Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 29.01.2003, Az.: 6 B 5865/02
Begründung; Begründungszwang; Beurteilungsgrundlage; Bewertung; effektiver Rechtsschutz; einstweilige Anordnung; Gedächtnisprotokoll; Mündliche Prüfung; Neubescheidung; Neubewertung; Notenbegründung; Protokollierung; Prüfungsergebnis; Prüfungsnoten; Prüfungsverlauf; tierärztliche Vorprüfung; Verfahrensfehler; Vorphysikum
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 29.01.2003
- Aktenzeichen
- 6 B 5865/02
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2003, 47669
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 12 Abs 1 GG
- Art 19 Abs 4 GG
- § 123 VwGO
- § 65 Abs 2 TAppO
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Stellt ein Prüfling erst 6 Monate nach Durchführung der mündlichen Prüfung unter Vorlage eines Gedächtnisprotokolls ein substantiiertes Begründungsverlangen, kann er nicht beanspruchen, dass die Prüfer darauf eine detaillierte Begründung ihrer Notenvergabe unter Darstellung der einzelnen Frage- und Antwortschritte abgeben. Es liegt auf der Hand, dass sich Prüfer nach einem derart langen Zeitraum mit ausreichender Sicherheit nur noch an den allgemeinen Eindruck von der Leistung des Prüflings erinnern können.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist Kandidatin der Veterinärmedizin. Sie wurde am 27. September 2000 im Fach Zoologie für den ersten Abschnitt der Tierärztlichen Vorprüfung (Vorphysikum) mit dem Ergebnis der Prüfungsnote "nicht ausreichend (5)" geprüft und wiederholte diese Prüfung mit demselben Ergebnis am 12. April 2001. Am 8. Oktober 2001 fand die zweite Wiederholungsprüfung im Fach Zoologie statt. Nachdem auch an diesem Tag die Prüfungsleistung der Antragstellerin mit der Note "nicht ausreichend (5)" bewertet worden war, stellte der Antragsgegner mit Bescheid seines Vorsitzenden vom 15. Oktober 2001 das Nichtbestehen des ersten Abschnitts der Tierärztlichen Vorprüfung fest.
Dagegen erhob die Antragstellerin Widerspruch mit der Begründung, die zweite Wiederholungsprüfung leide an einem Verfahrensfehler, weil eine Protokollierung des Prüfungsverlaufs fehle. Die Antragstellerin legte dazu ein selbst erstelltes Gedächtnisprotokoll der Prüfung vor und machte geltend, sie habe die danach gestellten Prüfungsfragen zutreffend beantwortet. Auch sei ihr in der Prüfung nicht der Eindruck vermittelt worden, dass ihre Antworten in die falsche Richtung gingen. Sie habe den Prüfer Prof. {C.} unmittelbar nach der Prüfung gefragt, warum sie durchgefallen sei, obwohl sie alle Prüfungsfragen beantwortet habe; Prof. {C.} habe nur kurze Erklärungen, aber keine nachvollziehbare Begründung abgegeben. Die Beisitzerin Frau Dr. {D.} habe stattdessen das Wort ergriffen und gemeint, sie - die Antragstellerin - sei ja auch in Anatomie nicht so gut und habe bereits in der Vergangenheit Schwierigkeiten gehabt. Ihr fehle das Grundverständnis und sie solle es als Erlösung ansehen, dass das Prüfungsverfahren vorbei sei. In {E.} gebe es sowieso keine Stellen für Tierärzte und in einer Großtierpraxis werde man als Frau nicht ernst genommen.
Nach Einholung schriftlicher Stellungnahmen des Prüfers Prof. {C.} und der Beisitzerin Dr. {D.} wies der Antragsgegner den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2002 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass eine umfassende Protokollierung von Fragen und Antworten in der mündlichen Prüfung nicht erforderlich sei. Außerdem sei der Antragstellerin die Bewertung ihrer Prüfungsleistung im Anschluss an die Prüfung erläutert worden. Hierzu verwies der Antragsgegner auf die Stellungnahme des Prüfers Prof. {C.} vom 10. Mai 2002, in welcher der Prüfer ausführt, dass er im Anschluss an die Beratung des Prüfungsergebnisses ein ca. 30 Minuten dauerndes Gespräch mit der Antragstellerin geführt habe. In diesem Gespräch habe er seine Bewertung gegenüber der Antragstellerin begründet.
Die Antragstellerin hat am 30. September 2002 im Hauptsacheverfahren 6 A 4843/02 Klage erhoben.
Mit dem am 2. Dezember 2002 gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt sie die Verpflichtung des Antragsgegners, ihre Prüfungsleistung neu zu bewerten und sie - hilfsweise nach Wiederholung der Prüfung - das Studium fortsetzen zu lassen. Zur Antragsbegründung trägt die Antragstellerin unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Klageverfahren vor, sie habe in der Prüfung am 8. Oktober 2001 alle Fragen beantwortet, bis heute aber keine nachvollziehbare Begründung für das Nichtbestehen der Prüfung erhalten. Die eingeholten Stellungnahmen des Prüfers und der Beisitzerin beschränkten sich auf die Behauptung, sie habe in ihrem Gedächtnisprotokoll nur Themenbereiche angegeben und es befänden sich darin auch sachliche Fehler. Insbesondere erläutere der Prüfer Prof. {C.} nicht, welche der von ihm gestellten Prüfungsfragen sie in dem Gedächtnisprotokoll nicht wiedergegeben habe und welche Antworten falsch gewesen oder von ihr nicht plausibel begründet worden seien. Zum Beweis der Tatsache, dass ihr Gedächtnisprotokoll inhaltlich richtig sei, beziehe sie sich auf Zeugnis der Frau {F.}. Ihre im Protokoll gegebenen Antworten auf die Prüfungsfragen stimmten mit den von der Tierärztlichen Hochschule Hannover herausgegebenen Skripten überein. Demzufolge habe sie einen Anspruch auf Neubewertung der am 8. Oktober 2001 im Fach Zoologie gezeigten Prüfungsleistung. Das von den Prüfern nicht substantiiert angegriffene Gedächtnisprotokoll stelle dafür eine verlässliche Beurteilungsgrundlage dar.
Die Antragstellerin beantragt,
den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, eine vorläufige Neubewertung der Prüfungsleistung der Antragstellerin im Fach Zoologie im naturwissenschaftlichen Abschnitt der Tierärztlichen Vorprüfung vom 8. Oktober 2001 durchzuführen und die Antragstellerin im Fall der Zuerkennung mindestens der Note "ausreichend" das Studium der Tiermedizin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits in der Hauptsache fortsetzen zu lassen,
hilfsweise den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin vorläufig in einer erneuten zweiten Wiederholungsprüfung im Fach Zoologie im naturwissenschaftlichen Abschnitt der Tierärztlichen Vorprüfung zu prüfen und die Antragstellerin im Fall des Bestehens der Prüfung das Studium der Tiermedizin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits in der Hauptsache fortsetzen zu lassen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsgegner ist der Auffassung, es fehle an einem Anordnungsgrund, weil eine Neubescheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht durch einstweilige Anordnung aufgegeben werden könne. Ohne eine endgültige Neubewertung über die erreichte Endnote lasse sich im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz auch keine Zulassung zur mündlichen Prüfung sichern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten verweist die Kammer ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Prüfungs- und Widerspruchsvorgänge des Antragsgegners.
II. Der Antrag ist abzulehnen.
Soweit die Antragstellerin im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, ihre am 8. Oktober 2001 in der zweiten Wiederholungsprüfung des Faches Zoologie erbrachte Prüfungsleistung neu zu bewerten, ist der Antrag unzulässig.
Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine vorläufige Regelung in bezug auf den streitigen Inhalt eines Prüfungsrechtsverhältnisses erlassen, soweit dieses während eines Widerspruchs- oder Klageverfahrens zur Vermeidung nicht wieder auszugleichender Rechtsnachteile nötig ist. Zulässiger Regelungsinhalt einer einstweiligen Anordnung ist danach die Verpflichtung der Prüfungsbehörde, eine Kandidatin oder einen Kandidaten vorläufig bis zum Abschluss des Streits über das Nichtbestehen der Prüfung an weiteren Prüfungsveranstaltungen teilnehmen zu lassen.
Über eine solche vorläufige Regelung geht der vorliegende Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hinaus, soweit er darauf gerichtet ist, den Antragsgegner zu einer als "vorläufig" bezeichneten Neubewertung des Ergebnisses der zweiten Wiederholungsprüfung vom 8. Oktober 2001 im Fach Zoologie zu verpflichten. Damit macht der Eilantrag eine Entscheidung im Klageverfahren 6 A 4843/02 im Ergebnis gegenstandlos. Denn die Verpflichtung zur Neubewertung der mündlichen Prüfung im Wege einstweiligen Rechtsschutzes würde als Rechtsfolge eine erneue Entscheidung der Prüfungsbehörde darüber auslösen, ob die Bestehenshürde des § 14 Abs. 2 der hier (noch) anzuwendenden Approbationsordnung für Tierärzte vom 22. April 1986 (BGBl. S. 600) - TAppO a.F. - (nunmehr) überwunden ist. Die nur als "vorläufig" bezeichnete Neubewertung wäre somit tatsächlich endgültiger Natur (ebenso: Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht, 2. Aufl., Rdnr. 687 f.); sie nähme die Erfüllung eines Anspruchs vorweg, über den nach dem System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nur im Klageverfahren entschieden wird. Der darauf gerichtete Antrag der Antragstellerin unterfällt aus diesem Grund nach der Rechtsprechung der Kammer (zuletzt Beschluss vom 11.10.2002 - 6 B 4050/02 -) dem sog. Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache.
Die Vorwegnahme der Hauptsache ist im Verfahren nach § 123 VwGO nur in besonders begründeten Ausnahmefällen zulässig, in denen allein das Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz effektiven Rechtsschutz im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisten kann, weil das in Rede stehende Recht bei Durchführung des Hauptsacheverfahrens durch Zeitablauf oder andere Umstände verloren ginge (Zimmerling/Brehm, ebd.). Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor. Die Antragstellerin hat keine Nachteile dargelegt, die über den durch das Abwarten des Ergebnisses des Hauptsacheverfahrens entstehenden Zeitverlust hinausgingen und zu einem unwiederbringlichen Verlust ihres Rechts auf eine rechtsfehlerfreie Entscheidung über das Bestehen des ersten Abschnitts der Tierärztlichen Vorprüfung führen würde. Im Unterschied zur Situation bei ausbildungsabschließenden Staatsprüfungen ergeben sich im Fall der Antragstellerin noch keine konkreten beruflichen Möglichkeiten, die durch ein Klageverfahren schon jetzt absehbar verzögert werden oder gar verloren gehen könnten. Vielmehr steht die Antragstellerin erst am Anfang ihrer tierärztlichen Ausbildung, wobei zu vermuten ist, dass sie durch den seit dem ersten Prüfungstermin im Jahre 2000 eingetretenen Zeitverlust die Regelstudienzeit von fünf Jahren und sechs Monaten ohnehin nicht einhalten kann. Damit das Recht der Antragstellerin auf eine rechtsfehlerfreie Prüfungsentscheidung ohne unzumutbaren Zeitverlust durchgesetzt werden kann, reicht regelmäßig eine einstweilige Anordnung aus, die sie in den Stand versetzt, das Prüfungsverfahren vorläufig, also unter dem Vorbehalt eines abweichenden Ausgangs des Hauptsacheverfahrens, fortzusetzen (s. dazu die Zimmerling/Brehm, a.a.O., Rdnr. 682 ff., mit Übersicht über Rspr. und Lit.). Dazu, dass sie alle übrigen Fächern des Vorphysikums bereits erfolgreich absolviert hätte und deshalb einen relevanten Zeitverlust fürchtet, hat die Antragstellerin nichts vorgetragen. Selbst wenn dieses aber der Fall sein sollte, ließe sich der drohende Zeitverlust dadurch vermeiden, dass die Antragstellerin ihre Rechte auf vorläufige Teilnahme an den für den zweiten Abschnitt der Tierärztlichen Vorprüfung noch zu besuchenden Lehrveranstaltungen - für den Fall einer Teilnahmeverweigerung - im Wege eines Antrages auf einstweilige Anordnung im Rechtsverhältnis zur Hochschule verfolgt.
Abgesehen davon wäre der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auch nicht begründet, denn die Antragstellerin hat bisher einen Anspruch auf vorläufige Neubewertung ihrer Prüfungsleistung vom 8. Oktober 2001 entgegen § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO nicht glaubhaft gemacht. Dasselbe gilt für den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf vorläufige Wiederholung der zweiten Wiederholungsprüfung sowie für die mit Haupt- und Hilfsantrag verbundene Verpflichtung des Antragsgegners, das Studium der Tiermedizin durch die Antragstellerin fortsetzen zu lassen.
Soweit die Antragstellerin mit dem vorliegenden Rechtsschutzantrag die Fortsetzung ihres Studiums verfolgt, richtet sich ihr Rechtsschutzbegehren an den falschen Antragsgegner. Über die vorläufige Fortsetzung des Studiums der Tiermedizin entscheidet die Tierärztliche Hochschule Hannover, nicht der im Hauptsacheverfahren beklagte Prüfungsausschuss, zu ihm besteht insoweit kein streitiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO.
Auch im Übrigen scheitert der Antrag an der Glaubhaftmachung der mit dem Haupt- und dem Hilfsantrag verfolgten Anordnungsansprüche. Glaubhaft gemacht wären diese nur dann, wenn das Verwaltungsgericht die Überzeugungsgewissheit gewinnen könnte, dass die im Hauptsacheverfahren angegriffene Bewertung der Prüfungsleistung mit hoher, zumindest aber überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. zum Maßstab: Zimmerling/Brehm, a.a.O., Rdnr. 644 ff. m.w.N.) rechtsfehlerhaft ist. Das ist in Bezug auf die Bewertung der Prüfungsleistung der Antragstellerin vom 8. Oktober 2001 mit der Note "nicht ausreichend (5)" nicht der Fall.
Der im Widerspruchsverfahren geltend gemachte Umstand, dass die Niederschrift über die Prüfung vom 8. Oktober 2001 keine Darstellung des Prüfungsverlaufs enthält, führt noch nicht zu einem Anspruch auf Neubewertung oder Wiederholung der Prüfung. Eine Niederschrift mit der Darstellung des Prüfungsverlaufs ist für die Tierärztliche Vorprüfung der Antragstellerin, die sich nach der Übergangsvorschrift in § 65 Abs. 2 TAppO (n.F.) nach den Vorschriften der TAppO a.F. (vom 22.4.1986, BGBl. S. 600) regelt, nicht verbindlich vorgegeben. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass ein Protokoll über den inhaltlichen Ablauf einer Prüfung nicht geführt werden muss, wenn dieses in der Prüfungsordnung nicht vorgeschrieben ist (BVerwG, NVwZ 1995 S. 494 [BVerwG 31.03.1994 - BVerwG 6 B 65.93]).
Die Auffassung der Antragstellerin, die Benotung einer Prüfungsleistung sei von dem zuständigen Prüfer nicht oder nur unzulänglich begründet worden, führt ebenfalls weder zu einem Anspruch auf Neubewertung noch zur Wiederholung der Prüfung. Neu zu bewerten ist das Ergebnis einer Prüfung erst dann, wenn der Begründungsmangel auch im gerichtlichen Verfahren nicht beseitigt werden kann, was aber der regelmäßig durch Nachholen der Begründung möglich ist (vgl. BVerwG, NVwZ-RR 2000 S. 503 [BVerwG 30.03.2000 - BVerwG 6 B 8/00] m.w.N.).
Dennoch sieht die Kammer keinen Anlass, dem Antragsgegner aufzugeben, die bisherige Notenbegründung durch den Prüfer Prof. {C.} zu ergänzen. Die Antragstellerin hat nämlich nicht glaubhaft gemacht, dass ihr im Anschluss an die mündlichen Prüfung keine sachliche Begründung für die Vergabe dieser Note gegeben worden wäre. Die Antragstellerin hat zwar im Widerspruchsverfahren behauptet, Prof. {C.} habe auf ihre Frage nach einer Notenbegründung nur kurze Erklärungen abgegeben. Welcher Art die Erklärungen gewesen sein sollen, hat die Antragstellerin nicht offenbart. Sollte dieser Vortrag indirekt die Behauptung enthalten, Prof. {C.} sei auf ihr Anliegen nach einer Notenbegründung inhaltlich nicht eingegangen, widerspräche er den im Vorverfahren eingeholten Stellungnahmen des Prüfers und der Beisitzerin. Darin hat der Prüfer Prof. {C.} unter dem 10. Mai 2002 erklärt, dass im Anschluss an die Prüfung ein ca. 30 Minuten dauerndes Gespräch stattgefunden habe, in dessen Verlauf er der Antragstellerin seine Bewertung begründet habe. Dieses Gespräch wird in der Stellungnahme der Beisitzerin Dr. {D.} vom 13. Mai 2002 dergestalt beschrieben, dass darin Prof. {C.} auf die Nachfragen der Antragstellerin detaillierter auf die Prüfungsleistung eingegangen sei. Dass dieses Gespräch mit dem Prüfer, das 30 Minuten gedauert und damit annähernd denselben zeitlichen Umfang wie die Prüfung selbst hatte, nicht stattgefunden hätte, hat die Antragstellerin bisher nicht substantiiert behauptet. Da die Antragstellerin auch auf die Einzelheiten dieses Gesprächs mit dem Prüfer nicht eingegangen ist, kann die Kammer die Wertung der Antragstellerin, die Begründung sei "nicht nachvollziehbar" gewesen, nicht nachvollziehen. Schon deshalb kann die Antragstellerin nicht glaubhaft machen, dass ihr Anspruch auf eine ausreichende Notenbegründung tatsächlich nicht erfüllt worden wäre. Hat aber eine entsprechende Erläuterung der Prüferkritik an dem in der zweiten Wiederholungsprüfung gezeigten Kenntnis- und Leistungsstand der Antragstellerin bereits unmittelbar nach Verkündung des Prüfungsergebnisses stattgefunden, kommt es darauf, dass in der im Vorverfahren eingeholten schriftlichen Stellungnahme des Prof. {C.} vom 10. Mai 2002 auf die von der Antragstellerin vermissten Einzelfragen nicht (mehr) eingegangen wird, nicht an. Denn trotz der Schwierigkeiten der Prüflinge, die unverzüglich eine Begründung der Bewertung mündlicher Prüfungsleistungen verlangen müssen und der daraus möglicherweise entstehenden Nachteile für den Rechtsschutz ist es anders als bei der Bewertung schriftlicher Prüfungsarbeiten nicht geboten, dass die Prüfer ihre Bewertung der mündlichen Leistungen stets schriftlich begründen (BVerwGE 99, 185 = NJW 1996 S. 2670), denn dieses stünde in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der geringen schriftlichen Nachfrage von Benotungsbegründungen. Der effektive Rechtsschutz ist vielmehr dadurch gewährleistet, dass es der Prüfling im Anschluss an die mündliche Prüfung und die Bekanntgabe der Bewertung selbst in der Hand hat, den Zeitpunkt und die Form der Begründung zu bestimmen. Beschränkt sich der Prüfling - wie im vorliegenden Fall die Antragstellerin - im Anschluss an die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses darauf, die Gründe für die ihm erteilte Note im Gespräch mit dem Prüfer oder Prüfungsgremium zu erfahren, hat er keinen Anspruch darauf, dass die Gründe später noch einmal schriftlich niedergelegt werden.
Im Übrigen steht der Rechtsauffassung der Antragstellerin, sie habe noch immer keine nachvollziehbare Begründung für ihr Nichtbestehen der zweiten Wiederholungsprüfung im Fach Zoologie erhalten, der allgemeine Grundsatz, dass Noten für mündliche Prüfungsleistungen nicht unaufgefordert zu begründen sind, entgegen.
In Anbetracht der Schwierigkeiten, die Inhalte einer mündlichen Prüfung festzuhalten und wertungsspezifische Eindrücke darzustellen, braucht der Prüfer nicht von sich aus - unaufgefordert - die Bewertung mündlicher Prüfungsleistungen zu begründen (BVerwGE 99, 185 = NJW 1996 S. 2670), es sei denn, dieses ist in der Prüfungsordnung ausdrücklich vorgeschrieben, was vorliegend nicht der Fall ist. Ob und mit welchem konkreten Inhalt der Prüfling einen Anspruch auf Begründung der Bewertung seiner mündlichen Prüfungsleistung hat, hängt entscheidend davon ab, dass der Prüfling die Begründung nicht nur fordert, sondern diesen Anspruch auch spezifiziert, insbesondere ob er sein Verlangen nach mündlicher oder schriftlicher Angabe der Gründe rechtzeitig und sachlich vertretbar darlegt. Eine pauschale Kritik an der fehlenden Nachvollziehbarkeit der Prüfungsnote ist nicht geeignet, aus dem allgemeinen Informationsrecht des Prüflings einen konkreten Begründungsanspruch entstehen zu lassen (BVerwG, ebd.). Eine weitere Voraussetzung für den Begründungsanspruch ist, dass eine Zusammenfassung der Gründe der Prüfer im Zeitpunkt des Begründungsverlangens unter zumutbaren Bedingungen noch möglich ist, denn der Eindruck der Prüfer aus einer mündlichen Prüfung verliert sich notwendigerweise mit Ablauf der Zeit. Dieses gilt insbesondere auch für die Ergänzung einer mündlichen Begründung durch schriftliche Gründe (BVerwG, ebd.). Insoweit trifft jeden Prüfling die Obliegenheit, den Begründungsmangel unverzüglich geltend zu machen, damit es dem Prüfungsausschuss möglich ist, im Interesse des Prüflings rechtzeitig eine Beseitigung des Verfahrensmangels in die Wege zu leiten (BVerwGE 96, 126 = NVwZ 1995 S. 492).
Selbst wenn unterstellt wird, dass die der Antragstellerin am 8. Oktober 2001 gegebene Begründung keine ausreichende Antwort auf die seinerzeit gestellten Fragen nach den Einzelheiten der Benotung beinhaltete, könnte die Antragstellerin nach den vorstehend aufgeführten Grundsätzen des Prüfungsrechts nicht erst jetzt eine detaillierte Begründung des Inhalts verlangen, dass der Prüfer Prof. {C.} im Einzelnen die Frage- und Antwortschritte der Prüfung darstellt und dabei diejenigen Äußerungen namentlich aufführt, aus denen sich ergibt, dass die Antragstellerin die für eine noch ausreichende Leistung erforderliche Kenntnistiefe der behandelten Themenkomplexe nicht besaß. Denn dieses konnten der Prüfer und die Beisitzerin bei objektiver Betrachtung schon im Widerspruchsverfahren nicht mehr leisten. Die Antragstellerin hat nämlich die ergänzende Begründung ihrer Prüfungsnote nicht unverzüglich eingefordert, sondern erstmalig mit dem Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 26. April 2002 unter Vorlage ihres Gedächtnisprotokolls ein substantiiertes Begründungsverlangen gestellt. Die Antragstellerin hat somit erst 6 1/2 Monate nach Durchführung der zweiten Wiederholungsprüfung deutlich gemacht, warum aus ihrer Sicht die im Anschluss an die mündliche Prüfung abgegebene kurze Erklärung des Prüfers (Widerspruchsbegründung vom 8.3.2002) nicht ausreichend war, um die Entscheidung über das Nichtbestehen der Prüfung rechtlich effektiv überprüfen zu lassen. Noch in der Widerspruchsbegründung vom 8. März 2002 hatte die Antragstellerin lediglich pauschal vorgetragen, Prof. {C.} habe die Bewertung mit der Note "nicht ausreichend (5)" nicht nachvollziehbar begründet.
Es liegt auf der Hand, dass sich der Prüfer und die Beisitzerin nach einem derart langen Zeitraum nicht mehr daran erinnern, auf welchem Sachverhalt die Benotung im Einzelnen beruhte. Das Verlangen der Antragstellerin, dass der Prüfer die sich im Prüfungsgespräch ergebenden Einzelfragen zu den im Gedächtnisprotokoll festgehaltenen Themenkomplexen benennt und dazu jeweils darlegt, welche Antworten die Antragstellerin dazu nicht mit der für eine ausreichende Leistung im Fach Zoologie erforderlichen Kenntnistiefe und -sicherheit gegeben hat und welche Begründungen falsch oder nicht plausibel waren, ist damit auf etwas Unmögliches gerichtet. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Zeitraum, in welchem eine substantiierte Wiedergabe des Geschehens einer mündlichen Prüfung noch möglich ist, bereits dann als verstrichen angesehen, wenn zwischen dem Prüfungstag und der Äußerungsmöglichkeit zwei Monate verstrichen sind (Urt. vom 6.9.1995 - 6 C 18/93 -, ebd.). Mit Sicherheit lassen sich aber die schriftlich nicht festgehaltenen Einzelheiten einer mündlichen Fachprüfung gedanklich nicht mehr rekonstruieren, wenn die Prüfung wie im vorliegenden Fall länger als 6 Monate zurückliegt. Unter diesen Umständen liegt es in der Natur der Sache, dass die Prüfer nur noch die Kernpunkte ihrer Benotungsgrundlage wiedergeben können, ohne dazu im Einzelnen Gesprächsinhalte wiederzugeben. Dieses ist in der Stellungnahme des Prüfers Prof. {C.} vom 10. Mai 2002 geschehen, wobei die Note "nicht ausreichend (5)" darauf gestützt wird, dass bei der Antragstellerin schon in den Grundlagen der Zoologie gravierende Kenntnislücken bestanden, dass richtige Antworten im Prüfungsgespräch erst nach vielen Nachfragen und Hilfestellungen gemeinsam erarbeitet werden konnten und es deshalb nicht möglich war, weiter in die Tiefe gehende Prüfungsfragen zu stellen oder (weitere) Teilaspekte zu klären. In Anbetracht der verstrichenen Zeit kann auch die Stellungnahme der Besitzerin Dr. {D.} vom 13. Mai 2002 im Wesentlichen nur Aufschluss darüber geben, dass bei der Antragstellerin gravierende Wissens- und Verständnismängel zu erkennen waren, wobei allerdings die Beisitzerin beispielhaft die Antworten der Antragstellerin auf Fragen nach der Systematik der Wirbeltiere oder der Unterscheidung von "Zellorganen" und "Organen" benennen konnte. Insoweit geben beide Stellungnahmen das her, was erfahrungsgemäß nach einem derart langen Zeitraum noch als Begründung möglich ist, nämlich den regelmäßig nicht mehr mit genauen Einzelheiten zu belegenden, aber noch typisierbaren Eindruck von einer länger zurückliegenden mündlichen Prüfungsleistung.