Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 29.08.2018, Az.: L 3 U 184/16
Feststellung eines Arbeitsunfalls; Haftungsbegründende Kausalität
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 29.08.2018
- Aktenzeichen
- L 3 U 184/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 50278
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Lüneburg - 01.09.2016 - AZ: S 3 U 94/16
Rechtsgrundlagen
- § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII
- § 3 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII
Amtlicher Leitsatz
Mangels Unfallkausalität liegt kein Arbeitsunfall vor, wenn der Versicherte bei einem Betriebsweg gleichzeitig seinen Hund ausführt und dabei vom Hund umgerissen wird und stürzt.
Redaktioneller Leitsatz
Die Feststellung eines Arbeitsunfalls setzt regelmäßig voraus, dass eine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 1. September 2016 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls.
Der 1952 geborene Kläger ist seit 1985 als Uhrmachermeister und Juwelier selbstständig tätig. Am Abend des 15. Juli 2015 war er in F. zu Fuß unterwegs und führte dabei seinen Hund mit sich. Auf einem Fußweg am G. stürzte der Kläger und fiel auf die linke Hüfte. Wegen starker Schmerzen wurde er am Folgetag in das H. F. gebracht. Im Übergabeprotokoll des Rettungsdienstes ist vermerkt worden, dass der Kläger am Vorabend beim Spazierengehen mit einem Hund gestürzt und auf die linke Seite gefallen sei.
Die behandelnden Ärzte im Klinikum stellten eine mediale Oberschenkelhalsfraktur fest und versorgten diese operativ (Bericht Dr. I. ua vom 22. Juli 2015). Im Anschluss wies der Durchgangsarzt auf unterschiedliche Darstellungen des Unfallhergangs durch den Kläger hin. In der ersten Schilderung habe der Kläger angegeben, dass er auf dem Heimweg von einem Kunden einen Hund dabeigehabt habe, der durch eine Katze abgelenkt gewesen sei und ihn umgerissen habe. In der zweiten Variante habe er geschildert, dass er ausgerutscht und auf die linke Hüfte gefallen sei (Durchgangsarztbericht Dr. I. vom 24. Juli 2015).
Gegenüber der Beklagten gab der Kläger an, dass sein in J. als Goldschmiedemeister tätiger Bruder K. die Schmuckreparaturen übernehme, die der Kläger in seinem Geschäft von Kunden annehme. Am Unfalltag sei er nach Geschäftsschluss mit seinem Bruder auf dem Parkplatz am L. verabredet gewesen, um ein kleines Päckchen mit reparierten Schmuckstücken entgegenzunehmen. Nach der Übergabe des Päckchens sei der Kläger auf dem Rückweg zu seiner Wohnung auf dem vom Regen am Vortag rutschigen Gehweg ausgerutscht und über seinen Hund gefallen (Schreiben vom 10. August 2015).
Mit Bescheid vom 2. März 2016 lehnte die Beklagte sinngemäß die Anerkennung des Unfallereignisses vom 15. Juli 2015 als Arbeitsunfall ab. Es bestünden erhebliche Zweifel am Vorliegen einer versicherten Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt. Angesichts unterschiedlicher Angaben zum Unfallhergang sei nicht bewiesen, dass sich der Unfall tatsächlich auf einem Geschäftsweg ereignet hat.
Den dagegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2016 zurück. Ein geschäftliches Treffen auf dem Parkplatz am L. sei weiterhin nicht nachgewiesen. Zudem habe sich der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht auf dem direkten Heimweg befunden, sondern habe aus privaten, eigenwirtschaftlichen Zwecken (Gassi gehen mit dem eigenen Hund durch eine Grünanlage) einen Umweg gewählt, wodurch sich der Heimweg von 6 Minuten auf über eine halbe Stunde verlängert habe.
Am 12. Juli 2016 hat der Kläger bei dem Sozialgericht (SG) Lüneburg Klage erhoben und dort geltend gemacht, dass sich die Zweifel der Beklagten am Unfallhergang insbesondere aus einer falschen Darstellung im Operationsbericht des M. ergäben, die mittlerweile vom Klinikum richtiggestellt worden sei. Zudem stellten die Angaben im Durchgangsarztbericht und im Übergabeprotokoll des DRK den tatsächlich vom Kläger geschilderten Verlauf des Unfalls nicht korrekt dar. Der Kläger habe sich zum Unfallzeitpunkt auch auf dem direkten Weg vom Parkplatz zu seiner Wohnung befunden.
Mit Gerichtsbescheid vom 1. September 2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Das Ereignis vom 15. Juli 2015 könne nicht als Arbeitsunfall anerkannt werden, weil sich nicht feststellen lasse, dass tatsächlich die Zurücklegung eines beruflich bedingten Weges zum Unfallereignis geführt hat. Vielmehr lägen erhebliche Anhaltspunkte dafür vor, dass der Sturz seine Ursache nicht in der Bewältigung der Wegstrecke hatte, sondern in der nicht dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterfallenden, durch das private Mitführen des Hundes begründeten Tiergefahr. Darauf deute zunächst die erste der beiden im Durchgangsarztbericht vermerkten Unfallschilderungen hin, wonach der Hund durch eine Katze abgelenkt gewesen sei und den Versicherten umgerissen habe. Das Gericht sei überzeugt, dass diese Schilderung nur deswegen Eingang in den Bericht gefunden haben kann, weil sie zumindest sinngemäß vom Kläger gegenüber dem Arzt in dieser Weise abgegeben wurde. Trotz ihrer Kürze sei sie derart prägnant, dass es lebensfern erscheine, dass der Durchgangsarzt die Schilderung aufgrund eines Missverständnisses in wesentlich entstellter Weise niedergeschrieben hat. Ein weiteres Indiz dafür, dass zumindest der durch den Sturz aufgetretene Gesundheitsschaden seine wesentliche Ursache in der mit dem Ausführen des Hundes verbundenen Tiergefahr hatte, ergebe sich aus der schriftlichen Schilderung gegenüber der Beklagten vom 10. August 2015, in der der Kläger eingeräumt habe, dass er über seinen Hund gefallen und "dadurch wohl unglücklich auf die Bordsteinkante geprallt" sei. Aus diesen Gründen bestehe zumindest die gute Möglichkeit, dass der Kläger auf dem möglicherweise beruflich bedingten Rückweg vom Treffen mit seinem Bruder nicht zu Fall gekommen wäre, zumindest aber nicht an der Gesundheit geschädigt worden wäre, wenn er auf das Mitführen seines Hundes verzichtet hätte. Unter Berücksichtigung gesellschaftlicher Gepflogenheiten und Wertungskriterien diene das Mitführen eines privat gehaltenen Hundes beim Zurücklegen eines Weges vorrangig dem Ziel, dem Tier Auslauf zu verschaffen. Komme es durch die damit verbundene Tiergefahr zu einem Gesundheitsschaden des Versicherten, sei dieser nicht vom Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung umfasst, sondern der persönlichen Risikosphäre des Halters gefährlicher Tiere zuzurechnen. Dabei falle es dem Kläger zur Last, dass nicht geklärt werden könne, welche genaue Rolle das Tier bei der Hervorrufung des Sturzes und der Gesundheitsstörung gespielt hat.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 5. September 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 5. Oktober 2016 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt. Dazu bezieht er sich im Wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen und rügt, dass das SG ihn nicht persönlich zum Unfallhergang angehört habe. Für die Einordnung eines Sturzereignisses als Arbeitsunfall sei es unerheblich, ob der Versicherte über einen Hund oder zB ein Kabel stolpere.
Der Kläger beantragt,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 1. September 2016 und den Bescheid der Beklagten vom 2. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2016 aufzuheben und
2. festzustellen, dass das Ereignis vom 15. Juli 2015 ein Arbeitsunfall gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. August 2018 persönlich angehört. Insoweit wird auf das Terminsprotokoll verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Unfallakte und Mitgliedsakte des Klägers) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klage ist als Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs 1 iVm § 55 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache kann sie aber keinen Erfolg haben, weil die Beklagte es zutreffend abgelehnt hat, das Ereignis vom 15. Juli 2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
1. Nach § 8 Abs 1 S 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs 1 S 2 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität; vgl Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 3. April 2014 - B 2 U 25/12 R, SozR 4-2700 § 136 Nr 6 mwN).
Dabei müssen die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" erfüllen sollen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen (vgl hierzu BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 43). Dafür ist zwar keine absolute Gewissheit erforderlich; verbliebene Restzweifel sind bei einem Vollbeweis jedoch nur so lange unschädlich, wie sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (vgl BSG, Urteil vom 24. November 2010 - B 11 AL 35/09 R - juris mwN). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt demgegenüber die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings eine bloße Möglichkeit (vgl BSG, Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 33/07 R, BSGE 103, 54 mwN). Dabei ist der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (BSG, Urteil vom 27. Juni 2017 - B 2 U 17/15 R, juris mwN).
2. Nach diesen Vorgaben stellt das Ereignis vom 15. Juli 2015 keinen Arbeitsunfall dar.
a) Es bestehen keine gewichtigen Zweifel daran, dass der Kläger an diesem Tag auf dem Fußweg am G. in F. gestürzt ist und dadurch einen Gesundheitsschaden, nämlich eine mediale Oberschenkelhalsfraktur erlitten hat. Damit liegt ein Unfall vor.
b) Demgegenüber ist zweifelhaft, ob der Kläger zum Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit als Unternehmer nach § 3 Abs 1 Nr 1 SGB VII ausgeübt hat. Abgesehen davon, dass der Kläger im Rahmen seiner persönlichen Anhörung nicht erklären konnte, warum auf dem der Beklagten vorgelegten Lieferschein der 12. Juli 2015 als Datum der Abholung der reparierten Schmuckstücke vermerkt worden ist - was für sich genommen gegen eine Übergabe des Pakets erst am 15. Juli 2015 spricht -, ist jedenfalls nicht ohne weiteres plausibel, dass sich der Kläger zur Entgegennahme des Pakets mit seinem Bruder am Parkplatz L. verabredet und getroffen haben will. Dabei überzeugt der Hinweis des Klägers auf fehlende oder unzureichende Parkmöglichkeiten in der Nähe seiner Wohnung schon deshalb nicht, weil es an der N. sowohl an der Einmündung O. als auch am P. Parkplätze gibt. Dass - wie der Kläger weiter anführt - die Nutzung dieser Parkmöglichkeiten mit einer nennenswerten Erschwerung des vom Bruder zurückzulegenden Weges verbunden gewesen wäre, kann angesichts der vom Bruder zurückgelegten Gesamtstrecke von über 40 km und der nur wenige hundert Meter betragenden Entfernung zwischen Parkplatz L. und N. auch nicht ohne weiteres angenommen werden.
Der Senat kann diese Zweifel aber dahinstehen lassen und unterstellt den Vortrag des Klägers, wonach er sich zum Zeitpunkt des Sturzes auf dem Rückweg von einem Treffen mit seinem Bruder am L. befunden und dabei ein vom Bruder übergebenes Schmuckpaket getragen habe, als wahr. Von einer Beweiserhebung durch Vernehmung seines Bruders als Zeugen hat der Senat insoweit abgesehen, weil auch unter der Annahme der Richtigkeit dieses Vortrags der Unfall nicht rechtlich wesentlich durch die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit verursacht worden ist.
aa) Bei Zugrundelegung dieses Vortrags hat der Kläger zum Unfallzeitpunkt allerdings eine versicherte Tätigkeit ausgeübt.
Für die Beurteilung maßgebender Ausgangspunkt ist dabei die unmittelbar vor Eintritt des Unfallereignisses jeweils ausgeübte Verrichtung, die möglichst konkret zu beschreiben ist (vgl BSG, Urteil vom 26. Juni 2014 - B 2 U 4/13 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 52). Danach ergibt sich hier, dass der Kläger unmittelbar vor dem Unfall auf dem Fußweg am G. gegangen ist, dabei ein Schmuckpaket getragen und zugleich seinen Hund an der Leine geführt hat.
Damit hat der Kläger zunächst einen versicherten Betriebsweg zurückgelegt. Betriebswege sind Wege, die in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden, Teil der versicherten Tätigkeit sind und damit der Betriebsarbeit gleichstehen. Sie werden im unmittelbaren Betriebsinteresse unternommen und unterscheiden sich von Wegen nach und von dem Ort der Tätigkeit iSd § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII dadurch, dass sie der versicherten Tätigkeit nicht lediglich vorausgehen oder sich ihr anschließen. Sie sind nicht auf das Betriebsgelände beschränkt, sondern können auch außerhalb der Betriebsstätte anfallen (vgl BSG, Urteil vom 31. August 2017 - B 2 U 9/16 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 63). Die Entgegennahme des Schmuckpakets und die dafür erforderliche Zurücklegung des Weges einschließlich des Rückwegs diente dem unmittelbaren Betriebsinteresse, da der Kläger in seinem Ladengeschäft die Schmuckgegenstände von Kunden zum Zweck der Reparatur entgegengenommen hatte und dementsprechend zur Rückgabe der reparierten Gegenstände verpflichtet gewesen ist. Demzufolge hat der Kläger sowohl mit dem Gehen als auch mit dem Tragen des Schmuckpakets unmittelbar vor dem Sturz eine versicherte Tätigkeit verrichtet.
bb) Die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit entfällt auch nicht dadurch, dass der Kläger gleichzeitig seinen Hund an der Leine geführt hat.
Indem er zu Fuß gegangen ist und zeitgleich das Schmuckpaket getragen sowie seinen Hund an der Leine geführt hat, ist der Kläger einer gemischten Tätigkeit nachgegangen. Gemischte Tätigkeiten setzen - in Abgrenzung zum Handeln mit gemischter Motivationslage bzw von Tätigkeiten mit einer gespaltenen Handlungstendenz - (zumindest) zwei gleichzeitig ausgeübte untrennbare Verrichtungen voraus, von denen (wenigstens) eine den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt (vgl dazu näher BSG, Urteil vom 26. Juni 2014 aaO mwN). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Kläger hat einerseits seinen Hund an der Leine geführt; das diente erkennbar nicht den betrieblichen Interessen seines Unternehmens, sondern dem rein privaten Interesse des Klägers, seinem Hund Auslauf zu verschaffen. Soweit der Kläger im Rahmen seiner persönlichen Anhörung in diesem Zusammenhang erklärt hat, er fahre nach Geschäftsschluss und auch ansonsten üblicherweise "in die Pläne" bzw "irgendwo in die Feldmark", um dem Hund Auslauf zu gewähren, hält der Senat das für eine bloße Schutzbehauptung. Denn es ist kaum glaubhaft, dass ein großer Hund, der mehrfach täglich Auslauf benötigt, nicht auch regelmäßig in der Nähe der Wohnung bzw des Geschäfts des Klägers ausgeführt wird, obwohl sich dafür insbesondere die nahe gelegene Parkanlage am G. eignen dürfte. Soweit der Kläger ausgeführt hat, er sei mit dem Hund nicht spazieren gegangen, sondern habe ihn auf dem Weg zur Verabredung mit seinem Bruder nur mitgenommen, weil er ihn nicht allein lassen könne und der Hund den ganzen Tag bei ihm sei, ist das schon dadurch widerlegt, dass der Hund zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat allein im Geschäft des Klägers verblieben ist. Das Mitführen des Hundes war damit keine notwendige Begleiterscheinung eines vom Kläger aus anderen (betrieblichen) Gründen zurückgelegten Weges, sondern eine eigenwirtschaftliche und somit unversicherte Verrichtung. Demgegenüber waren das Gehen und das Tragen des Schmuckpakets wie oben dargelegt versichert. Die gleichzeitig ausgeübten Verrichtungen lassen sich auch nicht in nacheinander liegende Anteile zerlegen.
Aufgrund der damit vorliegenden gemischten Tätigkeit steht die Verrichtung einer versicherten Tätigkeit als solche fest; im Vordergrund steht insoweit die Prüfung der Unfallkausalität (BSG aaO).
cc) Die Einwirkung auf den Körper des Klägers infolge des Sturzes und der dadurch verursachte Oberschenkelhalsbruch sind aber nicht infolge der Verrichtung der versicherten Tätigkeit eingetreten.
(1) Dabei war das Tragen des Schmuckpakets schon im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn (vgl dazu näher BSG aaO) nicht ursächlich für den Sturz und den dadurch eingetretenen Gesundheitsschaden. Denn nach dem Vorbringen des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat ist es zu dem Sturzereignis dadurch gekommen, dass der von ihm an der Leine geführte Hund plötzlich eine Katze erspäht und den Kläger umgerissen hat. Dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt ein Schmuckpaket getragen hat, hatte auf den Unfallhergang ersichtlich keinen Einfluss, sodass das Tragen des Pakets hinweggedacht werden kann, ohne dass der Unfall entfiele.
(2) Demgegenüber lässt sich das (versicherte) Zurücklegen des Betriebswegs zwar nicht hinwegdenken, ohne dass auch das Sturzereignis und die dadurch hervorgerufene Oberschenkelhalsfraktur entfiele. Das Zurücklegen des Wegs war aber nicht wesentliche Ursache des Sturzes und des dabei erlittenen Gesundheitsschadens.
Steht die versicherte Tätigkeit als eine Ursache im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn (bzw "Wirkursache", vgl BSG aaO) fest, muss sich auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller weiteren auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr darstellen. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll (BSG aaO mwN). Das ist hier zu verneinen.
Aufgrund der persönlichen Anhörung des Klägers steht zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger unmittelbar vor dem Sturz seinen 33 Kilogramm schweren Golden Retriever an der Leine geführt hat. Dabei war die Leine im Unfallzeitpunkt vollständig gespannt, sodass der Kläger - wie er selbst erklärt hat - "mit einiger Wucht umgerissen worden" ist. Danach liegt nicht nur auf der Hand, dass das Führen des Hundes an der Leine im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn Ursache für den Unfall gewesen ist; denn auch diese Verrichtung kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Sturz und die daraus resultierende Oberschenkelhalsfraktur entfielen. Vielmehr wird daran bei wertender Betrachtung zugleich deutlich, dass sich kein Risiko verwirklicht hat, gegen das der (hier unterstellte) Versicherungstatbestand Schutz gewähren soll. Die Versicherung nach § 3 Abs 1 Nr 1 SGB VII umfasst zwar auch die Risiken eines Betriebswegs. Vorliegend hat sich aber gerade keine spezifische Gefahr realisiert, die aus dem Zurücklegen des Betriebswegs resultierte, etwa indem der Kläger gestolpert oder ausgerutscht wäre. Verwirklicht hat sich vielmehr die durch das Führen des Hundes an der Leine bedingte Gefahr, von dem aus rein eigenwirtschaftlichen Interessen mitgeführten Hund umgerissen zu werden. Das ist aber keine spezifische Gefahr der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers, gegen die die Versicherung Schutz gewähren sollte; dieses Risiko ist vielmehr allein dem privaten, unversicherten Bereich zuzuordnen. Dass sich der Unfall bei Gelegenheit der Zurücklegung eines Betriebswegs ereignet hat, ändert daran nichts. Denn angesichts der vorliegenden Umstände kommt der besonderen Beziehung der unversicherten Ursache zum Eintritt des Erfolgs (hier: des Sturzes und des dadurch hervorgerufenen Gesundheitsschadens, also des Unfalls) gegenüber der (versicherten) Mitursache des Gehens überragende Bedeutung zu (vgl dazu BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 17). Das Unfallereignis war hier in besonderem Maße dadurch geprägt, dass der Kläger von seinem kräftigen Hund "umgerissen" worden ist, weil er diesen an der Leine geführt hat. Diese Krafteinwirkung steht mit der reinen Zurücklegung des versicherten Weges in keinerlei Zusammenhang; unter Berücksichtigung der besonderen Art und des Ausmaßes dieser unversicherten Einwirkung einerseits sowie des vergleichsweise risikoarmen Zurücklegens des Betriebswegs auf dem Fußweg andererseits kommt der versicherten Ursache daher keine wesentliche Bedeutung für den Unfall zu. Überragende und damit rechtlich allein wesentliche Ursache für den Unfall war vielmehr die unversicherte Ursache des Führens des Hundes an der Leine.
Nach alledem hat die (eventuelle) versicherte Tätigkeit nicht im Sinne einer rechtlich wesentlichen Ursache zu dem Unfallereignis beigetragen, sodass ein Arbeitsunfall jedenfalls aus diesem Grund nicht vorliegt.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), sind nicht ersichtlich.