Landgericht Oldenburg
Beschl. v. 15.04.1997, Az.: 8 T 388/97
Beschwerde des Bezirksrevisors gegen pauschale Aufwandsentschädigung des Betreuers ; Beginn des Fristlaufs der Dreimonatsfrist bei Beendigung der Betreuung ; Abstellen auf Beendigung der Betreuertätigkeit für einen Entschädigungsanspruch; Erlöschen von Ansprüchen des Betreuers drei Monate nach Beendigung der Tätigkeit
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 15.04.1997
- Aktenzeichen
- 8 T 388/97
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1997, 24219
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:1997:0415.8T388.97.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Brake - 31.05.1996
- AG Brake - 14.06.1995
Rechtsgrundlagen
- § 1836a S. 4 BGB
- § 1835 Abs. 4 S. 2 BGB
- § 16 Abs. 2 ZuSEG
Fundstellen
- FamRZ 1997, 1350 (Volltext mit amtl. LS)
- Rpfleger 1997, 436 (Volltext mit amtl. LS)
Tenor:
In dem Betreuungsverfahren wird die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts Brake vom 14. Juni 1995 und 31. Mai 1996 zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
Mit den angefochtenen Beschlüssen hat das Amtsgericht der Betreuerin gemäß § 1836 a BGB eine pauschale Aufwandsentschädigung zugesprochen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Bezirksrevisors, der geltend macht, die Betreuerin habe ihre Anträge auf Zahlung einer Aufwandsentschädigung in beiden Fällen nicht innerhalb einer Frist von 3 Monaten nach Ablauf des Berichtsjahres gestellt. Er beruft sich insoweit auf die ständige Rechtsprechung der Kammer seit dem Beschluß vom 8. Juni 1995 (8 T 376/95).
Die gemäß §§ 1836 a Satz 4, 1835 Abs. 4 Satz 2 BGB i.Verb.m. § 16 Abs. 2 ZuSEG zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Kammer gibt nach erneuter Überprüfung der Rechtslage ihre bisher vertretene Ansicht auf und schließt sich jetzt der in Rechtsprechung und Literatur inzwischen überwiegenden Meinung an, daß die Dreimonatsfrist erst bei Beendigung der Betreuung zu laufen beginnt.
§ 1836 a Satz 4 BGB verweist über § 1835 Abs. 4 Satz 2 BGB auf § 15 Abs. 2 ZuSEG. Für den Lauf der Frist von 3 Monaten ist danach entscheidend, was betreuungsrechtlich mit den Worten "nach Beendigung der Zuziehung" gemeint ist. Das Gesetz und auch die Gesetzesbegründung geben darüber keine Auskunft. Wenn jedoch für den Betreuer das gelten soll, was für den Zeugen gilt, so erscheint es konsequent, auf das Ende der betreuungsrechtlichen Tätigkeit abzustellen, denn erst dann ist die "Zuziehung" beendet. Von der Bestellung bis zum Abschluß des Betreuungsverfahrens ist der Betreuer im Rahmen eines einheitlichen gerichtlichen Auftrages tätig; er wird in seinem Amt gerade nicht jährlich neu bestätigt.
Zutreffend hat das Landgericht Hildesheim (Nds.Rpfl. 1995, 109) auch darauf hingewiesen, daß die in § 1836 a BGB enthaltene Fälligkeitsregelung lediglich dahingehend zu verstehen ist, daß vor Ablauf eines Jahres keine Entschädigung verlangt werden kann, also etwa eine monatliche Liquidation ausgeschlossen werden soll. Die von der Kammer bisher vertretene Auffassung, damit habe der Gesetzgeber zugleich auch eine Aussage über den Beginn der Dreimonatsfrist treffen wollen, wird nicht mehr aufrechterhalten.
Für die Entscheidung, auf die Beendigung der Betreuertätigkeit abzustellen, sprechen auch Billigkeitserwägungen. Soweit dem Gericht bekannt, erfolgt eine Belehrung der Betreuer über eine wie auch immer zu beachtende Dreimonatsfrist etwa im Rahmen des Verpflichtungsgespräches oder bei Anforderung der jährlichen Berichte nicht überall. Vom Betreuer selbst kann und darf man nicht erwarten, daß er sich über die Rechtslage informiert. Das Gesetz ist schon seinem Wortlaut nach für den Laien unverständlich. Der Meinungsstreit in Literatur und Rechtsprechung bewirkt eine weitere Verunsicherung. Gerade vor dem Hintergrund eines ehrenamtlichen Engagements wäre es deshalb unbillig, mit einer umstrittenen Interpretation des Gesetzes Ansprüche eines Betreuers schon während eines noch laufenden Verfahrens auszuschließen.
Die Kammer wird deshalb künftig davon ausgehen, daß Ansprüche des Betreuers gemäß § 1836 a BGB erst 3 Monate nach Beendigung der Tätigkeit erlöschen (so auch LG Koblenz, BtPrax 1995, 148; LG Hildesheim a.a.O.; LG Köln 6 T 499/95; LG Stuttgart 10 T 156/95; LG Hannover FamRZ 1995, 1377 [LG Hannover 03.11.1994 - 20 T 75/94]; Zimmermann, Rechtspfleger 1996, 9 m.w.Nachw.).
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 16 Abs. 5 ZuSEG, 13 a FGG.
Meyer
Kopka-Paetzke