Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 13.02.1995, Az.: SS 511/94

Ausschluss der Revision des Erziehungsbeteilgten; Voraussetzungen einer entschädigungslosen Einziehungsanordnung gegen den Einziehungsbeteiligten als Sicherungsmaßnahme

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
13.02.1995
Aktenzeichen
SS 511/94
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1995, 29252
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:1995:0213.SS511.94.0A

Fundstelle

  • VRS 1996, 285

Amtlicher Leitsatz

§ 55 JGG schließt die Revision des Einziehungsbeteiligten nicht aus. Zu den Voraussetzungen einer entschädigungslosen Einziehungsanordnung gegen den Einziehungsbeteiligten als Sicherungsmaßnahme.

Gründe

1

Das Amtsgericht hat die Einziehung des PKW Opel Manta, ..., angeordnet. Das Landgericht hat die Berufung des Einziehungsbeteiligten und des An- geklagten dagegen verworfen. Die Revision des Einziehungsbeteiligten hat keinen Erfolg.

2

Der Senat hält die Revision für zulässig. Zwar hat das Gesetz dem Neben- beteiligten zum Umfang seiner Verfahrensbeteiligung nur die Rechte zugewiesen, die einem Angeklagten zustehen, § 433 Abs. 1 StPO. Wäre danach von den Rechten auszugehen, die der Angeklagte in diesem Verfahren hat, wäre die Revision unzulässig, § 55 Abs. 2 JGG. Der Senat meint der Regelung des § 433 StPO, die sich auf die Rechte eines Angeklagten bezieht, jedoch nicht eindeutig entnehmen zu können, dass die Zulässigkeit des Rechtsmittels des Nebenbeteiligten in diesem Sinne beschränkt sein sollte. Wäre der Einziehungsbeteiligte im verbundenen Verfahren gemäß § 103 JGG mit angeklagt worden, wäre seine Revision zweifellos zulässig. Der Senat hält danach mangels einer eindeutigen Klarstellung der Rechtsmittelbefugnis des Nebenbeteiligten in § 433 StPO dessen Revision auch unter den vorliegenden Voraussetzungen für zulässig.

3

Der frühere Angeklagte, der Sohn des Nebenbeteiligten, ist rechtskräftig für schuldig befunden worden, am 23. März 1993 den genannten PKW ohne Fahrerlaubnis geführt zu haben. Das Landgericht hat nicht klären können, ob das Fahrzeug dem Angeklagten oder dem Einziehungsbeteiligten zur Tatzeit gehörte. Nach den weiteren Feststellungen des angefochtenen Urteils ist der Angeklagte zuvor am 3. Dezember 1992 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis mit dem Fahrzeug seines Bruders verurteilt worden. Am 20. Juli 1993 ist er u.a. wegen vorsätzlichen Führens eines Kraftfahrzeuges in vier Fällen für schuldig befunden worden. Das Landgericht hat dazu im Einzelnen ausgeführt:

4

Halter eines bei der Fahrt am 5. Dezember 1991 benutzten Fahrzeugs war nach Angaben des Angeklagten der Einziehungsbeteiligte, dem er die Autoschlüssel entwendet hatte. Zu der Fahrt am 21. Juli 1992 mit dem auf den Namen des Bruders zugelassenen PKW hatte der Angeklagte seinerzeit erklärt, er glaube, das Fahrzeug gehöre dem Vater. Am 3. März 1993 fuhr der Angeklagte erneut mit einem nach seinen Angaben ihm gehörenden PKW und am 14. Dezember 1992 mit einem Bekannten gehörenden Fahrzeug.

5

Die Einziehung des Fahrzeugs ist danach auch unter der Voraussetzung, dass es dem Einziehungsbeteiligten und nicht dem Angeklagten gehört, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Weil der Angeklagte bereits durch Urteil vom 3. Dezember 1992 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden war, konnte das Fahrzeug, auf das sich die jetzige Tat bezieht, grundsätzlich eingezogen werden, § 21 Abs. 3 Nr. 3 StVG. Soweit in dem Urteil des Landgerichts abweichend von dem des Amtsgerichts § 21 Abs. 3 Nr. 1 StVG erwähnt wird, ist das für die Entscheidung nicht von Bedeutung. Die Einziehung ist in dem Fall, dass das Fahrzeug dem Angeklagten gehört, als Nebenstrafe und als Sicherungsmaßnahme auch konkret nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat die getroffene Anordnung unter Berücksichtigung der §§ 74 Abs. 2, 74 b StGB rechtsfehlerfrei erörtert. Die notwendige Berücksichtigung der Voraussetzungen des § 74 b StGB findet sich inhaltlich in der Entscheidung wieder (vgl. dazu SchlHOLG StV 1989, 156). Die Annahme, dass der Angeklagte den PKW Manta künftig weiter benutzen werde, wenn er noch zur Verfügung stünde, ist auf Grund der getroffenen Feststellungen insbesondere auch zu den früheren Verfehlungen begründet. Angeklagter und Ein- ziehungsbeteiligter leben in einer Familie zusammen. Die weitere gemeinsame Benutzung des Fahrzeugs liegt auf der Hand, wenn es nicht eingezogen würde. Das Angebot, das Fahrzeug so schnell wie möglich veräußern zu wollen, hat das Landgericht in rechtlich nicht fehlerhafter Weise nicht als genügende Sicherung gegen einen künftigen Gebrauch angesehen. Angesichts der wiederholten einschlägigen Verfehlungen des Angeklagten ist die Einziehung nicht unverhältnismäßig.

6

Die in der Aussetzung der verhängten Jugendstrafe zur Bewährung liegen- de Prognose, dass sich der Angeklagte in Zukunft straffrei Verhalten werde, steht dem nicht entgegen. Ersichtlich war dabei die Überlegung des Landgerichts, dass der PKW dem Angeklagten in Zukunft nicht mehr zur Verfügung stehen werde, von erheblicher Bedeutung. Eine derartige Verknüpfung von Prognose und Einziehungsanordnung ist nicht rechtsfehlerhaft.

7

Die Anordnung der Einziehung ist danach auch unter der Voraussetzung, dass das Fahrzeug dem Einziehungsbeteiligten gehörte, nicht unverhältnis- mäßig und deswegen rechtlich nicht zu beanstanden. Die Einziehung ist in diesem Fall als Sicherungsmaßnahme zulässig und begründet, §§ 74 Abs. 2 Nr. 2, 74 b StGB. Mit Recht ist das Landgericht nach den getroffenen Feststellungen davon ausgegangen, dass der Einziehungsbeteiligte durch zumindest leichtfertiges Handeln zu der Straftat des Angeklagten beige- tragen hat. Das ergibt sich insbesondere auch aus den Feststellungen zu den weiteren von dem Angeklagten begangenen einschlägigen Straftaten. Der Nebenbeteiligte hat diese Straftaten seines Sohnes hingenommen. Es ist deswegen auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht für den Fall, dass das Fahrzeug dem Einziehungsbeteiligten gehörte, dessen Entschädigung nicht für gerechtfertigt gehalten hat, § 74 f Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB.