Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 17.11.2020, Az.: 5 A 2762/19
Bachelorabschluss; Gesetz über die Berufe des psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsyc; gleichwertiges Hochschulstudium der Psychologie; konsekutiver Studiengang Psychologie; Masterabschluss; Psychotherapeutengesetz in der bis zum 31.08.2020 geltenden Fassung; Studium Psychologie
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 17.11.2020
- Aktenzeichen
- 5 A 2762/19
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2020, 71898
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 27 PsychThG
- § 5 Abs 2 S 1 Nr 1a PsychThG
- § 5 Abs 2 S 1 Nr 1c PsychThG
- § 12 Abs 1 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Ein im Inland an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule erworbener Bachelorabschluss im Studiengang Psychologie, der das Fach Klinische Psychologie einschließt, ist eine Abschlussprüfung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG in der bis zum 31.08.2020 geltenden Fassung. Bei dem in einem anderen Staat erworbenen Abschluss im Studiengang Psychologie, der das Fach Klinische Psychologie einschließt und vom Niveau her einem im Inland erworbenen Bachelorabschluss entspricht, handelt es sich deshalb um ein in dem anderen Staat erfolgreich abgeschlossenes gleichwertiges Hochschulstudium der Psychologie im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c) PsychThG in der bis zum 31.08.2020 geltenden Fassung.
Tenor:
Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheids vom C. (Az.: D. Zugangsqualifikation A.) verpflichtet, festzustellen, dass die Klägerin die Zugangsvoraussetzungen für eine Ausbildung als Psychologische Psychotherapeutin nach § 5 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 c) in Verbindung mit Nr. 1 a) Psychotherapeutengesetz in der bis zum 31.08.2020 geltenden Fassung erfüllt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Feststellung, dass sie die Zugangsvoraussetzungen für eine Ausbildung als Psychologische Psychotherapeutin erfüllt.
Sie beantragte am E. beim Beklagten die Prüfung, ob sie die Zugangsvoraussetzungen gemäß § 5 Abs. 2 Psychotherapeutengesetz (PsychThG) für die Ausbildung zum/zur Psychologischen Psychotherapeuten/-therapeutin und zum/zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten/-therapeutin in F. erfüllt. Sie legte ein Hochschulzeugnis aus der G. vor, ausgestellt am 11.07.2001 von der H., wonach sie die Qualifikation als Psychologin und Lehrerin für Psychologie erlangt hat.
Nach der Bewertung in der ANABIN Datenbank der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) entspricht ein in der G. an der I. erlangter Abschluss als Psychologe und Lehrer einem in Deutschland absolvierten Bachelorabschluss im Studiengang Psychologie.
Mit Bescheid vom C. stellte der Beklagte gegenüber der Klägerin fest, dass sie die Voraussetzungen für den Zugang zu einer Ausbildung als Psychologische Psychotherapeutin nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c) i.V.m. Nr. 1 a) PsychThG nicht erfülle, weil das von ihr in der G. abgeschlossene Hochschulstudium der Psychologie nicht einer in Deutschland an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule bestandenen Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie entspreche. Bei dem Studium der Psychologie in Deutschland handele es sich um einen sogenannten konsekutiven Studiengang. Dies bedeute, dass erst nach Abschluss des Masterstudiengangs das Studium der Psychologie als abgeschlossen gelte. Ein Bachelorabschluss in Psychologie, auch wenn er – wie bei der Klägerin – das Fach Klinische Psychologie einschließe, erfülle die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 PsychThG daher nicht. Das von der Klägerin erworbene Diplom mit der Qualifikation Psychologin und Fachlehrerin für Psychologie in der Fachrichtung Psychologie entspreche nach der Bewertung der ZAB lediglich dem deutschen Bachelorabschluss, sodass formal keine Gleichwertigkeit mit einem in Deutschland erlangten Studienabschluss im Studiengang Psychologie vorliege. Mit weiterem Bescheid vom C. teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass der von ihr in der G. erlangte Studienabschluss aufgrund der absolvierten pädagogischen Anteile die Voraussetzungen für die Aufnahme einer Ausbildung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin nach dem Psychotherapeutengesetz erfülle.
Die Klägerin hat am J. Klage gegen den Bescheid vom C. erhoben, mit dem ihr der Zugang zu einer Ausbildung als Psychologische Psychotherapeutin verwehrt wird.
Zur Begründung führt sie aus, nach dem Wortlaut von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c) PsychThG sei für die Zulassung zur Ausbildung als Psychologische Psychotherapeutin entscheidend, dass sie ein einem abgeschlossenen Psychologiestudium in Deutschland gleichwertiges Hochschulstudium der Psychologie vorweisen könne. Entscheidend sei demnach nicht der erlangte Abschluss, sondern der Inhalt ihres Studiums. Der Beklagte hätte deshalb eine Gleichwertigkeitsprüfung vornehmen müssen, wie sich auch aus § 5 Abs. 2 Satz 2 PsychThG ergebe. Eine solche Prüfung müsste ergeben, dass ihr in der G. absolviertes Studium mit einem Psychologiestudium in Deutschland vergleichbar sei, weil sich die Ausbildungsbestandteile nicht wesentlich unterscheiden würden. Ein in Deutschland erfolgreich abgeschlossenes Bachelor- und Masterstudium der Psychologie umfasse insgesamt 300 Credit Points (Leistungspunkte), wobei ein Credit Point einer Arbeitsbelastung von 25 bis maximal 30 Stunden entspreche. Demnach beinhalte das gesamte Hochschulstudium eine Arbeitsbelastung von 7.500 bis maximal 9.000 Stunden und sei damit mit den von ihr erbrachten Studienleistungen von 8.600 Stunden vergleichbar. Ihre Zulassung zur Ausbildung als Psychologische Psychotherapeutin könne deshalb nicht mit der Begründung abgelehnt werden, sie verfüge nicht über einen formalen Masterabschluss für den Studiengang Psychologie. Dabei könne der Beklagte sich auch nicht auf das von ihm zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts stützen.
Ungeachtet dessen entspreche ihr Studienabschluss nicht lediglich dem deutschen Bachelor-Niveau. Vielmehr sei ihr zehnsemestriges Psychologiestudium mit dem „alten“ inländischen, neun Semester dauernden Diplomstudiengang im Fach Psychologie vergleichbar. Mit Blick darauf, dass das „alte“ Diplom für Psychologie dem „neuen“ inländischen Master gleichgestellt werde, sei nicht nachvollziehbar, weshalb ihr in K. absolviertes Psychologiestudium nicht dem „neuen“ Master entsprechen solle. Bei einer von der ZAB vorzunehmenden Gleichwertigkeitsprüfung seien auch zwingend ihre bisherigen praktischen Erfahrungen als Psychologin und ihre Studienleistungen aus ihrem, wenn auch nicht bestandenem, Masterstudium an der L. M. zu berücksichtigen. Soweit auf ihre eigene Veranlassung bereits eine Gleichwertigkeitsprüfung durch die ZAB mit dem Ergebnis erfolgt sei, dass ihr Abschluss vom Niveau her zwischen der Bachelor- und Masterebene einzuordnen sei, sei diese Bewertung nicht nachvollziehbar. Die ZAB habe ihre Einschätzung weder in der Zeugnisbewertung vom N. noch in ihrer ergänzenden Stellungnahme in der Mail vom O. an den Beklagten nachvollziehbar begründet. Die Bewertung durch die ZAB habe deshalb keine Aussagekraft.
Im Übrigen sei der Bescheid auch formell rechtswidrig, da der Beklagte sie vor Erlass des Bescheids nicht angehört habe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom C. (Az.: D. Zugangsqualifikation A.), mit dem für sie die Zugangsqualifikation für eine Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin nach § 5 Psychotherapeutengesetz in der bis zum 31.08.2020 geltenden Fassung verneint worden ist, aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, festzustellen, dass für sie die Zugangsvoraussetzungen nach § 5 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 c) in Verbindung mit Nr. 1 a) Psychotherapeutengesetz in der bis zum 31.08.2019 geltenden Fassung vorliegen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Soweit die Klägerin meine, sie hätte vor Erlass des Bescheids angehört werden müssen, sei eine Anhörung vor der Ablehnung eines begünstigenden Verwaltungsakts nicht erforderlich, da nicht in bestehende Rechte der Betroffenen eingegriffen werde.
Der Ablehnungsbescheid sei auch materiell rechtmäßig. Die in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c) PsychThG geforderte Gleichwertigkeit eines in einem anderen Staat erfolgreich abgeschlossenen Hochschulstudiums sei anzunehmen, wenn eine Gleichwertigkeit sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht mit dem Studiengang vorliege, der von Studienabsolventen aus dem Inland gefordert werde. Vergleichsmaßstab sei deshalb der in § 5 Abs. 2 Nr. 1 a) PsychThG geforderte bestandene Abschluss an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule im Studiengang Psychologie, der das Fach Klinische Psychologie einschließe. Hierzu zählten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17.08.2017 - 3 C 12.16 -, juris) sowohl ein Diplomabschluss im Studiengang Psychologie, da bei der Verabschiedung des Psychotherapeutengesetzes der Gesetzgeber mit dem Begriff Abschlussprüferprüfung einen Diplomabschluss im Studiengang Psychologie verbunden habe, als auch ein Masterabschluss im Studiengang Psychologie. Das von der Klägerin an der P. erworbene Diplom entspreche weder nach der Bewertung in der Datenbank ANABIN noch nach der Zeugnisbewertung der ZAB vom N. einem Masterabschluss. Somit liege bereits in formeller Hinsicht kein gleichwertiges Hochschulstudium vor. Materielle Inhalte könnten nicht über eine mangelnde formelle Gleichwertigkeit hinweghelfen. Auf eine Prüfung der materiellen Gleichwertigkeit des Studiums könne deshalb verzichtet werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg.
Sie ist als Verpflichtungsklage zulässig.
Sie ist auch begründet. Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten ein Anspruch auf die Feststellung zu, dass sie die Zugangsvoraussetzungen für eine Ausbildung als Psychologische Psychotherapeutin erfüllt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der dem entgegenstehende Bescheid vom C. ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten; er ist deshalb aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Frage, ob der streitbefangene Bescheid formell rechtswidrig ist, weil die Klägerin vor Erlass des Bescheids nicht angehört worden ist, kann dahingestellt bleiben. Denn der Bescheid ist jedenfalls materiell rechtswidrig.
Grundlage des Anspruchs der Klägerin auf Feststellung, dass sie die Voraussetzungen für den Zugang zur Ausbildung als Psychologische Psychotherapeutin erfüllt, ist § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c) i.V.m. Nr. 1 a) des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Psychotherapeutengesetz - PsychThG) vom 16.06.1998 (BGBl. I S. 1311) in der bis zum 31.08.2020 gültigen Fassung (im Folgenden: a.F.). Diese Vorschrift findet aufgrund der Übergangsregelung in § 27 Abs. 2 des am 01.09.2020 in Kraft getretenen Nachfolgegesetzes über den Beruf der Psychotherapeutin und des Psychotherapeuten - Psychotherapeutengesetz - (PsychThG) vorliegend weiterhin Anwendung, da die Klägerin ihr Studium vor dem 01.09.2020 abgeschlossen hat.
Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. ist Voraussetzung für den Zugang zu einer Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten nach Absatz 1 eine im Inland an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule bestandene Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie, die das Fach Klinische Psychologie einschließt und gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 des Hochschulrahmengesetzes der Feststellung dient, ob der Student das Ziel des Studiums erreicht hat. Im Fall eines wie hier in einem Drittstaat absolvierten Studiums ist Voraussetzung für den Zugang zu der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten ein in dem anderen Staat erfolgreich abgeschlossenes gleichwertiges Hochschulstudium der Psychologie (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c) PsychThG a.F.). Die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Hochschulstudium der Psychologie i.S.v. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c) PsychThG a.F. gleichwertig ist, richtet sich nach den Anforderungen von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. Das von der Klägerin in der G. absolvierte Studium der Psychologie ist mit dem nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. geforderten Studium gleichwertig.
In der Vergangenheit wurde von den erst- und zweitinstanzlichen Gerichten (z.B. VG Kassel, Urteil vom 17.03.2015 - 3 K 1496/14.KS -; (nachfolgend) Hess. VGH, Urteil vom 04.02.2016 5 A 983/15 -, OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31.05.2013 - OVG 10 M 24.12 -, mit weiteren Hinweisen, jeweils juris) soweit ersichtlich einhellig die Auffassung vertreten, dass § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. dahingehend auszulegen sei, dass die dort geforderte Abschlussprüfung entweder einen Diplomabschluss im „alten“ Diplomstudiengang Psychologie oder seit der sog. Bologna-Reform sowohl ein abgeschlossenes Bachelor- als auch ein abgeschlossenes Masterstudium in Psychologie an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule voraussetze. Der Ausbildungsbewerber müsse einen konsekutiven Studiengang Psychologie absolviert haben. Mit Blick hierauf hat der Beklagte für die Klägerin ein erfolgreich abgeschlossenes gleichwertiges Hochschulstudium verneint, weil ihr Hochschulabschluss lediglich einem Bachelorabschluss entspreche und ihr der notwendige Masterabschluss fehle.
Die Frage, ob der Beklagte den Hochschulabschluss der Klägerin vom Niveau her zu Recht zwischen Bachelor- und Masterabschluss eingeordnet hat, kann dahingestellt bleiben. Dafür spricht allerdings, dass nach dem von der Klägerin vorgelegten Studienverlauf - anders als im deutschen Psychologiestudium - von den dort insgesamt aufgeführten 8.600 Arbeitsstunden in 10 Semestern allein 2.816 Stunden und damit fast ein Drittel des fünfjährigen Studiums auf allgemeinbildende und damit nicht fachwissenschaftliche Fächer entfallen (s. hierzu Bewertung der ZAB vom Q., Seite 3). Bereits insoweit dürfte das Psychologiestudium der Klägerin deshalb weder dem „alten“ Diplomstudiengang Psychologie noch dem konsekutiven Masterstudiengang Psychologie vergleichbar sein.
Dies ist jedoch unerheblich, weil die Zugangsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. nicht nur dann vorliegen, wenn der Ausbildungsbewerber sowohl einen Bachelor- als auch einen Masterabschluss im Studiengang Psychologie an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule nachweisen kann. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich dies nicht. Mit dem Begriff „Abschlussprüfung“ wird kein bestimmter Abschluss verlangt. Die Kammer teilt nicht die Auffassung der bisherigen erst- und zweitinstanzlichen Rechtsprechung, dass nach einer historisch-teleologischen Auslegung § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. einschränkend dahingehend auszulegen sei, dass unter dem Begriff „an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule bestandene Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie“ als Zugangsvoraussetzung zu einer Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des PsychThG am 01.01.1999 ausschließlich ein abgeschlossenes universitäres Diplomstudium im Studiengang Psychologie zu verstehen gewesen sei, dem im Rahmen der heutigen Bachelor- und Masterstudiengänge vom Sinn und Zweck her nur die Absolvierung eines konsekutiven Bachelor- und Masterstudiums im Studiengang Psychologie an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule entsprechen würde (vgl. hierzu Hess. VGH, a.a.O., Rn. 55).
Hierbei stützt sich die Kammer insbesondere auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.08.2017 - 3 C 12/16 - (veröffentlicht bei juris). Mit diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht der Revision der Klägerin gegen das oben zitierte Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 04.02.2016 (a.a.O.) stattgegeben und ist der einschränkenden Auslegung von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. nicht gefolgt. Dem Revisionsverfahren lag ein Fall zugrunde, in dem die Klägerin zwar einen Masterabschluss, jedoch keinen Bachelorabschluss im Studiengang Psychologie nachweisen konnte. Sie verfügte „lediglich“ über einen Abschluss als Diplom-Sozialpädagogen und war aufgrund dessen zu einem berufsbegleitenden Teilzeitstudium im Masterstudiengang „Klinische Psychologie/Psychoanalyse“ an einer privaten Hochschule mit staatlicher Anerkennung als Universität zugelassen worden. Die Zulassung war mit der Auflage verknüpft gewesen, Brückenkurse in allgemeiner Psychologie, Entwicklungspsychologie, Klinischer Psychologie und Methodenlehre zu belegen (BVerwG, a.a.O., Rn. 1). Demnach unterscheidet sich dieser Fall zwar vom vorliegenden. Die Konstellation ist sozusagen umgekehrt, da vorliegend die Klägerin zwar über einen vergleichbaren Bachelorabschluss, aber keinen Masterabschluss im Studiengang Psychologie verfügt. Die Kammer versteht das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts jedoch nicht so, dass eine Abschlussprüfung i.S.v. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. auf jeden Fall einen Masterabschluss im Studiengang Psychologie erfordere und lediglich das einem Masterabschluss zwingend vorausgehende Bachelorstudium in einem anderen Studiengang absolviert werden könne. Hierfür spricht auch nicht, dass das Bundesverwaltungsgericht für den Fall, dass man § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. dahin auslegen würde, dass der Ausbildungsbewerber einen konsekutiven Studiengang Psychologie absolviert haben müsste, zu dem Ergebnis kommt, dass die Klägerin mit dem ihrem Masterstudiengang vorausgegangenen Diplom-Fachhochschulstudium auch diese Voraussetzung erfüllen würde (BVerwG, a.a.O.; Rn. 19). Hierbei handelt es sich um eine rein hypothetische Betrachtung. Die grundlegenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zum Verständnis von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. sprechen nach Auffassung der Kammer aber dagegen, dass eine Abschlussprüfung im Sinne dieser Vorschrift stets einen Masterabschluss im Studiengang Psychologie verlangt.
Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst ausgeführt:
„Die Regelung der Zugangsvoraussetzungen in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG knüpft an das Hochschulrecht an. Verlangt wird eine Hochschulprüfung, mit der der Studiengang Psychologie abgeschlossen und festgestellt wird, dass die Ziele des Studiums erreicht worden sind (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 des Hochschulrahmengesetzes - HRG - i.d.F. der Bekanntmachung vom 9. April 1987, BGBl. I S. 1170). Ausgehend von den damaligen Studienstrukturen mit Diplom- und Magisterstudiengängen verband der Gesetzgeber bei Verabschiedung des Psychotherapeutengesetzes mit dem Begriff der Abschlussprüfung einen Diplomabschluss im Studiengang Psychologie. Zur Gewährleistung einer hohen Qualifikation und eines einheitlichen Ausbildungsniveaus der Berufsangehörigen sollten nur Diplompsychologen mit einem Universitäts- oder diesem gleichstehenden Abschluss den Beruf des Psychologischen Psychotherapeuten ergreifen können (vgl. die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vom 13. Oktober 1993, BT-Drs. 12/5890 S. 12 <zu II. 4> und S. 18 <zu § 5>; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit vom 9. Februar 1994, BT-Drs. 12/6811 S. 25 und S. 29 <zu § 5 Abs. 3 Nr. 1>; Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24. Juni 1997, BT-Drs. 13/8035 S. 14 <II. 11> und S. 18). Der Wortlaut der Norm bietet allerdings keinen Anhaltspunkt dafür, dass mit dem Begriff der Abschlussprüfung eine abschließende Festlegung auf den Diplomabschluss bezweckt gewesen wäre. Die Verwendung der Formulierung "Abschlussprüfung" anstelle von "Diplomprüfung" spricht vielmehr dafür, dass der Gesetzgeber mögliche Änderungen im Hochschulrecht mitbedacht und deshalb bewusst eine Bezeichnung gewählt hat, die die Art des Abschlusses nicht näher qualifiziert. Dies wird durch die Gesetzesmaterialien gestützt. Es heißt dort, "Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie ist nach gegenwärtigem Hochschulrecht der Diplomabschluss" (BT-Drs. 12/6811 S. 29). Das lässt erkennen, dass der Begriff nicht statisch gemeint ist, sondern durch das jeweils geltende Hochschulrecht bestimmt und ausgefüllt werden soll.“ (Rn. 8)
Nach der Umstellung der Studienstrukturen auf Bachelor- und Masterstudiengänge im Zuge des so genannten Bologna-Prozesses (vgl. Dritter Bericht zur Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland, BT-Drs. 16/12552; Bericht der Bundesregierung über die Umsetzung des Bologna-Prozesses 2012-2015 in Deutschland, www.bmbf.de/de/der-bologna-prozess-die-europaeische-studienreform-1038.html) ist unter dem Begriff der Abschlussprüfung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG auch ein Masterabschluss im Studiengang Psychologie zu verstehen. …“ (Rn. 9)
Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich die Kammer an. Aus ihnen folgt im Umkehrschluss, dass nach der Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge im Zuge des Bologna-Prozesses nicht nur ein alleiniger Masterabschluss im Studiengang Psychologie, sondern auch ein alleiniger Bachelorabschluss in diesem Studiengang als Abschlussprüfung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG zu bewerten ist. Denn auch ein Bachelorabschluss im Studiengang Psychologie stellt – wie der Masterabschluss und das frühere Diplom – einen berufsqualifizierenden Hochschulabschluss dar, der aufgrund von Prüfungen erworben wird und den Nachweis erbringt, dass ein (Bachelor)Studiengang erfolgreich absolviert worden ist. Ein solcher berufsqualifizierender Hochschulabschluss ist nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aber ein maßgebliches Kriterium für die Anerkennung als Abschluss im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) PsychThG a.F. (BVerwG, a.a.O., Rn. 9). Gegen die Annahme, dass auf jeden Fall ein Masterabschluss im Studiengang Psychologie vorliegen muss, spricht, dass es dem Gesetzgeber bei der Einführung des Psychotherapeutengesetzes insbesondere darum ging, gesetzlich zu regeln, dass die Zulassung zur Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten ein Psychologiestudium voraussetzt. Dies war damals das Diplomstudium in Psychologie. Damit war aber nichts darüber gesagt, welche Art von Psychologiestudium bei einer Veränderung der Studienstrukturen an die Stelle des Diplomstudiums treten kann.
Dafür, dass nicht nur ein alleiniger Master-, sondern auch ein alleiniger Bachelorabschluss im Studiengang Psychologie einen Abschluss i.S.v. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. darstellt, spricht auch, dass ein Bachelorabschluss in diesem Studiengang ein höheres Gewicht hat als ein Masterabschluss. Hierzu hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 04.02.2016 (a.a.O.) Folgendes ausgeführt:
„Der Bachelor ist berufsqualifizierend und ermöglicht eine erste Berufseinmündung. Er vermittelt wissenschaftliche Grundlagen, Methodenkompetenz, berufsfeldbezogene Qualifikationen und Schlüsselkompetenzen - wie etwa Sozialkompetenz. Damit wird eine breite wissenschaftliche Qualifizierung sichergestellt (vgl. Gemeinsamer Bericht von KMK, HRK und BMBF vom 25. April 2002: Realisierung der Ziele der "Bologna- Erklärung" in Deutschland, im Folgenden: Bolognabericht 2002, S. 6; Beschluss der KMK vom 10. Oktober 2003 i.d.F. vom 04. Februar 2010: Ländergemeinsame Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen, im Folgenden: KMK-Strukturvorgaben, S. 2, 5; Nationaler Bericht von KMK und BMBF vom 12. Februar 2015: Die Umsetzung der Ziele des Bologna-Prozesses 2012 - 2015, im Folgenden: Bolognabericht 2015, S. 46).
Das Masterstudium ist von seiner Zielrichtung her nicht darauf angelegt, diese breite wissenschaftliche Qualifizierung herbeizuführen. Vielmehr führt der Masterstudiengang gemäß § 19 Abs. 3 Satz 1 HRG zu einem weiteren berufsqualifizierenden Abschluss. Konsekutive Masterstudiengänge sind als vertiefende, verbreiternde, fachübergreifende oder fachlich differenzierte Kompetenzen vermittelnde Studiengänge auszugestalten. Sie sind eher anwendungs- oder forschungsorientiert (vgl. KMK-Strukturvorgaben, S. 3 ff.; Bolognabericht 2015, S. 46).
Angesichts einer Höchstdauer des Masterstudiums von lediglich vier Semestern im Vollzeitstudium - gegenüber sechs bis acht Semestern im Bachelorstudiengang - ist eine umfassende wissenschaftliche Qualifizierung auch tatsächlich ausgeschlossen.
Dies zeigt sich ferner an der Verteilung der in einem Bachelorstudiengang und einem Masterstudiengang zu erreichenden Leistungspunkte nach dem European Credit Transfer and Accumulation System (ECTS). Für ein Masterstudium werden dabei 300 ECTS als erforderlich angesehen. In einem konsekutiven Studiengang verteilt sich dies auf 180 ECTS für den Bachelor in sechs bis acht Semestern und 120 ECTS für den Masterstudiengang in zwei bis vier Semestern. Dabei baut der Masterstudiengang grundsätzlich auf dem zuvor absolvierten Bachelorstudium auf. Mit 180 ECTS entfällt damit der deutlich größere Teil auf das Bachelorstudium (vgl. KMK-Strukturvorgaben, S. 2 f.; Beschluss der KMK vom 21. April 2005: Qualifikationsrahmen für Deutsche Hochschulabschlüsse, Vorb. S. 2, 1 ff.; Gemeinsamer Beschluss der KMK, des BMBF und des BMWT, Aktualisierter Stand 01. August 2013: Deutscher Qualifikationsrahmen für Lebenslanges Lernen, S. 83, 162, 163; Bolognabericht 2002, S. 5).
So wurden auch der Klägerin im Transkript zu dem Zeugnis über das Bestehen des Masterstudiengangs vom 24. September 2009 Studien- und Prüfungsleistungen im Umfang von 120 Leistungspunkten sowie zusätzlich acht nicht einbezogene Leistungspunkte bescheinigt. Dies entspricht den Vorgaben in § 7 der Prüfungsordnung für den Studiengang "Master of Arts (MA) Klinische Psychologie/Psychoanalyse" an der IPU vom 14. September 2009.
Das Masterstudium stellt sich damit als lediglich zusätzlich qualifizierendes Studium dar. Dieses Ergebnis wird auch durch die Erhebung der tatsächlichen Studiendauer in Diplom- bzw. Bachelor- und Masterstudiengängen gestützt. Während im Jahre 2012 die tatsächliche Studiendauer in universitären Diplomstudiengängen bei 12,8 Semestern lag, wurden Bachelor-Abschlüsse in durchschnittlich sieben Semestern erreicht und konsekutive Bachelor- und Masterstudiengänge wurden im Durchschnitt in zusammen 10,8 Semestern absolviert (Bolognabericht 2015, S. 15).“ (Rn. 60-65).
Kann aber nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) im Rahmen von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. auf einen Bachelorabschluss im Studiengang Psychologie verzichtet werden, muss dies erst recht für einen Masterabschluss gelten.
Soweit das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O., Rn. 9) weiter ausführt, die Studienzeit, innerhalb derer der Masterabschluss erreicht werden könne, spreche nicht gegen die Anerkennung des Masterabschlusses in Psychologie als Abschlussprüfung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG a.F., denn im gestuften System der Bachelor- und Masterstudiengänge könne der Mastergrad grundsätzlich nur erworben werden, wenn ein erster berufsqualifizierender Hochschulabschluss vorliege (§ 19 Abs. 3 HRG; § 23 Abs. 3 BerlHG; Ländergemeinsame Strukturvorgaben für die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen, a.a.O. S. 6). Hieraus ergebe sich eine Gesamtregelstudienzeit, die mit der Regelstudienzeit vergleichbar sei, die seinerzeit für ein Diplomstudium im Studiengang Psychologie vorgesehen gewesen sei (mindestens neun Semester, § 1 i.V.m. § 24 Abs. 1 der Rahmenordnung für die Diplomprüfung im Studiengang Psychologie - Universitäten und gleichgestellte Hochschulen, Stand: 5. November 2002/13 Dezember 2002), so hat auch die Klägerin vergleichbar mit dem früheren Diplomstudium zehn Semester studiert. Allerdings entfallen von ihren 8.600 Arbeitsstunden in zehn Semestern 2.816 Stunden auf nicht fachwissenschaftliche Fächer (s.o.), was die Vergleichbarkeit der Studiendauer relativiert.
Auf die Vergleichbarkeit der Studiendauer kann es aber auch nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts letztlich nicht entscheidend ankommen, wenn es dort weiter heißt:
„Im Wortlaut der Norm (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG, Anmerkung des Gerichts) findet sich kein Anknüpfungspunkt dafür, dass der Zugang zur Ausbildung ausschließlich Bewerbern offen stehen soll, die außer einem Masterabschluss auch einen an einer Universität oder gleichstehenden Hochschule erworbenen Bachelorabschluss im Studiengang Psychologie aufweisen. Die gesetzliche Regelung qualifiziert die Abschlussprüfung nur insoweit näher, als sie das Fach Klinische Psychologie einschließen muss. Im Übrigen enthält sie sich inhaltlicher Vorgaben und nimmt die Entscheidungen der Hochschulen über die Zulassung zum Studiengang Psychologie, über das Curriculum und über die Ausgestaltung und das Bestehen der Abschlussprüfung hin. Diese Bindung an das Hochschulrecht schließt aus, bei der Prüfung der Zugangsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG die Entscheidungen der Hochschulen in Frage zu stellen und eigene fachliche Qualifikationen für die Abschlussprüfung aufzustellen. Der Gesetzgeber hat die durch den Bologna-Prozess bewirkte Umstellung der Studienstrukturen auf Bachelor- und Masterstudiengänge und die damit verbundene Einführung gestufter Studienabschlüsse bislang nicht zum Anlass genommen, § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG zu ändern oder anzupassen. Sieht er im Hinblick auf die Entwicklungen des Hochschulrechts im Studiengang Psychologie Reformbedarf für die Regelung der Zugangsvoraussetzungen für den Beruf des Psychologischen Psychotherapeuten, obliegt es ihm, entsprechend tätig zu werden.“ (Rn. 15, 16).
Hieraus folgt für die Kammer, dass der Gesetzgeber es hätte ausdrücklich regeln müssen, wenn er den berufsqualifizierenden Bachelorabschluss im Studiengang Psychologie nicht als Abschlussprüfung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG a.F. verstanden wissen wollte.
Dies ergibt sich insbesondere auch aus dem Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung ausgeführt:
„§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG stellt eine subjektive Ausbildungszulassungs- und Berufswahlregelung dar. Die Berufsausbildung, deren Zugang sie regelt, ist nach § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 Nr. 2 PsychThG Voraussetzung für die Ausübung des Berufs des Psychologischen Psychotherapeuten. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG beschränkt die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit, indem sie den Zugang zur Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten an den Nachweis bestimmter Qualifikationsanforderungen knüpft (subjektive Zugangsbeschränkungen im Sinne der so genannten Stufentheorie, vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. März 2000 - 1 BvR 1453/99 - NJW 2000, 1779; BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 6 C 19.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:141216U6C19.15.0] - WissR 49, 296 Rn. 7 f.). Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG erlaubt Eingriffe in die Berufsfreiheit nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung, die Umfang und Grenzen des Eingriffs deutlich erkennen lässt. Die Anforderungen an die Bestimmtheit sind umso größer, je empfindlicher in die Berufsfreiheit eingegriffen wird (BVerfG, Beschlüsse vom 25. März 1992 - 1 BvR 298/86 - BVerfGE 86, 28 <40> und vom 8. April 1998 - 1 BvR 1773/96 - BVerfGE 98, 49 <60 f.>). Nach diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben müssen subjektive Berufszulassungsvoraussetzungen klar geregelt sein. Das spricht dagegen, § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG als zusätzliche Zugangsvoraussetzung den Nachweis eines Bachelorabschlusses in Psychologie zu entnehmen. Denn hierfür bietet die gesetzliche Regelung, wie gezeigt, keine klaren Anknüpfungspunkte.“ (Rn. 21).
Nach diesem Maßstab hätte der Gesetzgeber es klar regeln müssen, dass eine Abschlussprüfung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. stets den Nachweis eines Masterabschlusses im Studiengang Psychologie erfordert. Hiervon hat er jedoch abgesehen, obwohl im Zeitpunkt der Einführung des Psychotherapeutengesetzes a.F. im Juni 1998 der sogenannte Bologna-Prozess, der u.a. auf eine europaweite Vereinheitlichung von Studienabschlüssen mit dem zweistufigen System von Bachelor- und Masterabschluss abzielte, sich bereits abzeichnete. Ebenso wenig hat der Gesetzgeber die 1999 von 29 europäischen Bildungsministern im italienischen Bologna unterzeichnete politisch-programmatische Erklärung zu der beabsichtigten Vereinheitlichung der Studiengänge zum Anlass genommen, die Vorschrift des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. neu zu regeln (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Bologna-Prozess). Selbst bei der Verabschiedung des ab 01.09.2020 in Kraft getretenen (Nachfolge)Gesetzes über den Beruf der Psychotherapeutin und des Psychotherapeuten vom 15.11.2019 – PschThG n.F. – (BGBl I 2019, 1604) hat der Gesetzgeber davon abgesehen, in der Übergangsvorschrift des § 27 Abs. 2 PsychThG n.F. zu regeln, dass nur ein Diplom- oder Masterabschluss im (konsekutiven) Studiengang Psychologie eine Abschlussprüfung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. darstellt. Hätte er dies aber gewollt, hätte er insbesondere unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.08.2017 (a.a.O.), das fast zwei Jahre vor Verabschiedung des neuen Psychotherapeutengesetzes ergangen ist, Anlass gehabt, eine dementsprechende einschränkende Regelung zu treffen. Da er dies nicht getan hat, bewertet die Kammer sein Schweigen als sogenanntes beredetes Schweigen.
Die Kammer teilt ferner die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, dass auch das teleologische Argument, ein Bachelorabschluss in Psychologie sei erforderlich, um dem Regelungsziel einer möglichst hohen Qualifikation und eines einheitlichen Ausbildungsniveaus der Psychologischen Psychotherapeuten Rechnung zu tragen, nicht verfange. Denn auch hier gilt, dass es dem Gesetzgeber obliegt, die Auswirkungen zu beurteilen, die sich aus der Umstellung der Studienstrukturen für die Ausbildung zum Psychotherapeuten ergeben, und daraus gegebenenfalls Konsequenzen zu ziehen. (BVerwG, a.a.O., Rn. 18). Auch demnach wäre es Sache des Gesetzgebers gewesen, die Forderung nach einem Masterabschluss im Studiengang Psychologie in§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. konkret festzuschreiben.
Des Weiteren ergibt sich das Erfordernis eines zusätzlichen Masterabschlusses in Psychologie auch nicht aus gesetzessystematischen Erwägungen. Zu der Frage, ob gesetzessystematischen Erwägungen einen zusätzlichen Bachelorabschluss in Psychologie erfordern, hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt:
„Das Erfordernis eines zusätzlichen Bachelorabschlusses in Psychologie ergibt sich auch nicht aus gesetzessystematischen Erwägungen. Dass nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PsychThG neben einem Psychologiestudium (Buchst. a) auch ein erfolgreiches Studium der Pädagogik oder Sozialpädagogik den Zugang zur Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten ermöglichen soll (Buchst. b), beruht auf der Einschätzung des Gesetzgebers, die in diesen Studiengängen vermittelten Qualifikationen befähigten in besonderem Maße zum Umgang mit Kindern und Jugendlichen (BT-Drs. 12/5890 S. 18; BT-Drs. 12/6811 S. 25; BT-Drs. 13/8035 S. 14 und S. 18). Daraus lässt sich jedoch nicht herleiten, ein Masterabschluss in Psychologie könne nur dann als Abschlussprüfung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG anerkannt werden, wenn außerdem ein Bachelor in Psychologie nachgewiesen wird. Der Einwand, dieses Normverständnis sei geboten, um die gesetzlich bestimmten Unterschiede in den Qualifikationsanforderungen für die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten und zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nicht zu nivellieren, greift nicht durch. Das zeigt der Fall der Klägerin. Sie hat einen Abschluss als Diplomsozialpädagogin, der ihr den Zugang zu einer Ausbildung zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin eröffnet. Darüber hinaus hat sie erfolgreich ein Masterstudium in Psychologie absolviert. Sie weist mithin eine akademische Vorbildung auf, die über die in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b PsychThG verlangte Zugangsvoraussetzung deutlich hinausreicht.“ (Rn. 17)
Auch diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich die Kammer an. Sie können auf den vorliegenden Fall ohne Weiteres übertragen werden. Auch vorliegend rechtfertigt nicht allein die Tatsache, dass die Klägerin aufgrund ihres Hochschulabschlusses die Zugangsvoraussetzungen für eine Ausbildung zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin erfüllt, nicht den Schluss, dass sie, um die Zugangsvoraussetzungen für eine Ausbildung als Psychologische Psychotherapeutin zu erfüllen, - darüber hinaus - ein Masterstudium im Studiengang Psychologie nachweisen muss. Denn ihr Studienabschluss ist mit einem Bachelorabschluss im inländischen Studiengang gleichwertig, sodass auch ihre akademische Vorbildung über die in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b PsychThG a.F. verlangte Zugangsvoraussetzung deutlich hinausreicht.
Der einem Bachelorabschluss im Studiengang Psychologie vergleichbare Hochschulabschluss der Klägerin erfüllt auch die weiteren in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG a.F. genannten Kriterien.
Die Klägerin hat ihren Abschluss an einer Universität, nämlich an der der I., erworben. Ihr Bachelorabschluss schließt das Fach „Klinische Psychologie“ ein. Aus ihren Zeugnis- und Studienunterlagen geht hervor, dass sie in ihrem Diplomstudiengang in der Fachrichtung Psychologie unter anderem das Fach „Klinische Psychologie“ mit 192 Gesamtunterrichtsstunden absolviert und die Abschlussnote sehr gut erhalten.
Aus der Bezugnahme auf § 15 HRG ergeben sich keine weitergehenden Anforderungen an die Qualifikation der Abschlussprüfung. Insoweit folgt die Kammer dem Bundesverwaltungsgericht, das hierzu ausgeführt hat:
§ 15 Abs. 2 Satz 1 HRG i.d.F. der Bekanntmachung vom 9. April 1987, auf den § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG verweist, lautet: "Die Hochschulprüfungen, mit denen ein Studienabschnitt oder ein Studiengang abgeschlossen wird, dienen der Feststellung, ob der Student bei Beurteilung seiner individuellen Leistung das Ziel des Studienabschnitts oder des Studiums erreicht hat". Die Vorschrift ist mit Inkrafttreten des Vierten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes vom 20. August 1998 (BGBl. I S. 2190) entfallen. In der Neufassung des § 15 HRG i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. Januar 1999 ist eine vergleichbare Bestimmung nicht mehr enthalten, weil sie rahmenrechtlich als entbehrlich angesehen wurde (Begründung zum Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes, BT-Drs. 13/8796 S. 20).“ (Rn. 14).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.
Die Berufung und die Sprungrevision werden gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bzw. § 134 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob ein alleiniger Bachelorabschluss im Studiengang Psychologie eine Abschlussprüfung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 a) PsychThG in der bis zum 31.08.2020 geltenden Fassung darstellt, zugelassen.