Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 25.11.2013, Az.: 7 B 6607/13

Auswahl; Dauer; Dokumentationspflicht; Ermessen; Fahrtenbuch; Fahrtenbuchauflage; Firma; Fuhrpark; Mehrere Fahrzeuge

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
25.11.2013
Aktenzeichen
7 B 6607/13
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 64415
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Dokumentiert ein Unternehmen die Nutzung seines Fuhrparks nicht, kann die Behörde das Führen eines Fahrtenbuches auch für mehrere Fahrzeuge anordnen. Sie hat dazu die maßgeblichen Tatsachen zu erheben und muss ihr Ermessen sachgerecht hinsichtlich der Auswahl dieser Fahrzeuge betätigen. Dabei darf sie sich von früher festgestellten Verstößen leiten lassen.

Fortführung der Kammerrechtsprechung, vgl. Beschluss vom 30. März 2009 - 7 B 1004/09 -, juris

Tenor:

1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Streitwert wird auf 4.800,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die von der Antragsgegnerin verfügte Verpflichtung, für zwei von ihr gehaltene Fahrzeuge beginnend ab 1. Dezember 2013 jeweils ein Fahrtenbuch für die Dauer von zwölf Monaten führen zu müssen.

Die Antragstellerin verfügt über mehrere Fahrzeuge. Sie ist Halterin der Kraftfahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen ... und ... und hielt zudem das Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen .... Sie führt nach eigenen Angaben keine Dokumentation der mit den verschiedenen Fahrzeugen durchgeführten Fahrten. Aufgrund der erheblichen Fuhrparkgröße und regelmäßig wechselnder Fahrereinsätze bei ihren Fahrzeugen, die auch teilweise zu Shuttlezwecken genutzt würden, sei eine Feststellung des Fahrzeugführers im konkreten Einzelfall nicht möglich. Der Geschäftsführer der Klägerin sei nicht imstande, den jeweiligen Fahrzeugführer zu benennen, weil er nicht für die Einteilung der Fahrzeuge und Fahrzeugführer zuständig sei - dafür sei aber ein Fuhrparkleiter vorhanden, der die Fahrzeuge den Fahrzeugführern zuweise.

Mit dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... kam es am 21. April 2012 im Bereich der Stadt Lübeck zu einem Verkehrsverstoß, der deshalb nicht geahndet wurde, weil der Fahrer nicht ermittelt werden konnte. Die Antragsgegnerin sah von einer Fahrtenbuchauflage vorläufig (noch) ab.

Mit dem Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... kam es am 25. September 2012 auf der Autobahn im Bereich Walsrode zu einem Verkehrsverstoß, der deshalb nicht geahndet wurde, weil der Fahrer nicht ermittelt werden konnte. Die Antragsgegnerin sah von einer Fahrtenbuchauflage vorläufig (noch einmal) ab.

Am 14. Mai 2013 kam es im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, …, gegen 13.23 Uhr mit dem Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... zu einem Verkehrsverstoß, indem der verantwortliche Fahrer, der nicht ermittelt werden konnte, das Rotlicht der Lichtzeichenanlage nicht beachtete. Dieser Rotlichtverstoß hätte im Falle seiner Ahndung u.a. zur Eintragung von drei Punkten im Verkehrszentralregister geführt.

Nachdem die Antragsgegnerin die Antragstellerin unter dem 16. August 2013 zu ihrer Absicht angehört hatte, das Führen eines Fahrtenbuches für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... zu verfügen, meldete die Antragstellerin dieses Fahrzeug mit Außerbetriebsetzung per 30. August 2013 ab und teilte dies der Antragsgegnerin später mit Schreiben vom 4. September 2013 auch mit. Mit diesem Schreiben teilte die Antragstellerin dazu mit, dass das maßgebliche Fahrzeug nicht mehr in ihrer Verfügungsmacht stünde und deshalb von der Fahrtenbuchauflage abzusehen sei.

Unter dem 4. September 2013 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit der Maßgabe erneut an, ein Ersatzfahrzeug mitzuteilen, nachdem sie (anderweitig) Kenntnis von der o.a. Außerbetriebssetzung erhalten hatte. Konkret kündigte sie an, Fahrtenbuchauflagen ansonsten zu den beiden anderen, o.a. Fahrzeugen zu erlassen.

Dazu äußerte sich die Antragstellerin nicht mehr.

Unter Anordnung der sofortigen Vollziehung ordnete danach die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 16. Oktober 2013 das Führen eines Fahrtenbuches für die Dauer von jeweils zwölf Monaten für die Fahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen ... und ... gegenüber der Antragstellerin an.

Dagegen richten sich die am 12. November 2013 zu dem Geschäftszeichen 7 A 6606/13 erhobene Klage und der vorliegende gerichtliche Eilantrag der Antragstellerin, denen die Antragsgegnerin entgegentritt.

II.

Der nach § 80 Absatz 5 Satz 1 VwGO zu beurteilende Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist unbegründet.

Nach § 80 Absatz 1 Satz 1 VwGO hat eine Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung.

Diese entfällt jedoch, wenn die Behörde - wie hier - gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO schriftlich gemäß § 80 Absatz 3 Satz 1 VwGO die sofortige Vollziehung ihrer Verfügung im öffentlichen Interesse angeordnet hat.

Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO reichen pauschale, formelhafte und für eine beliebige Vielzahl von Fallgestaltungen anwendbare Formulierungen grundsätzlich zwar nicht aus (Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand Februar 2007, § 80 Rn. 178). Bei gleichartigen Tatbeständen können allerdings auch gleiche oder typisierte Begründungen ausreichen (Kopp/Schenke, VwGO, 17. Auflage, § 80 Rn. 85). Bei der Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuches ist die zu beurteilende Interessenkonstellation in der großen Mehrzahl der Fälle vergleichbar gelagert. In solchen Fällen ist es nicht zwingend geboten, eine ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene Begründung zu geben. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde darauf beschränken, die für diese Fallgruppe typische Interessenlage zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass nach Auffassung der Behörde diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 14. Februar 2006 - 11 CS 05.1504 - zitiert nach juris; sowie BayVGH, Beschluss vom 4. Januar 2006 - 11 CS 05.1878 - zitiert nach juris). Dem genügt die schriftliche Begründung im angegriffenen Bescheid, soweit sie sinngemäß darauf abhebt, dass ohne weiteren Aufschub die Aufklärung etwaiger Verstöße gegen bestehende Verkehrsvorschriften gewährleistet sein muss [Seite 4 oben des Bescheides der Antragsgegnerin vom 16. Oktober 2013]. Auf die seitens der Antragstellerin dagegen erhobenen Einwände kommt es nicht an.

Für den Erfolg eines Antrages nach § 80 Absatz 5 Satz 1 VwGO ist entscheidend, ob das private Interesse eines Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage höher als das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes zu bewerten ist.

Bei dieser Interessenabwägung sind die Aussichten des Begehrens im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Bei einer offensichtlich Erfolg versprechenden Klage überwiegt das Suspensivinteresse des Betroffenen regelmäßig das öffentliche Vollzugsinteresse. Der Antrag ist dagegen in aller Regel unbegründet, wenn der Antragsteller im Verfahren zur Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, insbesondere wenn die angegriffene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist.

Voraussichtlich wird die angegriffene Verfügung der Antragsgegnerin im Hauptsacheverfahren Bestand haben, weil sie zu Recht die Fahrtenbuchanordnung verfügt hat.

Diese Verfügung begegnet in formeller Hinsicht keinen Bedenken, zumal die Antragsgegnerin die Antragstellerin vor dem Erlass des Bescheides angehört hat.

In materieller Hinsicht begegnet der angegriffene Bescheid ebenfalls keinen zu Gunsten der Antragstellerin durchgreifenden Bedenken.

Nach § 31a StVZO kann die Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war (zu den Voraussetzungen im Einzelnen vgl. jeweils mit weiteren Nachweisen u.a. z.B. Kammerbeschlüsse vom 23. Dezember 2008 - 7 B 3216/08 -, vom 9. März 2009 - 7 B 682/09 - und vom 26. November 2009 - 7 B 3014/09 -).

Die Voraussetzungen des § 31a StVZO für die Anordnung der Führung eines Fahrtenbuches sind erfüllt.

Zur Begründung verweist die Kammer insgesamt auf die Gründe des angegriffenen Bescheides der Antragsgegnerin und insbesondere zusätzlich diejenigen der ausführlichen und inhaltlich voraussichtlich richtigen Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 21. November 2013, denen die Kammer überwiegend folgt (Feststellung entsprechend § 117 Absatz 5 VwGO). Diese sind in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht höchstwahrscheinlich zutreffend. Ihnen gegenüber greift das umfangreiche Vorbringen der Antragstellerin insgesamt nicht durch.

Zu Lasten der Antragstellerin geht insbesondere, dass sie von vorneherein als Zeugin im Bußgeldverfahren angehört wurde und gleichwohl ihren dortigen Mitwirkungsverpflichtungen nicht ansatzweise nachgekommen ist. Es hätte hier bei der Antragstellerin als Zeugin gelegen, innerhalb des Laufs der Verfolgungsverjährung den Fahrzeugführer des Verstoßes vom 14. Mai 2013 zu benennen und dadurch an der Aufklärung mitzuwirken. Dies hat sie unterlassen, was nun auf sie zurückfällt. Die Kammer macht sich für das vorliegende Verfahren die folgenden Ausführungen im Kammerbeschluss vom 30. März 2009 - 7 B 1004/09 - (bestätigend dazu OVG 12 ME 65/09, Beschl. v. 7. Mai 2009) zu eigen, weil es sich auch hier um Firmenfahrzeuge handelt:

"Die Feststellung des Fahrzeugführers war "nicht möglich" im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Die in § 31a StVZO geforderte Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers liegt hier vor, weil die Behörde nach den Umständen des Einzelfalles nicht in der Lage gewesen ist, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat. Der notwendige Umfang der Ermittlungspflichten der Behörde bemisst sich danach, inwieweit der Halter seinerseits an der Ermittlung des Fahrzeugführers mitwirkt. An einer solchen Mitwirkung fehlt es bereits dann, wenn der Fahrzeughalter den Anhörungs- oder Zeugenfragebogen der Ordnungswidrigkeitenbehörde nicht zurücksendet bzw. weitere Angaben zum Personenkreis der Fahrzeugbenutzer schlicht nicht macht oder offensichtlich falsch macht.

Hier geht das erkennende Gericht von hinreichenden, dem Einzelfall gerecht werdenden Ermittlungsbemühungen auf Behördenseite - was wiederum zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist - und zudem aber von einer fehlenden Mitwirkung auf Seiten der Antragstellerin aus, die ihre Erkenntnismöglichkeiten nicht ausschöpft bzw. nicht ausgeschöpft hat.

Für den Tatbestand von § 31a StVZO ist nicht entscheidend, ob der Fahrzeughalter, der sein Fahrzeug anderen überlassen hat, subjektiv in der Lage gewesen ist, den verantwortlichen Fahrzeugführer zu benennen. Es hindert die Anordnung eines Fahrtenbuches sogar nicht, wenn ihm dies schuldlos nicht möglich gewesen sein sollte. Die Fahrtenbuchanordnung dient dem Zweck, die gebotene Überwachung des Fahrzeughalters zu sichern und den Fahrzeughalter zur künftigen Mitwirkung bei der Feststellung des Kraftfahrzeugführers im Falle eines erneuten Verkehrsverstoßes anhalten zu können. Dies gilt - wie hier - bei der fortwährenden Gebrauchsüberlassung eines Firmenfahrzeugs an mehrere Mitarbeiter im Rahmen der Ausübung des Gewerbebetriebs erst recht.

Die Antragstellerin hatte es selber in der Hand, von sich aus durch innerbetriebliche Maßnahmen zur Überwachung der Fahrzeugnutzungen sicherzustellen, dass der jeweilige Fahrer feststellbar ist. Unterlässt ein Unternehmen, das ein Fahrzeug - wie hier - mehreren Mitarbeitern zur Verfügung stellt, dieses oder greift es auf eine vorhandene Dokumentation nicht zur Aufklärung zurück, geht es das Risiko der Fahrtenbuchanordnung ein. Im vorliegenden Fall konnte nach allem nicht weiter ermittelt werden (was zwischen den Beteiligten nicht im Streit liegt, s.o.).

Der Antragstellerin wäre es aber nach Überzeugung des Gerichts bei gutem Willen und sachgerechter Organisation und Dokumentation der innerbetrieblichen Abläufe durchaus möglich gewesen, den Fahrer zu identifizieren, so dass weder die zu schlechte Fotoqualität noch die verzögerte Anhörung für die unterbliebene Fahrerfeststellung ursächlich waren. Sie hätte eine [nach eigenem Vorbringen bewusst eben nicht geführte Dokumentation ("Fahrtenbuch" zu steuerlichen Zwecken)] heranziehen können und zur Aufklärung verwenden müssen, so dass insoweit eine zu schlechte Bildqualität wiederum nicht hatte ursächlich werden können. Das Gericht legt an den Geschäftsbetrieb einen anderen Maßstab an als an den (privaten) Halter eines Privatfahrzeugs, soweit es den Schwerpunkt von den Erinnerungsmöglichkeiten (eines privaten Halters, einer natürlichen Person) auf die Erkenntnismöglichkeiten (eines Geschäftsbetriebs) verlagert. Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass es in einem Geschäftsbetrieb, bei dem ein Firmenfahrzeug - wie hier - mehreren Betriebsangehörigen zur Verfügung steht, Sache der Leitung dieses Betriebes ist, die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen dafür zu treffen, dass festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Fahrzeug benutzt hat, oder jedenfalls der ermittelnden Behörde den Firmenangehörigen oder gegebenenfalls auch mehrere Firmenangehörige zu nennen, denen das betreffende Fahrzeug betriebsintern zugeordnet ist (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 16. April 1999 - 10 S 114/99 -, veröfftl. z.B. in VRS 97, 389-392). Während es bei Privatfahrzeugen dem Halter unmittelbar noch erinnerlich sein dürfte, wer zur Tatzeit das Fahrzeug genutzt hat, ist bei geschäftlich genutzten Fahrzeugen regelmäßig davon auszugehen, dass die Frage, wer zu welchem Zeitpunkt das entsprechende Fahrzeug genutzt hat, nicht auf Grund persönlicher Erinnerungen, sondern auf Grund von betrieblichen Absprachen beantwortet werden kann. Der Halter eines von mehreren Berechtigten zu nutzenden Betriebsfahrzeugs - wie hier - kann seiner für Kraftfahrzeuge kraft Gesetzes bestehenden Kennzeichnungspflicht nur dadurch genügen, dass er geeignete organisatorische Vorkehrungen hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der konkreten Fahrzeugnutzung trifft. Unterlässt er dies oder macht er interne Aufzeichnungen der ermittelnden Behörde nicht zugänglich, kommt dies einer die Anordnung eines Fahrtenbuches rechtfertigenden Weigerung gleich, an der (rechtzeitigen) Ermittlung des Fahrzeugführers mitzuwirken - Vereitelungswirkung -. Es gibt kein doppeltes Recht, einerseits als Halter gleichsam von vornherein durch das Unterlassen der Durchführung innerbetrieblicher Dokumentation nicht an der Aufklärung von Verkehrsverstößen, die mit dem Fahrzeug begangen werden, mitzuwirken, und andererseits von der Anordnung eines Fahrtenbuches verschont zu bleiben. Die Anordnung des Fahrtenbuches soll gerade dafür Sorge tragen, dass für Verkehrsverstöße verantwortliche Fahrer ermittelt werden können (vgl. VG Hannover, Urteil vom 21. September 2007 - 9 A 1986/07 -). Ungeachtet handels- und steuerrechtlicher Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten entspricht es zudem sachgerechtem kaufmännischem Verhalten, dass ein kaufmännischer Wirtschaftsbetrieb - wie hier - grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Erinnerung einzelner Personen in der Lage ist, Geschäftsfahrten anhand schriftlicher Unterlagen zu rekonstruieren und den jeweiligen Fahrzeugführer im Einzelfall festzustellen. Weigert sich ein Unternehmen, dieser Obliegenheit nachzukommen, besteht grundsätzlich hinreichender Anlass, sogar für alle in Betracht kommenden Fahrzeuge eine Fahrtenbuchanordnung zu verhängen, um das Unternehmen auf diese Weise zu einer nachprüfbaren Überwachung der Fahrzeugbenutzung und zur Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Falle eines erneuten Verkehrsverstoßes anzuhalten(vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 30. Juni 2006 - 6 A 493/03 -)."

So liegt der Fall hier, insbesondere soweit es den Geschäftsbetrieb der Antragstellerin anbelangt. Dies gilt erst Recht, soweit sie selber angibt, nicht zu wissen, wer wann mit welchem Fahrzeug welche Fahrten unternimmt. Dazu bemerkt die Kammer zudem, dass offenbar aber ihr Fuhrparksleiter eine solche Kenntnis besitzen dürfte. Dies ist ihr - der Firma der Antragstellerin - zuzurechnen. Sie hätte dann dementsprechende Erkundigungen bei diesem einholen müssen, soweit dieser überhaupt entsprechende Dokumentationen führt. Gerade in Fällen vorliegender Art erweist sich die zuvor zitierte Rechtsprechung als zutreffend.

Dies gilt auch, soweit nunmehr von der hier verfügten Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuches zwei Kraftfahrzeuge aus dem Fuhrpark der Antragstellerin betroffen sind: § 31a Abs. 1 StVZO ermöglicht nicht nur eine Fahrtenbuchauflage bezüglich des Fahrzeugs, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen wurde, sondern er umfasst ausdrücklich auch mehrere, auf den Fahrzeughalter zugelassene Fahrzeuge. Ist der Adressat einer Fahrtenbuchauflage gleichzeitig Halter mehrerer Fahrzeuge - wie hier die Antragstellerin -, so dürfen diese im Rahmen der ordnungsgemäßen Ermessensausübung der Behörde mit in die Fahrtenbuchauflage einbezogen werden, wenn, etwa aufgrund der Nutzungsgepflogenheiten des Halters, auch mit anderen Fahrzeugen einschlägig Zuwiderhandlungen naheliegen und zu erwarten sind (vgl. VG Sigmaringen, Beschluss vom 8. November 2013 - 2 K 2856/13 -, juris). Genauso liegt der Fall hier; die insoweit anzustellende Prognose ist deshalb naheliegend, weil es bereits in der Vergangenheit zu den von der Antragsgegnerin zutreffend zitierten Verkehrsverstößen mit den beiden Fahrzeugen gekommen ist, auf die sich nunmehr die verfügte Fahrtenbuchauflage bezieht. Dies hat sie auch ermessensfehlerfrei bereits im angegriffenen Bescheid dargetan, § 114 Satz 1 VwGO, und im gerichtlichen Verfahren zulässigerweise gemäß § 114 Satz 2 VwGO in nicht zu beanstandender Art und Weise noch näher erläutert.

Gleiches gilt hinsichtlich der Dauer der Verfügung mit jeweils zwölf Monaten. Auch insoweit ist die vorgenommene Ermessensbetätigung im angegriffenen Bescheid jedenfalls dem Grunde nach angelegt und erkennbar, § 114 Satz 1 VwGO, und schließlich aber durch die überzeugenden Ausführungen in der Antragserwiderung gemäß § 114 Satz 2 VwGO hinlänglich dargetan.

Damit liegen sowohl die erforderliche Erhebung der maßgeblichen Tatsachen als auch die rechtmäßige Ermessensbetätigung der Antragsgegnerin hinsichtlich der Erstreckung der Fahrtenbuchauflage auf die im angegriffenen Bescheid bezeichneten Fahrzeuge (anders als im vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 06. Mai 2013 – 11 CS 13.426 –, juris, entschiedenen Fall) hier vor und erweist sich zudem die Anordnung der Dauer von (jeweils) zwölf Monaten (unter Berücksichtigung der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht z.B. mit Urteil vom 10. Februar 2011 – 12 LB 318/08 –, juris) als rechtmäßig. Danach erübrigen sich weitere Ausführungen der Kammer hierzu und geht das entgegenstehende Vorbringen der Antragstellerin insgesamt ins Leere und fehl.

Weil die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ersichtlich gegen den materiellen Teil der angegriffenen Verfügung, nämlich die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs, vorgeht und die im angegriffenen Bescheid auch bestimmte Gebührenfestsetzung nicht zum Gegenstand des Verfahrens nach § 80 Absatz 5 VwGO macht, braucht sich das Gericht hinsichtlich der Gebührenfestsetzung nicht mit den insoweit aus § 80 Absatz 2 Nr. 1, Absatz 6 VwGO resultierenden Fragestellungen zu befassen. Gleichwohl bemerkt das Gericht mit Blick auf das Hauptsacheverfahren, dass diese Festsetzung rechtmäßig sein dürfte, insbesondere weil der Gebührenrahmen entgegen den zugunsten der Antragstellerin irrigen Annahmen der Antragsgegnerin nicht bis nur 93,10 € reicht, sondern inzwischen bis 200,00 € eröffnet ist. Angesichts letzteren Umstandes erweist sich die Begründung, die der angegriffene Bescheid für die Gebührenfestsetzung abgibt, deshalb als gerade noch ausreichend, weil sich die Festsetzung der Verwaltungsgebühr in Höhe von 70,00 € im unteren Feld des Gebührenrahmens bewegt und nur deshalb allein keiner weiteren Begründung - wie ansonsten aber erforderlich - bedarf.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Absatz 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 46.13 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327 ff.). Der Wert ist abhängig von der Dauer der Fahrtenbuchauflage und beträgt 400,00 Euro je Monat, so dass bei einer Fahrtenbuchauflage von zwölf Monaten im Hauptsacheverfahren grundsätzlich ein Wert von 4.800,- Euro anzusetzen ist. Im angegriffenen Bescheid wird indessen eine Fahrtenbuchauflage von jeweils zwölf Monaten für zwei im einzelnen bezeichnete Fahrzeuge verfügt - dies führt nach Auffassung der Kammer angesichts der daraus resultierenden doppelten Beschwer zu einem Streitwert von 2 x 4.800,00 € im Hauptsacheverfahren, mithin 9.600,00 €.

Da im vorliegenden Eilverfahren lediglich eine vorläufige Regelung getroffen wird, ist der Wert hier nach Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs auf 4.800,- € zu halbieren.