Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 04.02.2016, Az.: 6 B 165/15

Atemalkoholkonzentration; Blutalkohol; Jagdschein; Munition; Strafverfahren; Trunkenheitsfahrt; Unzuverlässigkeit; Venüle; Verwertungsverbot; Waffe

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
04.02.2016
Aktenzeichen
6 B 165/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43009
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte und die Ungültigkeitserklärung seines Jagdscheines.

Am 16. November 2014 um 0:05 Uhr wurde der Antragsteller von Beamten der Polizeistation B. auf der K9 beim Führen eines Pkws im öffentlichen Verkehrsraum kontrolliert. Dabei stellten die Polizeibeamten eine Atemalkoholkonzentration von 1,91 g Promille fest. Um 0:55 Uhr wurde dem Antragsteller eine Blutprobe entnommen. Die Polizeibeamten beschlagnahmten außer dem Führerschein eine Langwaffe, die der Antragsteller im Kofferraum des Fahrzeugs mit sich führte, sowie 40 Schuss Munition, die sich im Fahrzeug befanden. Nach dem Vermerk der Polizeistation B. befand sich die Langwaffe in einem abgeschlossenen Behältnis.

Nach dem Bericht des Instituts für Rechtsmedizin der medizinischen Hochschule Hannover vom 14. Januar 2015 traf die Blutprobe am 18. November 2014 im Institut ein. Der Versandbehälter und die Plastik-Verpackung, in der sich die Venüle befand, waren beschädigt. Aufgrund der Beschädigung war ein relevanter Anteil des Blutes ausgelaufen. Der in der Venüle befindliche Blutkuchen wurde in ein entsprechendes Eppendorf-Gefäß umgefüllt und bis zur weiteren Untersuchung tiefgefroren gelagert. Nach dem Zustand der Blutprobe und den vorliegenden Defekten hatte keine Kontamination des für die Untersuchung verwendeten Materials durch äußerliche Einflüsse stattgefunden. Eine Untersuchung des zur Verfügung stehenden Materials nach dem Standardverfahren war nicht möglich. Es musste ein Verfahren angewendet werden, das normalerweise zur Bestimmung der Blutalkoholkonzentration im Hämatomblut von Verstorbenen verwendet wird, welches sich am Institut an einer Vielzahl von Proben bewährt haben soll. Die Ermittlung der Alkoholkonzentration erfolgte dabei indirekt aus der Messung der Alkoholkonzentration im Wasseranteil und bei Zugrundelegung eines mittleren Blut-Wassergehaltes von 80 %. Bei der Untersuchung ergaben sich folgende Ergebnisse:

GC  Verfahren 1: 2,24 g Promille und 2,37 g Promille

GC Verfahren 2: 2,35 g Promille und 2,29 g Promille

Mittelwert: 2,31 g Promille.

Zusammenfassend stellte das Institut fest, dass in der untersuchten Probe nach dem oben beschriebenen Verfahren eine mittlere Blutalkoholkonzentration von 2,31 g Promille festgestellt worden sei. Auch wenn man eine größere Messunsicherheit im Vergleich zum Standardverfahren unterstelle, könne aus rechtsmedizinisch-toxikologischer Sicht davon ausgegangen werden, dass die Möglichkeit, dass es bei einer Untersuchung nach dem Standardverfahren zu einer Unterschreitung des Grenzwertes für die absolute Fahruntüchtigkeit gekommen wäre, nicht gegeben sei.

Im Strafverfahren erklärte der Antragsteller mit anwaltlichem Schriftsatz vom 4. März 2015, eine Blutalkoholkonzentration im Bereich der absoluten Fahruntüchtigkeit, jedoch unterhalb der 1,6 g Promillegrenze, könne gegebenenfalls eingeräumt werden.

Daraufhin erließ das Amtsgericht Lüneburg am 29. Mai 2015 einen Strafbefehl, in welchem es dem Antragsteller zur Last legte, ein Fahrzeug mit einem Blutalkoholgehalt von mindestens 1,1 g Promille im Straßenverkehr geführt zu haben, obwohl er nicht mehr fahrtüchtig gewesen sei, und ihn zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilte.

Nach Anhörung des Antragstellers widerrief der Antragsgegner mit Bescheid vom 24. November 2015 die Waffenbesitzkarte Nummer 119/02 des Antragstellers (Ziffer 1), forderte ihn auf, die darin eingetragenen insgesamt 5 Waffen innerhalb eines Monats unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten im Sinne des Waffengesetzes zu überlassen sowie die Waffenbesitzkarten dem Antragsgegner innerhalb eines Monats  zu übergeben(Ziffer 2) und erklärte den am 28. März 2013 verlängerten Jagdschein Nr. 6/2001 für ungültig und zog ihn ein (Ziffer 3). Ferner drohte er dem Antragssteller für den Fall, dass die Waffenbesitzkarte oder der Jagdschein nicht fristgerecht abgegeben würden, ein Zwangsgeld in Höhe von 500 € an und ordnete die sofortige Vollziehung der Anordnungen zu 2 und 3 an.

Am 23. Dezember 2015 hat sich der Antragsteller sowohl mit einer Klage in der Hauptsache (6 A 514/15) als auch mit einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes an das Gericht gewandt.

Er trägt ergänzend vor, seine Arbeitgeberin, ein Verlag, habe ihm bereits mit Schreiben vom 7. Dezember 2015 die Beendigung des Anstellungsverhältnisses angedroht, wenn er seinen Jagdschein verliere. Er habe am 15. und 16. November 2014 Kunden des Verlages im Jagdhaus in C. betreut. Gegen Mitternacht habe er sich mit seinem PKW auf den Nachhauseweg gemacht. Im Jagdhaus habe er Alkohol konsumiert gehabt. Auf der Fahrt nach D. sei er in eine Polizeikontrolle geraten. Die Langwaffe habe er in einem ordnungsgemäß abgeschlossenen Waffenkoffer im Kofferraum mitgeführt. Getrennt davon habe er die Munition in der Fahrgasse in einem Rucksack aufbewahrt. Zu seinen Gunsten hätte aufgrund der nicht verwertbaren Blutuntersuchung lediglich von einem Alkoholgehalt von 1,1 g Promille ausgegangen werden dürfen. Der Antragsgegner habe die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die Gerichtsverwertbarkeit von Blutalkoholuntersuchungen nicht beachtet. Die Fahrerlaubnis sei ihm mittlerweile wieder erteilt worden. Die Entscheidung des Antragsgegners sei unverhältnismäßig.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Das Gericht kann gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung einer Klage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen und in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Bei dieser vom Gericht zu treffenden Entscheidung sind die einander widerstreitenden beiderseitigen Interessen gegeneinander abzuwägen. Dabei sind der Zweck des Gesetzes und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Im Rahmen der Abwägung kommt dem voraussichtlichen Ausgang des Hauptsacheverfahrens besondere Bedeutung zu. Je größer die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren, desto geringer sind die an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers zu stellenden Anforderungen. Das öffentliche Interesse wiegt demgemäß umso schwerer, je größer die Wahrscheinlichkeit ist, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 80 Rdnr. 158 m.w.N.).

Bei Anwendung dieser Maßstäbe überwiegt vorliegend das behördliche Vollzugsinteresse. Die angefochtene Verfügung vom 24. November 2015 erweist sich bei der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung als rechtmäßig.

Der Widerruf der Waffenbesitzkarten ist nach § 45 Abs. 5 WaffG kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Im Übrigen ist die sofortige Vollziehung auch in einer dem § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Form angeordnet worden. Aus der Anordnung geht hervor, aus welchen Gründen der Antragsgegner ein besonderes öffentliches Interesse am Vollzug der angeordneten Maßnahmen bejaht. Erforderlich ist eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehung notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen zurücktreten muss, zunächst von dem von ihm bekämpften Verwaltungsakt nicht betroffen zu werden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 80 Rn. 85). Diesen Anforderungen genügen die Darlegungen des Antragsgegners; bei fehlender Zuverlässigkeit oder Eignung des Waffenbesitzers kann ein fortgesetzter Waffenbesitz nicht hingenommen werden.

1. Der Antragsgegner hat seine Entscheidung, die Waffenbesitzkarte zu widerrufen, auf § 45 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b WaffG gestützt. Danach ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b) WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit für die Erteilung der Erlaubnis zum Umgang mit Waffen und Munition Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.

Die Tatsache, die diese Annahme rechtfertigt, sieht der Antragsgegner zu Recht darin, dass das Mitführen einer Waffe bei einer Autofahrt in stark alkoholisiertem Zustand die Prognose rechtfertigt, dass der Antragsteller unzuverlässig i. S. d. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG ist. Zwar enthält das Waffengesetz im Rahmen der Zuverlässigkeitsregelungen keine ausdrücklichen Vorschriften in Bezug auf Alkoholgenuss. Jedoch hat die Kammer keinen Zweifel, dass das Mitführen einer Waffe bei einer Autofahrt mit einer Blutalkoholkonzentration, die deutlich im Bereich der absoluten Fahruntüchtigkeit liegt, im Hinblick auf die daraus resultierenden Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer eine Unzuverlässigkeit im waffenrechtlichen Sinne begründen kann. Insoweit hat der Gesetzgeber im Bereich des Straßenverkehrs durch die Schaffung des § 24 a StVG der wissenschaftlich abgesicherten Erkenntnis Rechnung getragen, dass ab einer Alkoholmenge von 0,25 mg/l Alkohol oder mehr in der Atemluft oder 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut durch die Wirkung des Alkohols nicht mehr ausreichend sicher ein Kraftfahrzeug geführt werden kann, weil bereits bei einer BAK zwischen 0,5 und 1 Promille und entsprechender AAK-Werte infolge Enthemmung und erhöhter Risikobereitschaft erhebliche Verkehrsgefahren entstehen (vgl.: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Auflage, § 24 a StVG Rn. 7). Dabei ist ferner zu bedenken, dass typischerweise bereits ab 0,3 Promille erste Beeinträchtigungen wie Einschränkungen des Sehfeldes und Probleme bei der Entfernungseinschätzung, ab 0,5 Promille ein deutliches Nachlassen der Reaktionsfähigkeit und ab 0,8 Promille erste Gleichgewichtsstörungen, eine Einengung des Gesichtsfeldes (Tunnelblick) und eine deutliche Enthemmung zu verzeichnen sind (vgl. etwa www.bads.de/Alkohol/ alkoholwirkungen.htm). Dies legt die Annahme nahe, dass Personen, die mit einer BAK im hier relevanten Bereich von mindestens 1,1 Promille ein Fahrzeug führen, mit Waffen und Munition nicht vorsichtig oder sachgerecht umgehen (so bei BAK von 1,39 Promille VG Gera, Beschluss v. 28.4.2014 – 2 E 284/14 - in juris).

Im Übrigen ist es im ordnungsrechtlichen Verfahren auch nicht von vorneherein ausgeschlossen, die Erkenntnisse aus der Untersuchung des Blutkuchens, die das rechtmedizinische Gutachten darlegt, zu verwerten. Zu Verwertungsverboten im

Ordnungsrecht hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil v. 20.11.2014 (11 LC 232/13 - , in juris) ausgeführt:

„Richtig …ist im Ansatz, dass im Recht der Gefahrenabwehr - vorbehaltlich einer ausdrücklichen Verbotsnorm - ein Verwertungsverbot nicht von vornherein und voraussetzungslos eintritt, sondern dass es einer Güterabwägung bedarf (vgl. allgemein Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 24, Rdnr. 31 ff. m.w.N.;  weitergehend wohl VG Düsseldorf, Urt. v. 13.9.2012 - 18 K 7552/11 -, juris, Rdnr. 32: „Ein Beweisverwertungsverbot ist dem Recht der Gefahrenabwehr fremd“). Im ordnungsbehördlichen Fahrerlaubnisentziehungsverfahren unterliegen deshalb unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen oder gegen den Richtervorbehalt gemäß § 81a Abs. 2 StPO gewonnene fahreignungsrelevante Erkenntnisse ähnlich wie Erkenntnisse, die in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren rechtswidrig gewonnen wurden, nicht einem pauschalen Verwertungsverbot. Es ist vielmehr nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs in die Rechte des Betroffenen einerseits sowie des Interesses an der Straßenverkehrssicherheit und am Schutz von Leben und Gesundheit unbeteiligter Dritter andererseits abzuwägen, ob ein Verwertungsverbot besteht (vgl. hierzu etwa Bay. VGH, Beschl. v. 7.10.2014 - 11 ZB 14.1517 -, juris. Rdnr. 8; Beschl. v. 31.1.2014 - 11 CS 13.2216 -, BayVBl. 2014, 665, juris, Rdnr.13; Thüringer OVG, Beschl. v. 25.6.2014 - 2 EO 124/14 -, juris, Rdnr. 6; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 21.6.2010 - 10 S 4/10 -, VBlBW 2010, 400, juris. Rdnr. 11; Sächs. OVG, Beschl. v. 1.2.2010 - 3 B 161/08 -, juris, Rdnr. 7; Nds. OVG Urt. v. 14.8.2008 - 12 ME 183/08 -, juris, Rdnr. 6, jeweils m.w.N.). Vergleichbares gilt etwa im Ausländerrecht bei dem Verdacht einer „Scheinehe“ (s. hierzu <allerdings verneinend> Hamb. OVG, Beschl. v. 21.3.2007 - 3 Bs396/05 -, NJW 2008, 96, juris), im Fall der Betriebsprüfung eines Taxenunternehmers (VG Neustadt/Weinstraße, Urt. v. 22.9.2014 - 3 K 364/14.NW -, juris, Rdnr. 64 m.w.N.) und bei aufgrund einer Prüfung des Betriebes durch das Finanzamt zu Tage getretenen Erkenntnissen über zweckfremde Mittelverwendung im Subventionsrecht (VG Düsseldorf, Urt. v. 20.8.2014 - 20 K 176/14 -, juris, Rdnr. 35).“

Hier spricht für die Verwertung der Erkenntnisse aus dem rechtsmedizinischen Gutachten das Interesse der Allgemeinheit an einem sicheren Umgang mit Schusswaffen sowie am Schutz von Leben und Gesundheit unbeteiligter Dritter; demgegenüber liegt kein schwerer Eingriff in Rechte des Antragstellers vor. Der Umstand, dass im Strafverfahren nur bestimmte Methoden zur Bestimmung der Blutalkoholkonzentration zugelassen sind und diese hier wegen der zufälligen Beschädigung der Venüle nicht eingehalten werden konnten, führt nicht dazu, dass die dabei gewonnenen Erkenntnisse im Verwaltungsverfahren nicht berücksichtigt werden dürfen. Sowohl das rechtsmedizinische Gutachten als auch die gemessene Atemalkoholkonzentration sprechen für eine Blutalkoholkonzentration von deutlich über 1,6 Promille. Bei einem derartigen Sachverhalt ist die vom Antragsgegner getroffene Prognose, dass der Antragsteller auch künftig mit Waffen und Munition nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen wird, gerechtfertigt, zumal von einer erheblichen Alkoholgewöhnung des Antragstellers auszugehen ist.

Der Berücksichtigung von Alkoholgenuss im Rahmen des § 5 WaffG steht auch nicht entgegen, dass das Waffenrecht Alkohol lediglich in § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erwähnt. Daraus, dass diese Norm im Rahmen der Regelung der persönlichen Eignung Alkoholabhängigkeit ausdrücklich erwähnt, kann nicht der Schluss gezogen werden, damit liege eine abschließende Regelung vor, die es quasi verbiete, im Rahmen von § 5 WaffG auch Alkoholkonsum zu berücksichtigen. Beide Vorschriften betreffen unterschiedliche Regelungsbereiche. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG normiert Rechtsfolgen nur für den Fall der Alkoholabhängigkeit. Hier geht es jedoch um die Frage der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit im Zusammenhang mit Alkoholgenuss im Einzelfall. Zwar ergibt sich eine gewisse Überschneidung der Regelungsbereiche der beiden zuvor behandelten Vorschriften insoweit, als die hier im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b WaffG berücksichtigte Alkoholisierung möglicherweise zugleich unter § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WaffG subsumiert werden kann. Denn nach dem Vorstehenden kann eine mit einer Verhaltensbeeinflussung einhergehende Alkoholisierung - unabhängig von einer Alkoholabhängigkeit - einen in der Person liegenden Umstand darstellen, der die Annahme rechtfertigt, die Person werde nicht vorsichtig oder sachgemäß mit der Waffe umgehen. Dies hindert eine Berücksichtigung einer Alkoholisierung im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b WaffG jedoch nicht, wenn zu der Alkoholisierung weitere Tatsachen hinzutreten, die zusammen mit der Alkoholisierung ein spezifisch waffenrechtlich bedenkliches Verhalten ergeben (vgl.: OVG Münster, Beschluss vom 28. Februar 2013 - 20 A 2430/11 - zitiert nach Juris). Dieser Umstand liegt hier in der nächtlichen Autofahrt unter erheblicher Alkoholisierung. Der waffenrechtliche Bezug folgt aus dem Mitführen der Schusswaffe.

Die Erklärungsversuche des Antragstellers führen nicht weiter. Nach seinem eigenen Vortrag hat der Antragsteller Kunden seines Verlages im Jagdhaus C. betreut. Warum er seine Schusswaffe mitführte und ob er sie im Rahmen dieser Tätigkeit aus seinem Pkw genommen hat, hat er ebenso wenig dargelegt wie die Einzelheiten seines offensichtlich ganz erheblichen Alkoholkonsums. Zu Recht folgert der Antragsgegner aus dem Verhalten des Antragstellers, dass eine Person, die, obwohl sie eine Schusswaffe mit sich führt, sich dazu verleiten lässt, in erheblichem Maße Alkohol zu konsumieren, die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b WaffG nicht besitzt. Die prognostische Annahme der Unzuverlässigkeit erfordert nicht die Feststellung der konkreten Gefahr, dass sich das in Rede stehende "Versagen" des Antragstellers wiederholt. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist zwar eine zukunftsbezogene Beurteilung gefordert unter Einbeziehung und Bewertung aller Tatsachen, die in diesem Zusammenhang bedeutsam sind. Die Prognose hat sich indes am Zweck des Gesetzes zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten uneingeschränktes Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Hat ein Waffenbesitzer in diesem Zusammenhang bereits einmal "versagt", ist schon dies allein ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. Demgegenüber ist nicht etwa der Nachweis gefordert, der Betreffende werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Zukunft erneut mit Waffen nicht sorgsam umgehen. Angesichts des möglichen Schadens bei Nichtbewährung und des präventiven ordnungsrechtlichen Charakters der Forderung nach einer besonderen Zuverlässigkeit für den Erwerb und Besitz erlaubnispflichtiger Waffen und Munition genügt es vielmehr, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine nicht ordnungsgemäße Ausübung des erlaubnispflichtigen Umgangs mit Waffen verbleibt (vgl.: OVG Münster, Beschluss vom 28. Februar 2013 - 20 A 2430/11 - juris unter Berufung auf BVerwG, Beschlüsse vom 2. November 1994 - 1 B 215.93 -, NVwZ-RR 1995, 143, und vom 12. Oktober 1998 - 1 B 245.97 -, Buchholz 402.5, WaffG Nr. 83).

2. Rechtsgrundlage für die Anordnung des Antragsgegners zu 2. ist § 46 Abs. 2 WaffG. Danach kann die zuständige Behörde, wenn jemand aufgrund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist, Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen hat, und sie noch besitzt, anordnen, dass er binnen angemessener Frist  die Waffen oder Munition dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber gegenüber der Behörde führt. Die Voraussetzungen dieser Regelung liegen mit dem Widerruf der Waffenbesitzkarte  (s.o.) vor.

3. Auch die Anordnungen hinsichtlich des Jagscheines sind rechtsfehlerfrei erfolgt. Denn ein Jagdschein ist zwingend für ungültig zu erklären und einzuziehen (§ 18 Abs. 1 Satz 1 BJagdG), wenn Tatsachen, welche seine Versagung begründen, erst nach Erteilung eintreten oder der Behörde bekanntwerden. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BJagdG ist der Jagdschein Personen zu versagen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit oder körperliche Eignung nicht besitzen. Fehlen die Zuverlässigkeit oder die persönliche Eignung im Sinne der §§ 5 und 6 WaffG, darf gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (Falknerjagdschein) erteilt werden. Das bedeutet umgekehrt, dass bei fehlender Zuverlässigkeit oder persönlicher Eignung im Sinne von §§ 5 und 6 WaffG jeder andere Jagdschein zu versagen ist (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. Februar 2014 – 16 A 2367/11 –, juris). Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe der angefochtenen Verfügung Bezug genommen, denen das Gericht folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG.