Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 28.01.2003, Az.: 7 A 1408/01
Anspruchsübergang; Pflegebedürftiger; Pflegebedürftigkeit; Pflegekosten; Pflegekraft; Sozialhilfe
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 28.01.2003
- Aktenzeichen
- 7 A 1408/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 48559
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 28 Abs 2 BSHG
- § 69b Abs 1 S 2 BSHG
- § 121 BSHG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
§ 28 Abs. 2 BSHG ist dahingehend auszulegen, dass der Anspruch auf Übernahme der angemessenen Kosten einer besonderen Pflegekraft gemäß § 69 b Abs. 1 Satz 2 BSHG nach dem Tode des Pflegebedürftigen auf die besondere Pflegekraft, die die Pflege geleistet hat, übergeht..
Tenor:
Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin für die in der Zeit vom 11.01.2000 bis 01.02.2000 von dieser dem {E.} erbrachten Leistungen der häuslichen Pflege zusätzlich zu den bereits gezahlten 347,76 DM weitere 79,03 € (154,56 DM) zu gewähren. Die Bescheide der Landeshauptstadt Hannover vom 24.07.2000 und vom 06.03.2001 werden aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 9/10 und die Beklagte zu 1/10.
Die Entscheidung über die Kosten ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweiligen zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin, ein Pflegedienst, begehrt von der Beklagten die Erstattung von Kosten für die häusliche Pflege des verstorbenen (E.).
(E.) erhielt von der Beklagten bis zu seinem Tode Hilfe zum Lebensunterhalt. Er litt unheilbar an einer schweren Lungenfibrose, der er am 24.02.2000 erlag. Am 08.12.1999 wurde ihm von seinem behandelnden Arzt häusliche Krankenpflege (2 x täglich Grundpflege) zur Vermeidung einer Krankenhausbehandlung verordnet mit einer voraussichtlichen Dauer von einem Monat, bei Verlängerung voraussichtlich von einem weiteren Monat. Eine Verlängerung der Verordnung für den freiwillig gesetzlich krankenversicherten (E.) erfolgte nicht. Die häusliche Pflege wurde von der Klägerin erbracht, und zwar in der Zeit bis zum 08.01.2000 und wiederum am 15./16.02 2000 als Krankenhausvermeidungs- und Krankenhausverkürzungspflege, in der Zeit vom 11.01. bis 01.02.2000 an insgesamt 18 Tagen als häusliche Pflege. Ausgenommen von der Pflege waren der 22./23. und der 29./30.01.2000, weil (E.) an jenen Wochenenden von Freunden gepflegt wurde. In der Zeit vom 22.12. 1999 bis 10.01.2000 und vom 01.02.2000 bis 15.02. 2000 befand (E.) sich im Krankenhaus. Letztmalig wurde er am 16.02.2000 wieder ins Krankenhaus eingeliefert, das er bis zu seinem Tode nicht mehr verließ.
Unter dem 15.03.2000 meldete sich die (von (E.) bevollmächtigte) Klägerin bei dem Sozialamt der Landeshauptstadt Hannover und gab ihrem Begehren auf Übernahme der Kosten ihrer für (E.) geleisteten Pflegetätigkeit Ausdruck. Die Krankenkasse habe den Antrag auf häusliche Krankenpflege abgelehnt, weil eine Pflegestufe beantragt werden müsse. Aufgrund der Pflegebedürftigkeit des Patienten sei sie, die Klägerin, im Januar 2000 dennoch in Vorleistung getreten und hätte zeitgleich Leistungen der Pflegeversicherung sowie Leistungen nach dem BSHG , für den Fall beantragt, dass die Pflegestufe abgelehnt würde. Ein Hausbesuch mit einer Mitarbeiterin des kommunalen Sozialdienstes zwecks Aufnahme des Hilfebedarfs sei zwar terminiert worden, habe jedoch nicht stattfinden können, weil der Patient akut ins Krankenhaus eingeliefert worden sei. Inzwischen habe sich herausgestellt, dass wegen fehlender Versicherungszeiten ein Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung nicht bestehe. Entsprechendes ergibt sich aus einem Schreiben der Pflegeversicherung an (E.) vom 02.02.2000.
Ermittlungen des Sozialamtes bei den Mitarbeiterinnen des kommunalen Sozialdienstes ergaben zunächst, dass diesen ein Kontakt mit der Klägerin nicht erinnerlich war. Später wurde von dort ein undatierter und nicht unterschriebener Vermerk über einen Anruf seitens der Klägerin vom 21.01.2000 des Inhaltes übersandt, dass ein vereinbarter Hausbesuch für den 26.01.2000 abgesagt worden sei und außerdem mitgeteilt worden sei, dass die Pflegekasse die mündliche Zusage zur Einstufung des (E.) in die Pflegestufe 1 gemacht habe. Die Leistungen der Pflegestufe 1 seinen jedoch nicht ausreichend. Ein neuer Termin für einen Hausbesuch solle im Februar 2000 vereinbart werden.
Mit Bescheid vom 24.07.2000 lehnte die Landeshauptstadt Hannover eine Übernahme von Pflegekosten ab, weil eine Prüfung des benötigten Pflegebedarfs nicht mehr möglich sei.
Am 01.08. 2000 legte die Klägerin dagegen Widerspruch ein und legte ihre Dokumentationsmappe über die geleisteten Pflegeeinsätze vor.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erhielt das Sozialamt das Ergebnis einer von einer Pflegefachkraft der Krankenkasse des (E.) am 17.01.2000 durchgeführten Begutachtung des Pflegebedarfs des Patienten übersandt (Bl. 129 des Verwaltungsvorgangs), auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Mit Schreiben vom 07.11.2000 teilte das Sozialamt der Klägerin mit, dass aufgrund der besonderen Umstände der Angelegenheit ausnahmsweise die Kosten der Pflegeeinsätze in der Zeit vom 11. bis 31.01.2000 im Umfang des durch den medizinischen Dienst der Krankenkasse festgestellten Pflegebedarfs (11 kleine Grundpflegen und 9 große Grundpflegen) , mithin für 20 Tage insgesamt 347,76 DM übernommen würden. Künftig würden Hauspflegekosten grundsätzlich erst ab Bekanntwerden des Hilfebedarfs übernommen werden.
Die Klägerin hielt dies nicht für ausreichend. (E.) sei schwerstpflegebedürftig und zum Teil bettlägerig gewesen. Außer an den Wochenenden, an denen er von seinen Freunden versorgt worden sei, sei er dreimal täglich pflegerisch versorgt worden. Die Einschätzung des medizinischen Dienstes der Krankenkasse sei unzutreffend. Als (E.) an sie, die Klägerin, verwiesen worden sei, hätten sie im übrigen sofort den Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung gestellt und im Auftrag von (E.) parallel den kommunalen Sozialdienst eingeschaltet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.03.2001 wies die Landeshauptstadt Hannover den Widerspruch der Klägerin als unzulässig zurück, weil diese nicht Verfahrensbeteiligte sei. Ein noch nicht verwirklichter Anspruch des (E.) auf Sozialhilfeleistungen habe nach dessen Tode nicht auf die Klägerin übergehen können.
Am 05.04.2001 hat die Klägerin Klage erhoben. Widerspruch und Klage seinen zulässig, weil sie einen eigenen Anspruch aufgrund von § 28 Abs. 2 BSHG bzw. § 121 BSHG habe. Der Antrag vom 15.03.2000 sei auch als Antrag auf Erstattung der Aufwendungen als Nothelfer zu verstehen. Bereits am 15.12.1999 habe sie den kommunalen Sozialdienst telefonisch über den Pflegebedarf informiert und ergänzende Leistungen der Hilfe zur Pflege beantragt, weil abzusehen gewesen sei, dass die Leistungen der Pflegeversicherung nicht ausreichend sein würden. Als Begutachtungstermin zur Aufnahme des Hilfebedarfs sei damals der 02.02.2000 vereinbart worden. Der Pflegebedarf des (E.) habe die geleisteten Einsätze erfordert, über die gemäß der mit der Landeshauptstadt Hannover getroffenen Vergütungsvereinbarung gemäß § 93 Abs. 2 BSHG abgerechnet worden sei. Erforderlich gewesen seien in der Zeit vom 11.01. bis 01.02.2000 folgende Leistungskomplexe: je 18 x große Grundpflege II und III, 36 x Nahrungsaufnahme, 18 x Darm-/Blasenentleerung, 5 x Verlassen der Wohnung, 1 x Begleitung und 36 x Zubereitung kl. Mahlzeit. Abzüglich der bereits erstatteten 347,76 DM verbleibe eine Restforderung von 1.593,21 DM. Der Umfang des Pflegebedarfs werde bestätigt durch die ärztlichen Befunde, die Pflegedokumentation und die Tatsache, dass (E.) am 24.02.2000 im Alter von 40 Jahren an seiner Krankheit gestorben sei. Bei der Begutachtung durch die Pflegefachkraft am 17.01.2000 habe es sich lediglich um eine vorläufige Begutachtung und noch nicht um Feststellungen des medizinischen Dienstes der Krankenkasse gehandelt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide der Landeshauptstadt Hannover vom 24.07.2000 und vom 06.03.2001 zu verpflichten, ihr für die dem (E.) in der Zeit vom 11.01. bis 01.02.2000 erbrachten Leistungen der häuslichen Pflege weitere 1.593,21 DM zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Als ambulante Einrichtung der Hilfe zur Pflege könne die Klägerin einen Anspruch gemäß § 28 Abs. 2 BSHG nicht geltend machen. Sie könne auch keine Erstattung ihrer Aufwendungen als Nothelfer verlangen, weil es sich nicht um einen Eilfall gehandelt habe.
Am 23.10.2002 hat die Amtsärztin (F.) der Beklagten auf der Basis der vorliegenden ärztlichen Befunde den Umfang des Pflegebedarfs des (E.) begutachtet. Auf den Inhalt der amtsärztlichen Stellungnahme (Bl. 71 f. der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nur zum Teil begründet. Dabei kann die Klägerin die Erstattung weiterer Kosten für die häusliche Pflege des (E.) allerdings nicht aus § 121 BSHG beanspruchen. Denn ein Fall der Nothilfe war in der Zeit vom 11.01. bis 01.02.2000 nicht gegeben, weil die Beklagte von dem Hilfefall bereits Kenntnis gehabt hat. Der Mangel der Kenntnis des Trägers der Sozialhilfe von der - u. U. im einzelnen erst noch festzustellenden - Notlage ist aber Tatbestandsmerkmal des § 121 Satz 1 BSHG ("…bei rechtzeitiger Kenntnis…").
Schriftlich hat die Klägerin sich zwar erst unter dem 15.03.2000 mit dem Begehren um Übernahme der Kosten für die Pflegetätigkeit an die Beklagte gewandt. Nach ihrem eigenen Vortrag hat sie aber bereits zuvor den kommunalen Sozialdienst über den Pflegebedarf des (E.) informiert. Unklar ist, ob dies entsprechend der Darstellung in der Klageschrift bereits am 15.12.1999 geschehen ist oder aber erst im Januar 2000, wie die Klägerin im Schreiben vom 15.03.2000 ausgeführt hat. Vermerke über den ersten Kontakt gibt es nicht. Allerdings lässt der Umstand, dass in einem Telefongespräch zwischen der Klägerin und dem kommunalen Sozialdienst am 21.01.2000 ein bereits zuvor vereinbarter Termin für einen Hausbesuch am 26.01.2000 verschoben wurde, erkennen, dass der Bedarf des (E.) bereits vor dem 21.01.2000 angemeldet worden ist. Der Umstand, dass (E.) der Klägerin bereits unter dem 10.12.1999 eine Vollmacht zur Beantragung von Leistungen nach dem BSHG erteilt hatte, lässt es plausibel erscheinen, dass der kommunale Sozialdienst ebenso wie die Pflegekasse bereits im Dezember 1999 über den Pflegebedarf unterrichtet worden ist. Glaubhaft ist auch die Angabe der Klägerin, dass der Hausbesuch nicht für den 26.01.2000, sondern für den 02.02.2000 vorgesehen gewesen sei. Denn am 01.02.2000 ist (E.) ins Krankenhaus eingeliefert worden, so dass es Sinn macht, dass der Termin abgesagt worden ist. Angesichts der ärztlichen Verordnung der häuslichen Krankenpflege vom 08.12.1999 für zunächst einen Monat mit der Möglichkeit der Verlängerung um einen weiteren Monat ist es auch nicht verwunderlich, dass die Klägerin akzeptiert hat, dass der Hausbesuch erst so spät angesetzt worden ist. Denn gemäß § 37 Abs. 1 SGB V hatte (E.) für vier Wochen und eventuell auch länger Anspruch auf Krankenpflegeleistungen der Krankenkasse.
Wenngleich der Umfang der benötigten Leistungen der Hilfe zur Pflege am 11.01.2000 noch nicht feststand, kann die Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, der Bedarf sei erst unter dem 15.03.2000 geltend gemacht worden, weil es erst zu diesem Zeitpunkt Klarheit hinsichtlich des Ob und des Umfangs des Pflegebedarfs gegeben habe. § 5 BSHG verlangt zwar nicht, dass die Sozialhilfeträger die Notwendigkeit der Hilfe "erahnen". Vorliegend hat die Beklagte jedoch von einer Notlage erfahren, die voraussichtlich Leistungen der Hilfe zur Pflege erfordern würde. Der der Beklagten bekannte Gesundheitszustand des (E.) lieferte konkrete Anhaltspunkte dafür. Dies musste die Beklagte gemäß § 20 SGB X zur Ermittlung des Hilfebedarfs veranlassen und hat es, wie die Vereinbarung eines Hausbesuchs erkennen lässt, ja auch getan. Deshalb ist der Hilfebedarf am 11.01.2000 bereits bekannt gewesen. Der Umstand, dass ungeklärt war, ob die Krankenkasse, die Pflegekasse oder der Sozialhilfeträger die Pflegekosten zu tragen hat, führt zu keiner anderen Bewertung.
Der Umstand, dass die Beklagte trotz Kenntnis des Hilfefalls in der Zeit vom 11.01 bis 01.02.2000 keine Hilfe geleistet hat, vermittelt der Klägerin, die den Bedarf des (E.) in jenem Zeitraum gedeckt hat, keinen Anspruch gemäß § 121 BSHG. Dies wäre nämlich mit der Systematik des BSHG nicht zu vereinbaren, weil es bezogen auf die Hilfegewährung für einen Zeitabschnitt zu einer Mehrheit von Ansprüchen führen würde: den Anspruch des Hilfebedürftigen gemäß § 5 BSHG und denjenigen des "jemand" aus § 121 Satz 1, ohne dass dem Gesetz zu entnehmen wäre, in welchem Verhältnis diese Ansprüche zueinander stünden, dass z. B. mit der Leistung des "jemand" der Anspruch des Hilfebedürftigen auf jenen überginge. Auch der Ausschluss von der Rechtsnachfolge durch Erbgang in einen Anspruch auf Sozialhilfe würde bei der Annahme, dass in Bezug auf Hilfe für einen Zeitabschnitt Ansprüche des (möglicherweise) Hilfebedürftigen und des "jemand" nebeneinander bestehen könnten, unterlaufen werden (BVerwG, Urteil vom 02.04.1987 - 5 C 67.84 - NDV 1987, 363 = FEVS 36,361).
Die Klägerin hat aber Anspruch auf Erstattung eines Teils der Kosten der von ihr dem (E.) geleisteten Pflege gemäß § 28 Abs. 2 BSHG. Nach dieser Vorschrift steht der Anspruch des Berechtigten auf Hilfe in einer Einrichtung oder auf Pflegegeld, soweit die Leistung dem Berechtigten gewährt worden wäre, nach seinem Tode demjenigen zu, der die Hilfe erbracht oder die Pflege geleistet hat. (E.) hätte einen Anspruch auf Leistungen gemäß § 69 b Abs. 1 Satz 2 BSHG (Übernahme der Kosten einer professionellen Pflegekraft bei der häuslichen Pflege) gehabt. Diese von der Klägerin nunmehr geltend gemachten Leistungen sind in § 28 Abs. 2 BSHG zwar nicht erwähnt. Hierbei dürfte es sich jedoch um ein redaktionelles Versehen des Gesetzgebers handeln, wie aus der Begründung zu der seit 01.08.1996 geltenden Neuregelung des § 28 Abs. 2 BSHG deutlich wird. Darin heißt es nämlich wie folgt (BT-Ds 13/3904 (S.45)):
"Beansprucht jemand Sozialhilfe und stirbt vor der Entscheidung des Trägers der Sozialhilfe, so geht der Anspruch unter. Da bei der Hilfe in Einrichtungen oder bei ambulanter Pflege die Entscheidungen oftmals längere Zeit beanspruchen und die Leistungen bereits von Dritten erbracht werden, führt die geltende Rechtslage dazu, daß Einrichtungen und Pflegepersonen trotz berechtigten Vertrauens auf Leistungen der Sozialhilfe leer ausgehen. Dies erscheint nicht gerechtfertigt und erschwert schnelle Hilfe durch Dritte. Die Neuregelung verhindert dies, indem sie den Anspruch des Hilfesuchenden, soweit er bis zu dessen Tode zu erfüllen gewesen wäre, auf einen Dritten übergehen lässt."
Unter den vom Gesetzgeber gewollten Regelungszweck dürfte deshalb auch die vorliegende Fallgestaltung fallen. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb das Vertrauen einer privaten Pflegeperson auf Leistungen der Sozialhilfe geschützt werden soll und dasjenige einer Profikraft, welche dieselbe Pflegeleistung erbringt, nicht. Auch angesichts der Systematik der Vorschriften zur häuslichen Pflege macht es keinen Sinn, den Anspruch auf Pflegegeld auf die Pflegeperson übergehen zu lassen, den Anspruch auf Leistungen gemäß § 69 b BSHG, die gewissermaßen ein Anhängsel zu § 69 a BSHG darstellen, hingegen nicht.
Mit dem Tode des (E.) ist deshalb dessen Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 69 b Abs. 1 Satz 2 BSHG auf die Klägerin im Wege der cessio legis übergegangen.
Unstreitig gehörte (E.) zum Personenkreis des § 68 Abs. 1 BSHG, welchem Hilfe zur Pflege zu gewähren ist. Unklar ist jedoch der Umfang der Pflege, deren er in der Zeit vom 11.01. bis zum 01.02.2000 bedurfte.
Eigene Feststellungen hat die Beklagte insoweit nicht getroffen, weil es zu einem Hausbesuch nicht mehr gekommen ist. Eine zuverlässige Einschätzung des Umfangs der im Begutachtungszeitpunkt benötigten Pflege wurde aber durch die Pflegefachkraft der Krankenkasse am 17.01.2000 vorgenommen (Bl. 129 VV). Zwar handelte es sich dabei nicht um eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse entsprechend den Pflegebedürftigkeitsrichtlinien gemäß § 17 SGB XI, die gemäß § 68 Abs. 6 BSHG zur näheren Bestimmung des Inhalts der Pflegeleistung Anwendung finden (abgedruckt in Hauck/Wilde, SGB XI, C 400). Erst ein solches Gutachten des Medizinischen Dienstes bildet gemäß Ziffer 5.10 der Pflegebedürftigkeitsrichtlinien die Grundlage für die Entscheidung der Pflegekasse über das Vorliegen der Pflegebedürftigkeit und der Pflegestufe, an welche der Sozialhilfeträger gemäß § 68 a BSHG gebunden ist, soweit die Entscheidung auf Tatsachen beruht, die bei beiden Entscheidungen zu berücksichtigen sind. Nach den überzeugenden Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erfolgte im vorliegenden Fall lediglich eine vorläufige Begutachtung, auf deren Grundlage bei ausreichenden Versicherungszeiten und ausreichendem Pflegebedarf bis zur endgültigen Entscheidung aufgrund einer weiteren Begutachtung vorläufig bereits Leistungen erbracht worden wären. Aufgrund fehlender Versicherungszeiten kamen Leistungen der Pflegekasse hier nicht in Betracht. Dies hindert jedoch nicht, mangels anderer Feststellungen zum Pflegebedarf im maßgeblichen Zeitraum, die sachkundige Beurteilung der für die Pflegekasse tätig gewordenen Pflegefachkraft der Feststellung des Hilfebedarfs des (E.) zugrundezulegen. Zweifel an der zutreffenden Begutachtung durch die Pflegefachkraft ergeben sich nicht bereits aus dem Umstand, dass die Klägerin umfangreichere Leistungen erbracht hat, als sie von jener für erforderlich erachtet wurden. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die bei der Klägerin beschäftigten Pflegepersonen über dieselbe Sachkunde verfügen wie die geschulten und qualifizierten Pflegefachkräfte, die von der Pflegekasse zur Vorbegutachtung eingesetzt werden. Deren Qualifikation wurde von der Klägerin auch nicht in Zweifel gezogen. Deshalb bedarf es der Vernehmung der Pflegekräfte, die den (E.) betreut haben, zur weiteren Sachaufklärung nicht. Diese hätten zwar Angaben zu den von ihnen erbrachten Hilfeleistungen machen können, aber nicht hinreichend sachkundig zu beurteilen vermocht, ob diese Hilfe auch erforderlich war.
Der Umstand, dass (E.) ausweislich einer ärztlichen Bescheinigung des (G.)krankenhauses jedenfalls am 14.02.2000 nahezu bettlägerig war und dreimal täglich Krankenpflege benötigte, lässt es zwar als möglich erscheinen, dass der Pflegebedarf des (E.) sich zwischen der Begutachtung durch die Pflegefachkraft am 17.01. und dem 01.02.2000 erhöht hat. Die aufgrund der Diskrepanz zwischen den Feststellungen zum Pflegebedarf eingeholte amtsärztliche Begutachtung vom 23.10.2002 hat keinen weiteren Aufschluss über den Pflegebedarf gegeben. Darin heißt es, dass bei einer Lungenfibrose der Krankheitsverlauf - auch im Endstadium - sehr unterschiedlich sein könne und beide Pflegebedarfsberechnungen (sowohl diejenige der Pflegefachkraft als auch diejenige der Klägerin) möglich seien. Da keine ärztlichen Befunde vorlägen, die den genauen Zustand des (E.) im streitgegenständlichen Zeitraum beschrieben, könne die Frage des Pflegeumfangs nicht mit Sicherheit beantwortet werden.
Nach alledem ist es nach Auffassung der Kammer sachgerecht, die Beschreibung des Pflegeumfangs durch die Pflegefachkraft aufgrund der Begutachtung des (E.) vom 17.01.2000 für den Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung zugrundezulegen.
Ausweislich der Begutachtung hatte (E.) in Bezug auf die in § 68 Abs. 5 BSHG wortgleich zu § 14 Abs. SGB XI aufgezählten Katalogverrichtungen folgenden Hilfebedarf:
Im Bereich der Körperpflege: 4 x pro Woche Waschen und 3 x pro Woche Duschen/Baden
Im Bereich der Ernährung: Anreichen des Essens
Im Bereich der Mobilität: 1 x in der Woche An- und Auskleiden sowie Begleitung zum Arzt, Transfer in die Dusche
An Kosten für 4 x kleine Körperpflege und 3 x große Körperpflege sind der Klägerin aufgrund der Begutachtung in Höhe von 347,76 DM für 20 Tage erstattet worden. Dabei sollte es sich um die Zeit vom 11.-31.01.2000 (21 Tage) handeln. Tatsächlich wurden jedoch laut Dokumentation der Klägerin an 18 Tagen (einschließlich des 01.02.2000) Pflegeleistungen erbracht, was der Berechnung zugrunde zu legen ist. Abgesehen von der fehlerhaften Berechnung sind durch die erbrachte Zahlung noch nicht sämtliche für erforderlich gehaltene Leistungen abgedeckt. Im Rahmen des erforderlichen und von der Klägerin geleisteten Pflegeumfangs hat die Beklagte, soweit noch nicht geschehen, gemäß § 69 b Abs. 1 Satz BSHG die angemessenen Kosten zu übernehmen. Die Vergütung der hier allein erbrachten Katalogleistungen gemäß § 68 Abs. 5 BSHG richtet sich, da es sich bei der Klägerin um eine zugelassene Pflegeeinrichtung gemäß § 72 SGB XI handelt, nach den Vorschriften der Pflegeversicherung (§ 93 Abs. 7 Satz 1 erster Halbsatz BSHG). Die Abrechnung auf der Grundlage einer danach bestehenden Vergütungsregelung stellt zugleich "angemessene Kosten" im Sinne des § 69 b Abs. 1 Satz 2 BSHG dar. Zutreffend haben die Beteiligten ihren jeweiligen Berechnungen die zwischen der Klägerin, der Pflegekasse und der Beklagten abgeschlossenen Vergütungsvereinbarung nach § 89 SGB XI zugrundegelegt. Danach werden die vergütungsfähigen Leistungen nach Leistungskomplexen und einem Punktzahlensystem vergütet.
Streitig ist zwischen den Beteiligten auch nicht die Art und Weise der Abrechnung, sondern allein der Umfang der erforderlichen und der erbrachten Pflegeleistungen. Die Klägerin hat beispielsweise in ihrer Aufstellung Große Morgen-/Abendtoilette II und III nach den Leistungskomplexen 6 und 7 der Vergütungsvereinbarung erfasst, zu denen nicht nur Waschen bzw. Duschen/Baden, Mund- und Zahnpflege, sondern auch Hilfe beim Aufsuchen und Verlassen des Bettes, An- und Auskleiden sowie Kämmen und Rasieren gehören, was (E.) aufgrund der Beurteilung durch die Medizinischen Dienst am 17.01.2000 selbständig erledigen konnte. Zutreffend ist angesichts des durch die Begutachtung am 17.01.2000 umschriebenen Pflegebedarfs die von der Beklagten getroffene Auswahl der Leistungskomplexe 2 und 5 (kleine bzw. große Morgen-/Abendtoilette I). Bei einer Aufteilung von 10 x LK 2 (10x 180 Punkte x 0,069 DM/Pkt.= 124,20 DM) und 8 x LK 5 (8 x 340 Punkte x 0,069 DM/Pkt = 187,68 DM) ergibt sich ein Vergütungsanspruch für die Grundpflege in Höhe von 311,88 DM (=159,46 €). Große und kleine Toilette wurden dabei für zwei Wochen jeweils im Verhältnis 3 : 4 angesetzt, für die restlichen vier Tage im Verhältnis 2 : 2. Da (E.) Darm und Blase selbständig entleeren konnte, kommt eine Übernahme der hierfür angesetzten Leistungen der Klägerin nicht in Betracht. In der mündlichen Verhandlung wurde klargestellt, dass es sich bei der von der Klägerin dokumentierten Begleitung bei Aktivität um einen Arztbesuch gehandelt hat. Hierfür sind gemäß LK 15 einmal 600 Punkte x 0,069 DM/Pkt = 41,40 DM (=21,17 €) zu vergüten. Das damit verbundene, von der Pflegefachkraft für erforderlich erachtete An- und Auskleiden ist von LK 15 erfasst. Die von der Klägerin aufgeführte Nahrungsaufnahme konnte (E.) selbst bewältigen. Es bedurfte lediglich des Anreichens des Essens. Allerdings ist das Gericht davon überzeugt, dass ein Bedarf des (E.) hinsichtlich der Zubereitung von Mahlzeiten bestanden hat, wie dieser von der Klägerin in Rechnung gestellt wurde. Auf die hauswirtschaftliche Versorgung hat sich die Begutachtung der Pflegefachkraft nicht erstreckt, obwohl auch dieser Bereich zu den Katalogverrichtungen gemäß § 68 Abs. 5 BSHG zählt. Angesichts der Kraftlosigkeit des (E.) und der sonstigen Pflegebedürftigkeit ist ein Bedarf hinsichtlich der Zubereitung von Mahlzeiten evident, wenn nicht anderweitig - etwa durch die Freundin des (E.) - dafür gesorgt wurde. Der Umstand, dass die Leistung von der Klägerin tatsächlich erbracht wurde, zeigt aber gerade, dass eine anderweitige Bedarfsdeckung insoweit nicht erfolgt ist. Für die Zubereitung einer sonstigen Mahlzeit (zweimal täglich) sind 36 x 60 Punkte x 0,069 DM = 149,04 DM (=76,20 €) anzusetzen. Insgesamt hat die Klägerin mithin einen Vergütungsanspruch in Höhe von 502,32 DM (= 256,83 €). Abzüglich der bereits gezahlten 347,76 DM (=177,81 €) stehen ihr noch 154,56 DM (= 79,03 €) zu.
Da (E.), vertreten durch die Klägerin, seine Ansprüche gegenüber allen in Betracht kommenden Leistungsträgern geltend gemacht hat, steht dem Anspruch auf Kostenübernahme der Nachrang der Sozialhilfe, § 2 Abs. 1 BSHG, nicht entgegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.