Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 17.01.2003, Az.: 6 A 4382/02
Auflage; Auslandsschuljahr; Einbringungsverpflichtung; Ermessen; Fremdsprachenauflage; Fremdsprachenunterricht; Gastschuljahr; Gleichbehandlungsgrundsatz; Gleichwertigkeit; Grundanforderung; Gymnasiale Oberstufe; Gymnasium; Nebenbestimmung; Oberstufe; Schule; Verhältnismäßigkeit; Verkürzung; Verpflichtungsklage; Vorstufe
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 17.01.2003
- Aktenzeichen
- 6 A 4382/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 47668
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 11 Abs 3 SchulG ND
- § 54 Abs 1 SchulG ND
- § 4 Abs 1 GymOV
- § 8 GymOV
- § 36 Abs 2 VwVfG
- § 42 VwGO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Das Gymnasium geht nicht über das Erfordernis einer Gleichwertigkeit des Auslandsschulbesuchs für die Verkürzung der Vorstufe nach § 4 Abs. 1 VO-GO hinaus, wenn es verlangt, dass entweder eine im Ausland neu begonnene Fremdsprache in der Kursstufe fortgeführt oder stattdessen der Unterricht in der zweiten Fremdsprache nach Rückkehr aus dem Auslandsschuljahr wieder aufgenommen und in die Oberstufe hineinreichend insgesamt fünf Jahre lang kontinuierlich besucht wird.
Tatbestand:
Der Kläger ist Schüler der Beklagten und besucht dort gegenwärtig die gymnasiale Oberstufe im 12. Jahrgang. Nachdem der Kläger den 10. Schuljahrgang besucht hatte, war er von der Beklagten im Schuljahr 2001/2002 von dem Besuch der Vorstufe beurlaubt worden, um ihm ein Auslandsschuljahr in den Vereinigten Staaten von Amerika zu ermöglichen. Im Anschluss an das Auslandsschuljahr nahm die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 20. Juli 2002 mit Beginn des Schuljahres 2002/2003 in das 1. Kurshalbjahr der gymnasialen Oberstufe unter der Voraussetzung auf, dass der Kläger am Lateinunterricht entweder der Vorstufe oder des ersten Jahres der Kursstufe teilnimmt.
Gegen die verlangte zusätzliche Teilnahme am Lateinunterricht erhob der Kläger mit folgender Begründung Widerspruch:
Für die seiner Aufnahme in die Kursstufe beigefügte Nebenbestimmung liege kein rechtlicher Grund vor. Die Beklagte stelle mit ihrer Auflage zur Teilnahme am Lateinunterricht darauf ab, dass er im Ausland den Fremdsprachenunterricht nicht in derselben Weise wie in Deutschland erhalten habe. Damit gehe sie über den in § 4 der Verordnung über die gymnasiale Oberstufe - VO-GO - gesetzten rechtlichen Rahmen zur Verkürzung des Besuchs der Vorstufe hinaus. An der in den Vereinigten Staaten von Amerika besuchten High School sei das Fach Latein nicht angeboten worden; statt dessen habe er während des gesamten Auslandsschuljahres am Kurs in Spanisch teilgenommen. § 4 VO-GO verlange für eine Verkürzung des Besuchs der Oberstufe nur die Gleichwertigkeit des Schulbesuchs im Ausland. Das Erfordernis, zum Zweck der Gleichwertigkeit über einen Zeitraum von fünf Jahren an dem Unterricht der zweiten Fremdsprache teilzunehmen, sei wegen der Verwandtschaft des Spanischen zur lateinischen Sprache erfüllt, zumal die Versetzungsrelevanz der Note für den Unterricht der zweiten Fremdsprache bei einem Auslandsschulbesuch entfalle und die Teilnahme am Unterricht im Fach Latein auch keiner Einbringungsverpflichtung für die Abiturprüfung diene. Da er auch nicht beabsichtige, Latein in der Kursstufe zu wählen, verletze die ihm auferlegte Mehrbelastung den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. August 2002 wies die Bezirksregierung Hannover den Widerspruch als unbegründet zurück. Sie führte aus, eine Verkürzung der Vorstufe sei nach Nr. 4.2 der Ergänzenden Bestimmungen - Erg. Best. - zu § 4 VO-GO nur möglich, wenn die erfolgreiche Teilnahme am Auslandsunterricht auch in einer der im 5. oder 7. Jahrgang begonnenen Pflichtfremdsprache und einer weiteren Pflicht- oder Wahlpflichtfremdsprache oder einer neu begonnenen Fremdsprache nachgewiesen werde. Da der Kläger die im Ausland neu begonnene Fremdsprache Spanisch in der Kursstufe nicht fortsetzen könne, müsse er für eine Verkürzung des Schulbesuchs die im Sekundarbereich I begonnene zweite Fremdsprache durch Teilnahme am Unterricht der Vor- oder Kursstufe fortsetzen; andernfalls könne er nur den 11. Schuljahrgang besuchen.
Der Kläger hat am 26. September 2002 Klage erhoben. Er trägt vor, er habe sich bei der Wahl des ihm von der High School ersatzweise angebotenen Spanisch-Unterrichts von dem Hinweis leiten lassen, den ihm sein zukünftiger Kursleiter am Ende des 10. Schuljahres gegeben habe. Dieser habe ihm eine Teilnahme am Spanisch-Unterricht empfohlen, wenn die Wahl eines Latein-Unterrichts in Amerika nicht möglich sein sollte. Die dem Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2002 beigefügte Nebenbestimmung sei rechtswidrig, weil § 4 VO-GO für eine Verkürzung der Vorstufe nur die Gleichwertigkeit des Auslandsschulbesuchs verlange. Darüber gehe die Beklagte hinaus, indem sie gestützt auf die in § 8 VO-GO geregelten Teilnahmeverpflichtungen für den Unterricht in der Vorstufe einen rein formalen Abgleich der unterrichteten Fächer vornehme. Die Ansicht der Beklagten, dass sich die Anforderungen eines niedersächsischen Gymnasiums bei einem Gastschulbesuch im Ausland völlig identisch widerspiegeln müssten, widerspreche schon im Kern dem Anrechnungsgedanken des § 4 VO-GO.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2002 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Hannover vom 22. August 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger mit Beginn des Schuljahres 2002/2003 ohne die Voraussetzung der Teilnahme am Lateinunterricht der Vor- oder Kursstufe in das 1. Kurshalbjahr der Kursstufe aufzunehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Klage unbegründet ist; insoweit verweist sie auf die Vorschriften in Nr. 4.2 der Ergänzenden Bestimmungen zu § 4 VO-GO, wonach vorliegend eine Verkürzung des Besuchs der Oberstufe nur bei Fortsetzung der zweiten Fremdsprache aus dem Sekundarbereich I möglich sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts nimmt das Gericht auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als eine auf Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtete Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig.
Die dem Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2002 beigefügte Nebenbestimmung, mit der die Teilnahme am Unterricht der vom Kläger im 7. Schuljahrgang begonnenen Pflichtfremdsprache Latein angeordnet worden ist, stellt keine Bedingung im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - sondern eine Auflage (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG) dar, die nur als unmittelbarer Inhalt des Regelungsgegenstandes des Verwaltungsakts (Verkürzung des Schulbesuchs) verstanden werden kann. Die ausgesprochene Vergünstigung einer Aufnahme in den 12. Jahrgang unter Verkürzung des Oberstufenbesuchs um den Besuch der Vorstufe ist untrennbar mit der den Kläger belastenden Regelung einer (nachzuholenden) Teilnahme am Lateinunterricht verbunden. Das folgt eindeutig aus der Formulierung des Bescheides, der zwar die Verkürzung der Vorstufe um die Zeit des Auslandsschulbesuchs durch die Aufnahme des Klägers in den 12. Jahrgang vorwegnimmt, dieses aber nur "unter der Voraussetzung" einer - zeitlich nach Aufnahme zu erfolgenden - Teilnahme am Lateinunterricht anordnet. Modifizierende Auflagen dieser Art lassen sich nicht gesondert anfechten (vgl. BVerwGE 39, 37 [BVerwG 27.10.1971 - BVerwG V C 78.70] = NVwZ 1984 S. 371 [BVerwG 17.02.1984 - BVerwG 7 C 8/82]); das gilt jedenfalls dann, wenn sie - wie es vorliegend bei der Verkürzung des Besuchs der Vorstufe nach § 4 Abs. 1 VO-GO der Fall ist - der rechtlichen Absicherung einer Ermessensentscheidung dienen sollen.
Die Klage ist aber nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte verpflichtet wird, ihn mit Beginn des Schuljahres 2002/2003 ohne die Voraussetzung der Teilnahme am Lateinunterricht der Vor- oder Kursstufe in das 1. Kurshalbjahr der Kursstufe aufzunehmen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 20. Juli 2002 ist in der Gestalt Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Hannover vom 22. August 2002 rechtmäßig.
Nach § 4 Abs. 1 VO-GO steht die im Anschluss an seine Beurlaubung wegen eines Auslandsschuljahres erfolgte Aufnahme des Klägers in das 1. Kurshalbjahr der gymnasialen Oberstufe im Ermessen der Beklagten. Danach kann die Beklagte die Pflicht des Klägers zum Besuch der Vorstufe um die Zeit eines nachgewiesenen, regelmäßigen und gleichwertigen Schulbesuchs im Ausland verkürzen und, weil sich der Schulbesuch im Ausland auch über das zweite Schulhalbjahr der Vorstufe erstreckt hat, ihn ohne Versetzung in die Kursstufe eintreten lassen.
Die Beklagte hat ihr Ermessen hat in gerichtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt, auch wenn sie mit ihrem Bescheid vom 20. Juli 2002 den Kläger mit Beginn des Schuljahres 2002/2003 nur unter der Voraussetzung, dass er am Lateinunterricht entweder der Vorstufe oder des ersten Jahres der Kursstufe teilnimmt, in das 1. Kurshalbjahr der gymnasialen Oberstufe aufgenommen hat. Die eine Aufnahme in den 12. Jahrgang modifizierende Nebenbestimmung findet ihre Rechtsgrundlage in § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG in Verbindung mit § 2 Abs. 3 Nr. 3 Nds. VwVfG. Danach darf ein Verwaltungsakt, den die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu erlassen hat, mit einer Auflage versehen werden, was wiederum hinsichtlich der Art und des Inhalts der Auflage im Ermessen der Behörde steht. Von diesem Ermessen hat die Beklagte bei der Wahl der dem Kläger gemachten Auflage rechtfehlerfrei Gebrauch gemacht; insbesondere geht die angeordnete zusätzliche Teilnahme am Lateinunterricht nicht über die Zielsetzung und die Reichweite des § 4 Abs. 1 VO-GO hinaus.
Inhaltlich gibt die dem Kläger auferlegte Teilnahmeverpflichtung die ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift in Nr. 4.2 der Nr. 4.2 der Ergänzenden Bestimmungen - Erg. Best. - zu § 4 der Verordnung über die gymnasiale Oberstufe - VO-GO - wieder. Danach sind die Schulen gehalten, nur dann eine Verkürzung des Besuchs der Vorstufe um die Zeit eines Auslandsaufenthalts zuzulassen, wenn die erfolgreiche Teilnahme am Unterricht in mehreren Fächern nachgewiesen wird. Nachzuweisende Fächer sind unter anderem die im 5. und 7. Schuljahrgang begonnen Pflichtfremdsprachen, wahlweise eine der im 5. oder 7. Schuljahrgang begonnenen Pflichtfremdsprachen und eine weitere Pflicht- oder Wahlpflichtfremdsprache oder eine neu begonnene Fremdsprache. Ist die Fortsetzung einer im Ausland neu begonnenen Fremdsprache nicht möglich, so ist die Verkürzung des Besuchs der Vorstufe um die Zeit des Auslandsaufenthalts nur dann zulässig, wenn neben der Unterrichtsverpflichtung in der Kursstufe die Verpflichtung zur Fortsetzung einer aus dem Sekundarbereich I fortgesetzten zweiten Pflicht- oder Wahlpflichtfremdsprache durch die zusätzliche Teilnahme am Unterricht in der Vorstufe oder der Kursstufe erfüllt werden kann. Die Anwendung dieser Ermessensrichtlinie führt im Fall des Klägers zu der Verpflichtung, den durch Verkürzung des Besuchs der Vorstufe weggefallenen Unterricht in seiner zweiten Pflichtfremdsprache Latein - wie ihm im angefochtenen Bescheid auferlegt - nachzuholen. Denn während seines Auslandsschulbesuchs hat er von den Pflichtfremdsprachen aus dem Sekundarbereich I nur das Fach Englisch fortgesetzt und die Fortsetzung der an der High School neu begonnenen Fremdsprache Spanisch scheitert daran, dass dieses Fach in der gymnasialen Oberstufe der Beklagten nicht angeboten wird.
Da die Beifügung der Nebenbestimmung zur Verkürzung des Besuchs der Oberstufe im Ermessen der Beklagten steht, hat das Gericht nicht zu prüfen, ob die Anwendung der vorstehend genannten Verwaltungsvorschrift in Anbetracht der Einwände des Klägers, nämlich der Verwandtschaft der spanischen mit der lateinischen Sprache, der fehlenden Versetzungsrelevanz des zusätzlichen Lateinunterrichts und der ihm auferlegten Mehrbelastung, pädagogisch sinnvoll ist. Entscheidend ist allein, dass sich die Nebenbestimmung in dem Rahmen des nach § 4 VO-GO rechtlich Zulässigen hält.
Die der Schule für die Verkürzungsentscheidung in Nr. 4.2 der Erg. Best. zu § 4 VO-GO vorgegebenen Nachweis- und Teilnahmeverpflichtungen knüpfen erkennbar an das in § 4 Abs. 1 Satz 1 VO-GO normierte Erfordernis einer Gleichwertigkeit des Auslandsschulbesuchs an. Der Inhalt des unbestimmten Rechtsbegriffs der Gleichwertigkeit wird nicht verkannt, wenn die Verkürzung des Besuchs der Vorstufe in Fällen der vorliegenden Art von dem Nachholen des Zeitrestes eines mindestens fünf Jahre währenden Unterrichts in der zweiten Fremdsprache abhängig gemacht wird.
Die Gleichwertigkeit einer im Ausland erworbenen schulischen Bildung ist generell die Voraussetzung dafür, dass ein Bildungsweg im deutschen Bildungssystem eingeschlagen oder - uneingeschränkt - fortgesetzt werden kann. Insoweit findet der Rechtsbegriff der Gleichwertigkeit mit demselben Inhalt im Bildungsrecht (vgl. § 18 Abs. 2 Nr. 1 und 3 NHG für Hochschulzugangsberechtigungen, § 4 Abs. 2 Nr. 2 BB-GVO für Vorbildungen im berufsbildenden Schulwesen) sowie in den Gesetzen, die spezifische Anforderungen an die Wahl bestimmter Berufe stellen, umfassende Verwendung. Die Gleichwertigkeit einer im Ausland vermittelten Schulbildung setzt nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (vgl. VGH Mannheim, NVwZ-RR 2001, 104 [105] [OVG Nordrhein-Westfalen 13.07.2000 - 8 B 482/99] m.w.N.) voraus, dass sie sowohl nach den Ausbildungsgegenständen als auch nach der Wirksamkeit ihrer Vermittlung gleichwertig ist. Dabei ist die Dauer des Schulbesuches im Ausland ein gewichtiges Indiz für die Wirksamkeit der Vermittlung eines bestimmten Ausbildungsgegenstandes (BVerwGE 92, 88 [92]). Ausbildungsgegenstände und die Wirksamkeit ihrer Vermittlung ergeben in ihrer Summe die in den verschiedenen Ländern erworbenen Ausbildungsstände. Sollen diese miteinander verglichen werden, kommt es nicht auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des jeweiligen Antragstellers, sondern ausschließlich auf die objektiven Umstände seines im Ausland absolvierten Ausbildungsganges an (ständ. Rechtsprechung, vgl. BVerwGE 92, 88 [94 f.] = NJW 1993 S. 3005; BVerwGE 102, 44 [46] = NJW 1997 S. 1650). Wären dagegen individuelle Kenntnisse und Fähigkeiten einer im Ausland ausgebildeten Person Gegenstand der Gleichwertigkeitsprüfung, müssten sie zunächst durch eine an deutschen Maßstäben orientierte Prüfung ermittelt werden (vgl. BVerwGE 98, 180 [183]), was aber im Regelfall nicht vorgesehen ist.
Danach geht das Gymnasium nicht über das Erfordernis einer Gleichwertigkeit des Auslandsschulbesuchs hinaus, wenn es zur Verkürzung der Vorstufe um die Zeit des Auslandsaufenthalts verlangt, dass entweder eine im Ausland begonnene weitere Fremdsprache in der Oberstufe fortgeführt oder aber der Unterricht in der zweiten Fremdsprache in die Oberstufe hineinreichend insgesamt fünf Jahre lang kontinuierlich besucht wird. Gleichwertigkeit verlangt nämlich nach den oben dargestellten Grundsätzen einen Vergleich der im Ausland und in Deutschland vermittelten Ausbildungsgegenstände. Dieser Vergleich lässt sich nur vor dem Hintergrund der deutschen Grundanforderungen (§ 11 Abs. 3 Nr. 3 Satz 4 Nds. Schulgesetz - NSchG -) des in Fächer und Aufgabenfelder gegliederten Unterrichts im Sekundarbereich II des Gymnasiums anstellen. Zu den Grundanforderungen der gymnasialen Oberstufe zählt auch, dass nach § 8 Abs. 2 VO-GO in der Vorstufe am Unterricht in zwei Fremdsprachen teilgenommen werden muss und dass diese Fremdsprachen nicht beliebig ausgewählt werden dürfen. Vielmehr müssen sie grundsätzlich aus dem Sekundarbereich I fortgeführt werden. Eine Ausnahme vom Prinzip des Fortführens gilt insoweit nur, wenn der Unterricht in einer in der Vorstufe begonnenen weiteren Fremdsprache gewählt wird, zugleich aber dessen Kontinuität bis zum Abschluss der Oberstufe gewährleistet ist. Diese Organisation eines kontinuierlichen Fremdsprachenunterrichts in der Vorstufe ist vor dem Hintergrund der Gliederung der gymnasialen Oberstufe in eine Einführungs- und eine Qualifikationsphase zu sehen, wobei der Vorstufe als Einführungsphase für die später eigenverantwortlich zu treffenden Wahl- und Differenzierungsentscheidungen eine Brückenfunktion zwischen den Sekundarbereichen zukommt (Nr. 3. und 4. der Beschlüsse der KMK-Konferenz zur Weiterentwicklung der Prinzipien der gymnasialen Oberstufe und des Abiturs, SVBl. 1996 S. 468 ff.). Das gilt insbesondere für den Erwerb der grundlegenden Kompetenzen für eine Studierfähigkeit, der nach fachlicher Einschätzung das durchgehende Belegen der drei Fächer Deutsch, Fremdsprache und Mathematik in der Oberstufe erforderlich macht (KMK-Konferenz ebd.). Insoweit spiegeln die Regelungen des § 8 VO-GO, soweit sie Teilnahmeverpflichtungen für diejenigen Fächer normieren, die Bestandteil des Kerncurriculums der Kursstufe (Deutsch, Fremdsprache und Mathematik) sind, ein obligatorisches Strukturprinzip der gymnasialen Oberstufe wider (vgl. Bade, SVBl. 1997 S. 254 ff.). Das der Oberstufe innewohnende Prinzip der Kontinuität der Fremdsprachen steht einem Gleichsetzen des von dem Kläger im Sekundarbereich I begonnenen Lateinunterrichts bei der Beklagten mit dem Spanischunterricht an der High School entgegen. Wenn die Kontinuität des Fremdsprachenunterrichts als Grundanforderung den Ausbildungsgegenstand in der Vorstufe prägt, kann der im Ausland nur für die Dauer eines Jahres erteilte Unterricht in einer weiteren Fremdsprache (hier: Spanisch) naturgemäß nicht gleichwertig sein.
Es trifft auch nicht zu, dass die mit der Verkürzung des Besuchs der Oberstufe verbundene Nebenbestimmung von überzogenen Anforderungen der Vergleichbarkeit des Auslandsschulbesuchs mit dem Kerncurriculum der Kursstufe ausginge und deshalb gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns verstieße. Ein Vergleich der Mindestanforderungen in Ziffer 4.2 der Erg. Best. zu § 4 VO-GO mit den Teilnahmeverpflichtungen für die Vorstufe zeigt, dass für Schülerinnen und Schüler, die nach einem einjährigen Auslandsaufenthalt übergangslos in den 12. Jahrgang aufgenommen werden wollen, keine unverhältnismäßige Belastung eintritt. Sie müssen nämlich - im Unterschied zu ihren Mitschülerinnen und Mitschülern in der Vorstufe - nur nachweisen, dass sie an der Auslandsschule am Unterricht in insgesamt fünf der ansonsten als Mindestzahl vorgeschriebenen 11 Fächer der Vorstufe (§ 8 Abs. 1 VO-GO) teilgenommen haben.