Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 29.04.2003, Az.: 4 A 49/01

Ausschluss; Freistellung; Unterhaltspflicht; Unterhaltsverzicht; Unterhaltsvorschuss

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
29.04.2003
Aktenzeichen
4 A 49/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48535
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Stellt der das Kind betreuende Elternteil den anderen Elternteil von der Unterhaltspflicht frei, so steht dies im Rahmen des § 1 Abs. 1 Nr. 3a UVG einer Zahlung von Unterhalt durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil gleich.

Tatbestand:

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Die am 21. Februar 1989 und am 18. April 1990 geborenen Kläger wenden sich gegen die Einstellung von Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Sie lebten nach der Trennung ihrer Eltern im November 1996 bei ihrer Mutter. Ihr Vater wohnte in dem ehemaligen Familienheim, das im Miteigentum der Eltern der Kläger stand. Dabei kam er den auf dem Grundeigentum lastenden Verbindlichkeiten bei diversen Banken in Höhe von monatlich 2.196,-- DM nach, weiter trug er Kosten in Höhe von monatlich 135,-- DM für eine für den Kläger zu 1. abgeschlossene Aussteuerversicherung.

2

Auf den Antrag der Kläger bewilligte der Beklagte ihnen mit Bescheiden vom 3. Juni 1997 ab dem 1. März 1997 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von monatlich jeweils 314,-- DM. Im Anschluss daran wandte er sich an den Vater der Kläger und machte den Unterhaltsanspruch der Kläger diesem gegenüber geltend. Der Vater der Kläger weigerte sich zu zahlen, weil die Mutter der Kläger auf Unterhalt für die Kläger verzichtet habe. Er berief sich dabei auf ein handschriftliches Schreiben der Mutter der Kläger aus dem Jahr 1996, mit dem diese ihm mitgeteilt hatte, er brauche für die Kinder keinen Unterhalt zu zahlen, solange er sich um das Haus kümmere, d.h., den Abtrag zahlen könne. Weiter verwies er auf ein Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 21. November 1996. Hierin hatte diese u.a. ausgeführt, die Mutter der Kläger sei bereit, auf den Kindesunterhalt zu verzichten, solange der Vater der Kläger die Hausschulden zahle. Mit Schriftsatz vom 15. April 1997 forderte die Prozessbevollmächtigte der Kläger ihren Vater über seine Bevollmächtigte zu Unterhaltsleistungen ab Dezember 1996 auf. Auf Zahlung von Kindesunterhalt sei zunächst unter der Voraussetzung verzichtet worden, dass man sich über die sonstigen Vermögensfragen einige. Dies sei aber nicht eingetreten. Im September 1997 erhob die Mutter der Kläger im eigenen Namen vor dem Amtsgericht E. Klage auf Kindesunterhalt (F.), die anschließend im Namen der Kläger fortgesetzt wurde. Nach der Scheidung der Eltern der Kläger endete das Verfahren vor dem Amtsgericht E. am 27. Februar 1998 mit dem Abschluss eines Vergleiches, indem es u.a. heißt:

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"Die gesetzliche Vertreterin der Kläger macht Kindesunterhalt solange nicht geltend, wie der Beklagte die im Protokoll aufgeführten Tilgungsbeträge leistet."

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Im November 1998 erhob das Land Niedersachsen, vertreten durch den Beklagten, Klage gegen den Vater der Kläger und beantragte, diesen zu verurteilen, Unterhaltsleistungen für die Kläger vom 1. März 1997 an zu erstatten und auch künftig an das Land Niedersachsen zu zahlen.

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Mit Bescheiden vom 17. Dezember 1998 bewilligte der Beklagte den Klägern ab dem 1. Januar 1999 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz in Höhe von monatlich jeweils 299,-- DM. Mit Bescheiden vom 19. April 1999 stellte der Beklagte die Leistungen bis zur Klärung der Unterhaltspflicht des Vaters der Kläger vorsorglich ein. Hiergegen erhoben die Kläger am 7. Mai 1999 Widerspruch. Ihre Mutter habe nicht auf Unterhalt verzichtet. Der Vergleich vor dem Amtsgericht sei nur abgeschlossen worden, weil ihr Vater ohnehin nicht leistungsfähig sei. Das gemeinsame Haus sei mit 650.000,-- DM überschuldet, der Verkehrswert liege bei 400.000,-- DM, die Zwangsversteigerung stehe bevor. Unter diesen Umständen habe der Richter am Amtsgericht die Abweisung der Unterhaltsklage in Aussicht gestellt. Um Kosten zu vermeiden, sei der Vergleich geschlossen worden.

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Am 21. Juni 1999 wies das Amtsgericht E. (G.) die Klage des Landes Niedersachsen gegen den Vater der Kläger ab, weil der Vater der Kläger nicht leistungsfähig sei. Das Land Niedersachsen legte hiergegen Berufung ein. Das Berufungsverfahren endete am 10. April 2000 durch einen Vergleich. Darin verpflichtete sich der Vater der Kläger, an das Land Niedersachsen zum Ausgleich übergegangener Ansprüche aus Unterhaltsvorschussleistungen für die Kläger in der Zeit vom 1. März 1997 bis zum 30. April 1999 einen Betrag in Höhe von 6.998,53 DM zu zahlen.

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Mit Bescheiden vom 19. Juli 2000 stellte der Beklagte die Leistungen an die Kläger mit Wirkung zum 1. Mai 1999 endgültig ein. Unterhaltsvorschussleistungen könnten wegen des von der Mutter der Kläger am 27. Februar 1998 geschlossenen Vergleiches nicht gewährt werden. Hiergegen erhoben die Kläger am 17. August 2000 Widerspruch. Der Vater der Kläger sei nicht leistungsfähig. Im Übrigen sei ihre Mutter wegen der Überleitung der Unterhaltsansprüche auf den Beklagten nicht legitimiert gewesen, Unterhaltsansprüche geltend zu machen.

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Seit Januar 2001 ist der Vater der Kläger Alleineigentümer des ehemaligen Familienheims. Von diesem Zeitpunkt an gewährte der Beklagte den Klägern erneut Leistungen nach dem UVG. Mit Urteil vom 2. Oktober 2001 verpflichtete das Amtsgericht E. den Vater der Kläger, an die Kläger ab Januar 2001 Unterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrages zu zahlen.

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Die Bezirksregierung Hannover wies mit Bescheid vom 7. Februar 2001 die Widersprüche der Kläger gegen die vorläufige sowie die endgültige Einstellung der Leistung für den vorangegangenen Zeitraum bis zum 31. Dezember 2000 zurück. Die Kläger hätten in dieser Zeit keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz, weil ihre Mutter den Vater der Kläger mit Vergleich vom 27. Februar 1998 von Unterhaltszahlungen freigestellt habe. Der Vergleich sei für die Zeit ab 1. März 1998 wirksam, weil die Ansprüche der Kläger auf Unterhalt noch nicht nach § 7 Unterhaltsvorschussgesetz auf den Beklagten übergegangen gewesen seien. Das Unterhaltsvorschussgesetz gehe davon aus, dass Unterhaltsleistungen ausbleiben, auf die das Kind Anspruch habe oder bei Leistungsfähigkeit hätte. Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz dürften deswegen nicht gewährt werden, wenn das Kind Zahlungen des anderen Elternteils nicht erhalte, weil es wirksam auf diese verzichtet habe oder der andere Elternteil freigestellt sei. Das Unterhaltsvorschussgesetz setze nämlich voraus, dass das Ausbleiben des Unterhalts den alleinerziehenden Elternteil zusätzlich belaste. Es sei als besondere Sozialleistung vorgesehen worden, weil alleinstehende Elternteile ihre Kinder im Allgemeinen unter erschwerten Bedingungen erziehen und bei einem Ausfall von Unterhaltsleistungen des anderen Elternteils im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit auch den von diesem geschuldeten Unterhalt aufbringen müssten.  Die Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz diene dazu, diese Belastung aufzuheben oder zu mildern, wenn der erwartete Unterhalt planwidrig ausbleibe. Sofern Elternteile vereinbarten, dass Unterhaltsleistungen nicht zu erbringen seien, bestehe kein Anspruch auf Leistungen nach dem UVG, weil das Ausbleiben der Unterhaltsleistung für den Sorgeberechtigten dann nicht mehr planwidrig sei und ihn nicht zu Ersatzleistungen nach § 1607 BGB nötige, die er sonst nicht erbracht hätte. Es sei auch nicht nachgewiesen, dass der Vater der Kläger nicht leistungsfähig gewesen sei. Mithin könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Vergleich nur mit Blick auf eine fehlende Leistungsfähigkeit geschlossen worden sei.

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Die Kläger haben am 8. März 2001 Klage erhoben. Der Abschluss des Vergleiches sei sinnvoll gewesen, weil ihr Vater ohnehin nicht leistungsfähig gewesen sei. Auf dem Haus ihrer Eltern hätten Kredite in Höhe von 650.000,-- DM geruht. Diese habe ihr Vater in Höhe von monatlich 2.196,-- DM getilgt und daneben noch in die Aussteuerversicherung des Klägers zu 1. eingezahlt. Monatliche Belastungen hätten damit in Höhe von 2.331,-- DM bestanden, ohne dass dabei verbrauchsabhängige Kosten für das gemeinsame Haus berücksichtigt seien. Das monatliche Nettoeinkommen des Vaters der Kläger habe 2.290,-- DM betragen. Zuzüglich des Wertes für das mietfreie Wohnen im eigenen Haus, der mit 600,-- DM anzusetzen sei, und monatlicher Mieteinnahmen in Höhe von 1.100,-- DM  sei von einem monatlichen Einkommen in Höhe von 3.900,-- DM auszugehen. Nach Abzug der Verbindlichkeiten sei ihrem Vater ein unter dem Selbstbehalt von 1.500,-- DM liegender Betrag verblieben. Auch ein Verkauf des Hauses hätte zu keinem anderen Ergebnis geführt, weil dieses lediglich einen Wert von 400.000 DM gehabt habe. Auch dann wäre ihr Vater wegen der verbliebenen Schulden nicht leistungsfähig gewesen. Das wäre auch dann der Fall gewesen, wenn ihre  Mutter die Hälfte der Tilgungsbeträge getragen hätte. Dann hätte sie nämlich in dieser Höhe gegenüber dem Vater der Kläger Anspruch auf Nutzungsentschädigung gehabt. Auch das Amtsgericht E. habe in dem von dem Land Niedersachsen geführten Prozess entschieden, dass der Vater der Kläger nicht leistungsfähig gewesen sei. Aus dem vor dem Oberlandesgericht Celle geschlossenen Vergleich lasse sich ersehen, dass der Beklagte seine Forderung gegen ihren Vater nicht habe durchsetzen können.

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Die Kläger beantragen,

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die Bescheide des Beklagen vom 19. April 1999 und vom 19. Juli 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Bezirksregierung Hannover vom 7. Februar 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihnen für die Zeit vom 1. Mai 1999 bis zum 31. Dezember 2000 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zu gewähren.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen die Ausführungen des Widerspruchbescheides. Weiter trägt er vor, es sei davon auszugehen, dass der Vater der Kläger zu anteiligen Unterhaltsleistungen in der Lage gewesen wäre, wenn die Tilgungsbeträge für die Hauslasten von beiden Elternteilen anteilig getragen worden wären. Es könne nicht zu Lasten der Kinder bzw. der öffentlichen Hand gehen, wenn die Eltern sich nicht über die Abwicklung der Hausschulden einigen könnten.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Dem Gericht hat weiter die Akte 3 a F 321/98 des Amtsgerichts E. vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Dabei muss sich die Einstellung der Leistungen durch den Beklagten nicht an §§ 44 ff SGB X messen lassen, denn sie stellt rechtlich nicht zugleich die Aufhebung der Bewilligungsbescheide vom 17. Dezember 1998 dar. Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz - UVG - sind keine rentengleiche wirtschaftliche Dauerleistung sondern sind vergleichbar den Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (VGH Baden - Württemberg, Urt. v. 9.12.1992  - 6 S 760/91 -; OVG Brandenburg, Beschl. v. 19.7.1996 - 4 A 196/95 - zit. nach Juris). Wie bei diesen (vgl. hierzu z.B. BVerwG, Urt. v. 18.1.1979 - 5 C 4.78 - BVerwGE 57, 237) müssen die Notwendigkeit der Leistung und die für die Leistungsgewährung maßgeblichen Verhältnisse von der leistenden Behörde ständig überprüft werden. Dies folgt aus dem Charakter der Leistungen als Vorschuss - oder Ausfallleistung. Das Gesetz sieht ein lediglich vorschussweises und zeitlich befristetes Eintreten der öffentlichen Hand zu Gunsten des Unterhaltsberechtigten anstelle des bürgerlich - rechtlich Unterhaltsverpflichteten für den Fall vor, dass dieser den Unterhalt nicht oder nicht regelmäßig leistet. Dabei sind Leistungen nach dem UVG immer nur zu gewähren, soweit und solange die Leistungsvoraussetzungen vorliegen (vgl. zum Vorst.: VGH Baden - Württemberg, Urt. v. 9.12.1992  - 6 S 760/91 -). Es sind auch keine Anhaltspunkte für die Annahme ersichtlich, der Beklagte habe mit den Bescheiden vom 17. Dezember 1998 abweichend von den oben dargestellten Grundsätzen die Leistungen für einen längeren Zeitraum bewilligen wollen (vgl. hierzu: NdsOVG, Beschl. v. 9.8.1995 - 12 M 5168/95 -).

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Die Kläger haben in der Zeit vom 1. Mai 1999 bis zum 31. Dezember 2000 keinen Anspruch auf Leistungen auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 - UVG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Januar 1994 (BGBl. I S. 165), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. 12. 1999 (BGBl. I S. 2671). Nach § 1 Abs. 1 UVG hat Anspruch auf Unterhaltsvorschuss - oder -ausfall - Leistung u.a. wer das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UVG), im Geltungsbereich des Gesetzes bei einem seiner Elternteile lebt, der ledig, verwitwet, geschieden ist oder von seinem Ehegatten getrennt lebt (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG), und nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt von dem anderen Elternteil mindestens in der in § 2 Abs. 1 und Abs. 2 bezeichneten Höhe erhält (§ 1 Abs. 1 Nr. 3a UVG), d.h. in der Höhe der Regelbeträge, wie sie nach der Regelbetrag - Verordnung (in der hier anwendbaren Fassung der ersten Verordnung zur Änderung der Regelbetrag - Verordnung vom 28.5.1999 BGBl. I S. 1100) jeweils gelten, abzüglich eines Betrages in Höhe der Hälfte des für ein erstes Kind zu zahlenden Kindergeldes, wenn der Elternteil, bei dem das Kind lebt, Anspruch auf volles Kindergeld hat. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 UVG sind dabei auch dann erfüllt, wenn der monatlich laufend gezahlte Unterhalt nicht die aus § 2 Abs. 1 und Abs. 2 UVG ersichtliche Höhe erreicht, etwa, weil der barleistungsverpflichtete Elternteil nur zur Zahlung eines geringeren monatlichen Betrages verpflichtet ist (Scholz, UVG, 4. Aufl. 1999, § 1 Rn. 18).

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Hieran gemessen können die Kläger in dem streitigen Zeitraum Leistungen nach § 1 Abs. 1 UVG nicht verlangen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3a UVG keine Leistungen von dem anderen Elternteil, ihrem Vater, erhalten haben. Dies folgt daraus, dass sich ihre Mutter gegenüber ihrem Vater verpflichtet hatte, Kindesunterhalt solange nicht geltend zu machen, wie der Vater der Kläger die gemeinsamen Schulden für das Familienheim abträgt. Die Mutter der Kläger hat durch den vor dem Amtsgericht E. am 27. Februar 1998 geschlossene Vergleich - wie bereits in ihrer handschriftlichen Erklärung aus dem Jahr 1996 - den Vater der Kläger wirksam von der Verpflichtung freigestellt, den Klägern Unterhaltsleistungen zu erbringen. Zwar kann nach § 1614 Abs. 1 BGB für die Zukunft auf Unterhalt nicht verzichtet werden. Rechtlich zulässig sind jedoch Vereinbarungen, wonach ein Elternteil den anderen von der Unterhaltspflicht freistellt (Palandt, BGB, 61. Aufl., § 1606 Rn. 21). Eine solche Freistellungsvereinbarung hatten die Eltern der Kläger für den hier streitigen Zeitraum vom 1. Mai 1999 bis zum 31. Dezember 2000 wirksam getroffen. Dies gilt auch mit Rücksicht auf die Regelung des § 7 UVG. Hiernach geht  der Anspruch in Höhe der Unterhaltsleistung auf das Land über, wenn der Berechtigte für die Zeit, für die ihm die Unterhaltsleistung nach dem UVG gezahlt wird, einen Unterhaltsanspruch gegen den Elternteil hat, bei dem er nicht lebt. Der Forderungsübergang findet jedoch erst in dem Zeitpunkt statt, in dem die Zahlung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz geleistet wird (BGH, Urt. v. 22.10.1997 - XII ZR 278/95 - FamRZ 1998, 357, zit. nach Juris), d.h. die Unterhaltsansprüche der Kläger in dem hier streitigen Zeitraum waren zum Zeitpunkt der Freistellung des Vaters der Kläger noch nicht auf das Land Niedersachsen übergegangen. Im Übrigen entfaltet eine derartige Freistellungsvereinbarung Wirkungen lediglich im Verhältnis der Eltern untereinander und lässt den Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber dem Barunterhaltspflichtigen unberührt. Dieser, hier der Vater der Kläger, erwirbt gegenüber dem übernehmenden Elternteil, hier der Mutter der Kläger, einen Anspruch auf Freistellung von der Unterhaltspflicht bzw. ggf. auf Erstattung, soweit er von dem Kind in Anspruch genommen wird (Palandt, BGB, 61. Aufl., § 1606, Rn. 21).

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Stellt der die Kinder betreuende Elternteil den anderen Elternteil von der Unterhaltspflicht frei, so steht dies im Rahmen des § 1 Abs. 1 Nr. 3a UVG einer Zahlung des Unterhalts durch den barunterhaltspflichtigen Elternteil gleich (vgl. auch VG Braunschweig, Urt. v. 20.6.1996 - 3 A 3013/96 - ZfJ 1998, 474). In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass der freistellende Elternteil den gesamten Unterhalt sicherstellt. Dies hat zur Folge, dass der Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber dem freigestellten Elternteil für die Vergangenheit durch Erfüllung erlischt (§§ 1612 Abs. 2, 267 BGB). Damit tritt ein durch Unterhaltsleistungen nach dem UVG auszugleichender Ausfall von Unterhalt nicht ein. Erhielte der betreuende Elternteil in einem derartigen Fall Leistungen nach dem UVG, so würde weiter das gesetzgeberische Ziel verfehlt, wonach derjenige Elternteil entlastet werden soll, der wegen des planwidrigen Ausbleibens von Unterhaltsleistungen auf Grund der erweiterten Einstandspflicht nach § 1607 BGB zusätzlich belastet wird. Stellt der die Kinder betreuende Elternteil den anderen Elternteil von der Unterhaltspflicht frei, so erfüllt der alleinerziehende Elternteil nicht eine erweiterte Leistungspflicht nach § 1607 BGB, sondern auf der Grundlage der mit dem anderen Elternteil getroffenen Vereinbarung eine freiwillig eingegangene Verpflichtung. Damit fallen die Unterhaltsleistungen für ihn nicht planwidrig aus. Es kann offen bleiben, ob etwas anderes gelten muss, wenn die Freistellung allein mit Rücksicht darauf erfolgte, dass der barleistungspflichtige Elternteil leistungsunfähig ist, so dass er für die Freistellung von der Unterhaltspflicht keine Gegenleistung erbringt (VG Braunschweig, Urt. v. 20.6.1996 - 3 A 3013/96 - ZfJ 1998, 474). So lag es hier nämlich nicht. Der Vater der Kläger hat für die Freistellung von der Unterhaltsverpflichtung eine Gegenleistung erbracht, indem er allein die gemeinsamen Verbindlichkeiten der Eltern der Kläger gegenüber mehreren Kreditinstituten in Höhe von monatlich 2.196,-- DM erfüllt hat. In Höhe der Hälfte dieses Betrages hat er die Mutter der Kläger damit finanziell entlastet. Es kann deswegen nicht davon ausgegangen werden, dass sie die Freistellungsvereinbarung nur deswegen geschlossen hat, weil sie von einer Leistungsunfähigkeit ihres ehemaligen Ehemannes ausgegangen ist. Hätte die Mutter der Kläger die Hälfte der Belastung getragen, wäre der Vater der Kläger auch nicht leistungsunfähig gewesen. Sein Nettoeinkommen betrug nach den Feststellungen des Amtsgerichts E. in dem Urteil vom 21. Juni 1999 2.557,53 DM. Hinzu kamen Mieteinkünfte in Höhe von 1.100,-- DM und der Wert des mietfreien Wohnens, den die Kläger selbst mit 600,-- DM beziffern. Damit hätte sein Einkommen 4.257,53 DM betragen. Abzüglich der Verbindlichkeiten in Höhe von 1.098,-- DM wäre ihm ein Betrag von 3.159,53 DM verblieben, der den Selbstbehalt von 1.500,-- DM deutlich überstiegen hätte.

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.