Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 29.09.2016, Az.: 10 A 1739/16
Melderecht; Melderegisterauskunft; Verwaltungsgebühren
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 29.09.2016
- Aktenzeichen
- 10 A 1739/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2016, 43332
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 44 BMG
- Nr 44.1.3.3 BMGVwV
- Nr 63.2.2.1 Kostentarif
- § 1 Abs 1 S 1 VwKostG ND
- § 13 Abs 3 VwKostG ND
- § 3 Abs 1 VwKostG ND
- § 5 Abs 1 S 1 VwKostG ND
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Für eine neutrale Antwort auf ein Auskunftsersuchen aus dem Melderegister wird die Gebühr für eine einfache Melderegisterauskunft fällig.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Verwaltungsgebühren durch die Beklagte für eine Melderegisterauskunft.
Er begehrte mit Schreiben vom 29. Januar 2016 von der Beklagten Auskunft über den Aufenthaltsort von B., zu der er den Kontakt wiederherstellen wolle. Er beabsichtige, sich „von Einwohnermeldeauskunft zu Einwohnermeldeauskunft durch[zu]hangeln“.
Mit Bescheid vom 1. März 2016 teilte die Beklagte dem Kläger folgendes mit:
„Eine Auskunft kann aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht oder derzeit nicht erteilt werden.“
und setzte mit Bescheid vom gleichen Tage gegen den Kläger Gebühren für eine einfache Melderegisterauskunft in Höhe von 9,00 Euro zzgl. Auslagen in Höhe von 0,85 Euro fest.
Der Kläger hat am 9. März 2016 Klage erhoben. Er hält die Gebührenfestsetzung für rechtswidrig, weil ihm tatsächlich keine oder nicht die gewünschte Auskunft erteilt worden sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gebührenbescheid der Beklagten vom 1. März 2016 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Gebührenfestsetzung sei rechtmäßig erfolgt. Die erteilte Antwort sei eine sogenannte neutrale Auskunft. Sie sei zwar inhaltlich unbefriedigend, aber gleichwohl Amtshandlung und damit gebührenpflichtig.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Der Inhalt sämtlicher Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Das Urteil ergeht durch den Einzelrichter, dem die Kammer den Rechtsstreit mit Beschluss vom 7. September 2016 zur Entscheidung übertragen hat. Das Gericht konnte trotz Abwesenheit des Klägers im Verhandlungstermin am 29. September 2016 verhandeln und entscheiden, weil die Beteiligten zu diesem Termin ordnungsgemäß geladen und auf die Möglichkeit einer Entscheidung bei Abwesenheit hingewiesen worden waren. Der Kläger hat zwar unter Hinweis auf eine zwangsweise erfolgte Unterbringung in der geschlossenen Abteilung einer psychiatrischen Klinik die Verlegung des Termins beantragt, dem Gericht aber keinen Nachweis über die Unterbringung erbracht. Eine entsprechende Aufforderung, die auch an die von dem Kläger genannte Anschrift der psychiatrischen Klinik versandt worden war, wurde von dort mit dem Vermerk zurückgesandt, der Kläger sei entlassen.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angegriffene Heranziehungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Klägers zu den streitigen Kosten sind
§ 1 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 und § 13 Abs. 3 NVwKostG i.V.m. § 1 Abs. 1 AllGO und Nr. 63.2.2.1 des zugehörigen Kostentarifs (Anlage zu § 1 Abs. 1) i. d. F. der Verordnung vom 4.12.2015 (Nds. GVBl. S. 367, Kostentarif). Danach wird für eine einfache Melderegisterauskunft nach § 44 BMG eine Gebühr in Höhe von 9 Euro erhoben, wenn die Anfrage ohne besondere Ermittlungen beantwortet werden kann.
Eine solche Auskunft hat der Kläger hier mit seinem Schreiben vom 29. Januar 2016 beantragt und die Beklagte mit Bescheid vom 1. März 2016 erteilt. Es handelt sich um eine sogenannte neutrale Antwort, wie sie in Nr. 44.1.3.3 der Verwaltungsvorschriften zum Bundesmeldegesetz bundeseinheitlich vorgeschrieben ist. Dort heißt es:
Eine neutrale Antwort wird erteilt, wenn mit den von der anfragenden Person oder Stelle gemachten Angaben im Melderegister keine Person oder mehrere Personen gefunden werden. Eine neutrale Antwort wird auch erteilt, wenn eine Auskunftssperre nach § 51 BMG oder ein bedingter Sperrvermerk nach § 52 BMG vorliegt oder sonstige schutzwürdige Interessen gemäß § 8 BMG der Erteilung einer Auskunft entgegenstehen. Dies dient dem Zweck, aus der Antwort der Meldebehörde einen Rückschluss auf das Vorliegen einer Auskunftssperre oder eines bedingten Sperrvermerks zu verhindern.
Die Auskunft wird mit der neutralen Antwort nicht abgelehnt. Die neutrale Antwort ist kein Verwaltungsakt.
Die neutrale Antwort lautet: „Eine Auskunft kann aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht oder derzeit nicht erteilt werden.“
Dass diese Art der Auskunft für den Kläger inhaltlich nicht befriedigend ist, steht der Gebührenerhebung nicht entgegen. Denn die Gebühren knüpfen an den Aufwand an, den die Bearbeitung der Anfrage verursacht, nicht an das mit ihr verbundene Interesse des Antragstellers. Dieser Aufwand ist kein geringerer als bei einer Vollauskunft. In beiden Fällen muss der Sachbearbeiter im Melderegister Nachschau halten, das Suchergebnis auswerten und ein Antwortschreiben erstellen.
Der Kläger ist auch Kostenschuldner gem. § 5 Abs. 1 NVwKostG, weil er mit seiner Anfrage zu der Amtshandlung Anlass gegeben hat; die Gebühren sind gem. § 7 Abs. 1 NVwKostG mit der Bekanntgabe der Kostenentscheidung fällig.
Gründe, die Gebühren aus Billigkeitsgründen niederzuschlagen oder zu ermäßigen, sind nicht ersichtlich. Zwar kann nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 NVwKostG die Gebühr bis auf ein Viertel des vollen Betrags ermäßigt werden, wenn der Antrag auf Vornahme einer Amtshandlung abgelehnt wird. Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt, weil auch die neutrale Antwort, wie ausgeführt, zwar keinen Verwaltungsakt, so doch eine Amtshandlung darstellt und daher ungeachtet des Interesses des Klägers an einer inhaltlichen Auskunft schon tatbestandlich keine Ablehnung der Amtshandlung darstellt (vgl. Nr. 44.1.3.3 der BMG-VwV).
Die Höhe der Auslagen entspricht den Kosten für eine Briefsendung (§ 13 Abs. 3 Nr. 3 NVwKostG).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Gründe, gemäß § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4, § 124 a Abs. 1 VwGO die Berufung zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Weder hat der Rechtsstreit über den konkreten Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung, noch weicht das Gericht von der Rechtsprechung der dort genannten Obergerichte ab.