Amtsgericht Winsen (Luhe)
Urt. v. 22.09.2003, Az.: 16 C 842/03
Geltendmachung des Vergütungsanspruchs im System der gesetzlichen Krankenversicherung gegenüber dem Kostenträger durch den behandelnden Arzt; Verpflichtung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zur Erbringung der Leistungen im Rahmen der Sachleistungspflicht; Bestehen des Behandlungsanspruchs des Patienten unabhängig von der technischen Ausgestaltung der Abrechnungsmodalitäten zwischen Arzt und Vergütungspflichtigem; Leistungspflicht des Arztes aus dem gesetzlich normierten Vertragsgeflecht der gesetzlichen Krankenversicherung gegenüber dem Patienten; Medizinische Maßnahmen am Gesunden als notwendige ärztliche Nebenleistungen zur Behandlung des Kranken
Bibliographie
- Gericht
- AG Winsen (Luhe)
- Datum
- 22.09.2003
- Aktenzeichen
- 16 C 842/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 29235
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGWINSN:2003:0922.16C842.03.0A
Rechtsgrundlagen
- § 612 BGB
- § 5 GOÄ
- § 1357 BGB
- § 280 BGB
- § 280 Abs. 1 BGB
Fundstelle
- IVH 2004, 30 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
Herr Dr. K.
Prozessgegner
Frau P.
Das Amtsgericht Winsen (Luhe) hat
auf die mündliche Verhandlung vom 08.09.2003
durch
den Direktor des Amtsgerichts A. Paulisch
fürRechterkannt:
Tenor:
- 1.)
Die Klage wird abgewiesen.
- 2.)
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
- 3.)
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Tatbestand
Der Kläger ist Facharzt für Frauenheilkunde, der sich auf die Behandlung von Frauen/Paaren spezialisiert hat, welchen der Kinderwunsch auf dem natürlichen Wege nicht erfüllt wird.
Die Beklagte begab sich mit ihrem Ehemann zum Kläger wegen eines unerfüllten Kinderwunsches. Ursache des unerfüllten Kinderwunsches war die verminderte Leistungsfähigkeit des männlichen Sperma.
Die Beklagte ist Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung, der Ehemann der Beklagten ist Privatpatient und als solches privat krankenversichert. Die Behandlung des Klägers bestand darin, die Beklagte zunächst mit Hormonen zu behandeln, dann ein Ei der Beklagten zu entnehmen, in dieses ein Sperma einzusetzen und das Ei dann zurück in die Beklagte zu transferieren.
Nach Abschluss der Behandlung rechnete der Kläger gegenüber der Beklagten mit einer GOÄ-Rechnung ab. Die Krankenversicherung der Klägerin weigert sich, die Rechnung zu erstatten, mit der Begründung, dass die Behandlung zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehöre, die Abrechnungsmöglichkeit mit Chipkarte alsbald nach der Behandlung geschaffen wurde und deswegen die Behandlung durch den Kläger nicht über die Erstattung einer GOÄ-Rechnung, sondern nur als Sachleistung im normalen Abrechnungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen könne.
Der Kläger ist der Auffassung, dass mit der Beklagten ein privatärztlicher Vertrag über ihre Behandlung zu Stande gekommen sei und ihm deshalb ein Vergütungsanspruch gemäß GOÄ zustünde, die Frau bei der Krankenkasse des Ehemanns die Rechnung zur Erstattung einreichen könne. Hilfsweise ist der Kläger der Auffassung, dass die Beklagte gemäß § 1357 BGB für die Zahlungspflicht ihres Ehemanns einzustehen habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.434,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 10 Prozent seit dem 10.10.2002 sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 12,00 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Leistung des Klägers nur im System der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden könne und eine Zahlungspflicht ihrerseits nicht entstanden sei. Es sei weder ein privatärztlicher Vertrag mit ihr abgeschlossen, noch sei der Abschluss eines solchen Vertrages zulässig gewesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die bis zur mündlichen Verhandlung gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aus § 612 BGB in Verbindung mit § 5 GOÄ.
Das Gericht vermag nicht festzustellen, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten ein privatärztlicher Behandlungsvertrag zu Stande gekommen ist. Irgendwelche schriftlichen Erklärungen, wonach die Beklagte einen privatärztlichen Vertrag dem Kläger ausdrücklich angedient oder aber eine etwaige Andienung durch den Kläger ausdrücklich angenommen habe, wurden nicht substantiiert vorgetragen.
Vielmehr stellt sich die Situation so dar, dass die Beklagte und ihr Ehemann gemeinsam beim Kläger erschienen sind und den Behandlungswunsch geäußert haben. Dieses Behandlungsbegehren und das Eingehen des Klägers darauf ist dann als konkludenten Erklärung zu werten und juristisch auf seinen Inhalt hin zu bewerten.
A.
Stellt sich eine Patientin - wie hier die Beklagte - beim Kläger als Kassenpatientin vor, so ist deutlich, dass die Patientin keinen privatrechtlichen Vertrag abschließen will - unabhängig von der Frage, ob dieses überhaupt zulässig ist -, sondern im Rahmen der Sachleistungspflicht durch den Kläger behandelt werden möchte.
Folgt man dem Bundessozialgericht - Urteil vom 03.04.2001 -, so hätte die Beklagte einen Anspruch auf die ärztliche Behandlung, die der Kläger tatsächlich hier durchgeführt (und in Rechnung gestellt) hat. Bei gesetzlich krankenversicherten Patienten kann der Arzt aber nicht gegenüber dem Patienten abrechnen, sondern er hat seinen Vergütungsanspruch im System der gesetzlichen Krankenversicherung gegenüber dem Kostenträger geltend zu machen.
Das gilt auch für den Fall, dass - wie hier zum Zeitpunkt des Beginns der Behandlung - die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zwar durch das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) verpflichtet war, die Leistungen im Rahmen der Sachleistungspflicht zu erbringen, aber eine Abrechnung über die Chip-Karte anfangs noch nicht möglich war, weil die technischen (oder auch administrativen) Voraussetzungen für eine solche Abrechnung noch nicht geschaffen waren. Wenn eine Patientin einen Anspruch auf die Sachleistung der Behandlung hat, dann kann dieser Anspruch nicht dadurch geschmälert werden, dass es im zweiten Arm des Vertragsgeflechtes, nämlich der Beziehung des Arztes zur Kassenärztlichen Vereinigung bzw. dem Geldgeber der gesetzlichen Krankenversicherung, zu administrativen Problemen abrechnungstechnischer Art kommt. Vielmehr besteht der Behandlungsanspruch des Patienten unabhängig von der technischen Ausgestaltung der Abrechnungsmodalitäten zwischen Arzt und Unvergütungspflichtigem.
Wenn also ein Kassenpatient eine Behandlungsleistung im Rahmen der GKV abruft, hat der Arzt aus dem gesetzlich normierten Vertragsgeflecht der gesetzlichen Krankenversicherung heraus eine Leistungspflicht gegenüber dem Patienten, ohne dass ein privatärztlicher Vertrag mit dem Patienten geschlossen wird und damit ohne, dass der Arzt gegenüber der Patientin einen vertraglichen Vergütungsanspruch (nach GOÄ) hat.
Wird also der Umstand, dass die Beklagte auf Grund der mangelnden Leistungsfähigkeit des Spermas des Ehemanns nicht schwanger werden konnte und bei ihr deshalb ein körperliches Defizit - das unterbleibende Heranwachsen eines Embryos - vorliegt, als gesundheitliche Beeinträchtigung der Beklagten verstanden und damit als Behandlungsbedürftigkeit der Beklagten selbst aufgefasst (so das Bundessozialgericht), so hat die GKV für die ärztlichen Ausgleichsbemühungen einzutreten,
Eine Patientin der gesetzlichen Krankenversicherung, die in dieser Weise gegenüber dem Frauenarzt ein Behandlungsbegehren stellt, bringt damit zum Ausdruck, dass sie die Leistung im Rahmen der Sachleistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung abrufen will, nicht aber, dass sie einen GOÄ-Vertrag abschließen will.
Bewertet man folglich die ausbleibende Schwangerschaft der Frau - egal auf welcher Störung sie beruht - als gesundheitliches Problem der Ehefrau und zieht man daraus - mit dem BSG - den Schluss, dass die GKV für ärztliches Kompensationsbemühen sachleistungspflichtig ist, so kann das Behandlungsbegehren der Frau als Abruf ihres Sachleistungsanspruchs verstanden werden, mit der Folge, dass der Arzt nur einen Anspruch im Rahmen der GKV, aber keinen vertraglichen GOÄ-Anspruch gegenüber der Frau hat.
B.
Selbst wenn die Beklagte auf den (durch die Abrechnungsprobleme motivierten, aber in der Sache unzutreffenden) Hinweis des Klägers hin - die GKV zahle für die Behandlung nicht, sodass sie (die Beklagte) deshalb zur Leistungserlangung mit dem Kläger einen privatärztlichen Vertrag abschließen müsse - erklärt haben sollte, sie beauftrage den Kläger als Privatpatientin, sodass ein privatärztlicher Vertrag zwischen dem Kläger und der gesetzlich krankenversicherten Beklagten zu Stande gekommen wäre, so hätte der Kläger gleichwohl keinen Vergütungsanspruch. Der Kläger hätte die Beklagte in einem solchen Fall objektiv falsch beraten, denn - wie unter I.A. ausgeführt - unabhängig von Abrechungsschwierigkeiten hätte ein ärztlicher Sachleistungsanspruch im Rahmen der GKV bestanden. Der Kläger hätte also durch die unzutreffende Informatierung der Beklagten eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 BGB mit der Folge begangen, dass er für den dadurch entstandenen Schaden eintrittspflichtig wäre. Der Schaden bestünde darin, dass die Beklagte nunmehr sich einem Vergütungsanspruch ausgesetzt sähe, während sie bei richtiger Beratung die Sachleistung des Klägers ohne eigene Zahlungsverpflichtung in Anspruch genommen hätte. Im Rahmen seiner Schadensersatzpflicht hätte der Kläger die Beklagte daher so zu stellen, als hätte er sie richtig beraten. Er muss sie daher im Rahmen seiner Schadensersatzpflicht so stellen, als würde er keinen Anspruch gegen sie haben, er wäre also aus § 280 Abs. 1 BGB gehindert, seinen Anspruch geltend zu machen und durchzusetzen.
Auf die Frage, ob ein privatärztlicher Vertrag in einer solchen Situation überhaupt zulässig wäre - was die Beklagte mit beachtlicher Argumentation verneint - kommt es daher letztlich nicht an.
C.
Aber auch wenn man der Auffassung wäre, dass die Beklagte gegenüber der GKV keinen Sachleistungsanspruch und damit gegenüber dem Kläger keinen Behandlungsanspruch hatte, weil die Ursache der Unfruchtbarkeit und damit die "Krankheit" unzweifelhaft beim Manne liegt, so ergäbe sich auch unter diesem Gesichtspunkt kein Anspruch gegen die Beklagte.
Es läge dann die Situation vor, dass die Beklagte mit ihrem Ehemann gemeinsam in der Praxis des Klägers erschienen wären und diesem mitgeteilt hätte, wegen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit des männlichen Sperma könnten sie keine Kinder bekommen. Die Beklagte und ihr Ehemann hätten dann die Behandlung eines gesundheitlichen Defizits des Mannes begehrt. Es besteht Einigkeit, dass eine heilende Behandlung beim Mann nicht möglich ist. Eine Behandlung kam und kommt daher nur insoweit in Betracht, als durch geeignete ärztliche Maßnahmen die drastisch verminderte gesundheitliche Leistungsfähigkeit des Ehemanns auszugleichen war, indem man mit Hilfe des Körpers der Ehefrau das auf künstlichem Weg nachvollzieht, was auf natürlichem Weg nicht klappt, nämlich der Ortswechsel des Sperma vom männlichen Körper hin zum Ei der Frau und das Eindringen des Eies in die weibliche Eizelle, wo sie dann in die Gebärmutter der Frau heranreifen kann. Es wäre also das ärztliche Bemühen erbeten worden, als "wissenschaftlicher Speditionsunternehmer" für Sperma tätig zu werden, wobei Transportziel "in die Eizelle hinein" war. Das stellt zwar keine kurierende Behandlung der mangelnden Leistungsfähigkeit des männlichen Sperma dar, aber doch eine ärztliche Methode, die negativen Folgen der mangelnden Leistungsfähigkeit des Spermas auszugleichen, nämlich dafür zu sorgen, dass das zu langsame oder nicht hinreichend ausdauerungsfähige Sperma "nicht auf dem Weg zur Eizelle wie ein Verdurstender in der Wüste abstirbt oder vor den Mauern der Eizelle geschwächt kapitulieren muss, ohne die Stadtmauer hin zum neuen Leben durchdringen zu können". Diese ärztliche Maßnahme stellt daher eine Kompensation des körperlichen Defizits des Mannes und deshalb eine ärztliche Krankenbehandlung des Mannes dar. Diese defizitausgleichende Behandlung des Mannes kann nur dadurch erfolgen, dass dem Frauenarzt die gesunde Ehefrau und das leistungsgeschwächte Sperma des Ehemanns zur Verfügung gestellt wird und er dann auf ärztlich-mechanischen Wege die Befruchtung und das Gelangen des Eies in die Gebärmutter vornimmt. Überspitzt und mechanisch gesprochen ist die Rolle der Frau bei einer solchen medizinischen Prozedur also mehr die eines notwendigen Behandlungsobjektes.
Stellt man also bei der Frage, wer hier einen Behandlungsauftrag erteilt - Sachleistungsabruf durch die gesunde Frau oder privatärztlicher Behandlungsauftrag durch den leistungsgestörten Mann - auf die Frage ab, wo die Ursache für die Unfruchtbarkeit vorliegt, so müsste man hier das "Spediteurverhalten" des Frauenarztes als Behandlung des Mannes bewerten, sodass die notwendigen Maßnahmen auch mit dem oder an dem Körper der Frau als Behandlung des Mannes aufzufassen wären.
So hat Marlow (Versicherungsrecht 2002, 144ff , 149/150 unter Hinweis auf BSGE 35, 102 und LG Oldenburg VersR 1991, 760f [LG Oldenburg 08.05.1990 - 1 S 621/89]) den Vergleich dahingehend gezogen, dass bei der Notwendigkeit einer Nierentransplantation nicht nur der Körper des Kranken, sondern auch der Körper eines Dritten (des Spenders) zur Verfügung stehen muss, um bei diesem Spender die Niere entnehmen und dann beim kranken Empfänger einsetzen zu können; in einem solchen Fall würden sich die medizinischen Maßnahmen am Gesunden auch als notwendige ärztliche Nebenleistungen zur Behandlung des Kranken und unzweifelhaft nicht als Behandlung des Gesunden mit der Folge darstellen, dass der Gesunde für die Maßnahmen zahlungspflichtig wäre. Im vorliegenden Fall ist es ähnlich. Zwar wird durch die künstliche Befruchtung das gesundheitliche Defizit des Mannes nicht geheilt, die negativen Folgen des gesundheitlichen Defizits des Mannes werden aber unter Verwendung des Körpers der gesunden Ehefrau kompensiert.
Würde man also die Frage, wer hier behandelt wird, nach der Ursache der Unfruchtbarkeit beantworten, müsste man folglich zum Ergebnis kommen, dass der Mann "behandelt" wird. In einem solchen Fall müsste man folglich den Wunsch des Ehepaars, durch den Kläger behandelt zu werden, dahingehend verstehen, dass der Ehemann einen GOÄ-Vertrag mit dem Arzt abschließen wollte, um die unerwünschten Folgen seiner defizitären Sperma-Leistungsfähigkeit auszugleichen. Dies gilt insbesondere deshalb weil das Ehepaar dann erkennbar davon ausgegangen wäre, dass in einem solchen Fall der Krankenbehandlung des Ehemanns eine Kostenerstattung durch seine private Krankenversicherung erfolgen würde und deshalb der erforderliche Behandlungsvertrag auch zwischen dem Ehemann der Beklagten und dem Kläger gewollt war.
D.
Anhaltspunkte dafür, dass die Ehefrau von sich aus einen GOÄ-Vertrag mit dem Kläger hat abschließen wollen und abgeschlossen hat, sind nicht ansatzweise erkennbar. Auch in diesem Fall wäre es - sollte ein solcher Vertrag überhaupt zulässig sein - Pflicht des Klägers gewesen, sie darauf hinzuweisen, dass sei entweder die Leistung als Sachleistungsanspruch im Rahmen der GKV verlangen könne oder ihr Mann den Vertrag abschließen könne, der dann auch einen ziemlich gesicherten Erstattungsanspruch gegen seine Krankenversicherung hat, während
- a)
sie die Rechnung weder bei der GKV noch bei seiner Versicherung geltend machen kann - denn sie hat keinen eigenen vertraglichen Erstattungsanspruch gegen seine Versicherung - und
- b)
er die Rechnung nicht einreichen kann, weil die Rechnung an die Ehefrau gerichtet war - siehe Hans. OLG, Urteil vom 10.06.2002 9 U 22/02 dort Entscheidungsgründe letzter Absatz von Abschnitt I.).
E.
Da also entweder die klägerische ärztliche Behandlung - als Behandlung einer Krankheit der beklagten Ehefrau (mangelnde Erfüllung des Kinderwunsches durch eine Unfruchtbarkeit des Ehemanns als Krankheit der Ehefrau) angesehen werden kann und in diesem Fall die Sachleistungsverpflichtung ihrer Krankenkasse und damit kein privatärztlicher Anspruch gegen die Beklagte entstanden wäre,
oder aber - die Beteiligten die Maßnahmen des Ehemanns als ärztliche Leistung zur Kompensation der mangelnden Leistungsfähigkeit des männlichen Spermas angesehen haben, in diesem Fall dann ein privatärztlicher Vertrag mit dem Ehemann der Beklagten zu Stande gekommen wäre, mit der weiteren Folge, dass ein Vergütungsanspruch gegen diesen und nicht gegen die Beklagte bestünde, bestehen keine direkten vertraglichen Ansprüche gegen die Klägerin.
F.
Die Haftung der Beklagten ergibt sich auch für letztgenannten Fall nicht aus § 1357 BGB. Gemäß § 1357 BGB haftet zwar jeder Ehegatte für die Verbindlichkeiten, die der andere Ehegatte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie geschlossen hat. Grundsätzlich hätte der Ehemann der Beklagten deshalb die Beklagte auch aus § 1357 BGB mit verpflichten können, jedoch nur dann, wenn es sich bei dem Abschluss eines solchen ärztlichen Vertrages um ein "Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie" gehandelt hätte uns sich aus den Umständen nichts anderes ergeben würde.
Anerkannt ist zwar, dass der Ehemann eines Patienten, der sich in privatärztliche Behandlung begibt, über § 1357 BGB mit verpflichtet sein kann. Das ist insbesondere bei medizinisch notwendigen und unaufschiebbaren ärztlichen Behandlungen regelmäßig der Fall, weil sie sich auf die Erhaltung der Gesundheit als primären und ursprünglichen Lebensbedarfes richten. Nicht umfasst werden regelmäßig aber solche Behandlungen, die kostspielig sind, medizinische nicht unbedingt notwendig sind und über die sich die Ehegatten gewöhnlich vorher abstimmen (Palandt-Brudermüller § 1357 Rdnr. 18), wie das bei der künstlichen Befruchtung der Fall ist.
Darüber hinaus tritt eine Mitverpflichtung auch dann nicht ein, wenn sich aus den Umständen etwas anderes ergibt, insbesondere wenn ein abweichender Wille des vertragsschließenden Ehegatten vorliegt, der auch nur konkludent geäußert worden sein kann. Das ist zum Beispiel dann regelmäßig der Fall, wenn eine kostendeckende Krankenversicherung existiert. Dieser Fall liegt hier - zumindest nach Vorstellung des Ehepaares - vor. Ausgehend von einem Behandlungsvertrag zwischen dem Ehemann der Beklagten und dem Kläger wären die Parteien ersichtlich davon ausgegangen, dass die private Krankenversicherung des Ehemanns für diese Leistung einsteht und hätten deshalb - auch für den Kläger erkennbar - eine persönliche Mithaftung der Beklagten, die sich "das Geld nicht wiederholen kann", nicht gewollt.
Eine Mithaftung der Beklagten bei einer etwaigen Schuldverpflichtung ihres Ehemanns würde deshalb sowohl daran scheitern, dass es sich hier nicht um ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs handeln, als auch daran, dass erkennbar bei dem krankenversicherten Ehemann der Beklagten eine Mithaftung der Ehefrau, der Beklagten, durch die Beteiligten nicht gewollt wäre.
II.Die Klage war daher mit der Kostenfolge gemäß § 91 ZPO und der Vollstreckungsfolge gemäß § 708 Nr. 11, § 711 ZPO abzuweisen.