Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 24.08.2005, Az.: 11 B 3961/05
Zeitliche Dauer des Sortenschutzes für Saatgut und Pflanzgut nach dem Sortenschutzgesetz (SortSchG); Gesetzeszweck des SortSchG und des Saatgutverkehrsgesetzes (SaatG); Vorliegen rechtlich geschützter unternehmerischer Interessen nach Beendigung des Sortenschutzes nach dem SortSchG
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 24.08.2005
- Aktenzeichen
- 11 B 3961/05
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 32135
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2005:0824.11B3961.05.0A
Rechtsgrundlagen
- § 3 SaatG
- § 52 Abs. 6 SaatG
- § 13 SortSchG
Verfahrensgegenstand
Auslauffrist "E."
In der Verwaltungsrechtssache
hat das Verwaltungsgericht Hannover -11. Kammer -
am 24. August 2005
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die für erstattungsfähig erklärt werden.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50.000,00 EURO festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG).
Gründe
I.
Die Antragstellerinnen begehren die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage (11 A 4037/05) gegen eine vom Bundessortenamt der Antragsgegnerin für sofort vollziehbar erklärte Verfügung, mit der die Auslauffrist für die Anerkennung und das Inverkehrbringen von Saatgut/Pflanzgut der Kartoffelsorte "E." bis zum 30.06.2007 verlängert worden ist.Die Antragstellerin zu 1) war ausweislich ihres Vortrags und eines Auszuges aus der Sor-tenschutzrolle bis zum 31.12.2004 Sortenschutzinhaberin für die Kartoffelsorte "E." (Beginn des Sortenschutzes: 21.03.1974).
Der Antragstellerin zu 2) war seit dem 17.03.2004 von der Antragstellerin zu 1) das ausschließliche Nutzungsrecht für "E." eingeräumt worden.
Die Kartoffelsorte "E." wurde mit Beschluss des Sortenausschusses 2 des Bundessortenamtes der Antragsgegnerin vom 21.03.1974 mit dem Anmelder und Züchter F. OHG in die Sortenliste eingetragen. Auf jeweiligen Antrag der F. OHG wurde die Sortenzulassung für "E." mehrfach verlängert, zuletzt mit Beschluss des Sortenausschusses 2 der Antragsgegnerin vom 09.02.2000 bis zum 31.12.2009.
Mit am 12.11.2004 bei der Antragsgegnerin eingegangenem Schreiben der Antragstellerin zu 1) vom 10.11.2004 zog diese mit sofortiger Wirkung die Kartoffelsorte "E." von der Sortenliste zurück und beantragte eine Auslauffrist bis 30.06.2005.
Die Antragsgegnerin stellte mit Allgemeinverfügung vom 16.11.2004 fest, dass die Sortenzulassung für "E." am 12.11.2004 geendet habe und setzte eine Auslauffrist für die Anerkennung und das Inverkehrbringen von Saatgut/Pflanzgut bis zum 30.06.2005 fest.
Ausweislich des Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin beantragte der Beigeladene am 10.01.2005 erneut die Sortenzulassung für "E.", das diesbezügliche Verfahren ist - soweit ersichtlich - noch nicht abgeschlossen.
Der Beigeladene und drei weitere Landwirte beantragten Anfang Mai 2005 bei der Antragsgegnerin eine Verlängerung der Auslauffrist für "E." bis zum 30.06.2008. Zur Begründung trugen sie im Wesentlichen vor, sie hätten anerkennungsfähiges Pflanzgut dieser Kartoffelsorte produziert und wollten dies mit dem Beigeladenen als VO-Firma anmelden. Das Verbraucherinteresse an der Kartoffel "E." bestehe weiter.
Die Antragsgegnerin verlängerte daraufhin mit Allgemeinverfügung vom 06.05.2005 die o. g. Auslauffrist bis zum 30.06.2007 und teilte dies dem Beigeladenen und den Übrigen o. g. drei Landwirten mit Schreiben vom 09. bzw. 11.05.2005 mit.
Die Antragstellerinnen haben mit Schreiben vom 12.05.2005 Widerspruch erhoben. Zur Begründung trugen sie u.a. vor, der Beigeladene Unterfalle nicht dem Schutzbereich des § 52 Abs. 6 Saatgutverkehrsgesetz (SaatG), da er nicht über autorisiertes Pflanzgut der Sorte "E." verfügen dürfte. Weder die Antragstellerinnen als ehemalige Sortenschutzinhaberin bzw. ausschließlich Nutzungsberechtigte noch ihre Vertragsvermehrer hätten dem Beigeladenen Material geliefert.
Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05.07.2005 als unzulässig und unbegründet zurück und ordnete den Sofortvollzug der "mit Bescheiden vom 09.05.2005 und 11.05.2005 festgesetzten Auslauffrist bis zum 30.06.2007" für die Sorte "E." an. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Antragstellerinnen seien nicht in eigenen Rechten betroffen und daher nicht widerspruchsbefugt entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO. Bei der Verlängerung der Auslauffrist handele es sich um einen rein begünstigenden Verwaltungsakt, der der Vermeidung wirtschaftlicher Härten bei Vermehrern und in der Handelsstufe diene und nicht den Interessen des Züchters, der das Risiko der fortbestehenden Voraussetzungen für die Zulassung seiner Sorte selbst zu tragen habe. Dabei obliege es der Antragsgegnerin im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 52 Abs. 6 SaatG nicht, z.B. bei Vermehrern die Berechtigung zum Besitz von Pflanzgut zu prüfen Dies gelte auch für andere saatgutrechtliche Vorschriften, so sei z.B. das Inverkehrbringen von Saatgut gemäß § 3 SaatG nicht an den Nachweis einer Verfügungsbefugnis gebunden. Grundlage für die Festsetzung einer Auslauffrist sei nach ständiger Verfahrenspraxis der Antragsgegnerin das Vorhandensein von anerkanntem Saatgut, welches noch vermarktet werden könne sowie die Kenntnis der Kategorien, denen das Saatgut zugehöre, die eine weitere Vermehrung ermöglichten. Diese Angaben könnten durch die Vermehrungsflächenstatistik der Antragsgegnerin überprüft werden. Da im Jahr 2004 nach den Unterlagen der Antragsgegnerin noch erhebliche Mengen an zertifiziertem Saatgut, Basis- sowie etwas Vorstufensaatgut produziert worden sei, rechtfertige sich die Verlängerung der Auslauffrist.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei auch im öffentlichen Interesse geboten, da die Verlängerung der Auslauffrist offensichtlich rechtmäßig sei und Rechtsmittel dagegen offenbar aussichtslos erschienen.
Die Antragstellerinnen haben am 06.07.2005 um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht und am 08.07.2005 Klage erhoben (11 A 4037/05).
Zur Begründung des Eilantrages führen sie im Wesentlichen aus, die Verlängerung der Auslauffrist bis zum 30.06.2007 stelle für sie den Widerruf eines begünstigenden Verwaltungsakts i.S.v. § 49 VwVfG dar und verletze sie in ihren Rechten. Die Antragstellerin zu 2) habe im Vertrauen auf die zunächst erfolgte Festsetzung bis zum 30.06.2005 einschneidende wirtschaftliche Dispositionen getroffen und große Teile ihres Basispflanzguts der Sorte "E." vernichtet oder zumindest weit unter dem eigentlichen Marktwert in einer niedrigeren Kategorie als Z-Pflanzgut abgegeben. Die nunmehr durch die Verlängerung u.a. dem Beigeladenen ermöglichte längere Vermarktung von Saat- und Pflanzgut der Sorte "E." setze die Antragstellerinnen in ihren Wettbewerbschancen zurück. Die Anordnung des Sofortvollzuges sei im Übrigen nicht hinreichend begründet i.S.v. § 80 Abs. 3 VwGO. Die Verlängerung der Auslauffrist sei offensichtlich rechtswidrig und ermessensfehlerhaft. Schließlich verweisen die Antragstellerinnen auf zu ihren Gunsten ergangene Schiedssprüche des Schiedsgerichts für Saatgut- und Sortenschutzstreitigkeiten der Landwirtschaftskammer Hannover, in denen vertraglich an die Antragstellerin zu 2) gebundenen Vermehrern der Sorte "E." untersagt wurde, sich vertragswidrig zu verhalten.
Die Antragstellerinnen beantragen,
die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 09.05.2005 wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie wiederholt und vertieft ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, das rein wirtschaftliche Interesse der Antragstellerinnen sei mit Ablauf des Sortenschutzes und dem Verzicht auf Sortenzulassung nicht mehr geschützt. Die Sortenzulassung stelle kein Eigentumsrecht dar, sondern nur die Erlaubnis zum Inverkehrbringen. Dabei komme es für die Antragsgegnerin bei der Entscheidung über die Auslauffrist nicht darauf an, ob die Antragstellerinnen mit bestimmten Vermehrern privatrechtliche Vereinbarungen hätten, die letztere in ihrer Verfügungsmacht beschränkten. Ebenso wenig begründe das unternehmerische Risiko ein die Antragsbefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO eröffnendes Recht. Im Übrigen sei die angefochtene Verlängerungsentscheidung offensichtlich rechtmäßig.
Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
den Antrag abzulehnen.
Er trägt zur Begründung im Wesentlichen vor, der die Interessen des Züchters und damit der Antragstellerseite privatrechtlich schützende Sortenschutz sei vorliegend unstreitig ausgelaufen, Gesetzeszweck des öffentlich-rechtlichen Saatgutverkehrsgesetzes sei hingegen primär der Schutz der Saatgutverbraucher sowie die Sicherung der Versorgung der Landwirtschaft mit qualitativ hochwertigem Saatgut. Diesen durch den Auslauf des Sortenschutzes nach bestimmter Zeit dem Ausgleich der Interessen des Sortenschutzberechtigten einerseits und der Allgemeinheit andererseits dienenden Grundsatz versuchten die Antragstellerinnen zu unterlaufen, indem sie auch nach Beendigung des Sortenschutzes ein weiteres Inverkehrbringen von Pflanzgut der Kartoffelsorte "E." zu verhindern suchten. Schützenswerte Rechte der Antragstellerinnen seien durch die Verlängerung der Sortenzulassung nicht betroffen. Der Antrag sei daher unzulässig und darüber hinaus auch unbegründet, da die Antragsgegnerin völlig zutreffend die Interessen der Allgemeinheit am Erhalt vorhandenen anerkennungsfähigen Saatguts der Sorte "E." höher gewichtet habe als die rein wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerinnen.
Wegen des weiteren Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg, da eine mögliche Verletzung eigener Rechte der Antragstellerinnen (§§ 42 Abs. 2,113 Abs. 1 S. 1 VwGO) durch die von der Antragsgegnerin gemäß § 52 Abs. 6 SaatG verfügte Verlängerung der Auslauffrist für die Anerkennung und das Inverkehrbringen von Saatgut/Pflanzgut der Kartoffelsorte "E." nicht ersichtlich ist.Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Antragstellerinnen vorläufigen Rechtsschutz wie vorgetragen nach § 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO analog oder unmittelbar gemäß § 80 Abs. 5 VwGO begehren. Zulässigkeitsvoraussetzung ist in jedem Fall das Vorliegen einer Antragsbefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Komm. z. VwGO, § 80 Rdnr. 316 ff.), dies gilt auch bereits im Widerspruchsverfahren (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Komm. z. VwGO, § 70 Rdnr. 42).
Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Eine Antragsbefugnis liegt demnach nicht vor, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Antragsteller behaupteten Rechte bestehen oder ihm zustehen können (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Komm. z. VwGO, § 42 Abs. 2 Rdnr. 67 m.w.N.). Normzweck des § 42 Abs. 2 VwGO ist zum einen der Schutz der beklagten Exekutive vor einer Sachprüfung, die zum Schutz klägerischer Rechte eindeutig nicht erforderlich ist; zum anderen erlaubt er die verfahrensbegrenzende Selektion solcher Rechtswidrigkeitsrügen, die sich auf offensichtlich nicht klägerschützende Normen beziehen (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, § 42 Abs. 2 a.a.O.). Dementsprechend kann eine Anfechtungsklage selbst bei rechtswidrigen Verwaltungsakten gemäß § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO nur Erfolg haben, wenn eine Rechtsverletzung des Klägers vorliegt.
Dies zu Grunde gelegt, vermag die Kammer in der Entscheidung der Antragsgegnerin, die Auslauffrist für die Anerkennung und das Inverkehrbringen von Saatgut/Pflanzgut der Kartoffelsorte "E." zu bis zum 30.06.2007 festzusetzen (dem nach dem Gesetz späteste möglichen Zeitpunkt), eine mögliche Verletzung geschützter Rechte der Antragstellerinnen nicht zu erkennen.
Das Bundessortenamt der Antragsgegnerin kann gemäß § 52 Abs. 6 SaatG eine Auslauffrist für die Anerkennung und das Inverkehrbringen von Saatgut oder Vermehrungsmaterial der Sorte zu gewerblichen Zwecken bis längstens zum 30. Juni des dritten Jahres nach der Beendigung der Sortenzulassung festsetzen.
Grundsätzlicher Gesetzeszweck des Saatgutverkehrsgesetzes ist - anders als beim Sortenschutzgesetz -, die Versorgung der Landwirtschaft und des Gartenbaus mit qualitativ einwandfreiem Saatgut wichtiger Kulturpflanzen sicherzustellen. Zu diesem Zweck soll durch ein vorgeschriebenes Anerkennungsverfahren gewährleistet werden, dass das in den Verkehr gebrachte Saatgut einer zugelassenen Sorte angehört und den gesetzlichen Kategonen entspricht. Dies bedeutet nicht mehr, als dass das Gesetz insoweit den Belangen der Allgemeinheit dient. Anhaltspunkte dafür, dass es auch unmittelbar das vermögensrechtliche Interesse einzelner Saatguterzeuger am Absatz ihrer Erzeugnisse schützt gibt es dagegen nicht (vgl. Urt. d. BGH v. 09.06.1994 - IIIZR 126/93 - in NVwZ 1994 S ' 1237 ff.; ebenso in der Vorinstanz Urt. d. OLG Celle v. 12.07.1993 -16 U 132/92 (44/94) in AgrarR 1994, S. 210 ff.). Dem Recht des Sortenschutzinhabers auf wirtschaftliche Nutzung seiner Sorte dient das Sortenschutzgesetz (SortSchG), dessen Schutzwirkungen jedoch mit dem Auslaufen des Sortenschutzes nach dreißig Jahren - vorliegend zum 31.12.2004 - gemäß § 13 SortSchG enden. Dabei liegt der Grund für die Begrenzung der Schutzdauer im notwendigen Ausgleich zwischen den Interessen des Sortenschutzinhabers und den Belangen der Allgemeinheit. Der Sortenschutzinhaber - zumeist der Züchter - soll ausreichend Zeit für die wirtschaftliche Nutzung seiner Sorte haben, die seiner schöpferischen Leistung und seinem finanziellen Aufwand gerecht wird. Aber auch die Allgemeinheit soll nach einer angemessenen Zeitspanne ohne Beschränkungen durch den Züchter an dessen Leistung teilhaben, da dieser auch aus den Werten der Allgemeinheit schöpft und der Weiterentwicklung keine zu starken Einschränkungen entgegenstehen sollen (vgl. Wuesthoff-Leßmann-Würtenberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Sortenschutz, Bd. 1 Rdnr. 1152).
Die nach § 52 Abs. 6 SaatG mögliche Festsetzung einer Auslauffrist bei Beendigung einer Sortenzulassung stellt nach Auffassung der Kammer einen begünstigenden Verwaltungsakt dar, der dem Empfängerkreis für sich genommen keine irgendwie geartete rechtliche Verpflichtung auferlegt (vgl. Urt. d. BVerwG v. 09.01.1989 - 6 C 47/86 - in NVwZ 1989, S. 1172 ff.). Sie dient entsprechend den Ausführungen der Antragsgegnerin der Vermeidung wirtschaftlicher Härten bei Vermehrern und in der Handelsstufe und gerade nicht den unternehmerischen Interessen des ehemaligen Sortenschutzinhabers am Fortbestehen seiner ehemals über den Sortenschutz geschützten Entscheidungsbefugnisse über die Vermarktung seiner Sorte.
Insofern stellt sich die Verlängerung der Auslauffrist mit der Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 06.05.2005 auch nicht als Widerruf der ursprünglich mit Verfügung von 16 11 2004 kürzer datierten Auslauffrist dar, sondern als - den Antragstellerinnen allerdings unwillkommene - mit keiner rechtlichen Belastung verbundene Ausweitung der begünstigenden Entscheidung über die Auslauffrist bis zum gesetzlich längst möglichen Zeitpunkt.
Rechtlich geschützte unternehmerische Interessen der Antragstellerinnen an einer kurzen Auslauffrist sind mit Beendigung des Sortenschutzes nicht mehr ersichtlich. Die von den Antragsstellerinnen vorgetragene Auswirkung der Entscheidung der Antragstellerin auf ihre Wettbewerbchancen ist con Art. 14 GG nach Beendigung des Sortenschutzes nicht geschützt (vgl. BVerwGE 65, 167 173) [BVerwG 23.03.1982 - 1 C 157/79]. Auch ein Verstoß gegen Art. 1 GG im Sinne einer willkürlichen Ungleichbehandlung der Antragstellerinnen ist nicht ersichtlich, die Verlängerung der Auslauffrist begünstigt alle Marktteilnehmer gleich und damit auch die Antragstellerinnen, die nach ihrem eigenen Vortrag in diesem Jahr ca. 98 ha mit "E." bestellte Vermehrungsfläche zur Anerkennung angemeldet haben (und damit nahezu 90% der im Bereich der Landwirtschaftskammer Hannover bzw. der Bezirksstelle Uelzen angemeldeten Flächen). Insoweit ist auch eine mögliche Verletzung des Rechts auf fehlerfreie Ermessensausübung nicht dargetan. Schließlich ist auch weder ersichtlich noch substantiiert vorgetragen, dass durch die angefochtene Verfügung der Antragsgegnerin die Fähigkeit der Antragstellerinnen zur Teilnahme am Wettbewerb so eingeschränkt worden wäre, dass ihre Möglichkeit, sich als verantwortliche Unternehmer wirtschaftlich zu betätigen, beeinträchtigt gewesen wäre (vgl. BVerwGE 65, 167,174) [BVerwG 23.03.1982 - 1 C 157/79]. In die als Teil der Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Freiheit der Teilnahme am Wettbewerb wurde nicht eingegriffen. Eventuell falsche unternehmerische Entscheidungen sind durch das öffentliche Recht nicht geschützt.
Die von den Antragstellerinnen vorgelegten Entscheidungen des Schiedsgerichtes für Saatgut- und Sortenschutzstreitigkeiten der Landwirtschaftskammer Hannover betreffen schließlich im Wesentlichen Streitigkeiten um zivilrechtliche Vermehrungsverträge zwischen der Antragstellerin zu 2) und ihren Vertragsvermehrem. Auf die Entscheidung im vorliegenden Verfahren haben sie keine Auswirkungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da dieser einen eigenen Antrag gestellt hat und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50.000,00 EURO festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 GKG).
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 3, 52 Abs.1 GKG n.F.
Döpp,
Peters