Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 23.03.2010, Az.: 4 A 1432/08

Rechtmäßigkeit eines Bescheids über die Heranziehung zur Zahlung von Straßenreinigungsgebühren nach einem Quadratmetermaßstab

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
23.03.2010
Aktenzeichen
4 A 1432/08
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 13746
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2010:0323.4A1432.08.0A

Verfahrensgegenstand

Straßenreinigungsgebühren

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Stade - 4. Kammer -
auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 2010
durch
die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Schröder,
die Richterin am Verwaltungsgericht Teichmann,
den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Tepperwien sowie
die ehrenamtlichen Richter G. und H.
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kostenforderung abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zahlung von Straßenreinigungsgebühren.

2

Der Kläger ist Eigentümer des 11.561 m² großen Flurstückes I., Flur 10, Gemarkung J. (Postanschrift: K. L.), das im Osten mit einer Frontlänge von ca. 12 m an die dem öffentlichen Verkehr gewidmete M. grenzt. Im straßenseitigen Bereich ist das Grundstück des Klägers mit einem Zweifamilien- und einem Einfamilienhaus bebaut, die sich in westlicher Richtung anschließenden, ca. 9.800 m² großen Flächen werden als Ackerland genutzt. Die M. gehört nach der Straßenreinigungssatzung der Beklagten zu der Reinigungsklasse I, das heißt, die Reinigung durch die Beklagte wird einmal in zwei Wochen durchgeführt.

3

Bis Ende 2007 erfolgte die Heranziehung zu Straßenreinigungsgebühren im Zuständigkeitsbereich der Beklagten nach dem sogenannten Frontmetermaßstab auf der Grundlage eines Gebührensatzes vom 1,25 EUR/m Frontlänge. Die von dem Rat der Beklagten am 26. September 2007 beschlossene und seit dem 1. Januar 2008 maßgebliche Straßenreinigungsgebührensatzung trifft unter anderem folgende Bestimmungen:

§ 2

Gebührenspflichtige

(1)
Gebührenpflichtige sind die Benutzer der öffentlichen Einrichtung Straßenreinigung. Als Benutzer gelten die Eigentümer der Grundstücke, die an den im Straßenverzeichnis (Anlage Straßenreinigungssatzung) aufgeführten Straßen liegen. Als anliegende Grundstücke gelten auch solche Grundstücke, die durch einen Graben, einen Grünstreifen, eine Mauer, eine Böschung oder in ähnlicher Weise von der Straße getrennt sind; das gilt jedoch nicht, wenn ein Geländestreifen zwischen Straße und Grundstück weder dem öffentlichen Verkehr gewidmet noch Bestandteil der Straße ist.

...

§ 3

Gebührenmaßstab

(1)
Die Straßenreinigungsgebühren sollen die Kosten der Straßenreinigung und des Winterdienstes decken. Die Stadt trägt den nicht umlagefähigen Teil der Kosten. Dabei werden für die Reinigungsklassen I und II 25% und für die Reinigungsklasse III 50% angesetzt. ...

(2)
Maßstab für die Straßenreinigungsgebühr ist die Fläche des Grundstückes in Quadratmetern. Es werden die über 4.000 m² liegenden Grundstücksflächen (Kappungsgrenze) nicht bei der Veranlagung der Straßenreinigungsgebühr berücksichtigt.

...

§ 4

Gebührensatz

Die Reinigungsgebühr beträgt jährlich je Quadratmeter Grundstücksfläche in

Reinigungsklasse I (1 mal in 2 Wochen) = 0,04584 EUR

Reinigungsklasse II (1 mal wöchentlich) = 0,09168 EUR

(Innenstadt)

Reinigungsklasse III (5 mal wöchentlich) = 1,00 EUR

(Fußgängerzonen)

4

Durch die am 7. Juli 2008 beschlossene und mit Wirkung vom 1. Januar 2008 in Kraft getretene 1. Änderungssatzung erhielt § 2 Abs. 1 Satz 3 der Straßenreinigungsgebührensatzung der Beklagten folgende Fassung:

5

Den Eigentümern der anliegenden Grundstücke werden die Eigentümer der übrigen durch die Straße erschlossenen Grundstücke gleichgestellt.

6

Durch Bescheid vom 22. August 2008 zog die Beklagte den Kläger für das Jahr 2008 und Folgejahre zu Straßenreinigungsgebühren in Höhe von jeweils 183,36 EUR (4.000 m² x 0,04584 EUR) heran.

7

Der Kläger hat am 15. September 2008 Klage erhoben und begründet diese im Wesentlichen wie folgt:

8

Der Heranziehungsbescheid der Beklagten verletze ihn in seinen Rechten, weil der zugrunde liegende Verteilungsmaßstab nicht dem Vorteilsprinzip entspreche. Der Bescheid lasse unberücksichtigt, dass lediglich eine geringe Teilfläche seines Grundstückes als Gebäude- und Freifläche für ein Zweifamilien- und ein Einfamilienhaus genutzt werde. Obwohl nur eine Wohnnutzung mit einem geringen Ziel- und Quellverkehr vorliege, erfolge im Vergleich beispielsweise zu einer gewerblichen Nutzung keine Differenzierung nach der Intensität der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung "Straßenreinigung". Über die Berücksichtigung der Größe des Anliegerflurstückes hinaus gebiete das Vorteilsprinzip zwingend die Einbeziehung der jeweiligen Nutzungsart.

9

Darüber hinaus führe die Umstellung des Berechnungsmaßstabes für die Straßenreinigung von einer Frontmeter- auf eine Quadratmeterberechnung - insbesondere in seinem Fall - zu einer gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßenden Behandlung. Für die Gebührenbemessung komme grundsätzlich nur ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab in Betracht, der nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu Art und Umfang der fingierten Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung "Straßenreinigung" bzw. der durch sie vermittelten Vorteile für die Gebührenpflichtigen stehen dürfe. Zu einem solchen Missverhältnis sei es hier aber gekommen. Sein Grundstück befinde sich in einem Umfeld, das überwiegend landwirtschaftlich geprägt bzw. dem planungsrechtlichen Außenbereich zuzurechnen sei. Dies bedeute, dass von diesen Grundstücken ein erheblich geringerer Ziel- und Quellverkehr als beispielsweise in dem dicht besiedelten Stadtgebiet ausgehe. Berücksichtige man zudem, dass in seinem Fall eine nennenswerte Inanspruchnahme der Straße und damit auch der Straßenreinigung nur von dem bebauten Teil seines Grundstückes ausgehe, erweise sich die Veranlagung des gesamten Flurstückes, lediglich gekappt auf 4.000 m², als rechtswidrig, weil der hintere Teil keinerlei "Vorteil" von der Straßenreinigung habe.

10

Schließlich stelle sich auch die von der Beklagten gewählte Kappungsgrenze von 4.000 m² als willkürlich dar. Unter Berücksichtigung der vorhandenen Zuschnitte der Grundstücke im Gebiet der Beklagten ergebe sich, dass Grundstücke mit einer Mindestgröße von 2.000 m² nahezu ausschließlich landwirtschaftlich genutzt würden. Damit würden durch die von der Beklagten gewählte Heranziehungsregelung überproportional die Eigentümer landwirtschaftlicher Flächen zu Straßenreinigungsgebühren herangezogen werden, obwohl der Ziel- und Quellverkehr bei bebauten Grundstücken erheblich höher sei. Die Kappungsgrenze müsse daher bei einer Größe von 2.000 m² festgelegt werden, um dem Vorteilsprinzip zu entsprechen.

11

Der Kläger beantragt,

den Straßenreinigungsgebührenbescheid der Beklagten vom 22. August 2008 aufzuheben.

12

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

13

Sie erwidert unter anderem:

14

Der Quadratmetermaßstab sei hinreichend leistungsbezogen, zulässig und anerkannt. Die Gebührenpflicht bestehe sowohl für bebaute als auch für unbebaute Grundstücke innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortslage. Auf die Ausprägung des Umfeldes komme es dabei nicht an. Das Grundstück des Klägers befinde sich in der im Zusammenhang bebauten Ortslage. Für das Entstehen der Straßenreinigungsgebührenpflicht sei der Verlauf der Straße und nicht die Lage des Grundstückes innerhalb der geschlossenen Ortslage maßgebend. Eine Differenzierung der Straßenreinigungsgebühr nach den Nutzungsarten sei in der Satzung nicht vorgesehen, zumal dann zu prüfen wäre, ob die Erschließung landwirtschaftlich genutzter Flächen nicht sogar zu einer erhöhten Verschmutzung der Straße führe.

15

Um die Eigentümer von großen Grundstücken nicht linear bis zum letzten Quadratmeter heranzuziehen, sei mit der Einführung des Quadratmetermaßstabes gleichzeitig eine Kappungsgrenze von 4.000 m² eingeführt worden. Auch größere Grundstücke würden daher nur bis zu dieser Quadratmeterzahl verlangt werden. Hierfür entstehe maximal eine Gebühr von 183,36 EUR pro Jahr. In Anbetracht dieses Betrages sei eine weitere Differenzierung nach der tatsächlichen Nutzung und des daraus resultierenden Vorteils im Hinblick auf die Gebührengerechtigkeit nicht zwingend erforderlich. Die Anteile einer unterschiedlichen Nutzung pro Grundstück seien verwaltungsmäßig nur äußerst aufwendig, ungenau und schwierig zu erfassen. Zwar sei die Gebäudefläche eindeutig, aber es sei mehr oder minder willkürlich, wo bei einem großen Grundstück die dem Wohnen zuzurechnende Gartennutzung ende und eine landwirtschaftliche oder gewerbliche Nutzung beginne. Dieses ließe sich nur mit einem nicht vertretbaren Aufwand erfassen und aktualisieren, der ebenfalls auf die Gebührenzahler umgelegt werden müsse. Die Lage des Grundstückes innerhalb der geschlossenen Ortslage und die Kappungsgrenze von 4.000 m² seien somit als Regulativ ausreichend, um eine - zugegeben pauschalierende - Gebührengerechtigkeit herzustellen. Hinsichtlich der Zulässigkeit der pauschalierenden Betrachtungsweise bei relativ geringfügigen Gebühren verweise sie auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes.

16

Unzutreffend sei auch, dass ausschließlich landwirtschaftlich genutzte Flächen Grundstücksgrößen von über 2.000 m² aufwiesen. Sowohl Gewerbegrundstücke wie auch Grundstücke mit Mehrfamilienhäusern hätten Größen von über 2.000 m² bis zu über 4.000 m². Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz gelte deshalb für alle Nutzungen die gleiche Kappungsgrenze.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakte A) Bezug genommen. Ferner ist die in dem Verfahren 4 A 1479/08 vorgelegte Beiakte B ("Allgemeiner Teil") Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Entscheidungsgründe

18

Die zulässige Klage ist unbegründet.

19

Der Straßenreinigungsgebührenbescheid der Beklagten vom 22. August 2008 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, wie es für eine erfolgreiche Anfechtungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erforderlich wäre. Die Beklagte hat den Kläger zu Recht zur Zahlung von jährlichen Straßenreinigungsgebühren in Höhe von 183,36 EUR herangezogen. Dazu im Einzelnen:

20

Wenn und soweit eine niedersächsische Gemeinde die ihr nach § 52 Abs. 1 und 2 Nds. Straßengesetz (NStrG) obliegenden Reinigungs-, Räum- und Streupflichten für die dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen innerhalb der geschlossenen Ortslage (vgl. §§ 2 Abs. 1, 4 Abs. 1 Satz 2 und 3, 6, 63 Abs. 5 NStrG) selbst durchführt, ist sie berechtigt, die Eigentümer der anliegenden Grundstücke, die unter dieser Voraussetzung gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 NStrG als Benutzer einer öffentlichen Einrichtung im Sinne des kommunalen Abgabenrechts "gelten", nach Maßgabe des § 5 Nds. Kommunalabgabengesetz (NKAG) auf der Grundlage einer Satzung zu Straßenreinigungsgebühren heranziehen. Den Anliegern "können" die Gemeinden gemäß § 52 Abs. 3 Satz 2 NStrG in der Satzung die Eigentümer der übrigen durch die Straße erschlossenen Grundstücke - die sogenannten Hinterlieger - und die Inhaber besonders bezeichneter dinglicher Nutzungsrechte "gleichstellen". Hinterliegergrundstücke im Sinne des § 52 Abs. 3 Satz 2 NStrG sind nur solche, die nicht an eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete, befahrbare und der Straßenreinigungspflicht der Gemeinde unterliegende Straße angrenzen. Dabei ist unter "Straße" die gesamte Straßenparzelle einschließlich der Straßenbestandteile wie beispielsweise Straßengraben, Böschung oder begrünter Randstreifen (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 NStrG) zu verstehen. Hinterliegergrundstücke sind danach Grundstücke, die 1. nur über erschließungsrechtlich unselbständige Privatwege oder mittels Geh- oder Fahrrechten über "vorderliegende" Privatgrundstücke zugänglich sind, die 2. an nicht befahrbaren öffentliche Wohnwegen liegen oder die 3. an bis zu ca. 50 m lange und wegen der Widmung als "befahrbare Gehwege mit Zufahrt für die Anlieger" nicht uneingeschränkt befahrbare öffentliche Stichwege grenzen. Die Straßenreinigungsgebühr ist nicht das Entgelt für die Durchführung der Reinigung (bzw. des Winterdienstes) einer bestimmten Straßenstrecke vor dem Grundstück, sondern sie dient vielmehr dem Ausgleich des besonderen Vorteils, der dem Straßenanlieger dadurch erwächst, dass die an seinem Grundstück entlang führende Straße in der gesamten Länge durch die Gemeinde in einem sauberen und sicher benutzbaren Zustand gehalten wird. Entsprechendes gilt für Hinterlieger, soweit die Kommune die Benutzungsfiktion durch Satzung auf sie ausgedehnt hat. Für die Gebührenbemessung kommt nur ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab in Betracht, der allerdings nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu Art und Umfang der fingierten Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung "Straßenreinigung" bzw. der durch sie vermittelten Vorteile für die Gebührenpflichtigen stehen darf (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 2 NKAG). Dabei sind einerseits der Reinigungsumfang und die Reinigungshäufigkeit zu berücksichtigen, die der Rat entsprechend dem Verschmutzungsgrad nach pflichtgemäßem Ermessen festzulegen hat, wobei aus Gründen der Praktikabilität "Gebietszonen" mit "gebietstypischem" Verschmutzungsgrad gebildet werden dürfen. Andererseits ist es ausreichend, wenn die Bemessung der Straßenreinigungsgebühr nach grundstücksbezogenen Merkmalen erfolgt. Art und Maß der baulichen Nutzung der bevorteilten Grundstücke müssen dabei ebenso wenig wie das Maß der konkreten Verschmutzungsverursachung berücksichtigt werden (vgl. zum Vorstehenden: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rdnr. 469 ff., 762 ff. m.w.N., insbesondere auch zur Rechtsprechung d. Nds. Oberverwaltungsgerichts).

21

Gemessen an diesen Vorgaben begegnet die Heranziehung des Klägers, dessen Grundstück (Flurstück I.) unmittelbar an die dem öffentlichen Verkehr gewidmete, innerhalb der geschlossenen Ortslage von N. verlaufende und von der Beklagten gereinigte M. grenzt, aufgrund der seit dem 1. Januar 2008 Geltung beanspruchenden Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung der Beklagten vom 26. September 2007 keinen rechtlichen Bedenken, weil die von dem Kläger gegen seine Heranziehung erhobenen Einwendungen nicht durchgreifen.

22

Zum einen wird bei der Gebührenbemessung von der Beklagten die Reinigungshäufigkeit (fünfmal wöchentlich, einmal wöchentlich oder vierzehntäglich) berücksichtigt und für die drei festgelegten Reinigungsklassen (Fußgängerzonen, Innenstadtstraßen und sonstige Straßen) werden unterschiedliche Gebührensätze vorgesehen (vgl. § 4 Straßenreinigungsgebührensatzung). Darüber hinaus hat die Beklagte den verschiedenen Reinigungsklassen auch bei der Festlegung des von ihr zu tragenden Gemeindeanteils Rechnung getragen, der bei der Reinigungsklasse III (Fußgängerzonen) 50% und im Übrigen 25% (Reinigungsklassen I und II: Sonstige Straßen und Innenstadtstraßen) beträgt. Zum anderen knüpft der in § 2 Abs. 2 Satz 1 Straßenreinigungsgebührensatzung vorgesehene Gebührenmaßstab (Fläche des Grundstückes in Quadratmetern = sogenannter Grundflächenmaßstab) zweifelsfrei anein grundstücksbezogenes Merkmal an und ist daher im Straßenreinigungsgebührenrecht als hinreichend vorteils- und leistungsgerecht anzusehen. Soweit der Kläger dem gegenüber eine Berücksichtigung derArt der Grundstücksnutzung bzw. des Umfangs der Inanspruchnahme der Straße durch den grundstücksbedingten Ziel- und Quellverkehr für zwingend geboten erachtet, ist dem entgegen zu halten, dass der in Niedersachsen überwiegend angewandte, allgemein anerkannte und von der Beklagten bis Ende 2007 ebenfalls verwendete sogenannte Frontmetermaßstab seine Rechtfertigung auch nur aus der Anknüpfung an ein grundstücksbezogenes Merkmal (eine bestimmte Grundstücksseite) bezieht. Dies hat zur Folge, dass die Höhe der Straßenreinigungsgebühr auch bei dem Frontmetermaßstab nicht von der Art und dem Maß der Grundstücksnutzung, sondern allein davon abhängt, ob die der Straße zugewandte Grundstücksseite "kürzer" oder "länger" ausfällt, und dass die durch die günstige bzw. ungünstige Lage des einzelnen Grundstückes in Bezug auf seine Ausrichtung zur gereinigten öffentlichen Straße bedingten "Ungerechtigkeiten" im Interesse einer möglichst praktikablen Gebührenbemessung hinzunehmen sind (vgl. zu Letzterem: Nds. OVG, Urt. v. 08.06.1993 - 9 K 47/91 -, bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 09.12.1993 - 8 NB 5.93 - KStZ 1994, 152). Wenn aber für den Frontmetermaßstab anerkannt ist, dass Gesetz- und Satzungsgeber aus Gründen der Vereinfachung und der Verwaltungspraktikabilität gerade nicht gezwungen sind, die relativ geringfügigen Straßenreinigungsgebühren nach dem Maß der konkreten Verschmutzungsverursachung zu bemessen oder - mit Blick hierauf - an Maß oder Art der Nutzung der anliegenden oder erschlossenen Grundstücke auszurichten, kann für den Grundflächenmaßstab nichts anderes gelten, zumal hier die Beklagte durch die in § 4 Abs. 2 Satz 2 Straßenreinigungsgebührensatzung vorgesehene sogenannte Kappungsgrenze von 4.000 m² sogar einer unverhältnismäßig hohen und damit gegebenenfalls sachlich unbilligen Heranziehung von Eigentümern übergroßer Grundstücke generell entgegengewirkt hat. Da der Art der Grundstücksnutzung im Straßenreinigungsgebührenrecht keine Bedeutung beizumessen ist, kommt es hier im Zusammenhang mit der von dem Rat der Beklagten festgelegten Kappungsgrenze auch nicht darauf an, ob - wie der Kläger behauptet - anliegende/erschlossene Grundstücke mit mehr als 2.000 m² überwiegend landwirtschaftlich genutzt werden oder nicht, zumal dem Satzungsgeber im kommunalen Abgabenrecht grundsätzlich ein weiter, gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Gestaltungsspielraum zusteht.

23

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

24

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§§ 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 , 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.

25

Rechtsmittelbelehrung

26

Gegen dieses Urteil ist die Berufung nur zulässig, wenn sie von dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

27

...

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG) auf

641,76 Euro

festgesetzt, weil es sich um einen sogenannten Fortgeltungsbescheid handelt und daher der 3,5-fache Jahresbetrag (hier: 183,36 EUR) in Ansatz zu bringen ist.

Schröder
Teichmann
Dr. Tepperwien