Abschnitt 6 JMA-AV - Auskünfte an die Medien
Bibliographie
- Titel
- Medien und Öffentlichkeitsarbeit der Justiz
- Redaktionelle Abkürzung
- JMA-AV,NI
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 22610
6.1 Die Pressesprecherinnen und Pressesprecher informieren die Medien auf deren Anfrage oder aus eigener Initiative über solche Verfahren und Ereignisse, bei denen ein Interesse der Öffentlichkeit zu vermuten ist oder aufgrund vorangegangener Berichterstattung bereits vorliegt. Auskünfte müssen wahrheitsgemäß, vollständig (in den Grenzen insbesondere des § 4 Abs. 2 Nr. 4 NPresseG) und unverzüglich erteilt werden. Die Art der Auskunftserteilung liegt im Ermessen der Pressesprecherinnen und Pressesprecher. In geeigneten Einzelfällen können den Medien anonymisierte Abdrucke gerichtlicher Entscheidungen überlassen werden. Werden gerichtliche Entscheidungen auf Antrag zu Zwecken der Berichterstattung überlassen, so ist aus Gründen des öffentlichen Interesses von der Erhebung einer Gebühr für die Überlassung abzusehen. Bei schriftlichen Pressemitteilungen sind die Gestaltungsrichtlinien der Landesregierung für die äußere Form von Pressemitteilungen zu beachten.
6.2 Mündliche und schriftliche Auskünfte sollen leicht verständlich sein. Nicht allgemein bekannte juristische Begriffe oder auf den Justizvollzug bezogene Fachausdrücke sollen nicht verwendet werden. Soweit angebracht, sollen Kernaussagen in zitierfähiger Weise schriftlich mitgeteilt werden.
6.3 Bei Auskünften an die Medien ist von Wertungen in der Regel abzusehen. Auf die Unschuldsvermutung zugunsten nicht rechtskräftig Verurteilter und die Offenheit des Verfahrensausgangs ist ausdrücklich hinzuweisen. Be- und entlastende Umstände sind entsprechend ihrer Bedeutung darzustellen.
6.4 Namen von beteiligten Personen (z. B. von Parteien, Beschuldigten, Opfern, Zeuginnen und Zeugen) sind grundsätzlich nur mit deren Einwilligung zu nennen oder auf Anfrage zu bestätigen. Dies gilt auch für weitere Angaben, die zur Identifizierung von beteiligten Personen geeignet sind. Das Steuergeheimnis (§ 30 AO), das Sozialgeheimnis (§ 35 SGB I i.V.m. §§ 67 ff. SGB X) und die Vertraulichkeit in Personal- und Disziplinarsachen sind zu wahren. Eine anonymisierte kurze Sachverhaltsschilderung zur Ankündigung von Hauptverhandlungsterminen gegenüber den Medien ist zulässig.
Sind Namen auf andere Weise an die Öffentlichkeit gelangt, kann zur Vermeidung von Falschinformationen, Verwechselungen oder zum Schutz der Belange von Beteiligten oder unbeteiligten Dritten eine Klarstellung geboten sein. Bei Kindern und Jugendlichen ist dabei besondere Zurückhaltung geboten. Die öffentliche Bekanntgabe personenbezogener Daten zur Aufklärung von Straftaten nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften bleibt unberührt.
Bei Personen der Zeitgeschichte und bei Straftaten in Ausübung eines öffentlichen Amtes kann der Name von Beschuldigten genannt werden, wenn das öffentliche Interesse hieran das Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung überwiegt. Soweit es sich bei Verfahrensbeteiligten um Behörden oder juristische Personen handelt, ist über deren namentliche Nennung im Einzelfall unter Wahrung der Belange der Betroffenen zu entscheiden, gegebenenfalls nach Abstimmung mit dem Referat Öffentlichkeitsarbeit des Justizministeriums.
6.5 Von Angaben über die Herkunft, die ethnische oder religiöse Zugehörigkeit sowie eventuelle Vorstrafen von Beteiligten ist in schriftlichen Pressemitteilungen grundsätzlich abzusehen, wenn ihre Verwendung geeignet erscheint, Vorurteile und Diskriminierungen zu fördern und ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an ihrer Mitteilung nicht ersichtlich ist. Auf Nachfrage können diese Informationen nach einer erforderlichen Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den entgegenstehenden schutzwürdigen privaten Interessen herausgegeben werden. Informationen, die geeignet sein könnten, die Unbefangenheit von Verfahrensbeteiligten zu beeinflussen oder die den Eindruck erwecken könnten, einer gerichtlichen Entscheidung werde vorgegriffen, sind zu unterlassen.
6.6 Vor der Erteilung einer Auskunft über Angelegenheiten, die von besonderer allgemeiner oder rechtspolitischer Bedeutung sind, ist dem Referat Öffentlichkeitsarbeit des Justizministeriums darüber Kenntnis zu geben.
6.7 Schriftliche Auskünfte oder Pressemitteilungen sind den von ihnen Betroffenen, insbesondere Beschuldigten oder ihren Verteidigerinnen oder Verteidigern, nach Möglichkeit gleichzeitig abschriftlich zu übermitteln. Dies gilt nicht für die Übersichten nach Nummer 6.12.
6.8 Von der Erhebung der öffentlichen oder privaten Klage sind die Medien erst nach deren Zustellung oder sonstiger Bekanntmachung zu unterrichten. Pressemitteilungen über ergangene Entscheidungen dürfen, soweit die Entscheidung nicht öffentlich verkündet worden ist, erst herausgegeben werden, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung den Prozessbeteiligten zugegangen oder in anderer Weise bekannt geworden ist.
6.9 Auskünfte über Richterinnen und Richter sowie Angehörige des höheren Dienstes in Justizbehörden sind dem Referat Öffentlichkeitsarbeit des Justizministeriums vorbehalten. Davon ausgenommen ist die Beantwortung von Anfragen auf bloße Nennung der Namen der in einem Verfahren entscheidenden Richterinnen und Richter.
Vor der Erteilung einer Auskunft über Straf- und Disziplinarmaßnahmen gegen Notarinnen und Notare oder Bedienstete von Justizbehörden ist dem Referat Öffentlichkeitsarbeit des Justizministeriums Kenntnis zu geben.
6.10 Ist ein Verfahren oder Ereignis von herausragender Bedeutung oder besonderer Komplexität und die Nachfrage der Medien ungewöhnlich hoch, kann zu einer Pressekonferenz geladen werden. Verteidigerinnen und Verteidiger, die anwaltliche Vertretung von Opfern und die Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigten der an einem justiziellen Verfahren Beteiligten sollen den Umständen entsprechend rechtzeitig von einer solchen Pressekonferenz informiert werden.
6.11 Überschreitet das Medieninteresse an einem Verfahren oder Ereignis die räumlichen oder sicherheitstechnischen Möglichkeiten der Behörde, kann insbesondere für Hörfunk und Fernsehen eine Poolbildung verlangt werden. Dabei sind die Interessen der öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunkanbieter, der Nachrichtenagenturen und der örtlichen Medien angemessen zu berücksichtigen.
6.12 Die Pressestellen der Gerichte übermitteln den interessierten Medien rechtzeitig und regelmäßig eine Übersicht über alle Verhandlungstermine der Schwurgerichte, Großen Strafkammern und Schöffengerichte sowie über weitere Verhandlungstermine in den für die Öffentlichkeit bedeutsamen Verfahren.