Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 03.02.1995, Az.: SS 11/95

Geltung des Grundsatzes "in dubio pro reo" bei der Prognose für eine Strafaussetzung bei Berücksichtigung erneuter Tatsachen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
03.02.1995
Aktenzeichen
SS 11/95
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1995, 28899
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1995:0203.SS11.95.0A

Amtlicher Leitsatz

Bei der Prognose für eine Strafaussetzung gilt "in dubio pro reo", soweit erneut Tatsachen berücksichtigt werden sollen.

Gründe

1

Das Schöffengericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in 36 Fällen, davon in 4 Fällen wegen versuchten Diebstahls in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Auf die auf den Rechtsfolgenanspruch beschränkte Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht entschieden, dass die Strafaussetzung zur Bewährung entfällt.

2

Die Revision des Angeklagten hat Erfolg.

3

Die Generalstaatsanwaltschaft hat zu der Revision des Angeklagten wie folgt Stellung genommen: "Das Landgericht hat Strafaussetzung versagt, weil der Angeklagte sich neuerlicher Diebstahlstaten verdächtig gemacht hat. Gegen die Annahme, insoweit brauchte die Schuld nicht festgestellt werden, es gelte der Grundsatz in dubio pro reo nicht, bestehen Bedenken. Zwar gehen Zweifel bei der Prognoseentscheidung zu Lasten des Angeklagten, das gilt jedoch nicht für die Tatsachen, die einer Prognoseentscheidung zugrundegelegt werden (Schönke/Schröder-Stree, StGB, 24. Aufl., Rn. 16 zu § 56; LK-Gribbohm, 11. Aufl., Rn. 16 zu § 56 StGB; BayObLG StV 1994, S. 186). Den Urteilsgründen fehlen Feststellungen zu den neuen Taten wie etwa ein Geständnis oder andere Umstände, die die Überzeugung des Gerichts von der Täterschaft hätten begründen können." Der Senat tritt diesen Ausführungen bei. Sie müssen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und dementsprechend zur erneuten Entscheidung über den Rechtsfolgenausspruch führen. Die Entscheidung auch ohne Berichtigung der dem Angeklagten vorgeworfenen Straftaten das Urteil des Landgerichts zu bestätigen, stand dem Senat als Revisionsgericht nicht zu.