Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 02.08.2016, Az.: 1 Ws 358/16

Amtsträger; Bestechlichkeit; Sachkundeprüfung; Schießsportverein; Prüfungsausschuss; Waffenbesitzkarte

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
02.08.2016
Aktenzeichen
1 Ws 358/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 43132
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG - 01.07.2016 - AZ: 46 Qs 57 - 58/16

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Mitglieder des Prüfungsausschusses eines Schießsportvereins zur Abnahme der Sachkundeprüfung gem. § 3 Abs. 5 AWaffV sind Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 c StGB.

Tenor:

Die weiteren Beschwerden des Beschuldigten gegen den Beschluss der 12. großen Strafkammer des Landgerichts Hannover vom 1. Juli 2016 werden als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten der Beschwerdeverfahren zu tragen.

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft Hannover betreibt gegen den Beschuldigten ein Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit.

Am 13. Mai 2016 erließ das Amtsgericht Hannover (Az.: 273 Gs 40/16) gegen den Beschuldigten Haftbefehl. Das Amtsgericht erachtete den Beschuldigten als dringend verdächtig, im Zeitraum von 2012 bis April 2016 in Ha. und H. durch 34 Straftaten gemeinschaftlich handelnd sich der Bestechlichkeit und der Falschbeurkundung im Amt strafbar gemacht zu haben. Ihm wird zur Last gelegt, als Ehrenpräsident und Kassenwart des Schießsportvereins H. 2000 e. V. (Im folgenden SSV H.) im kollusiven Zusammenwirken mit weiteren gesondert verfolgten Personen als Mitglied des Prüfungsausschusses in 34 Fällen gegen Annahme von Vorteilen, zumeist in Form der Annahme von Bargeld in Höhe von 1.560,00 €, Nachweise über angeblich entsprechend den Vorschriften des Waffengesetzes und der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) stattgefundene und jeweils bestandene Sachkundeprüfungen sowie Bescheinigungen über das vermeintliche Bedürfnis als Sportschütze zur Erlangung von Waffenbesitzkarten für Großkaliberwaffen erteilt zu haben, obwohl die Voraussetzungen dafür tatsächlich nicht vorlagen. So habe er zusammen mit den jeweils weiteren Mitgliedern der Prüfungskommission den vermeintlichen Sportschützen bestandene Sachkundeprüfungen bescheinigt, obwohl diese entweder gar nicht stand stattfanden oder er diesen die zu erwartenden Fragen nebst den dazugehörigen Antworten zuvor in unzulässiger Weise verraten hatte. Außerdem habe er den Gebern für die von ihnen gezahlten Gelder wahrheitswidrig eine vermeintlich einjährige Vereinszugehörigkeit und damit die regelmäßige Teilnahme am Schießtraining bescheinigt.

Auf die hiergegen eingelegte Haftbeschwerde hielt das Amtsgericht Hannover am 9. Juni 2016 den Haftbefehl aufrecht und ordnete Haftfortdauer an.

Gegen diesen Beschluss legte der Beschuldigte durch seine Verteidiger mit Schriftsätzen vom 22. Juni 2016 Beschwerde ein. Zur Begründung wurde insbesondere angeführt, der Beschuldigte sei nicht als Amtsträger anzusehen, so dass kein dringender Tatverdacht gegeben sei. Im Übrigen sei auch keine Fluchtgefahr anzunehmen.

Die Beschwerden wurden durch das Landgericht Hannover am 1. Juli 2016 (Az.: 46 Qs 57-58/16) verworfen. In den Entscheidungsgründen führte das Landgericht aus, dass nur noch ein dringender Tatverdacht wegen Bestechlichkeit im besonders schweren Fall gem. §§ 332 Abs. 1, 335 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 StGB bestehe. Dagegen sei kein dringender Tatverdacht einer Falschbeurkundung im Amt gem. § 348 StGB anzunehmen. Die Sachkundenachweise seien keine öffentlichen Urkunden, da diese nicht von einer öffentlichen Behörde ausgestellt wurden.

Gegen diesen Beschluss richten sich die weiteren Beschwerden vom 13. und 16. Juli 2016.

Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat beantragt, diese als unbegründet zu verwerfen.

II.

Den weiteren Beschwerden bleibt der Erfolg versagt.

Der Beschuldigte ist der Bestechlichkeit im besonders schweren Fall in 32 Fällen gem. §§ 332 Abs. 1, 335 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 StGB dringend verdächtig, und es liegt weiterhin der Haftgrund der Fluchtgefahr vor.

1. Aus den Gründen des Haftbefehls des Amtsgerichts Hannover vom 13. Mai 2016 in Verbindung mit dem Haftfortdauerbeschluss des Amtsgerichts vom 9. Juni 2016 und der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts Hannover vom 1. Juli 2016 besteht der dringende Tatverdacht in 32 Fällen fort. Dabei handelt es sich um die Taten zu 1.) bis 7.) und 10.) bis 34.). Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, die den dringenden Tatverdacht begründen, verweist der Senat zunächst auf die in den vorgenannten Beschlüssen dargestellten umfangreichen Erwägungen. Diesen schließt sich der Senat auch unter Berücksichtigung der Begründung der weiteren Beschwerden vollumfänglich an.

Darüber hinaus wird der dringende Tatverdacht auch durch das Ergebnis der Ermittlungen des Verdeckten Ermittlers „R.“ gestützt. Das Sonderheft „SH VE“ wurde mit Verfügung der Staatsanwaltschaft Hannover vom 12. Juli 2016 zu den Akten genommen und den Verteidigern wurde diesbezüglich Akteneinsicht gewährt. Aus diesen geht hervor, dass der Beschuldigte dem Verdeckten Ermittler gegen Zahlung eines Geldbetrages von 1560,00 € die bei der Sachkundeprüfung abgefragten Fragen mit den dazugehörigen Antworten im Vorhinein verraten hatte. Bei der am 24. April 2016 durchgeführten Sachkundeprüfung hätten dann in Anwesenheit des Beschuldigten und des 1. Vorsitzenden des SSV H., dem Mitbeschuldigten K., die Prüfungsteilnehmer sich offen über die Antworten ausgetauscht und diese zum Teil auch ganz unverhohlen von ihren Handys abgeschrieben. Diesem Vorgehen sei von keinem Vereinsverantwortlichen - auch nicht von dem Beschuldigten - Einhalt geboten worden. Weiter habe der Beschuldigte ihm mitgeteilt, dass er die vorgeschriebenen Schießtermine nicht zu absolvieren brauche. Er, der Beschuldigte, werde sich schon darum kümmern. Tatsächlich bestätigte der SSV H. dem Verdeckten Ermittler mit Schreiben vom 1. Mai 2016 die Teilnahme an zwölf Schießübungen in der Zeit vom 3. Januar 2016 bis zum 26. Juni 2016, obwohl der Verdeckte Ermittler angegeben hat, am 6. März 2016 erstmals den Schießstand des SSV H. betreten und lediglich an drei Schießtrainings teilgenommen zu haben.

Nach vorläufiger Würdigung hat der Senat keinen Anlass an der Glaubhaftigkeit dieser Angaben zu zweifeln.

Hinsichtlich der Taten zu 8.) und 9.) sieht der Senat dagegen nach derzeitigem vorläufigem Erkenntnisstand keinen dringenden, sondern nur einen hinreichenden Tatverdacht; deren Bewertung wird insoweit dem Ergebnis der Hauptverhandlung vorbehalten bleiben müssen.

2. Der Beschuldigte war Amtsträger gem. § 11 Abs. 1 Nr. 2c Variante 2 StGB.

Mit der Durchführung der Sachkundeprüfung nahm der Beschuldigte zusammen mit den weiteren Mitgliedern des Prüfungsausschusses des SSV H. Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr (a) und der Beschuldigte war insoweit auch zur Wahrnehmung dieser Aufgaben bestellt (b).

a) Öffentliche Verwaltung im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB ist nicht allein die Gesamtheit der von Hoheitsträgern ausgeübten Eingriffs- und Leistungsverwaltung; vielmehr sind auch Mischformen sowie die Tätigkeit von Privatrechtssubjekten erfasst, wenn diese wie ein "verlängerter Arm" hoheitlicher Gewalt tätig werden (BGH, Urteile vom 19. Dezember 1997 – 2 StR 521/97, BGHSt 43, 370, 377; vom 3. März 1999 – 2 StR 437/98, BGHSt 45, 16, 19; vom 15. März 2001 – 5 StR 454/00, BGHSt 46, 310, 312; vom 16. Juli 2004 – 2 StR 486/03, BGHSt 49, 214, 219; vom 2. Dezember 2005 – 5 StR 119/05, BGHSt 50, 299, 303; vom 27. November 2009 – 2 StR 104/09, BGHSt 54, 202, 212; vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., 2016, § 11 Rn. 22a mit weiteren Nachweisen). Für die Zuordnung der Tätigkeit von Privaten zum Bereich öffentlicher Verwaltung kommt es darauf an, dass der Ausführende dem Bürger nicht auf der Ebene vertraglicher Gleichordnung mit der grundsätzlichen Möglichkeit individueller Aushandlung des Verhältnisses entgegentritt, sondern quasi als ausführendes Organ hoheitlicher Gewalt. Rechtbeziehungen im Rahmen öffentlicher Verwaltung fehlt daher typischerweise ein bestimmendes Element individuell begründeten Vertrauens, der Gleichordnung und der Gestaltungsfreiheit. Letztlich beruht die Bestimmung des Begriffs der Wahrnehmung von Aufgaben öffentlicher Verwaltung im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB auf einer wertenden Abgrenzung. Dies gilt insbesondere in Bereichen, die nicht zur unmittelbaren staatlichen Verwaltung zählen. Zu prüfen ist jeweils, ob der Tätigkeit der betreffenden Person im Verhältnis zum Bürger der Charakter – wenn auch nur mittelbar – eines hoheitlichen Eingriffs zukommt oder ob das persönliche Verhältnis zwischen den Beteiligten so im Vordergrund steht, dass ein hoheitlicher Charakter der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dahinter zurücktritt (BGH, Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 29. März 2012 – GSSt 2/11 –, BGHSt 57, 202). Für die öffentliche Verwaltung in diesem Sinne ist es zudem prägend, dass diese in weitem Umfang staatlichen Steuerungs- und Einflussmöglichkeiten untersteht (BGHSt 43, 370, 378 f.; 45, 16, 20 f.; 49, 214, 224 f.).

Nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 WaffG muss derjenige, der eine waffenrechtliche Erlaubnis beantragt, die erforderliche Sachkunde im Sinne des § 7 WaffG nachweisen. Hierfür ist gemäß § 2 der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) vom 27.10.2003 grundsätzlich eine Prüfung vor einem von der zuständigen Behörde gebildeten Prüfungsausschuss abzulegen. Gemäß § 3 AWaffV ist allerdings auch ein anderweitiger Nachweis der Sachkunde möglich. Danach gilt die Sachkunde - unter anderem - als nachgewiesen, wenn der Antragsteller die nach § 7 WaffG nachzuweisenden Kenntnisse als Sportschütze eines anerkannten Schießsportverbandes erworben und durch eine Bescheinigung der Behörde, des Ausbildungsträgers oder Schießsportverbandes nachgewiesen hat. Dabei besteht für den einzelnen Sportschützen das Erfordernis einer Bescheinigung des Schießsportverbandes zum Nachweis (auch des Umfangs) der vermittelten Sachkunde gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 c AWaffV (vgl. hierzu König/Papsthart, Das neue Waffenrecht, 1. Auflage 2004, Rn. 211 und 214). Durch § 3 Abs. 5 AWaffV wird diese Regelung auf schießsportliche Vereine erstreckt, die einem nach § 15 Abs. 3 WaffG anerkannten Schießsportverband angehören. Diese Voraussetzung wird vom SSV H. erfüllt, weil dieser zum Dachverband der „D. S. U.“ gehört, die vom Bundesverwaltungsamt anerkannt ist.

Die Waffenbehörde ist bei der Entscheidung über die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis daher an die positive Feststellung der Sachkunde durch den SSV H. gebunden.

Der Qualifikation als Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung steht auch nicht entgegen, dass die abschließende Entscheidung über die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis gem. § 4 Abs. 1 WaffG neben der Sachkunde noch von weiteren Voraussetzungen, wie zum Beispiel der persönlichen Zuverlässigkeit, des Antragstellers abhängt. Die Einordnung als hoheitliche Tätigkeit setzt eine Zuständigkeit zum Erlass von (außenwirksamen) Verwaltungsakten nämlich nicht zwingend voraus (BVerwG, Urteil vom 25.11.1971  - 1 C 7.70 - DÖV 1972, 500;  OVG Koblenz, Urteil vom 24.3.1965 – 2 A 88/64). Wie bereits das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss zutreffend dargestellt hat, unterscheidet sich die Rechtslage daher grundlegend von dem seitens der Verteidigung angeführten Fall der Beibringung eines Gutachtens durch eine medizinisch-psychologische Begutachtungsstelle für die Fahreignungsprüfung. In jenem Fall kommt dem Gutachten nur die Rechtsnatur eines vorbereitenden Privatgutachtens zu, das der Betroffene der Behörde zur Untermauerung seiner Fahreignung vorlegt und das diese nicht bindet (vergleiche dazu BGH NStZ 2009, 562 [BGH 14.01.2009 - 1 StR 470/08]).

Der SSV H. unterliegt auch der zunächst mittelbaren staatlichen Kontrolle. Die in § 3 Abs. 5 AWaffV vorgesehene Privilegierung von Schießsportvereinen, nach der dort durchgeführte Lehrgänge nicht gesondert der staatlichen Anerkennung bedürfen, ist vor dem Hintergrund erfolgt, dass Schießsportvereine als zuverlässig angesehen werden, für ihre Mitglieder Sachkundeprüfungen abzunehmen, wenn sie einem staatlich anerkannten Schießsportverband angehören. Bei der staatlichen Anerkennung von Schießsportverbänden durch das Bundesverwaltungsamt wird nämlich stets auch deren Betätigung auf dem Gebiet der schießsportlichen Ausbildung geprüft. Im Hinblick darauf erscheint eine zusätzliche Anerkennung der Verbandsausbildungsgänge hinsichtlich der Sachkundevermittlung nicht geboten (vgl. Steindorf, Waffenrecht, 10. Auflage 2015, § 3 AWaffV Rdnr. 5 unter Hinweis auf die Begründung der Bundesrats-Drucksache 415/03, Seite 37). Die anerkannten Schießsportverbände haben im Gegenzug gegenüber den ihnen angeschlossenen Vereinen auf die Einhaltung der diesen Vereinen durch die waffenrechtlichen Vorschriften auferlegten Pflichten zu achten (vgl. König/Papsthart, Das neue Waffenrecht, Rn. 213).

Daneben besteht auch eine direkte staatliche Aufsicht. Diese staatliche Einflussnahme zeigt sich daran, dass gem. § 3 Abs. 4 und 5 AWaffV der Lehrgangsträger verpflichtet ist, die Durchführung der Prüfung und die Namen der Prüfungsteilnehmer der für den Ort der Lehrgangsveranstaltung zuständigen Behörde zwei Wochen vor dem Tag der Prüfung anzuzeigen und einem Vertreter der Behörde die Teilnahme an der Prüfung zu gestatten. Dieser ist im Fall der Teilnahme vollwertiges Mitglied der Prüfungskommission.

b) Der Beschuldigte ist zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben „bestellt“ worden.

Das Merkmal der Bestellung setzt seinem Wortsinn nach keinen förmlichen Akt voraus (ständige Rechtsprechung, vergleiche nur - unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte - BGHSt 43, 96, 102 f. sowie BGHSt 52, 290, 299 und BGHSt 54, 39). Die Bestellung ergibt sich vielmehr aus der Art der übertragenen Aufgabe. Sie ist in der Heranziehung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zu sehen, wenn diese mit einer auf eine gewisse Dauer angelegten Eingliederung verbunden ist. Das Tatbestandsmerkmal der Bestellung ist deshalb nicht durch besondere formelle Voraussetzungen, sondern durch die hierdurch bewirkte Einbeziehung in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bestimmt. Es beschreibt die Beauftragung einer Person mit der Erledigung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung und ist mit Blick auf den Charakter der Aufgabe zu bestimmen, zu deren Erfüllung die Privatperson herangezogen wird. (vgl. BGHSt 43, 96, 101 ff.; BGHR StGB § 11 Abs. 1 Nr. 2 Amtsträger 4 und 14).

Mit der Übernahme der Tätigkeit im Prüfungsausschuss wurde der Beschuldigte auf längere Zeit tatsächlich und nach außen erkennbar mit der Abnahme der Sachkundeprüfung betraut. Ihm oblag im Zusammenwirken mit den weiteren Mitgliedern des Prüfungsausschusses die auf Dauer ausgerichtete eigenständige Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben.

Dem steht nicht entgegen, dass der örtliche Schießsportverein - hier der SSV H. - nicht unmittelbar der Anerkennung durch das Bundesverwaltungsamt bedurfte. Aus der bereits oben angeführten Begründung der Bundesratsdrucksache zu § 3 Abs. 5 AWaffV (BR-Drucks. 415/03 Seite 37) folgt nämlich, dass der Gesetzgeber davon ausging, dass bei der staatlichen Anerkennung von Schießsportverbänden auch deren schießsportliche Ausbildung geprüft wird. Daher bedarf es keiner zusätzlichen Anerkennung der Verbandsausbildungsgänge hinsichtlich der Sachkundevermittlung. Allein aus diesem Grunde hat der Gesetzgeber insoweit lediglich das Prüfungsverfahren und das Teilnahmerecht der Behörde hieran geregelt. Daraus folgt, dass die nur mittelbare Anerkennung des SSV H. durch das Bundesverwaltungsamt nicht gegen die Bestellung der Mitglieder des Prüfungsausschusses zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben spricht.

2. Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr.

Der Beschuldigte hat im Falle einer Verurteilung eine mehrjährige Haftstrafe zu vergewärtigen. Ausgehend vom anzunehmenden Strafrahmen gem. §§ 332 Abs. 1, 335 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 StGB von einem Jahr bis zu zehn Jahren je Tat ist auch im Falle einer straffen Gesamtstrafenbildung eine hohe Straferwartung gegeben. Insbesondere ist nach vorläufiger Betrachtung nicht anzunehmen, dass die Regelwirkung des besonders schweren Falles aufgrund der Umstände des jeweiligen Einzelfalles entfallen könnte. Das Tatunrecht wiegt angesichts des Umstandes, dass das Verhalten des Beschuldigten nach vorläufiger Betrachtung dazu führte, dass Personen ohne den erforderlichen Sachkundenachweis der Zugang zu großkalibrigen Schusswaffen geebnet wurde, schwer.

Die bestehenden sozialen Bindungen sind nicht geeignet den aus der hohen Straferwartung ergebenden Fluchtanreiz zu beseitigen:

Die Erwartung einer hohen Strafe kann in der Regel noch nicht allein, wohl aber in Verbindung mit weiteren Umständen die Fluchtgefahr begründen (KG StV 1995, 383 und 1998, 207; OLG Köln StV 1997, 642 u. 2000, 628; OLG Hamm NStZ-RR 2000, 188 = StV 2001, 115 m. Anm. Deckers; OLG Bremen StV 1995, 85; OLG Düsseldorf StV 1991, 305).

Hier ist zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte Witwer ist und das alleinige Sorgerecht für seine Tochter von der Kindesmutter wahrgenommen wird. Weiterhin ist in Rechnung zu stellen, dass der Beschuldigte sein Restaurant im Februar dieses Jahres veräußert hat und dort nunmehr nur noch geringfügig beschäftigt ist. Daneben übt er lediglich eine weitere geringfügige Tätigkeit mit einem Monatseinkommen von nur 300,00 € für das Autohaus Wiese aus. Diese Arbeitsverhältnisse sind, worauf die Kammer im Rahmen des angefochtenen Beschlusses zutreffend hingewiesen hat, auch in Verbindung mit seiner Witwenrente und dem Einkommen seiner Schwiegermutter, nicht als wesentliche dem Fluchtanreiz entgegenstehende Gesichtspunkte zu werten. Derartige wenig gefestigte Beschäftigungsverhältnisse könnte der Beschuldigte jederzeit auch an anderen Orten begründen. Diese Umstände rechtfertigen bereits ohne Rücksicht auf die Kontakte des Beschuldigten in seine italienische Heimat den Schluss auf das Bestehen von Fluchtgefahr.

Diesbezüglich weist der Senat jedoch darauf hin, dass der Umstand, dass der Beschuldigte in Italien über Grundeigentum verfügt und fließend italienisch spricht, im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung durchaus Berücksichtigung finden darf (Graf in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Aufl. 2013 , § 112 Rn. 22 bis 22b; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 112 Rn. 20, jeweils mit weiteren Nachweisen). Insoweit verbietet sich lediglich der Schluss, ausschließlich aufgrund dieser Umstände Fluchtgefahr anzunehmen. Dem steht auch nicht entgegen, dass aufgrund des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten grundsätzlich auch im Falle einer Flucht nach Italien eine Auslieferung auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls erfolgen könnte. Diesbezüglich ist nämlich zu beachten, dass der Beschuldigte italienischer Staatsbürger ist und daher seine Auslieferung aus Italien nach Deutschland nicht von vornherein sicher erscheint (vgl. dazu § 80 IRG hinsichtlich der erhöhten Anforderungen zur Auslieferung deutscher Staatsangehöriger).

3. Der Zweck der Untersuchungshaft kann mit weniger einschneidenden Mitteln nicht erreicht werden. Die vorgenannten Umstände zum Haftgrund wiegen so schwer, dass mildere Maßnahmen nach § 116 Abs. 1 StPO die Erwartung nicht zu begründen vermögen, der Zweck der Untersuchungshaft könne auch ohne ihren Vollzug erreicht werden. Geeignete Auflagen, die einer Fluchtgefahr hinreichend entgegenwirken könnten, sind nicht erkennbar. Eine Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls kommt deshalb nicht in Betracht.

4. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft ist auch verhältnismäßig. Angesichts des erheblichen Gewichts des staatlichen Strafanspruches und des hohen öffentlichen Interesses an einer geordneten Strafrechtspflege muss das Freiheitsgrundrecht des Beschuldigten hier zurücktreten.

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

IV.

Dieser Beschluss unterliegt keiner Anfechtung, § 304 Abs. 4 StPO.