Landgericht Hildesheim
Beschl. v. 24.06.2005, Az.: 5 T 158/05

Erlass eines Abschiebehaftbefehls wegen der Besorgnis der Flucht des ausgewiesenen Ausländers; Verpflichtung zur Unterrichtung einer Vertrauensperson vor Erlass eines Abschiebungshaftbefehls

Bibliographie

Gericht
LG Hildesheim
Datum
24.06.2005
Aktenzeichen
5 T 158/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 33263
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHILDE:2005:0624.5T158.05.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Holzminden - AZ: 4XiV1852B

Fundstelle

  • ANA-ZAR 2005, 26 (Kurzinformation)

Verfahrensgegenstand

Bosnisch-herzegowinischer Staatsangehöriger

In der Abschiebehaftsache
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim
auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen vom 28.04.2005
gegen
den Beschluss des Amtsgerichts Holzminden vom 19.04.2005
am 24.06.2005
beschlossen:

Tenor:

Es wird festgestellt, dass der Erlass des Haftbefehls vom 19.04.2005 gegen Art. 104 GG verstößt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer trägt 2/3 der entstandenen Kosten des Beschwerdeverfahrens. Zu 1/3 bleiben die Gerichtsgebühren außer Ansatz. Wert: 3.000,00 EUR.

Gründe

1

Das Amtsgericht Holzminden hat gegen den Beschwerdeführer Haft zur Sicherung seiner Abschiebung auf die Dauer von 3 Monaten angeordnet. Seine dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist sachlich nicht begründet und war daher zurückzuweisen.

2

Der Abschiebehaftantrag der Ausländerbehörde ist nach § 62 AufenthG begründet. Der Betroffene ist unerlaubt nach Deutschland eingereist. Er ist vollziehbar zur Ausreise verpflichtet. Es besteht die Gefahr, dass er sich einer freiwilligen Ausreise oder Abschiebung ohne vorherige Inhaftierung entziehen wird, da er sich in der Vergangenheit mehrfach falscher Identitäten bedient und Aufenthaltsbeschränkungen missachtet hat, um auf jeden Fall gegebenenfalls auch illegal in Deutschland bleiben zu können. Ein solches Abtauchen steht erneut zu befürchten, wenn er ohne vorherige Inhaftierung von einer beabsichtigten Abschiebung unterrichtet würde.

3

Einer Inhaftierung steht nicht nach § 62 Abs. 2 Satz 4 AufenthG die Erwartung entgegen, der Ausländerbehörde werde es nicht gelingen, binnen der Haftzeit von 3 Monaten Passersatzpapiere zu beschaffen. Dem Landkreis ... liegt seit dem 10. 6. 2005 die Zusage der zuständigen Stelle vor, dass die erforderlichen Papiere kurzfristig ausgestellt werden.

4

Es liegt auch kein Verstoß gegen § 72 Abs. 4 AufenthG vor. Die Staatsanwaltschaft Hildesheim hat am 22. 6. 2005 der Abschiebung zugestimmt.

5

Damit hat die sofortige Beschwerde gegen den Haftbefehl keinen Erfolg; die sofortige Beschwerde war daher zurückzuweisen.

6

Daneben hat der Beschwerdeführer auch Feststellung begehrt, dass bei Erlass des Haftbefehls gegen Art 104 GG verstoßen worden sei, da das Gericht keine Vertrauensperson von der Inhaftierung unterrichtet habe. Jeder Inhaftierte hat nach Art 104 Abs. 4 GG Anspruch darauf, dass ein Angehöriger oder eine Vertrauensperson über die Anordnung oder die Fortdauer der Freiheitsentziehung unterrichtet wird. Dies hat das Amtsgericht nach Erlass des Haftbefehls nicht getan.

7

Da die Verletzung des Art 104 Abs. 4 GG den sachlichen Inhalt der Entscheidung jedoch nicht berührt, war lediglich auszusprechen, dass die Unterlassung der unverzüglichen Unterrichtung des Angehörigen oder der Vertrauensperson die Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt (BVerfGE 16, 32, 35 [BVerfG 30.04.1963 - 2 BvM 1/62]) [BVerfG 30.04.1963 - 2 BvM 1/62].

8

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 14, 15 FEVG.