Landgericht Oldenburg
Urt. v. 27.06.1997, Az.: 6 O 3627/94
Bestimmung der Höhe der Telefonrechnungen durch Schätzung des Gerichts ; Beweis des ersten Anscheins der Aufzeichnung der Gebühreneinheiten; Ausschluss des Einsatzes von Dialern für eine Manipulationsmöglichkeit von Telekommunikationseinrichtungen
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 27.06.1997
- Aktenzeichen
- 6 O 3627/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 24221
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:1997:0627.6O3627.94.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Bremen - 08.12.1994 - AZ: 29 3 B 4709/94
Rechtsgrundlage
- § 287 ZPO
Fundstelle
- NJW-RR 1998, 1365-1366 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Gebührenforderung
In dem Rechtsstreit
hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 30.05.1997
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...,
die Richterin ... und
den Richter ...,
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.)
Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Bremen vom 08.12.1994 - Az.: 29 3 B 4709/94 - wird aufrechterhalten, soweit der Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 750,- DM zuzüglich 8 % Zinsen für die Zeit vom 13.5.1994 bis zum 19.7.1994 sowie 6,75 % Zinsen seit dem 20.7.1994 zu zahlen; im übrigen wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen.
- 2.)
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- 3.)
Das Urteil ist für die Klägerin ohne Sicherheitsleistung, für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500,- DM vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 750,- DM abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten über angeblich überhöhte Telefonrechnungen.
Dem Beklagten wurde auf Antrag ab dem 23.8.1993 ein Telefonanschluß zur Verfügung gestellt. Zu der damaligen Zeit lebte er in Wilhelmshaven in einem Mehrfamilienhaus mit seiner 6-jährigen Tochter. Seine damalige Lebensgefährtin hielt sich nur zeitweise in der Wohnung auf. Für die Zeit vom 23.8. bis 31.8.1993 wurden 236 Telefoneinheiten registriert, vom 31.8. bis 29.9.1993 509 Telefoneinheiten. Die entsprechenden Rechnungen der Klägerin wurden beglichen. In der Folgezeit entwickelten sich die aufgezeichneten Telefoneinheiten und die sich daraus ergebenden Rechnungsbeträge wie folgt: Vom 29.9. bis 28.10.1993 wurden 5.326 Telefoneinheiten registriert, so daß sich ein Rechnungsbetrag inclusive der Anschlußgebühren und der Miete für das Telefon in Höhe von 1.251,18 DM ergab. Für den Zeitraum vom 28.10. bis 1.12.1993 wurden 24.284 Telefoneinheiten aufgezeichnet, wodurch sich ein Rechnungsbetrag in Höhe von 5.626,52 DM ergab. Vom 1.12.1993 bis 4.1.1994 wurden 5.157 Telefoneinheiten registriert mit einer sich daraus ergebenden Rechnung in Höhe von 1.227,31 DM. Der Zeitraum vom 4.1. bis 2.2.1994 ergab 8.860 Telefoneinheiten mit einem Rechnungsbetrag von 2.079,- DM. Für den Zeitraum vom 2.2. bis 3.3.1994 sind 3.399 Telefoneinheiten mit einem Rechnungsbetrag von 807,97 DM angefallen. Bis zur Gesamtabrechnung am 13.4.1994 sind noch weitere Anschlußgebühren und Kosten in Höhe von 63,53 DM entstanden, so daß insgesamt ein Betrag in Höhe von 11.055,51 DM offen geblieben ist. Sämtliche Rechnungen für den Zeitraum seit dem 29.09.1993, die jeweils mit dem Zugang fällig waren, blieben unbezahlt.
Aufgrund des enormen Anstiegs der Telefoneinheiten im Oktober 1993 schaltete die Klägerin von sich aus eine automatische Zählvergleichseinrichtung ein, wodurch in der Zeit vom 9. bis 18.11.1993 alle auf den Anschluß des Beklagten laufenden Gespräche registriert wurden. Es wurden 6.329 Telefoneinheiten aufgezeichnet, die bei einem Vergleich mit dem amtlichen Einheitenzähler mit dem dortigen Zählerstand übereinstimmten. Der Beklagte reklamierte die seiner Ansicht nach zu hohe Telefonrechnung am 22.11.1993. Im Dezember 1993 und Januar 1994 erfolgte eine sogenannte Vollprüfung durch die Klägerin. Dabei wurden sämtliche technischen Einrichtungen, die für die Tarifeinheitenzählung verantwortlich sind, überprüft. Außerdem wurden Aufzeichnungen über aufgetretene Störungen und ausgeführte Arbeiten am Leitungsnetz kontrolliert. Bei dieser Überprüfung wurden keinerlei Mängel der technischen Anlagen festgestellt. Auch eine Überprüfung des Betriebssicherheitsdienstes am 21.2.1994 blieb ohne Ergebnis. Weder am Endverzweiger im Keller der Wohnung noch an dem sich vor dem Haus befindlichen Kabelverzweiger und an dem an der Rückseite des Hauses sich befindlichen Anschlußpunkt zwischen Hauptleitung und Verteiler wurden irgendwelche Manipulationsspuren entdeckt. Eine erneute Zählervergleichseinrichtung vom 21.12.1993 bis 18.1.1994 ergab ebenfalls eine Übereinstimmung mit dem amtlichen Gebührenzähler. Am 10.2.1994 verhängte die Klägerin eine Teilsperre, d.h. der Beklagte konnte nunmehr nur noch Anrufe entgegennehmen, nicht aber selbst telefonieren. Der Zählerstand betrug zu diesem Zeitpunkt 48.290 Telefoneinheiten und blieb in der Folgezeit unverändert. Am 28.3.1994 sprach die Klägerin die fristlose Kündigung aus. Im Rahmen der Auswertung der Zählervergleichseinrichtungen stellte die Klägerin fest, daß die hohen Telefoneinheiten im wesentlichen auf Auslandsverbindungen bzw. auf die Anwahl inländischer Servicedienste zurückzuführen sind.
Der Beklagte wohnt nunmehr in .... Beim auf den Namen der jetzigen Ehefrau der Beklagten angemeldeten Fernmeldeanschluß ergaben sich ebenfalls Beanstandungen gegen die Telefonrechnungen. Eine Überprüfung dieses Anschlusses führte zu dem Ergebnis, daß auch dort inländische Servicedienste angewählt wurden.
Die Klägerin behauptet, die angefallenen Telefoneinheiten und die daraus resultierenden hohen Telefonrechnungen seien auf ein entsprechendes Telefonverhalten des Beklagten zurückzuführen. Ein "Hacken" habe es in der fraglichen Zeit nicht gegeben. Soweit dies früher einmal vorgekommen sei, sei dies nur zu Lasten der Klägerin, nie jedoch zu Lasten eines Privatkunden erfolgt. Dies sei technisch auch nicht denkbar. Im übrigen sei es weder bei der Anschlußvorgängerin im gleichen Haus noch bei der Nachfolgerin, der der Anschluß nach einer Pause von einem Jahr unter einer anderen Adresse zugeteilt worden sei, zu Auffälligkeiten gekommen.
Auf Antrag der Klägerin ist am 8.12.1994 ein Vollstreckungsbescheid ergangen, durch den der Beklagte verpflichtet wurde, an die Klägerin 11.055,51 DM nebst Zinsen in Höhe von 8 % für die Zeit vom 13.5.1994 bis 17.7.1994 sowie 6,75 % seit dem 20.7.1994 zu zahlen. Gegen diesen Vollstreckungsbescheid hat der Beklagte mit einem am 15.12.1994 eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
den Vollstreckungsbescheid aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte beantragt,
den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, er habe sein Telefonverhalten nicht geändert und keine Auslandsgespräche geführt. Vor dem Gebührensprung habe er - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - monatliche Telefonrechnungen in Höhe von durchschnittlich 150,- DM gehabt. Der Endverzweiger im Hause in Wilhelmshaven sei nicht verplombt gewesen, so daß durch diese offene Stelle in der Telefonleitung eine Manipulation möglich gewesen sei. Auch könnten die Kabelverzweiger am Haus angezapft werden. Außerdem seien elektronische Manipulationen durch Hacker möglich. Von sämtlichen von der Klägerin aufgeführten Gesprächen habe er lediglich die Ortsgespräche sowie einen Teil der Inlandsgespräche, nicht jedoch die Auslandsgespräche und die Gespräche mit Servicediensten geführt. Dies ergebe sich zu einem großen Teil bereits daraus, daß er zu den fraglichen Wählzeiten nicht zuhause gewesen sei. Die hohen Telefonrechnungen am Anschluß seiner Ehefrau seien ihm nicht erklärlich, da diese die angeblichen Servicedienste nicht angewählt habe.
Wegen des Parteivorbringens im einzelnen wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat gemäß Beschluß vom 16.08.1996 Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 16.02.1997 (Bd. II Bl. 391 ff d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch hat in der Sache zu einem großen Teil Erfolg. Die Klägerin hat lediglich einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung von 750,- DM nebst Zinsen.
Der Beklagte hat zugestanden, Ortsgespräche und in einem gewissen Umfange auch weitere Inlandsgespräche geführt zu haben. Die Höhe der auf diese Gespräche entfallenden Gebühren werden vom Gericht gemäß § 287 ZPO anhand der Höhe der Rechnungen für die Vormonate auf 750,- DM geschätzt. Hierbei ist das Gericht aufgrund des insoweit unstreitigen Vorbringens des Beklagten davon ausgegangen, daß seine Telefonrechnungen in den Vormonaten durchschnittlich 150,- DM betragen haben. Für den streitigen Zeitraum von Oktober 1993 bis zur Teilsperrung Mitte Februar 1994 (4,5 Monate) ergibt sich somit ein Betrag in Höhe von 675,- DM. Für den Zeitraum von Mitte Februar bis zur endgültigen Stillegung des Anschlusses Ende März werden die Gebühren sowie die vom Beklagten zu tragenden Kosten auf 75,- DM geschätzt.
Ein darüber hinausgehender Anspruch steht der Klägerin jedoch nicht zu. Sie hat nicht bewiesen, daß der Beklagte in der Zeit von Oktober 1993 bis Mitte Februar 1994 Telefongespräche in einem über den geschätzten Betrag von 675,- DM hinausgehenden Umfang geführt hat. Aufgrund der von der Klägerin veranlaßten Zählvergleichseinrichtung ist zwar davon auszugehen, daß die eingehenden Zählimpulse vom Gebührenzähler des Beklagten zutreffend aufgezeichnet wurden und entsprechend in die Telefonrechnungen eingeflossen sind. Die Klägerin hat jedoch nicht bewiesen, daß die aufgeführten Telefoneinheiten auch tatsächlich vom Beklagten ausgelöst wurden. Die Klägerin kann sich für ihr Vorbringen nicht auf einen Beweis des ersten Anscheins dahingehend berufen, daß die automatisch aufgezeichneten Gebühreneinheiten auch tatsächlich vom Beklagten vertelefoniert wurden. Die Frage des Anscheinsbeweises für die Klägerin wird innerhalb der Rechtsprechung äußert kontrovers beurteilt. Dies zeigt allein schon die Zahl der im Verfahren von den Parteien angeführten und vorgelegten Urteile. Eine große Zahl der Gerichte hat einen solchen Anscheinsbeweis jedenfalls nach einer - auch vorliegend durchgeführten Zählerüberprüfung durch die Klägerin bejaht. Dieser Auffassung vermag sich das Gericht jedoch nicht anzuschließen.
Der in der Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannte Anscheinsbeweis setzt einen feststehenden Geschehensablauf voraus, bei dem nach der Lebenserfahrung auf das Hervorrufen einer bestimmten Folge oder auf die Verursachung durch ein bestimmtes Verhalten geschlossen werden kann (vgl. Zöller - Greger, ZPO, 20. Aufl., Vorbemerkung § 284, Rdn. 29 m.w.N.).
Ein derartiger typischer Geschehensablauf ist vorliegend nicht vorhanden. Unbedenklich ist es, nach der Lebenserfahrung von der zutreffenden Aufzeichnung der Gebühreneinheiten auszugehen, wenn die Klägerin nachträglich den Gebührenzähler überprüft und festgestellt hat, daß dieser ordnungsgemäß gearbeitet hat. Auch kann nach der Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, daß die aufgezeichneten Gebühreneinheiten vom jeweiligen Telefonkunden ausgelöst wurden, soweit sich diese innerhalb einer gewissen Schwankungsbreite bewegen. Dies gilt aber dann nicht mehr, wenn sich die Telefonrechnungen - wie hier - von zuvor durchschnittlich 150,- DM auf Beträge zwischen 1.200,- DM und 5.600,- DM vervielfachen. Eine derartige Abweichung kann sowohl im Verantwortungsbereich der Klägerin als auch im Bereich des jeweiligen Telefonkunden begründet sein, so daß ein typischer Geschehensablauf nicht mehr angenommen werden kann (wie hier u.a. LG Aachen, Urteil vom 14.12.1994 - 11 O 284/94, NJW 1995, 2364, m.w.N.).
Eine Möglichkeit für die erhebliche Gebührensteigerung könnte ein verändertes Telefonverhalten des Beklagten dergestalt sein, daß er in einem großen Umfang vor allem ausländische Telefondienste in Anspruch genommen hat. Dies könnte auch durch Besucher des Beklagten ohne dessen Wissen geschehen sein. Eine andere Möglichkeit könnte jedoch in Manipulationen von außenstehenden Dritten außerhalb des Einflußbereiches des Beklagten sein. Derartige Manipulationen sind nach dem Ergebnis des Gutachtens des Sachverständigen nicht ausgeschlossen. Der Sachverständige hat nachvollziehbar ausgeführt, daß eine Manipulation an mehreren Stellen im Netz der Klägerin durch einfaches Aufklemmen von Miniaturgeräten, sogenannten Dialern, möglich ist. Diese Dialer seien bis vor kurzem in einem bayrischen Versandhandel erhältlich gewesen und in der Lage, selbständig oder ferngesteuert Telefonnummern anzuwählen. Mit diesen Dialern sei eine Anwahl bestimmter Telefonnummern zu unterschiedlichen Zeiten und von unterschiedlicher Dauer möglich. Die Klägerin habe mehrere derartige Dialer in ihrem Netz versteckt entdeckt. Denn wurde von der Klägerin nicht widersprochen. Im übrigen sei auch eine Manipulation durch Mitarbeiter der Klägerin möglich. Bei einem Vortrag habe ein Sicherheitsexperte der Klägerin den Umfang von Manipulationen durch eigene Mitarbeiter prozentual auf 25 % des Gesamtumfanges der Kriminalität im Telekommunikationsnetz geschätzt. Dies sei darin begründet, daß über Servicenummern eine sehr gute Verdienstmöglichkeit bestehe. Der Sachverständige hat weiterhin ausgeführt, daß es spezielle Kennzeichen für einen Leistungsmißbrauch durch Dritte gebe. Indizien seien z.B. die Anwahl kostenintensiver Telefonnummern im Ausland und von Servicenummern im Inland, wobei eine Anwahl auch mehrmals hintereinander in kurzen Intervallen stattfinden könne. Weiterhin sei ein Anzeichen, daß die Anwahl zu Zeiten erfolge, in denen der Anschlußinhaber das Telefon gewöhnlich nicht nutze, oder daß die Anwahl derselben Telefonnummer innerhalb weniger Tage mehrmals erfolge. Im übrigen können auch Beschwerden von Anrufern, die den Anschluß nicht erreicht hätten, obwohl der Anschlußinhaber nicht telefoniert haben will, als Anhaltspunkt für einen Leistungsmißbrauch gewertet werden. Sämtliche der vorgenannten Kriterien sind auch im vorliegenden Fall zu verzeichnen, wobei das Gericht allerdings nicht verkennt, daß diese Anzeichen gerade auch auf ein verändertes Telefonverhalten des Beklagten bzw. des jeweiligen Telefonkunden zurückzuführen sein können. Auch könnte die Tatsache, daß beim Anschluß der Ehefrau des Beklagten in ... ähnliche Auffälligkeiten aufgetreten sind, gegen den Beklagten sprechen. Maßgebend für die Entscheidung des Gerichts ist jedoch, daß der Einsatz der Dialer nicht ausgeschlossen werden kann. Aufgrund dieser Tatsache kann man nicht typischerweise davon ausgehen, daß der sprunghafte Anstieg der auf dem Anschluß des Beklagten verzeichneten Telefoneinheiten von diesem verursacht worden ist. Hieran ändert auch die Tatsache der durchgeführten Zählervergleiche nichts. Nach den Darlegungen des Sachverständigen wird hierbei lediglich die technische Einrichtung der Telekom intern überprüft. Dies bedeutet, daß die auf den Anschluß des Beklagten geführten Gespräche nach Ende, Dauer und Rufnummer sowie der verwandten Telefonnummern aufgezeichnet wurden und anschließend mit dem Tarifeinheitenzähler im Amt verglichen wurden. Nach den nachvollziehbaren Angaben des Sachverständigen läßt sich ein bereits erfolgter Mißbrauch der Leitungen hierdurch nicht erfassen. Aufgrund der vorgenannten Umstände ist das Gericht davon überzeugt, daß eine Manipulation der Telekommunikationeinrichtungen der Klägerin vorkommen kann und keineswegs nur theoretisch denkbar ist. Dies zeigt allein die Tatsache, daß unwidersprochen entsprechende Dialer im Leitungsnetz entdeckt wurden.
Aufgrund der aufgezeichneten Manipulationsmöglichkeit kann nach Auffassung des Gerichts nicht typischerweise davon ausgegangen werden, daß der Beklagte bzw. ein sonstiger Telefonkunde in seiner Situation die aufgezeichneten Gebühreneinheiten selbst vertelefoniert hat. Die Voraussetzungen für einen Anscheinsbeweis sind somit nicht gegeben. Die Klägerin hätte daher vollen Beweis dafür erbringen müssen, daß die registrierten Telefoneinheiten vom Beklagten verursacht wurden. Für diesen Nachweis fehlt es an einem entsprechenden substantiierten Sachvortrag und an geeigneten Beweisantritten, so daß die Klägerin den ihr obliegenden Beweis nicht erbracht hat. Dabei verkennt das Gericht nicht die Schwierigkeit eines derartigen Nachweises durch die Klägerin. Auf der anderen Seite wäre es aber auch für den Beklagten als Telefonkunden nahezu unmöglich, bei der Annahme eines Anscheinsbeweises diesen Anschein durch einen entsprechenden Gegenbeweis zu erschüttern. Mangels Zutrittsmöglichkeit zu den Einrichtungen der Klägerin kann er die technischen Einrichtungen nicht selbst überprüfen bzw. durch einen Gutachter überprüfen lassen. Außerdem wird er prozessual den Beweis, nicht telefoniert zu haben, nicht erbringen können.
Der Zinsanspruch der Klägerin rechtfertigt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges nach §§ 288 Abs. 2, 286 BGB, da die jeweiligen Rechnungen unstreitig mit ihrem Zugang fällig waren und die Klägerin Bankkredit mit den geltend gemachten Zinssätzen in Anspruch nimmt. Die Zinsen sind auf Antrag der Klägerin erst für die Zeit ab dem 13.05.1994, d.h. einen Monat nach Erteilung der Gesamtabrechnung zu zahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711 und 709 ZPO.