (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 26.08.2009 – 3 C 19.08 -, juris Rn. 14). Die Ausgestaltung eines Berufsbildes als Heilhilfsberuf bedeutet jedoch keine Sperre für eine eigenverantwortliche Tätigkeit in diesem Bereich auf Grundlage einer Heilpraktikererlaubnis (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 26.08.2009 – 3 C 19.08 -, juris Rn. 17). In § 1 Abs. 2 PodG sind lediglich die Voraussetzungen für das Führen der Berufsbezeichnung „Podologe/Podologin“ normiert.

2. Die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Podologie ist zulässig. Da die Klägerin die Heilkunde i.S.d. § 1 Abs. 2 HeilprG, ohne als Arzt bestallt zu sein, bisher berufsmäßig nicht ausgeübt hat, kann ihr die Erlaubnis gemäß § 2 Abs. 1 HeilprG nur nach Maßgabe der gemäß § 7 HeilprG erlassenen DVO-HeilprG erteilt werden, wenn keine Versagungsgründe nach § 2 Abs. 1 DVO-HeilprG vorliegen. Gemäß § 2 Abs. 1 Buchstabe i) dieser Verordnung wird die Erlaubnis nicht erteilt, wenn sich aus einer Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers durch das Gesundheitsamt ergibt, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten würde.

Die Heilpraktikererlaubnis ist anders als die einem Arzt mit der Approbation erteilte Heilbefugnis teilbar. Das Heilpraktikergesetz enthält weder dem Sinn noch dem Wortlaut nach ein Verbot der Erteilung einer inhaltlich beschränkten Erlaubnis. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hat noch kein Bedürfnis für eine solche Beschränkung bestanden. Seitdem haben sich jedoch die Berufsbilder auf dem Sektor der Heilberufe in damals nicht vorhersehbarer Weise ausdifferenziert. Die Vorschriften des vorkonstitutionellen Heilpraktikergesetzes müssen daher im Lichte der Freiheit der Berufswahl aus Art. 12 Abs. 1 GG durch Auslegung an die gegenwärtigen Gegebenheiten angepasst werden. Danach ist eine uneingeschränkte Heilpraktikererlaubnis mit der Folge einer umfassenden Kenntnisüberprüfung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe i der 1. DVO-HeilprG zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Patienten nicht erforderlich und deshalb unverhältnismäßig, wenn ein Antragsteller die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet ausüben will, dessen Tätigkeitsumfang hinreichend ausdifferenziert ist. In einem solchen Fall reicht es aus, eine auf dieses Gebiet beschränkte Erlaubnis zuzusprechen, solange sichergestellt ist, dass der Antragsteller die Grenzen seines Könnens kennt und beachtet (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.08.2009 – 3 C 19.08 -, juris Rn. 18; Urt. v. 10.10.2019 – 3 C 15.17 -, juris Rn. 13; Urt. v. 10.10.2019 – 3 C 10/17 -, juris Rn. 25).

Die für die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis erforderliche Ausdifferenziertheit und Abgrenzbarkeit des beantragten Tätigkeitssektors ist gegeben, wenn sich der Umfang der erlaubten Heiltätigkeit klar bestimmen und von anderen Bereichen der Heilkundeausübung abgrenzen lässt. In der Praxis dürfen keine Unklarheiten darüber bestehen, ob eine konkrete Behandlungsmaßnahme zu dem betreffenden Tätigkeitsgebiet zählt oder nicht (BVerwG, Urt. v. 26.08.2009 - 3 C 19.08 -, juris Rn. 19). Es muss eindeutig sein, welche Behandlungsmethoden und Therapieformen von dem Gebiet umfasst werden und zur Behandlung welcher Krankheiten, Leiden und Beschwerden sie eingesetzt werden. Die Zuerkennung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis ist daher nur möglich, soweit sich auf dem Gebiet der Heilkunde ein eigenständiges und abgrenzbares Berufsbild herausgebildet hat (BVerwG, Urt. v. 10. Oktober 2019 – 3 C 15.17 -, juris Rn. 16).

Es handelt sich bei der Podologie um einen hinreichend ausdifferenzierten und abgrenzbaren Bereich. Maßgeblich für die Frage der Teilbarkeit ist, ob sich aus dem allgemeinen Feld der Heilkunde abgrenzbare Teilbereiche ausdifferenziert haben (vgl. VGH BW, Urt. v. 19.03.2009 – 9 S 1413/08 -, BeckRS 2009, 32395 Rn. 46 f.). Da sich der Inhaber einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis gemäß § 5 HeilprG strafbar macht, wenn er Heilkunde außerhalb des ihm erlaubten Bereichs ausübt, muss er erkennen können, welche Tätigkeiten von der Erlaubnis gedeckt sind und wo seine Berechtigung endet (vgl. Kenntner: Vergabe von sektoralen Heilpraktikererlaubnissen nach Verwaltungsermessen, in NVwZ 2020, 438 (441)). In §§ 5 bis 7 PodAPrV sind die Ausbildungsinhalte ausführlich geregelt, mithin hinreichend ausdifferenziert. Zudem ergibt sich die Abgrenzbarkeit bereits aus der Bezeichnung Podologie, welche sich aus dem griechischen mit „Lehre am Fuß“ übersetzen lässt. Der Fuß stellt einen klar abgrenzbaren Bereich des Körpers dar. Insbesondere im Vergleich mit der Physiotherapie, welche eine ganzheitliche Behandlung des Bewegungsapparates beinhaltet, ist eine Abgrenzbarkeit vorliegend erst recht zu bejahen.

Gemäß § 2 Abs. 2 DVO-HeilprG hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) unter Beteiligung der Länder „Leitlinien zur Überprüfung von Heilpraktikeranwärterinnen und -anwärtern nach § 2 des Heilpraktikergesetzes in Verbindung mit § 2 Absatz 1 Buchstabe i der Ersten Durchführungsverordnung zum Heilpraktikergesetz“ entwickelt. Die Leitlinien sollen dabei als Grundlage für die Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten eines Heilpraktikeranwärters und damit als Grundlage für die Entscheidung dienen, ob die Ausübung der Heilkunde durch die betreffende Person eine Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung oder der sie aufsuchenden Patienten erwarten lässt. In der Leitlinie ist die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis vorgesehen, eine Beschränkung auf einzelne Gebiete enthält die Leitlinie nicht.

Mit einem Runderlass vom 1. September 2018 hat das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung die Richtlinie zur Durchführung des Verfahrens zur Erteilung einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz (RdErl. d. MS v. 1. 9. 2018 - 405-41022/15 - VORIS 21064 -) erlassen. Unter Nr. 7 der Richtlinie zur Durchführung des Verfahrens zur Erteilung einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz in der Fassung vom 27. Juli 2020 ist die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis auf den Gebieten der Psychotherapie, Physiotherapie und Logopädie geregelt. Bei der Richtlinie handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift, der keine Außenwirkung zukommt. Insbesondere kann eine Verwaltungsvorschrift keine Berufsbeschränkung begründen und damit Art. 12 Abs. 1 GG entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf (Urt. v. 25.08.2016 – 7 K 1583/14 -, juris Rn. 92 f.) hat dazu ausgeführt:

Die Verweigerung entsprechender Kenntnisüberprüfungen wirkt sich als Zulassungsbeschränkung zum Heilpraktikerberuf aus und beeinträchtigt den Schutzbereich des Grundrechts der Klägerin aus Art. 12 GG, ohne durch die Schranken des Grundrechts gedeckt zu sein. Ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit liegt hier vor, weil die Klägerin eine Tätigkeit aufgrund staatlicher Reglementierung nicht in der gewünschten Art und Weise ausüben kann. Sie darf mangels entsprechender sektoraler Heilpraktikererlaubnis keine eigenverantwortliche Heilbehandlung auf dem Gebiet der Podologie vornehmen. Die Gelegenheit zum Erwerb einer solchen Erlaubnis wird ihr rechtswidrig verweigert. Dieser Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 GG ist durch die Schranken des Grundrechts nicht gedeckt. Gemäß Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG ist hierfür eine gesetzliche Grundlage notwendig, welche den verfassungsrechtlichen Anforderungen an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. An einem solchen, die Berufsfreiheit einschränkenden Gesetz fehlt es hier. Demgemäß muss das Gesundheitsamt der Beklagten Bewerbern um eine auf das Gebiet der Podologie beschränkte Heilpraktikererlaubnis Gelegenheit bieten, ihre diesbezüglichen Kenntnisse und Fähigkeiten darauf überprüfen zu lassen, ob eine Gefahr für die Volksgesundheit bestehen würde.“

Der Großteil der anderen Bundesländer erteilt eine Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf das Gebiet der Podologie. Es ist zutreffend, dass die Verwaltungsvorschriften anderer Bundesländer mangels Außenwirkung keine Verbindlichkeit entfalten. Jedoch handelt es sich bei dem Heilpraktikergesetz um Bundesrecht und es sind keine Gründe erkennbar, die bezogen auf Niedersachsen gegen die Zulässigkeit einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis auf dem Gebiet der Podologie sprechen würden.

Die Entwicklung in der Rechtsprechung ist dahingehend zu beobachten, dass eine sek-torale Heilpraktikererlaubnis auf weiteren Gebieten für zulässig erachtet wird. So hat das Bundesverwaltungsgericht in einer Reihe von Entscheidungen aus den Jahren 2019 und 2021 geurteilt, dass die Erteilung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis für die Gebiete Ergotherapie, Logopädie und Chiropraktik zulässig ist (BVerwG, Urt. v. 10.10.2019 3 C 10/17; Urt. v. 10.10.2019 – 3 C 8/17; Urt. v. 25.02.2021 3 C 17/19). Dies lässt sich aufgrund der Unterschiede zu diesen Gebieten zwar nicht vollständig auf den Bereich der Podologie übertragen. Jedoch lässt die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Tendenz zur Ausweitung der Möglichkeit der Erteilung von sektoralen Heilpraktikererlaubnissen auf weitere Gebiete erkennen.

In seinem Urteil vom 10. Oktober 2019 (Az. 3 C 15.17) lehnte das Bundesverwaltungsgericht eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Osteopathie ab. Osteopathie und Podologie sind jedoch insoweit nicht vergleichbar, als dass kein eigenständiges Gesetz existiert, welches das Führen der Berufsbezeichnung „Osteopathin/ Osteopath“ regelt. Auch die osteopathische Ausbildung ist nicht einheitlich geregelt. Zudem geht die Osteopathie nach ihrem Selbstverständnis von einem ganzheitlichen Behandlungsansatz aus, so dass der Tätigkeitsumfang im Gegensatz zu dem der Podologie nicht eindeutig definiert und von anderen Behandlungsmethoden abgrenzbar ist. Ein weiterer Unterscheid besteht darin, dass es sich bei der Osteopathie anders als bei der Podologie nicht um ein gesetzlich vorgesehenes und durch die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses vorgegebenes Heilmittel handelt.

Die Zuerkennung einer sektoralen Erlaubnis beruht darauf, dass sie eine systematische Unstimmigkeit abmildert, die sich ergibt, weil einerseits Berufsbilder mit erheblichen Qualifikationsanforderungen geschaffen werden und andererseits über das Heilpraktikergesetz die Möglichkeit einer eigenverantwortlichen Heilbehandlung allein aufgrund einer Kenntnisüberprüfung aufrechterhalten bleibt. Dem entspricht, die Zuerkennung einer sektoralen Erlaubnis an die Voraussetzung zu knüpfen, dass für den fraglichen Sektor ein gesetzlich bestimmtes Berufsbild vorliegt (BVerwG, Urt. v. 10.10.2019 – 3 C 15.17 -, juris Rn. 21). Wie bereits ausgeführt, liegt für das Gebiet der Podologie durch das Podologengesetz sowie die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Podologinnen und Podologen ein solch gesetzlich bestimmtes Berufsbild vor.

Für den Umfang der nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe i) der DVO-HeilprG vorzunehmenden Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten der Klägerin gilt das Verhältnismäßigkeitsgebot. Von ihr dürfen nur solche Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt werden, die in Bezug zu der geplanten Heilkundetätigkeit stehen. Sie muss keine Kenntnisse und Fähigkeiten nachweisen, die sie für die beabsichtigte Tätigkeit nicht benötigt oder aufgrund ihrer Ausbildung ohnehin schon besitzt (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2019 – 3 C 10/17 -, juris Rn. 36). Die Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten kann beschränkt werden, wenn – wie im vorliegenden Fall – eine abgeschlossene Ausbildung in dem für die sektorale Heilpraktikererlaubnis einschlägigen bundesgesetzlich geregelten Heilberuf nachgewiesen werden kann. Es ist zu prüfen, ob und inwieweit die Kenntnisüberprüfung im Hinblick auf die durch die vorgelegte Urkunde sowie die vorgelegten Nachweise über absolvierte Zusatzausbildungen nachgewiesenen Qualifikationen entbehrlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.01.1993 3 C 34/90 -, juris Rn. 32; Urt. v. 26.08.2009 – 3 C 19/08 -, juris Rn. 29). Auch nach Nr. 7 der Niedersächsischen Richtlinie zur Durchführung des Verfahrens zur Erteilung einer Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz kann die Überprüfung auf Kenntnisse und Fähigkeiten beschränkt werden, mit denen die antragstellende Person zeigt, dass sie in der Lage ist, die Lücke zwischen der vorhandenen Berufsqualifikation und der eigenverantwortlichen Ausübung von Heilkunde zu schließen, wenn sie über eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung verfügt.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) erfolgt. Dabei hat sich die Kammer an Nr. 14.1 und Nr. 1.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ Beilage 2013, 57) orientiert. Danach ist für eine Berufsberechtigung der Jahresbetrag des erzielten oder erwarteten Gewinns, mindestens 15.000 €, in Ansatz zu bringen. Zu den erwarteten Mehreinnahmen hat die Klägerin nicht näher vorgetragen. Der Streitwert von 15.000 € ist um ein Drittel zu reduzieren, weil es der Klägerin um eine Neubescheidung geht.