Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 30.08.2005, Az.: 13 B 4894/05
Abschiebung; Arbeitsvertrag; Aufenthaltsbefugnis; Aufenthaltserlaubnis; Ausweisungsgrund; Ausweisungsgrund der Obdachlosigkeit; außergewöhnliche Härte; Begehung von Straftaten; begleitetes Umgangsrecht; besondere Härte; besondere Umstände; Ermessensentscheidung; falsche Volkszugehörigkeitsangaben; humanitäre Gründe; illegale Einreise; Inanspruchnahme öffentlicher Mittel; Kind; Obdachlosigkeit; ohne Visum; Roma; Rückreise nach Kosovo; Serbien; Sicherstellung des Lebensunterhaltes; Straftaten; Umgang durch Ferienaufenthalte; Unterhalt; Verlängerung einer Aufenthaltsbefugnis; Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis; vorläufiger Rechtsschutz; Überprüfung der Angaben
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 30.08.2005
- Aktenzeichen
- 13 B 4894/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 50767
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 1 Nr 2 AufenthG
- § 2 Abs 3 AufenthG
- § 5 Abs 1 Nr 1 AufenthG
- § 5 Abs 2 Nr 1 AufenthG
- § 8 Abs 1 AufenthG
- § 25 Abs 4 S 2 AufenthG
- § 25 Abs 5 AufenthG
- § 55 Abs 2 Nr 2 AufenthG
- § 55 Abs 2 Nr 5 AufenthG
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 EURO festgesetzt (§§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 GKG).
Gründe
Der Antrag des Antragstellers,
die aufschiebende Wirkung der am 18.08.2005 erhobenen Klage anzuordnen,
bleibt ohne Erfolg.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelf (§ 80 Abs. 1 VwGO) ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. in Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO die aufschiebende Wirkung anordnen. Dabei prüft das Gericht zum Einen, ob im Fall des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die Anordnung der sofortigen Vollziehung ordnungsgemäß nach § 80 Abs. 3 VwGO begründet wurde. Zum anderen trifft das Gericht eine eigene Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des bzw. der Antragsteller, vorläufig von den Wirkungen des angefochtenen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben (Aufschubinteresse) und dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung dieses Verwaltungsaktes (Sofortvollzugsinteresse). Bei dieser Interessenabwägung sind wiederum zunächst die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs des bzw. der Antragsteller in der Hauptsache zu berücksichtigen, soweit diese bei summarischer Prüfung absehbar sind. Bestehen bereits bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO) und wird der Rechtsbehelf deshalb in der Hauptsache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben, ist dem Antrag regelmäßig stattzugeben, denn ein überwiegendes öffentliches (oder anderes privates) Interesse am sofortigen Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes kommt nicht in Betracht. Bestehen solche Zweifel nicht, erweist sich also der angegriffene Verwaltungsakt bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig und wird der Rechtsbehelf in der Hauptsache deshalb mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben, so ist der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in der Regel abzulehnen. So liegt es hier.
Die Antragsgegnerin hat zu Recht die Verlängerung der noch nach dem früheren § 30 AuslG bis zum 15.08.2005 erteilten Aufenthaltsbefugnis als Aufenthaltserlaubnis nach § 25 AufenthG abgelehnt.
Nach § 8 Abs. 1 AufenthG sind auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis dieselben Vorschriften anzuwenden, die für deren Erteilung gelten.
Bereits die Voraussetzungen des § 5 AufenthG zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis liegen nicht vor. Der Antragsteller ist illegal ohne Visum eingereist, obwohl er nicht in seiner Heimat politisch verfolgt wurde (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG). Es ist ebenfalls nicht sichergestellt, dass sein Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel sichergestellt ist (§ 5 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 3 AufenthG). Zwar hat der Antragsteller nunmehr einen Arbeitsvertrag vorgelegt. Das Verhalten des Antragstellers in der Vergangenheit, so wie es sich aus den vorgelegten Verwaltungsvorgängen ergibt, berechtigten jedoch zu starken Zweifeln, ob der Lebensunterhalt auch in absehbarer Zukunft weiterhin durch Arbeit des Antragstellers sichergestellt bleiben wird. Weiterhin darf kein Ausweisungsgrund vorliegen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG). Der Antragsteller hat jedoch wiederholt Straftaten begangen (u.a. Körperverletzung und Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung), so dass ein Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vorliegt. Außerdem war der Antragsteller zumindest bisher längerfristig obdachlos (Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG). Zwar trägt der Antragsteller vor, er habe jetzt auch eine Wohnung gefunden und sei nicht mehr obdachlos. Nachweise dazu ist er jedoch schuldig geblieben. Ohne weiteres glaubhaft ist der Antragsteller aber nicht. So hat er bereits bei seiner Einreise versucht, seine Asylberechtigung durch falsche Angaben zu seiner Volkszugehörigkeit zu erschleichen. Deshalb kann auf Nachweise zur Überprüfung seiner Angaben nicht verzichtet werden.
Zwar kann nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis auch abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG (und damit abweichend von den allgemeinen Voraussetzungen des § 5 AufenthG) verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles das Verlassen des Bundesgebietes für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde.
Die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin, auch hiernach keine Verlängerung auszusprechen, ist aber bereits deshalb nicht zu beanstanden, weil schon gar keine außergewöhnliche Härte im Sinn dieser Vorschrift beim Antragsteller vorliegt.
Die außergewöhnliche Härte liegt jedenfalls nicht darin, dass der Antragsteller noch ein Kind hat, welches jedenfalls derzeit weiterhin im Bundesgebiet lebt (der aufenthaltsrechtlichen Status des Kindes ist nicht bekannt). Der Antragsteller lebt mit diesem Kind aber nicht zusammen. Er darf es lediglich nur einmal im Monat sehen und dann nur in Form eines begleiteten Umgangsrechtes, d.h. unter Aufsicht eines Mitarbeiters des Kinderschutzbundes. Nach Auskunft des Fachdienstes 34 der Antragsgegnerin (Bl. 372 der Verwaltungsvorgänge) leistet der Antragsteller auch keinen Unterhalt für dieses Kind.
Sollte es später doch noch zu einer positiven Entwicklung im Verhältnis des Antragstellers zu seinem Kind kommen, geht die Antragsgegnerin zu Recht davon aus, dass dann der Umgang ggf. eben so gut durch Ferienaufenthalte möglich ist.
Nur der Vollständigkeit halber weist das Gericht darauf hin, dass daneben die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 bis 3 AufenthG offensichtlich nicht vorliegen. Weder ist der Antragsteller als Asylberechtigter anerkannt noch liegen die Voraussetzungen des § 60 AufenthG vor. Der Asylantrag des Antragstellers und zwei Folgeanträge wurden vielmehr bestandskräftig abgelehnt.
Ob die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG bei Roma, die aus dem Amselfeld stammen, gegeben sind, bedarf hier keiner Klärung. Das Verwaltungsgericht Braunschweig hatte dies in einer Art „obiter dictum“ in einem Urteil vom 29.06.2005 - 6 A 171/05 - bejaht, der beschließende Einzelrichter neigt jedoch eher dazu, dieser Einschätzung nicht folgen zu können. Letztendlich kommt es darauf aber nicht an, denn der Antragsteller wurde in bzw. bei Belgrad geboren und lebte auch dort vor seiner Ausreise nach Deutschland (so schon die eigenen Angaben des Antragstellers in seiner Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 09.12.1993). Einer Rückreise des Antragstellers nach Rest-Serbien, wo er herstammt, stehen die Verhältnisse in der Provinz Kosovo nach alledem nicht entgegen (vgl. dazu auch die oben zitierte Entscheidung des VG Braunschweig).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 52 Abs. 2 GKG n.F. und, weil es sich um ein vorläufiges Verfahren handelt, mit der Hälfte des Streitswertes für das Hauptsacheverfahren.