Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 31.03.2017, Az.: 2 AR (Ausl) 15/17

Rumänien; Auslieferung; Haftbedingungen; Haftraumgröße; Zusicherung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
31.03.2017
Aktenzeichen
2 AR (Ausl) 15/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2017, 54253
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Auslieferung eines Verfolgten nach Rumänien zur Strafvollstreckung aufgrund eines Europäischen Haftbefehls ist nach § 73 IRG unzulässig, wenn nicht sichergestellt ist, dass die dortigen Haftbedingungen den in Art. 3 EMRK verankerten menschenrechtlichen Mindestanforderungen genügen.
2. Den durch den EGMR mit Urteil der großen Kammer vom 20. Oktober 2016 (7334/13, Mursic/Kroatien) aufgestellten Kriterien zu der Frage, ob die Haftbedingungen im Ausstellungsmitgliedstaat Art. 3 EMRK genügen, kommt eine normativen Leitfunktion zu. Die in dem Urteil des Gerichtshofes aufgestellten Maßstäbe sind daher der Prüfung des Senates zugrunde zu legen (Anschluss OLG Celle, 1. Strafsenat, Beschluss vom 23.12.2016 - 1 AR (Ausl) 80/16 -; entgegen OLG Hamburg, Beschluss vom 03.01.2017, Ausl 81/16).
3. Danach stellt eine Haftraumgrundfläche von 3 m² pro Inhaftiertem bei Belegung eines Haftraumes mit mehreren Gefangenen das von Art. 3 EMRK verlangte Minimum dar. Die Unterschreitung dieses Minimalstandards begründet eine starke Vermutung für eine unmenschliche Behandlung.
4. Dieser Maßstab gilt sowohl für den geschlossenen Vollzug als auch für den halboffenen Vollzug, weil der Gefangene auch im halboffenen Vollzug eine signifikante Zeit des Tages in dem Haftraum eingeschlossen ist.
5. Um entgegen der Regelvermutung einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu verneinen, müssen drei (kompensatorische) Voraussetzungen kumulativ gegeben sein: Die Haftraummindestgröße von 3 m² pro Gefangenem darf nur kurzzeitig, gelegentlich und geringfügig unterschritten werden. Die Reduktion der Haftraummindestgröße muss mit ausreichender Bewegungsfreiheit außerhalb der Zellen und adäquaten Aktivitäten außerhalb der Hafträume einhergehen. Die betreffende Haftanstalt muss generell angemessen ausgestattet sein und darf es keine anderen den Gefangenen beschwerenden Haftumstände geben.

Tenor:

Die Auslieferung des Verfolgten an die rumänischen Justizbehörden zur Voll-streckung der in dem Europäischen Haftbefehl des Judecatoria Valenii de Munte vom 25. November 2016 (Aktenzeichen: 1539/331/2015) bezeichneten Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten ist nicht zulässig.

Der Auslieferungshaftbefehl des Senats vom 3. Februar 2017 wird aufgehoben. Der Verfolgte ist in dieser Sache aus der Haft zu entlassen.

Gründe

I.

Die rumänischen Justizbehörden betreiben auf Grundlage des Europäischen Haftbefehls des Judecatoria Valenii de Munte vom 25.11.2016 (Aktenzeichen: 1539/331/2015) die Auslieferung des Verfolgten zum Zwecke der Strafvollstreckung.

Ausweislich des in der SIS-Ausschreibung mitgeteilten Europäischen Haftbefehls wurde der Verfolgte durch Urteil des Judecatoria Valenii de Munte vom 12.02.2016 (Aktenzeichen: Strafurteil Nr. 35) wegen Raubes u. a. (Artikel 211, 228, 229 rumänisches Strafgesetzbuch) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Strafe ist noch nicht vollstreckt.

Das der Verurteilung vom 12.02.2016 zugrundeliegende Tatgeschehen wird ausweislich der SIS-Ausschreibung im Europäischen Haftbefehl dahingehend beschrieben, dass der Verfolgte am 08.12.2009 zusammen mit einer anderen Person unter Anwendung von Gewalt dem Geschädigten ein Mobiltelefon der Marke Nokia wegnahm und er am 19.03. und 21.03.2015 gemeinsam mit seinem Bruder in eine Immobilie eines oder einer Geschädigten einbrach und hieraus mehrere Güter entwendete.

Der Verfolgte wurde am 02.02.2017 in der Bundesrepublik Deutschland vorläufig festgenommen. Das Amtsgericht Uelzen hat am 02.02.2017 gemäß § 22 Abs. 3 Satz 2 IRG angeordnet, dass der Verfolgte bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts festzuhalten ist. Der Verfolgte hat bei seiner Anhörung durch das Amtsgericht Uelzen am 02.02.2017 erklärt, er sei mit einer vereinfachten Auslieferung nicht einverstanden (§ 41 Abs. 1 IRG).

Der Senat hat mit Haftbefehl vom 03.02.2017 die Auslieferungshaft gegen den Verfolgten angeordnet. Aufgrund dieses Auslieferungshaftbefehls befindet sich der Verfolgte seither in der Auslieferungshaft in der Justizvollzugsanstalt C.

Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat als zuständige Bewilligungsbehörde mit Ent-schließung nach § 79 Abs. 2 Satz 1 IRG vom 28.02.2017 erklärt, dass sie nicht beabsichtige, Bewilligungshindernisse geltend zu machen. Diese Entschließung ist dem Verfolgten in rumänischer Übersetzung am 02.03.2017 mit Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Woche zugesandt worden. Der Rechtsbeistand des Verfolgten hat mit Schreiben vom 14.03.2017 geltend gemacht, dass die Strafe wegen der gewaltsamen Wegnahme eines Handys für fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt worden sei. Die Bewährungszeit von fünf Jahren habe der Verfolgte erfolgreich durchgestanden. Er habe sich mit seinem Bewährungshelfer in Verbindung gesetzt, der ihm mitgeteilt habe, dass die Strafe erlassen worden sei.

Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat mit Zuschrift an den Senat vom 28.02.2017 beantragt, die Auslieferung des Verfolgten zum Zwecke der Strafvollstreckung wegen der in dem Europäischen Haftbefehl vom 25.11.2016 bezeichneten Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten wegen Raubes u. a. für zulässig zu erklären und Haftfortdauer anzuordnen.

II.

Dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft konnte nicht entsprochen werden.

1. Die Auslieferung des Verfolgten an die rumänischen Justizbehörden zur Voll-streckung der in dem Europäischen Haftbefehl des Judecatoria Valenii de Munte vom 25.11.2016 (Aktenzeichen: 1539/331/2015) bezeichneten Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten wegen Raubes u.a. ist nicht zulässig.

Der beantragten Zulässigkeitserklärung steht das Rechtshilfeverbot des § 73 IRG entgegen. Nach dieser Vorschrift ist – europarechtskonform (vgl. Erwägungsgründe 12 und 13 der Präambel zum Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl [RbEuHB] sowie Art. 1 Abs. 3 RbEuHB) – die Leistung von Rechtshilfe im Auslieferungsverkehr mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union unzulässig, wenn ihre Erledigung zu den in Art. 6 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) enthaltenen Grundsätzen im Widerspruch stünde. Dies aber ist vorliegend der Fall. Denn es ist nicht sichergestellt, dass die Haftbedingungen, die der Verurteilte im Falle seiner Auslieferung an Rumänien im dortigen Strafvollzug zu erwarten hat, den in Art. 3 EMRK verankerten menschenrechtlichen Mindestanforderungen genügen. Die Anforderungen, die Art. 3 EMRK normiert, gehören gemäß Art. 6 Abs. 3 EUV zu den von § 73 IRG in Bezug genommenen Grundsätzen des Art. 6 EUV (vgl. insofern OLG Saarbrücken, Beschluss vom 5.10.2016 – OLG Ausl 9/2016 [47/16]; OLG Stuttgart Beschluss vom 8.06.2016 – 1 Ausl. 321/15).

a)  Nach der Rechtsprechung des EuGH (EuGH, Urteil vom 5.04.2016 – C-404/15, C-659/15 PPU, NJW 2016, 1709) sind Europäische Haftbefehle gemäß Art. 1 Abs. 2 RbEuHB vom ersuchten Mitgliedstaat nach dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens prinzipiell zu vollstrecken. Lediglich ausnahmsweise kommt, um das dem RbEuHB zu Grunde liegende System der gegenseitigen Anerkennung und des freien Verkehrs strafrechtlicher justizieller Entscheidungen nicht zu konterkarieren, eine Ablehnung der Auslieferung in Betracht. Dies ist dann der Fall, wenn ein Verstoß gegen das – nicht nur in Art. 3 EMRK, sondern wortgleich auch in Art. 4 der EU-Grundrechtecharta aufgestellte – Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung droht. Bei der Prüfung, ob eine solche Gefahr besteht, ist nach dem vorgenannten Urteil des EuGH zweistufig vorzugehen.

aa) Hierbei ist zunächst zu klären, ob generell und abstrakt eine Gefahr menschenrechtswidriger Haftbedingungen im ersuchenden Staat besteht. Die Justizbehörden des ersuchten Staates haben zunächst zu prüfen, ob objektive, zuverlässige, genaue und gebührend aktualisierte Angaben für die Annahme systemischer oder allgemeiner, bestimmte Personengruppen oder bestimmte Haftanstalten betreffende Mängel der Haftbedingungen im ersuchenden Mitgliedstaat vorliegen. Diese Angaben können sich unter anderem aus Entscheidungen internationaler Gerichte (Urteilen des EGMR), aus Entscheidungen von Gerichten des ersuchenden Staates oder aus Entscheidungen, Berichten oder anderen Schriftstücken von Organen des Europarates oder aus dem System der Vereinten Nationen ergeben.

bb) Erst wenn danach tatsächliche Anhaltspunkte für menschenrechtswidrige Haftbedingungen vorliegen, ist nach dem vorgenannten Urteil des EuGH auf einer zweiten Prüfungsstufe einzelfallbezogen zu klären, ob die Haftbedingungen, die der konkrete Verfolgte im Falle seiner Auslieferung im ersuchenden Staat zu erwarten hat, menschenrechtswidrig sind oder nicht. Insofern sind Erklärungen des ersuchenden Staates und Zusicherungen hinsichtlich der Haftbedingungen einzuholen. Kann nach dem Ergebnis dieses Konsultationsverfahrens letztlich das Vorliegen einer „echten Gefahr“ menschenrechtswidriger Haftbedingungen im konkreten Einzelfall nicht (innerhalb einer angemessenen Frist) ausgeschlossen werden, muss die Auslieferung abgelehnt werden (näher zu diesem vom EuGH vorgegebenen Prüfungsmaßstab OLG Hamburg Beschluss vom 3.01.2017 – Ausl 81/16; OLG Bremen, Beschluss vom 30.06.2016 – 1 Ausl. A 23/15).

b) Die vom EuGH als Voraussetzung für die Statthaftigkeit und zugleich Notwendigkeit eines Eintritts in eine einzelfallbezogene Prüfung der Haftbedingungen im konkreten Auslieferungsfall verlangte allgemeine Besorgnis menschenrechtswidriger Haftbedingungen ist zu bejahen (so auch OLG Hamburg Beschluss vom 3.01.2017 – Ausl 81/16). Der Senat verweist insofern auf Entscheidungen des Oberlandesgerichts Bremen (OLG Bremen, Beschluss vom 30.06.2016 – 1 Ausl. A 23/15), des Oberlandesgerichts Stuttgart (OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.06.2016 – 1 Ausl. 6/16) und des Oberlandesgerichts Hamm (OLG Hamm, Beschluss vom 23.08.2016 – 2 Ausl 125/16) und des 1. Senats der Oberlandesgerichts Celle vom 02.03.2017 - 1 AR (Ausl) 99/16 -, mit denen jeweils die Auslieferung eines Verfolgten zum Zwecke der Strafvollstreckung an Rumänien für unzulässig erklärt wurde, weil eine Prüfung ergeben habe, dass ein den menschenrechtlichen Mindestanforderungen genügender Strafvollzug in Rumänien nicht gewährleistet sei. Hinzu kommt, dass der EGMR in einer Vielzahl von Entscheidungen die Haftbedingungen in rumänischen Justizvollzugsanstalten als EMRK-widrig beanstandet hat (zuletzt EGMR, Urteil vom 14.02.2017 – 14249/07, Lazar/Rumänien).

c) Mithin war vorliegend auf der zweiten Prüfungsstufe zu klären, welche Haftbedingungen der Verfolgte im Falle seiner Auslieferung konkret zu erwarten hat, und waren diesbezügliche Erklärungen und Zusicherungen der rumänischen Justiz einzuholen.

aa) Die rumänischen Justizbehörden haben der Generalstaatsanwaltschaft Celle auf deren Anfragen hin zunächst ein allgemeines Schreiben der Nationalen Verwaltung der Justizvollzugsanstalten vom 20.02.2017 (Az.: 21669/DSDRP) übermittelt. Ausweislich der Darlegungen in diesem Schreiben der Nationalen Verwaltung der Justizvollzugsanstalten wird in Rumänien zwischen vier Arten des Strafvollzuges differenziert: dem Hochsicherheitsvollzug, dem geschlossenen Vollzug, dem halboffenen Vollzug und dem offenen Vollzug. Bei der Entscheidung darüber, welchem Vollzugsregime ein Strafgefangener zugewiesen wird, würden primär die Dauer der Haftstrafe, aber auch die Gefährlichkeit des Verurteilten, seine Vorstrafen, sein Alter und sein Gesundheitszustand, das Verhalten des Verurteilten sowie weitere Kriterien berücksichtigt. Der Hochsicherheitsvollzug sei grundsätzlich vorgesehen für Personen, die zu einer lebenslangen oder dreizehn Jahre übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt wurden. In dieser Vollzugsform seien zudem gefährliche Gefangene untergebracht. Im geschlossenen Vollzug würden Gefangene grundsätzlich dann untergebracht, wenn sie eine Haftstrafe mit der Dauer von über drei und bis zu dreizehn Jahren zu verbüßen hätten. Der halboffene Vollzug sei grundsätzlich vorgesehen für Personen mit einer Haftstrafe von mehr als einem und bis zu drei Jahren. Der offene Vollzug sei grundsätzlich für Personen vorgesehen, die eine bis zu einem Jahr dauernde Haftstrafe zu verbüßen haben. Die Zuweisung zu einer Vollzugsform erfolge allerdings nicht nur nach Maßgabe der Haftdauer, sondern sei letztlich einzelfallabhängig. Die Zuweisung zu einer Vollzugsform erfolge durch einen Vollzugsausschuss, der seine Entscheidung am Ende eines dreiwöchigen Beobachtungszeitraumes treffe. Die Zuweisung am Ende der dreiwöchigen Beobachtungsphase zu Beginn der Haftzeit sei nicht endgültig. Vielmehr sei abhängig vom vollzuglichen Verhalten des Verurteilten ein Wechsel in eine restriktivere oder weniger restriktive Vollzugsform möglich.

In der Erklärung heißt es weiter, dass Strafgefangenen im geschlossenen Vollzug pro Person im Haftraum eine Fläche von 3 m² (einschließlich Bett und Möbel) zur Verfügung stehe. Im halboffenen und offenen Vollzug betrage diese Fläche 2 m². Die Hafträume verfügten über das notwendige Mobiliar, eine natürliche Belüftung und Beleuchtung sowie über eine Heizung. Die Gefangenen hätten ständigen Zugang zu Wasserversorgung und zu sanitären Einrichtungen. Der Verfolgte werde voraussichtlich seine Haftstrafe in einer Vollzugsanstalt in der Nähe seines Wohnortes verbüßen. Zur Vollzugsform konnten keine Angaben gemacht werden, da die Höhe der Strafe nicht mitgeteilt worden war.

In Reaktion auf diese Mitteilung der rumänischen Justiz hat die Generalstaatsanwaltschaft Celle mit Schreiben an die rumänischen Behörden vom 28.02.2017 um Mitteilung gebeten, ob konkrete Zusagen zur Vollzugsart und Haftanstalt möglich sind und um konkrete Angaben zur Ausgestaltung des Freigangs im halboffenen  und offenen Vollzug gebeten.

Daraufhin hat die rumänische Justiz der Generalstaatsanwaltschaft Celle ein ergänzendes Schreiben der Nationalen Verwaltung der Justizvollzugsanstalten vom 17.03.2017 (Az.: 21669/DSDRP) zu den Haftbedingungen übermittelt, die der Verfolgte im Falle seiner Auslieferung in Rumänien zu erwarten hat. Ausweislich dieses Schreibens würde der Verfolgte im Falle seiner Auslieferung zunächst für den üblichen dreiwöchigen „Quarantänezeitraum“ in der Justizvollzugsanstalt B. J. inhaftiert werden. Die dortigen Hafträume seien so groß, dass jedem Gefangenen eine Mindestraumfläche von 3 m² zur Verfügung stehe. Angesichts der Dauer der Haftzeit, die der Verfolgte zu verbüßen habe, und seines früheren Wohnortes in Rumänien (Kreis Br.) werde er im Anschluss an die „Quarantänezeit“ zunächst dem Haftregime des „geschlossenen Vollzuges“ zugewiesen und seine Haftstrafe jedenfalls zunächst in der Justizvollzugsanstalt M. vollstreckt werden. Die Hafträume in der Justizvollzugsanstalt M. verfügten über ausreichend große Fenster, die eine natürliche Beleuchtung und eine gute Belüftung der Zellen gewährleisteten. Ferner gebe es eine Zentralheizung und habe jeder Gefangene ein Einzelbett und eine Aufbewahrungsmöglichkeit für persönliche Sachen. Jeder Haftraum verfüge über eine räumlich abgetrennte Toilette. Während der Dauer des geschlossenen Vollzuges wird eine für den Verfolgten (anteilig) zur Verfügung stehende Haftraumgröße von 3 m² (einschließlich Bett und Möbeln) garantiert.

Allerdings sei eine Änderung des Vollstreckungsregimes möglich, abhängig unter anderem vom vollzuglichen Verhalten des Verfolgten und erforderlichen Behandlungs- und Beschäftigungsmaßnahmen. Die gesetzlichen Bestimmungen sähen vor, dass nach Vollstreckung von einem Fünftel der Haftstrafe eine Überprüfung der Zuweisung zu einem Vollstreckungsregime erfolge und dann gegebenenfalls eine Zuweisung des Verfolgten in eine andere Vollzugsform vorgenommen werde. Eine konkrete Vorhersage bezüglich des Verfolgten könne insofern nicht gemacht werden, weil zum einen die Entscheidung über eine Änderung der Vollzugsform von einer unabhängigen Kommission getroffen werde und zum anderen die Entscheidung vom bis dahin gezeigten Verhalten des Verfolgten im Strafvollzug abhängig sei.

Sollte der Verfolgte nach Vollstreckung von einem Fünftel der Haftzeit in den halboffenen Vollzug überführt werden, dann werde er in die Abteilung für den halboffenen Vollzug der Justizvollzugsanstalt P. verlegt werden. Die dortigen Hafträume verfügten über Betten und Bettsachen für jeden Inhaftierten, eigene Belüftung, natürliche und künstliche Beleuchtung sowie einen Toilettenraum mit WC, Waschbecken und Dusche. Die Hafträume seien im halboffenen Vollzug tagsüber geöffnet, ein Einschluss erfolge nur während der nächtlichen Ruhezeit und zur Einnahme der Mahlzeiten. Während des Aufschlusses könnten sich die Gefangenen in der Justizvollzugsanstalt frei bewegen und sich auch im Freien aufhalten; es gebe Spazierhöfe, Freizeiträume, einen Fitnessraum und einen Sportplatz. Während der Dauer des halboffenen Vollzuges wird eine für den Verfolgten (anteilig) zur Verfügung stehende Haftraumgröße von 2 m² (einschließlich Bett und Möbeln) garantiert.

bb) Diese Zusicherungen genügen nicht (ebenso für vergleichbare Fallkonstellationen bereits OLG Celle, Beschluss vom 23.12.2016 – 1 AR (Ausl) 80/16; OLG Celle, Beschluss vom 22.12.2016 – 1 AR (Ausl) 59/16 sowie OLG Bremen, Beschluss vom 30.06.2016 – 1 Ausl. A 23/15; OLG Hamm, Beschluss vom 23.08.2016 – 2 Ausl 125/16; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.06.2016 – 1 Ausl. 6/16; 1. Senat des Oberlandesgerichts Celle vom 02.03.2017 - 1 AR (Ausl) 99/16 -).

Zwar verkennt der Senat nicht, dass Rumänien in der Vergangenheit auf die an den Haftbedingungen in seinen Gefängnissen geäußerte Kritik reagiert hat und durch die Neuschaffung von Haftplätzen bzw. die Renovierung vorhandener Haftanstalten auf dem Wege zur Schaffung konventionsgerechter Ausgestaltung des Vollzuges von Freiheitsstrafen deutlich vorangekommen ist. Wie aus den dem Senat in dieser Sache vorliegenden Auskünften der rumänischen Justizbehörden zu entnehmen ist, genügt die für den Verfolgten voraussichtlich zu erwartende Ausgestaltung des Freiheitsentzuges im halboffenen Vollzug diesen Anforderungen jedoch nicht.

aaa)  Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seiner ständigen Rechtsprechung, die erst im Oktober 2016 durch eine Grundsatzentscheidung der großen Kammer des Gerichts (EGMR, Urteil der großen Kammer vom 20.10.2016 - 7334/13, Mursic/Kroatien, Rdnr. 91 ff.) bestätigt und konkretisiert worden ist, sowie in seiner Entscheidung vom 14.02.2017 (EGMR, Urteil vom 14.02.2017 - 14249/07, Lazar/Rumänien, Rdnr. 36) die Prüfungsmaßstäbe dafür aufgestellt, unter welchen Umständen eine starke Vermutung für eine unmenschliche Behandlung während des Strafvollzuges anzunehmen ist und zugleich klargestellt, dass diese Vermutung im Einzelfall im Hinblick auf bestimmte kompensatorische Maßnahmen widerlegt werden kann.

Nach der durch die Große Kammer des Gerichtshofs (EGMR, Urteil der Großen Kammer vom 20. Oktober 2016 – 7334/13, Muršić/Kroatien, Rn. 122 ff.) bestätigten und konkretisierten Rechtsprechung des EGMR liegt zwar nicht zwingend ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK vor, wenn die Haftraumgröße einer mit mehreren Gefangenen belegten Zelle geringer ist als 3 m² pro dort untergebrachtem Gefangenen, sondern stellt eine Unterschreitung dieses Minimalstandards lediglich eine starke Vermutung für eine unmenschliche Behandlung dar, die im Einzelfall im Hinblick auf kompensatorische Maßnahmen widerlegt werden kann (vgl. nur EGMR, Urteil vom 14.02.2017 – 14249/07, Lazar/Rumänien, Rn. 36; EGMR, Urteil der Großen Kammer vom 20.10. 2016 – 7334/13, Muršić/Kroatien, Rn.137).

Nach jüngster Rechtsprechung des EGMR (EGMR, Urteil vom 14. Februar 2017 – 14249/07, Lazar/Rumänien, Rn. 36; EGMR, Urteil der Großen Kammer vom 20. Oktober 2016 – 7334/13, Muršić/Kroatien, Rn. 138) kann bei Unterschreitung der Mindesthaftraumgröße von 3 m² pro Gefangenem aber nur dann entgegen der Regelvermutung ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK ausnahmsweise verneint werden, wenn zur Kompensation dieser Unterschreitung drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen:

(1) Die Haftraummindestgröße von 3 m² pro Gefangenem darf nur kurzzeitig, gelegentlich und geringfügig unterschritten werden („the reductions in the required minimum personal space of 3 sq. m are short, occasional and minor“). (2) Die Reduktion der Haftraummindestgröße muss einhergehen mit ausreichender Bewegungsfreiheit außerhalb der Zellen und adäquaten Aktivitäten außerhalb der Hafträume („such reductions are accompanied by sufficient freedom of movement outside the cell and adequate out-of-cell activities“). (3) Die betreffende Haftanstalt muss generell angemessen ausgestattet sein und darf es keine anderen den Gefangenen beschwerenden Haftumstände geben („the applicant is confined in what is, when viewed generally, an appropriate detention facility, and there are no other aggravating aspects of the conditions of his or her detention“).

Die vorgenannten Maßstäbe gelten sowohl für den geschlossenen Vollzug als auch für den halboffenen Vollzug. Dass der Vollzug „halboffen“ ist, bedeutet eben auch, dass er halb geschlossen ist. Zwar ist die Entscheidung des EGMR (EGMR, Urteil vom 14. Februar 2017 – 14249/07, Lazar/Rumänien) zum geschlossenen Vollzug ergangen, der Gerichtshof hat jedoch deutlich gemacht (vgl. auch EGMR, Urteil der Großen Kammer vom 20. Oktober 2016 – 7334/13, Muršić/Kroatien Rdnr. 162), dass er diese Grundsätze auch auf Vollzugsformen angewendet wissen will, in denen der Gefangene nur eine signifikante Zeit des Tages („a significant proportion of the day“) in dem Haftraum eingeschlossen ist. Der Übertragbarkeit der genannten Maßstäbe auch auf den halboffenen Vollzug steht auch nicht entgegen, dass durch den Umstand, dass die Gefangenen tagsüber mehrere Stunden außerhalb des Haftraums verbringen dürfen, von vorn herein die Unterschreitung der jedem Gefangenen zur Verfügung stehende Mindesthaftraumfläche kompensiert wäre. Denn zum einen soll nach den gegenwärtigen europäischen Mindeststandards, wie sie vom Europäischen Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe des Europarats („CPT“) formuliert worden sind, bereits Gefangenen, die nicht in überbelegten Hafträumen untergebracht sind, pro Tag über einen Zeitraum von mindestens acht Stunden Bewegungsfreiheit außerhalb der Haftzellen gewährleistet werden (vgl. EGMR, Urteil vom 14.02.2017 – 14249/07, Lazar/Rumänien, Rn. 44; EGMR, Urteil der Großen Kammer vom 20.10.2016 – 7334/13, Muršić/Kroatien, Rn. 48; EGMR, Urteil vom 24.10.2012 – 35972/05, Iacov Stanciu/Rumänien, Rn. 121). Zum anderen hat der EGMR die Möglichkeit von Aktivitäten außerhalb des Haftraums gerade nur als eine Voraussetzung für die Kompensation angesehen, die neben den beiden anderen kumulativ erfüllt sein muss.

Es steht auch außer Frage, dass die Zeit, die der Verfolgte im halboffenen Vollzug im Haftraum eingeschlossen sein würde, signifikant im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist. Nach der Auskunft der rumänischen Behörden werden die Hafträume während der Einnahme der Mahlzeiten und während der nächtlichen Ruhezeit verschlossen. Das bedeutet aber, dass der Gefangene sich auch im halboffenen Vollzug einen erheblichen Teil des Tages in dem unzureichend großen Haftraum aufzuhalten hat.

Demgegenüber hatte der Senat nicht darüber zu entscheiden, ob die Anforderungen des Gerichtshofes an die jedem Gefangenen zur Verfügung stehende Mindesthaftraumfläche auch auf die Vollzugsform des offenen Vollzuges zu übertragen ist, da diese Vollzugsform für den hier Verfolgten nicht in Rede steht.

Zwar bestehen danach keine Anhaltspunkte für EMRK-widrige Haftbedingungen, soweit der Verfolgte im Anschluss an den obligatorischen dreiwöchigen Beobachtungszeitraum zunächst und jedenfalls für das erste Fünftel seiner Haftzeit im geschlossenen Vollzug untergebracht werden soll. Hinsichtlich der Unterbringung im Haftregime des geschlossenen Vollzugs liegt eine detaillierte Erklärung der rumänischen Behörden vor, der eine insofern menschenrechtskonforme Inhaftierung zu entnehmen ist, wobei es nicht auf die Zusage einer Inhaftierung in einer namentlich genannten Haftanstalt, sondern auf die konkrete Zusicherung menschenrechtskonformer Haftbedingungen ankommt. Nach dieser Zusicherung würde der Verfolgte im geschlossenen Vollzug in einem Haftraum mit anderen Gefangenen untergebracht werden, der so groß ist, dass die Raumfläche pro Gefangenem bei mehr als 3 m² liegt. Zudem haben die rumänischen Behörden für die Inhaftierung im geschlossenen Vollzug hinreichende Belüftung, Beleuchtung, Heizung und sanitäre Anlagen zugesichert.

Jedoch ist in Rechnung zu stellen, dass der Verfolgte möglicherweise nach Ablauf von einem Fünftel seiner Haftzeit in den halboffenen Vollzug verlegt werden wird. Dabei handelt es sich nach den dem Senat vorliegenden Informationen der rumänischen Justiz nicht nur um eine rein theoretische Möglichkeit, die außer Betracht bleiben könnte. Vielmehr hat der Verfolgte die realistische Chance, nach einiger Zeit in das gelockerte Haftregime des halboffenen Vollzuges verlegt zu werden. Die Haftbedingungen, die der Verurteilte dann zu erwarten hat, lassen indes nach den von der rumänischen Justiz übermittelten Informationen eine Unvereinbarkeit mit Art. 3 EMRK ernstlich besorgen. Denn die Mindesthaftraumfläche, die jedem Gefangenen im halboffenen Vollzug in mit mehreren Gefangenen belegten Hafträumen zur Verfügung steht und die auch der Verfolgte dort zu erwarten hat, beträgt lediglich 2 m² und liegt damit unterhalb der vom EGMR für eine Vereinbarkeit mit Art. 3 EMRK geforderten 3 m².

Die Voraussetzungen, nach denen ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK trotz Unterschreitung der Haftraummindestgröße von 3 m² pro Gefangenem ausnahmsweise verneint werden kann, sind vorliegend jedoch für das Haftregime des halboffenen Vollzugs nicht erfüllt.

bbb)  Nach den dem Senat übermittelten Informationen der rumänischen Justiz ist die Unterschreitung der Haftraummindestgröße im Haftregime des halboffenen Vollzuges nicht auf einen kurzen Zeitraum etwa für die Dauer einer Verlegung oder vorübergehenden Überbelegung eines Haftraums beschränkt, sondern grundsätzlich auf die gesamte Dauer der Vollstreckung der (anteiligen) Strafe im halboffenen Vollzug angelegt. Die Gewährleistung einer Haftraummindestgröße von lediglich 2 m² pro Gefangenem stellt zudem eine nicht nur geringfügige Unterschreitung des Minimalstandards dar, denn hiernach stehen dem Gefangen dauerhaft nur Zwei Drittel der nach der Rechtsprechung des EGMR als Mindeststandart bezeichneten Fläche von 3 m² zur Verfügung.

Ist bereits diese Voraussetzung zur Kompensation der Unterschreitung der Haftraummindestgröße nicht erfüllt, erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob die zu geringe Raumfläche pro Gefangenem durch besonders lange Aufschlusszeiten, etwa durch einen Einschluss nur zur Zeit der üblichen Nachtruhe, kompensiert wird.

Unter Berücksichtigung der beschrieben Abläufe und Festlegungen der rumänischen Behörden ist eine verbindliche individuelle Zusicherung besserer Haftbedingungen nicht (mehr) zu erwarten und die in Rede stehende Erklärung vom 17.03.2017 vielmehr als abschließende Stellungnahme der Nationalen Verwaltung der Justizvollzugsanstalten in Rumänien zu beurteilen.

ccc) Die Rechtsprechung des EGMR entfaltet auch Bindungswirkung für die vorliegend zu treffende Entscheidung des Senates.

Der innerstaatliche Rang der Europäischen Menschenrechtskonvention entspricht dem eines Bundesgesetzes. Die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle sind völkerrechtliche Verträge. Die Konvention überlässt es den Vertragsparteien, in welcher Weise sie ihrer Pflicht zur Beachtung der Vertragsvorschriften genügen (vgl. BVerfGE 111, 307, 316 [BVerfG 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04] m. w. N.). Der Bundesgesetzgeber hat den genannten Übereinkommen jeweils mit förmlichen Gesetz gemäß Artikel 59 Abs. 2 GG zugestimmt (Gesetz über die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 07.08.1952; Neubekanntmachung der Konvention in der Fassung des 11. Zusatzprotokolls in Bundesgesetzblatt 2, 2002 S. 1054). Damit hat der Gesetzgeber einen entsprechenden Rechtsanwendungsbefehl erteilt. Innerhalb der deutschen Rechtsordnung stehen die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle - soweit sie für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten sind - im Rang eines Bundesgesetzes (vgl. BVerfGE 74, 358, 370; 82, 106, 120).

Die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention besitzen darüber hinaus verfassungsrechtliche Bedeutung, indem sie die Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes beeinflussen (vgl. BVerfGE 128, 326 ff.). Der Konventionstext und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dienen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf der Ebene des Verfassungsrechts als Auslegungshilfen für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes, sofern dies nicht zu einer - von der Konvention selbst nicht gewollten - Einschränkung oder Minderung des Grundrechtsschutzes nach dem Grundgesetz führt.

Die Heranziehung der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des EGMR als Auslegungshilfe auf der Ebene des Verfassungsrechts über den Einzelfall hinaus dient dazu, den Garantien der Menschenrechtskonvention in der Bundesrepublik Deutschland möglichst umfassend Geltung zu verschaffen (vgl. BVerfGE 128, 326 ff.). Hierbei müssen die Fachgerichte bei der Auslegung der einschlägigen Konventionsbestimmungen die Rechtsprechung des EGMR berücksichtigen, weil sich in ihr der aktuelle Entwicklungsstand der Konvention und ihrer Protokolle niederschlägt. Urteile, die gegenüber anderen Vertragsstaaten ergangen sind, binden zwar nicht die Bundesrepublik Deutschland (vgl. Art. 46 EMRK). Der Auslegung der Konvention durch den Gerichtshof ist jedoch über den entschiedenen Einzelfall hinaus eine normative Leitfunktion beizumessen, an der sich die Vertragsparteien zu orientieren haben (BVerfG DVBl 2007, 248 ff.). So sind die vom EGMR in seiner Abwägung berücksichtigten Aspekte in die rechtliche Würdigung, namentlich in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzubeziehen und es hat eine Auseinandersetzung mit dem vom Gerichtshof gefundenen Abwägungsergebnissen stattzufinden (BVerfG NVBZ 2004, 952 f.; BVerfGE 111, 307 ff.; BVerfG DVBl 2007, 248 ff.). Bei der Berücksichtigung von Entscheidungen des EGMR haben die staatlichen Organe die Auswirkungen auf die nationale Rechtsordnung in ihre Rechtsanwendung einzubeziehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um ein in seinen Rechtsfolgen ausbalanciertes Teilsystem des innerstaatlichen Rechts handelt, das verschiedene Grundrechtspositionen miteinander zum Ausgleich bringen will (vgl. BVerfGE 111, 307 ff. [BVerfG 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04]).

Nach diesen Maßstäben sieht sich der Senat an die vom EGMR aufgestellten Grundsätze zur Frage der menschenrechtswidrigen Behandlungen während der Strafhaft gebunden. Die vorzunehmende Abwägung ergibt, dass durch die Auslegung der Konvention durch den EGMR auf das nationale Recht nicht in spezifische innerstaatliche Regelungen eingegriffen wird, die sich auf Besonderheiten des deutschen Rechts beziehen oder mit denen im Rahmen eines ausbalanciertes Teilsystem des innerstaatlichen Rechts verschiedene Grundrechtspositionen miteinander zum Ausgleich gebracht werden sollen. Soweit das Oberlandesgericht Hamburg vertritt, die Anwendung der Auslegung der Konvention durch den EGMR führe zu Ergebnissen, die den Zielen der Europäischen Union und namentlich einer wirksamen innereuropäischen Strafrechtspflege erkennbar diametral entgegen liefen (OLG Hamburg, Beschluss vom 03.01.2017 - Ausl 81/16 -) und letztlich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung die mit dem vorgenannten Urteil der Großen Kammer des EGMR vom 20.10.2016 aufgestellten konkreten Prüfungsmaßstäbe, die auch von der deutschen Rechtsprechung zu beachten sind (vgl. insofern BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004 – 2 BvR 1481/04, BVerfGE 111, 307 f.), nur eingeschränkt zur Anwendung bringen will, vermag der Senat dem nicht zu folgen (so bereits OLG Celle, 1. Strafsenat, Beschlüsse vom 02.03.2017 - 1 AR (Ausl) 99/16 und vom 28.02.2017 - 1 AR (Ausl) 108/16). Der von dem OLG Hamburg herangezogene Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens vermag auch mit Blick auf das Ziel einer wirksamen innereuropäischen Strafrechtspflege die Gewährleistungen der Menschenrechtskonvention nicht zu suspendieren; vielmehr setzt der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens die Durchsetzung der Gewährleistungen der Menschenrechtskonvention gerade voraus, indem er auf die allseitige Beachtung und Durchsetzung der Menschenrechte in den Staaten der Europäischen Union gründet. Zudem handelt es sich bei der innereuropäischen Strafrechtspflege und der innereuropäischen Rechtshilfe in Strafsachen nicht um eine im Sinne der Entscheidung der BVerfG vom 14.10.2004 (BVerfGE 111, 307 ff.) ausbalanciertes Teilsystem des innerstaatlichen Rechts, auf das die Anwendung der Auslegung der Konvention durch den Gerichtshof fraglich sein könnte.

 2. Aufgrund der festgestellten Unzulässigkeit der Auslieferung des Verfolgten nach Rumänien ist zugleich die Grundlage für den förmlichen Auslieferungshaftbefehl des Senats entfallen, sodass dieser aufzuheben war (§ 24 Abs. 1 IRG). Der Verfolgte ist daher unverzüglich in vorliegender Sache aus der Auslieferungshaft zu entlassen.