Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 22.05.2024, Az.: 14 U 120/23

Störungsbeseitigungsanspruch eines Grundstückseigentümers gegen die Gemeinde bei einem Defekt an einer unter seinem Grundstück verlegten Wasserrohranlage

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
22.05.2024
Aktenzeichen
14 U 120/23
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2024, 20358
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2024:0522.14U120.23.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hildesheim - 04.07.2023 - AZ: 3 O 256/22

Fundstelle

  • NJW-RR 2024, 1274-1276

Amtlicher Leitsatz

Der Eigentümer einer unter einem fremden Grundstück verlegten Wasserrohranlage ist gegenüber dem Grundstückseigentümer gemäß § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB verpflichtet, einen Defekt an der Rohranlage, der zum Wasseraustritt führt, durch das Ergreifen geeigneter Maßnahmen zu beseitigen.

In dem Rechtsstreit
F. B., ...,
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
...,
gegen
Flecken D., ...,
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
...,
hat der 14. Zivilsenat das Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ... auf die mündliche Verhandlung vom 26.03.2024 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 04.07.2023 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim (3 O 256/22) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt abgeändert:

Der Beklage wird verurteilt, den Wasseraustritt aus der Verrohrung des Grabens (Länge 44 m) unter dem Grundstück des Klägers ..., ... D., Gemarkung D., Flur ..., Flurstück ... entlang der nordwestlichen Flurstückgrenze durch das Ergreifen geeigneter Maßnahmen zu beseitigen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die ihm infolge der beschädigten Kanalleitung an seinem Eigentum, insbesondere der Immobilie ..., ... D. entstanden sind oder noch entstehen werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz und des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 85.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Instandsetzung einer Rohranlage die unter seiner Grundstückseinfahrt verläuft.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks ... in ... D. Über dieses Grundstück verlief ursprünglich ein wasserführender Graben. Am 29.11.1971 wurde im Grundbuch der Gemeinde D., Amtsgericht B. G., Bd. ..., Blatt ... zugunsten der Rechtsvorgängerin des Beklagten ein "Kanalisationsrecht" als beschränkte persönliche Dienstbarkeit eingetragen. Aus der Eintragungsbewilligung der seinerzeitigen Grundstückseigentümer -die Familie P.- ergibt sich folgender Inhalt:

"Wir bewilligen und beantragen zulasten des in diesem Grundbuch verzeichneten Flurstücks ... der Flur ... von D. die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zugunsten der Gemeinde D. in der Weise, dass diese berechtigt sein soll, auf dem genannten Flurstück

a) den entlang der nördlichen Flurstücksgrenze führenden Graben ganz oder teilweise zu verrohren und anschließend einzuebnen,

b) die zum dauernden Betrieb dieser Rohrleitung benötigten Begehungen zu Kontrollzwecken und die erforderlichen Erhaltungs- und Auswechselarbeiten durch ihre Beauftragten auf dem genannten Flurstück vorzunehmen."

Es wurde sodann eine entsprechende Verrohrung des Grabens über eine Länge von 44 m auf dem Grundstück des Klägers vorgenommen, wobei die Rechtsvorgängerin des Beklagten in der Folgezeit die Instandhaltungsarbeiten ausführte. Der Kläger legte eine Einfahrt auf dem Grundstück über der Rohrleitung an. Der Graben, der nun vor und hinter dem Grundstück des Klägers oberirdisch verläuft, mündet in einem öffentlichen Entwässerungskanal.

Die Aufgabe der Abwasserentsorgung wurde zum 1.1.2015 mit Satzung vom 12.12.2014 (Anlage BB1) von dem Beklagten auf den Wasserverband P. übertragen. In der Folge ging gemäß § 4 der Satzung auch das Eigentum an den beweglichen Sachen und Kanälen, die zur Abwasserbeseitigung zählen, auf den Wasserverband über.

Aus § 1 Abs. 1 der Satzung ergibt sich unter anderem:

"Die Gemeinde überträgt dem Wasserverband mit Wirkung vom 1.1.2015 ihre gemäß § 96 Abs. 1 EnWG obliegende Abwasserbeseitigungspflicht nach § 97 Abs. 1 NWG sowie die Aufgabe der Beseitigung von Niederschlagswasser gemäß § 96 Abs. 3 EnWG für das gesamte Gemeindegebiet und ohne Einschränkung. (...) Nicht mit übertragen werden die Pflichten und Aufgaben der Gewässerunterhaltung, insbesondere nach dem zweiten Teil des NWG."

In § 4 der Satzung heißt es u. a. wie folgt:

(1) Die beweglichen Sachen, die zum Betrieb gehören, werden an den WV übertragen. Das Eigentum an den übertragenen Gegenständen geht mit Vertragsabschluss auf den WV über.

(2) ...

(3) ...

(4) Soweit die dem Betrieb zugehörigen Leitungsnetze und Kanäle nicht schon als Bestandteile der Grundstücke oder auf Grund ihrer Eigenschaften als bewegliche Sachen im Rechtssinne auf den WV übergehen, geht ihr Besitz mit Vertragsabschluss auf den WV über, der in alle Rechte und Pflichten in Ansehung dieser Vermögensgegenstände eintritt.

Es kam im Laufe der Zeit zu Beschädigungen an der streitgegenständlichen Verrohrung unter dem Grundstück des Klägers in Gestalt von Rissen, Hohlräumen und eingedrungenem Erdreich. Hierdurch wurden die Aufnahmekapazitäten des Rohres beeinträchtigt. Es bildeten sich Unterspülungen unter der Grundstückseinfahrt des Klägers, welche zu deren Absacken führte. Schließlich kam es auf Grund der defekten Rohranlage zu einem Wassereintritt in das Wohngebäude des Klägers.

Im Juli 2018 setzte sich der Kläger deshalb mit dem Beklagten in Verbindung und bat um eine entsprechende Instandsetzung der Rohranlage. Der Beklagte wies unter anderem mit Schreiben vom 25.7.2018 darauf hin, dass die Instandhaltungspflicht bei dem Kläger liege, und lehnte eine Vornahme der Sanierung ab. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 18.9.2020 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 30.9.2020 zur Durchführung der Sanierungsmaßnahmen auf. Der Beklagte wies mit Schreiben vom 8.10.2020 eine entsprechende Pflicht abermals zurück.

Auf Antrag des Beklagten ist die beschränkt persönliche Dienstbarkeit (siehe oben) am 23.12.2022 im Grundbuch gelöscht worden. Ferner bot der Beklagte dem Kläger einen Rückbau der Rohranlage zur Wiederherstellung des ursprünglichen Grabens an. Dem trat der Kläger nicht näher.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass der Beklagte für die Sanierung der Verrohrung zuständig sei und für sämtliche Schäden einzutreten habe. Ein solcher Anspruch ergebe sich aus § 2 HaftPflG, da der Beklagte Inhaber der Rohranlage im Sinne der Norm sei. Ferner ergebe sich die Pflicht zur Instandsetzung aus der am 25.3.1971 bewilligten beschränkt persönlichen Dienstbarkeit. Aufgrund dieser Dienstbarkeit habe der Beklagte die Verrohrung des Grabens vorgenommen und sei in der Folge zur Instandhaltung der Anlage verpflichtet. Dies gelte, weil die Rohranlage des Beklagten der Entwässerung des Gemeindegebietes diene und daher auch von ihm betrieben werde. Eine Instandhaltungspflicht ergebe sich zudem aus § 40 WHG, da der Beklagte zur Unterhaltung des Gewässers verpflichtet sei.

Der Beklagte hat hingegen erstinstanzlich die Meinung vertreten, weder zu Instandsetzungsmaßnahmen noch zum Schadensersatz verpflichtet zu sein. Soweit zu seinen Gunsten eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit betreffend die Herstellung und Unterhaltung einer Verrohrung bestellt worden sei, würden mit dieser Dienstbarkeit keine unmittelbaren Instandhaltungspflichten einhergehen. Vielmehr sei der Kläger als Eigentümer des streitgegenständlichen Gewässers zum Unterhalt verpflichtet.

Mit am 4.7.2023 verkündeten Urteil, auf das gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen, des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen und der erstinstanzlichen Anträge Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage im Wesentlichen mit folgender Begründung abgewiesen: Ein Anspruch des Klägers auf Instandsetzung der Rohranlage folge nicht aus §§ 1090 Abs. 2, 1020 S. 2 BGB. Die Beklagte "halte" die Rohranlage auf dem Grundstück des Klägers nicht im Sinne der Vorschrift. Die Verrohrung erfülle keinen ersichtlichen Zweck, welcher dem Beklagten zugutekäme. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus der Bewilligungsurkunde. In dieser sei nur ein Recht, aber keine Pflicht zur Durchführung von Erhaltungsarbeiten niedergelegt. Ferner folge auch kein Anspruch aus § 40 Abs. 1 WHG. Es handele sich bei dem hier in Rede stehenden Graben um ein Gewässer dritter Ordnung bei der die Unterhaltspflicht bei dem jeweiligen Eigentümer liege. Deshalb habe der Kläger im Bereich seines Grundstücks als Grundeigentümer und damit auch als Eigentümer des Grabengrundes diesen zu unterhalten. Auch folge kein Anspruch aus § 60 Abs. 1 WHG, da es sich nicht um eine Abwasseranlage handele. Erst hinter dem Grundstück des Klägers erfolge die Zuführung des Gewässers in einen Entwässerungskanal. Entsprechend diene der Graben, welcher auf dem Grundstück des Klägers verrohrt sei, nicht der Beseitigung von Abwasser. Ein Schadensersatzanspruch folge auch nicht aus § 2 Abs. 1 HPflG. Der Beklagte sei nicht Inhaber der streitgegenständlichen Rohrleitung. Er habe keine tatsächliche Herrschaft über die Anlage und ihr Zubehör.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein Rechtsschutzziel im vollen Umfang weiterverfolgt. Er verteidigt seine Rechtsauffassung, dass der Beklagte als Halter der Rohranlage anzusehen sei. Diese ermögliche überhaupt erst die Drainage des Wohngebietes "S.straße". Die Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit hätte keinerlei Sinn ergeben, wenn die Beklagte nicht auch den anschließenden Gebrauch der installierten Rohrleitung im eigenen Interesse beabsichtigt hätte. Insbesondere seien keine Unterhaltungsvereinbarungen durch den Kläger nach § 1021 Abs. 1 BGB getroffen worden. Der Beklagte habe sich auch nicht seiner Haltereigenschaft durch die Löschung der Grunddienstbarkeit entledigen können (§ 242 BGB). Andernfalls könne jeder Berechtigte einer Dienstbarkeit sich seiner Verantwortung für die von ihm auf dem Grundstück unterhaltene Anlage dadurch entziehen, dass er das Recht später kurzerhand aus dem Grundbuch löschen lasse. Ferner bestehe auch ein Anspruch aus § 60 Abs. 1 und 2 WHG i. V. m. §§ 903, 1004 BGB, da es sich bei der streitgegenständlichen Rohrleitung um eine Abwasseranlage handele. Nach § 96 Abs. 1 S. 1 NWG sei der Beklagte abwasserbeseitigungspflichtig. Schließlich stehe dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz der Schäden und Folgeschäden gemäß § 2 Abs. 1 HPflG zu.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 4.7.2023 mit dem Aktenzeichen 3 O 256/22 aufzuheben und

die Beklagte zu verurteilen, binnen einer vom Gericht zu setzenden Frist auf dem Grundstück ..., ... D., Gemarkung D., Flur ..., Flurstück ... die Sanierungsmaßnahmen, hilfsweise die Instandsetzung der Verrohrung und Kanalisation entlang der nordwestlichen Flurstücksgrenze, vorzunehmen,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger nach ergebnislosen Ablauf der im Klageantrag zu Ziffer 1) gesetzten Frist einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrag als Entschädigung zu zahlen,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger infolge der beschädigten Kanalleitung an seinem Eigentum, insbesondere der Immobilie ..., ... D. entstanden sind oder noch entstehen werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an seinen Rechtsauffassungen aus erster Instanz fest. Er sei nicht Halter im Sinne von § 1020 S. 2 BGB. Nur der Kläger nutze die Rohranlage. Insbesondere diene der Graben nicht der "ordnungsgemäßen Entwässerung der Gemeinde von D." und/oder der "Aufgabe des Hochwasserschutzes im Rahmen allgemeiner Daseinsvorsorge gemäß dem niedersächsischen Wassergesetz". Bei der Rohranlage handele es sich um ein verrohrtes Gewässer dritter Ordnung. Allein der Kläger sei zur Unterhaltung verpflichtet. Das Landgericht habe einen Anspruch aus § 2 Abs. 1 HPflG zu Recht abgelehnt. Die Gefahr gehe nicht von der Rohranlage selbst, sondern von dem hindurchfließenden Wasser aus. Darüber hinaus habe der Beklagte die ihm gemäß § 96 Abs. 1 NWG obliegende Abwasserbeseitigungspflicht sowie die Aufgabe der Beseitigung von Niederschlagswasser gemäß § 96 Abs. 3 NWG vollumfänglich auf den Wasserverbandes P. übertragen (Anlage BB1).

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16.4.2024 nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung am 26.3.2024 beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger nach erfolglosem Ablauf der im Klageantrag zu 1) gesetzten Frist einen Betrag in Höhe von 140.000,00 € als Entschädigung zu zahlen. Im Übrigen wird auf den Inhalt des Schriftsatzes verwiesen (Bl. 353 ff. d. A.).

Darüber hinaus wird bezüglich des Sach- und Streitstandes auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 26.3.2024 (Bl. 349 f. d. A.) und die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist überwiegend begründet. Die Klage ist -mit Ausnahme des Klageantrags zu Ziff. 2- zulässig und begründet.

Das erforderliche Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 ZPO für den Klageantrag zu Ziff. 3 folgt daraus, dass etwaige Folgeschäden für den Kläger derzeit nicht absehbar sind und der Beklagte seine Einstandspflicht in Abrede nimmt, so dass Unsicherheit über das behauptete Rechtsverhältnis besteht.

1.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Störungsbeseitigung - Wasseraustritt aus der Rohrleitung - gemäß § 1004 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung einer Beeinträchtigung seines Eigentums verlangen.

a)

Dass der Kläger der Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks ist, steht zwischen den Parteien außer Streit. Ebenfalls ist unstreitig, dass das Grundstück des Klägers und seine Gebäudeteile durch austretendes Wasser aus der unter dem Grundstück verlaufenden Rohrleitung beeinträchtigt sind.

b)

Der Beklagte ist Eigentümer der unter dem Grundstück des Klägers verlegten Rohrleitung und somit als Störer im Sinne von § 1004 BGB zur ihrer Instandsetzung bzw. Instandhaltung verpflichtet.

Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang behauptet, dass die damaligen Grundstückseigentümer - die Familie P. - das Rohr erworben und verlegt hätten, dies zumindest heute nicht mehr nachvollziehbar sei, dringt er damit nicht durch. Die Störereigenschaft hat zwar grundsätzlich der Kläger -da anspruchsbegründende Voraussetzung- darzulegen und zu beweisen. Aus der Bewilligungserklärung zur Bestellung der Grundschuld ergibt sich aber unter lit. a) "daß diese (also die Gemeinde) berechtigt ist, den entlang der nördlichen Flurstücksgrenze führenden Graben ganz oder teilweise zu verrohren und anschließend einzuebnen".

Da eine Verrohrung unstreitig stattgefunden hat, hat der Kläger substantiiert die Eigentümerstellung des Beklagten dargelegt, also dass die Rechtsvorgängerin des Beklagten das Rohr eingebracht hat, wobei ihr Eigentum auf den Beklagten im Wege der Rechtsnachfolge übergangen ist. Dem müsste der Beklagte nun ebenso substantiiert entgegentreten. Ein Bestreiten mit Nichtwissen oder ein Bestreiten ins "Blaue hinein" ist hingegen nicht ausreichend und rechtlich unbeachtlich. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen eine Grunddienstbarkeit betreffend die Verrohrung zu Gunsten der Gemeinde in das Grundbuch eingetragen worden ist, wenn der Beklagte bzw. seine Rechtsvorgängerin keine Rechte an der Rohranlage gehabt haben will.

Das Eigentum ist auch nicht durch die Verlegung der Rohranlage auf dem Grundstück des Klägers auf diesen bzw. seine Rechtsvorgänger übergangen. Bei der Verrohrung handelt es sich lediglich um ein Scheinbestandteil des Grundstücks im Sinne von § 95 S. 2 BGB. Danach gehören zu den Bestandteilen eines Grundstücks solche Sachen nicht, die in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden sind. Aus der Bewilligungserklärung zur Bestellung der Grundschuld ergibt sich, dass die Verrohrung durch den Beklagten (bzw. seine Rechtsvorgängerin) in Ausübung der persönlich beschränkten Dienstbarkeit erfolgt ist (Anlage K 2 lit. b)), bei der es sich um ein dingliches Recht handelt (vgl. hierzu Grüneberg-Ellenberger, § 95 Rn. 5, 6).

Das Eigentum an der Rohranlage ist auch nicht auf den Wasserverband P. mit Satzung vom 12.12.2014 übergegangen. Es ist zwar laut § 4 der Satzung auch Eigentum an Anlagen und beweglichen Sachen auf den Wasserverband übertragen worden, soweit diese dem Aufgabenkreis der Abwasserbeseitigung zuzuordnen sind. Das Rohr bleibt als Scheinbestandteil auch bewegliche Sache im Rechtssinne (Grüneberg-Ellenberger, § 95 Rn. 1). Es fehlt in der Satzung aber an der Bestimmtheit der konkreten Rechtsobjekte, an denen Eigentum übertragen werden soll. Dort wird nur allgemein auf Sachgesamtheiten wie "Anlagen" und "bewegliche Sachen" abgestellt. Dem für die Übereignung einer Sachgesamtheit geltenden Bestimmtheitsgrundsatz ist nur dann genügt, wenn es auf Grund einfacher äußerer Abgrenzungskriterien für jeden, der die Parteiabreden kennt, ohne weiteres ersichtlich ist, welche individuell bestimmten Sachen übereignet worden sind (vgl. BGH, Urt. v. 13.01.1992 - II ZR 11/91 -, NJW 1992, 1161 m. w. N.). Mit der Bezeichnung "zum Aufgabenkreis der Abwasserbeseitigung" allein lässt sich die gebotene Abgrenzung nicht treffen. Sie bietet keine Unterscheidungskriterien. Auch eine dritte Person, die die Absprachen zwischen dem Beklagten und dem Wasserverband P. kennt, kann nicht ohne weiteres wissen, welche Anlagen und bewegliche Sachen der Abwasserbeseitigung zugehörig sind, weil es sich um eine rein funktionale Bezeichnung handelt, unter der ohne Rücksicht auf ihren Inhalt Anlagen und Sachen zusammengefasst werden, die zum Zuständigkeitsbereich des Wasserverbands P. gehören sollen. Welche Anlagen und bewegliche Sachen dies jedoch konkret sind, lässt sich aus Sicht des Senats nicht abstrakt, sondern nur durch Befragen des Satzungsgebers ermitteln. Dass es dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz nicht genügt, wenn derartige Nachfragen erforderlich sind, entspricht gefestigter Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 13.01.1992, a. a. O.; vgl. bzgl. der Heranziehung außervertraglicher Umstände BGH Urt. v. 20.3.1986 - IX ZR 88/85 -, NJW 1986, 1985, 1986).

Ob der Graben eine Abwasseranlage im Sinne der Satzung darstellt, woran nach dem Schreiben des Wasserverbandes P. vom 24.11.2020 aber auch erhebliche Zweifel bestehen, kann deshalb im Ergebnis dahingestellt bleiben.

2.

Dass die Ursache für das Eindringen von Wasser in das Erdreich des Grundstücks und in das Gebäude des Klägers die marode Rohrleitung ist, steht zwischen den Parteien nicht in Streit, so dass die Beseitigung der Ursache verlangt werden kann und damit die Wiederherstellung einer abgedichteten Rohrleitung (vgl. Grüneberg-Herrle, § 1004 Rn. 29). Die Gefahr geht aus Sicht des Senats - entgegen der Auffassung des Beklagten - auch nicht vom Wasser aus. Dieses bildet keine Gefahrenquelle für Grundstück und Objekt des Klägers solange es durch eine intakte Rohranlage fließt. Erst durch die Defekte an der Verrohrung kommt es zu Störungen im Bereich des Grundstücks des Klägers.

Deshalb folgt der Senat auch nicht der Auffassung des Beklagten, dass der Kläger die Störung zu beseitigen habe, da ihm die Gewässerunterhaltungspflicht obliege. Unabhängig davon, dass bereits Zweifel daran bestehen, dass der Kläger für den Wassergraben, den er nicht weiter nutzt, unterhaltungspflichtig sein soll, ist die Störungsursache nicht das Wasser, sondern das defekte und im Eigentum des Beklagten stehende Rohr. Nur auf Grund der defekten Stellen am Rohr kann das Wasser austreten und so zu Beschädigungen an dem Grundstück und den damit verbundenen Gebäudeteilen des Klägers führen. Solange sich das Rohr in einem intakten Zustand befindet, kann das Durchleiten des Grabenwassers weiterhin - wie auch in der Vergangenheit - über das Grundstück des Klägers erfolgen. Auf weitergehende, insbesondere wasserrechtliche Fragestellungen, kommt es deshalb - auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes des Beklagten vom 14.5.2024 - nicht an.

Die Rechtswidrigkeit des Zustands wird durch die Beeinträchtigung indiziert. Auf ein Verschulden des Beklagten kommt es nicht an (Grüneberg-Herrler, § 1004 Rn. 13).

3.

Der Klageantrag zu Ziff. 3 auf Feststellung künftiger Schäden ist auch begründet. Weitere Schäden sind auf Grund des Wasseraustritts aus der Verrohrung sehr wahrscheinlich. Zum einen sind bereits unstreitig Beschädigungen eingetreten (Absacken der Einfahrt, Wassereintritt in die Kellerräume des Gebäudes) und zum anderen ist die Rohranlage nach wie vor nicht repariert, so dass eine hohe Wahrscheinlichkeit für den Eintritt weiterer Grundstücksbeschädigungen besteht (vgl. zur Begründetheit der Feststellung künftiger Schäden BGH, Urt. v. 19.11.1971 - I ZR 72/70 -, NJW 1972, 198).

4.

Der Klageantrag zu 2) ist bereits unzulässig, so dass die Berufung insoweit keinen Erfolg hat.

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist ein hinreichend bestimmter Antrag zu stellen, da Art und Umfang des Rechtsschutzbegehrens erkennbar sein müssen. Bei Zahlungsanträgen ist daher grundsätzlich die geforderte Summe anzugeben, wenn diese sich nicht aus der Klageschrift klar errechnen lässt (vgl. Zöller/Greger, 2024, § 253 Rn. 11 f.). Soweit der Kläger hier eine pauschale nicht näher bezifferte Entschädigung, für den Fall, dass der Beklagte seiner Verpflichtung nicht nachkommt, geltend macht, genügt dies den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht. Insbesondere lässt sich auch nicht erkennen, ob eine Schadensersatzforderung oder ein Kostenvorschussanspruch geltend gemacht werden soll.

An dem Ergebnis ändert auch der nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz des Klägers vom 16.4.2024 nichts. Unabhängig davon, dass der nunmehr gestellte Antrag auf eine Entschädigung in Höhe von 140.000,00 € eine Klageänderung darstellt und nicht mehr zuzulassen ist, wäre der geänderte Sachantrag aber auch inhaltlich unbegründet.

Wie sich aus §§ 256 Abs. 2, 261 Abs. 2, 297 ZPO ergibt, ist die Erhebung einer neuen Klageforderung oder einer Klageerweiterung durch einen nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz unzulässig. Sachanträge müssen spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung gestellt werden. Daran ändert selbst ein -hier nicht beantragter- Schriftsatznachlass, der nur im Rahmen des § 296a S. 2 ZPO für Angriffs- und Verteidigungsmittel beachtlich wäre, nichts (BGH, Beschl. v. 07.11.2017 - XI ZR 529/17 -, BeckRS 2017, 133092 m. w. N.).

Inhaltlich wäre der nunmehr gestellte Antrag aber auch unbegründet. Das Begehren des Klägers liefe nun nicht auf eine Schadensersatzforderung hinaus, sondern auf die Geltendmachung eines Kostenvorschusses für eine beabsichtigte Ersatzvornahme. Der Senat hat bereits im Termin am 26.3.2024 darauf hingewiesen, dass ein Anspruch auf Kostenvorschuss durch § 1004 Abs. 1 BGB nicht begründet wird (vgl. LG Bielefeld, Urt. v. 2.7.2015 - 2 O 72/13 - NJOZ 2016, 491, 492 m. w. N.; Grüneberg/Herrler, 2024, BGB, § 1004 Rn. 30), so dass eine gesonderte Fristsetzung nicht in Betracht kommt.

Im Übrigen richtet sich die etwaige Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO, in dem Erfüllungshandlungen des Beklagten von Amts wegen zu berücksichtigen wären (vgl. BGH, Beschl. v. 5.11.2004 - IXa ZB 32/04 -, NJW 2005, 367). Der Kläger kann im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens die Ersatzvornahmekosten (ggf. auch als Vorschuss nach § 887 Abs. 2 ZPO) geltend machen, wenn der Beklagte seiner Verpflichtung aus dem Urteil nicht nachkommen sollte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Dem Klageantrag zu Ziff. 2 kommt keine streitwerterhöhende Wirkung zu, da mit ihm wirtschaftlich dasselbe Ziel wie mit dem Antrag zu Ziff. 1 verfolgt wird und die Anträge in einem Ausschließlichkeitsverhältnis stehen. Demnach sind keine höheren Kosten durch den Antrag zu Ziff. 2 veranlasst worden, so dass dem Beklagten die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen sind.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO), weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes oder eines anderen Oberlandesgerichts abweicht, so dass auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern, § 543 ZPO.