Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 14.05.2024, Az.: 3 U 10/24

Einstufung von Entgeltinformationen als Allgemeine Geschäftsbedingungen; Bemessung der WIrksamkeit der Entgeltinformationen nach den strengen Regelungen der §§ 305 ff BGB

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
14.05.2024
Aktenzeichen
3 U 10/24
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2024, 23759
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 11.12.2023 - AZ: 13 O 101/23

In dem Rechtsstreit
pp.
hat das Oberlandesgericht Celle - 3. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... am 14. Mai 2024 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 11. Dezember 2023 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.003,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Zudem kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

Im Einzelnen:

I.

Der Senat nimmt zum Sachverhalt und zu den gestellten Anträgen Bezug auf den Hinweisbeschluss vom 22. März 2024 (Bl. 69 ff. RB).

Ergänzend wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil sowie wegen des weiteren Sach- und Streitstands auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

In rechtlicher Hinsicht nimmt der Senat zur Begründung der offensichtlich fehlenden Erfolgsaussicht der Berufung zunächst ebenfalls in vollem Umfang Bezug auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 22. März 2024.

Die Stellungnahme der Beklagten hierzu vom 3. Mai 2024 (Bl. 98 ff. RB) gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Insoweit wird ergänzend zu den von der Beklagten erhobenen Einwendungen, die lediglich noch das streitige Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (dazu 1.) sowie die Frage der Verjährung (dazu 2.) betreffen, Folgendes ausgeführt:

1. Der Senat hält an seiner im Hinweisbeschluss begründeten Auffassung fest, dass es sich bei den streitgegenständlichen Entgeltinformationen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt.

Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus der von der Beklagten im Schriftsatz vom 3. Mai 2024 zitierten Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten sowie den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (BT-Drs. 18/7204). Dieser Gesetzesentwurf beschäftigte sich naturgemäß lediglich mit der Umsetzung der Richtlinie 2014/92/EU in deutsches Recht durch das neu zu schaffende Zahlungskontengesetz. Die Frage, ob Entgeltinformationen nach dem ZKG im Einzelfall Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. §§ 305 ff. BGB darstellen können, stellte sich dabei nicht und wird deshalb auch von der Gesetzesbegründung - weder positiv noch negativ - beantwortet. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob die Gesetzesbegründung festlegen kann, dass Entgeltinformationen Allgemeine Geschäftsbedingungen wären.

Auch der weiter von der Beklagten angeführte Umstand, dass eine Entgeltinformation "nicht alle berechneten Entgelte beinhalten muss", führt nicht zu einem Ausschluss des Vorliegens Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Es existiert keine rechtliche Vorgabe für einen zwingenden Mindestinhalt von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Im Übrigen hat die Beklagte ihrer Entgeltinformation u.a. den folgenden Zusatz vorangestellt und damit sogar eine Verknüpfung der Information zu ihren weiteren Entgeltbedingungen hergestellt:

  • Hiermit informieren wir Sie über die Entgelte, die bei Nutzung der wichtigsten mit dem Zahlungskonto verbundenen Dienste anfallen, damit Sie dies mit anderen Konten vergleichen können.

  • Darüber hinaus können auch Entgelte für hier nicht aufgeführte Dienste anfallen. Umfassende Informationen erhalten Sie in unserem Preis- und Leistungsverzeichnis.

Soweit die Beklagte sich gegen die Annahme einer Verwendung im rechtsgeschäftlichen Verkehr mit der Begründung wendet, es handele sich um gesetzlich geschuldete Pflichtinformationen, greift dieses Argument ebenfalls nicht durch. Dieser Umstand ändert nichts daran, dass das Entgeltverzeichnis von der Beklagten in Verbindung mit Angeboten oder der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten in den Geschäftsverkehr gebracht wird, um die Produkte der Beklagten potentiellen Kunden vorzustellen und vergleichbar zu machen. Dies reicht nach der im Hinweisbeschluss zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung aus, um eine Verwendung der AGB im geschäftlichen Verkehr zu bejahen.

Der Vorwurf der Beklagten, der Senat habe "nicht ansatzweise" mitgeteilt, wo "an anderer Stelle solche Hinweise hätten erfolgen können", verkennt im Übrigen die Ausführungen im Hinweisbeschluss auf Seite 9, wo ausdrücklich die Möglichkeit der Verwendung von Fußnoten oder Sternchenhinweisen genannt wird. Die dortige Formulierung des Senats "und an anderer Stelle auf ihrer Webseite" bezieht sich ersichtlich ebenfalls auf diese Art von Hinweisen, wie sie außer im Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten auch durchweg auf ihren Internetseiten verwendet werden.

2. Der Senat hält auch an seiner Auffassung fest, dass die Vertragsstrafenforderung nicht verjährt ist.

Auf etwa unterlassene erstinstanzliche Hinweise nach § 139 ZPO kommt es in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht an, weil die Parteien hinsichtlich der Frage der Verjährung lediglich Rechtsfragen auf der Grundlage eines unstreitigen Sachverhalts diskutieren.

Insoweit führen auch die nunmehr vorgelegten Anlagen zur Stellungnahme vom 3. Mai 2024 nicht zu der Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Anrufung der Streitbeilegungsstelle. Dass die Beklagte die auf Zahlung gerichteten Vergleichsvorschläge des Klägers abgelehnt und ihrerseits keine eigenen Vorschläge unterbreitet haben mag, ist nicht gleichbedeutend damit, dass vor der Einreichung des Güteantrags schon festgestanden hätte, dass die Beklagte nicht bereit war, an einem Güteverfahren mitzuwirken und sie dies dem Kläger schon im Vorfeld in eindeutiger Weise mitgeteilt hätte. Dies wäre aber nach der vom Senat im Hinweisbeschluss zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. Oktober 2015 (IV ZR 526/14) gerade Voraussetzung für eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme der Gütestelle. Der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt war im Übrigen gerade zwischen den dortigen Parteien streitig, weshalb der Bundesgerichtshof die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen hat. Vorliegend sind aber auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts, einschließlich des weiteren im Berufungsverfahren vorgelegten Schriftverkehrs, die Voraussetzungen für einen Rechtsmissbrauch nicht gegeben. Mit einer Erfüllungsverweigerung nach § 281 Abs. 2 BGB, auf dessen Kommentierung die Beklagte abschließend verweist, hat dies nichts zu tun.

III.

Die Voraussetzungen für die von der Beklagten beantragte Vorlage des Verfahrens an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV liegen nicht vor.

Die Entscheidung des Senats betrifft nicht die Auslegung der Verträge oder die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, sondern einen nach nationalem Recht zu beurteilenden Einzelfall.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Regelung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den § 708 Nr. 10, § 711, § 713 ZPO.