Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 15.06.1995, Az.: V 831/90
Unzulässigkeit des Befangenheitsantrags nach Verkündung des Urteils
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 15.06.1995
- Aktenzeichen
- V 831/90
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1995, 17883
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1995:0615.V831.90.0A
Verfahrensgegenstand
Umsatzsteuer 1976 und 1978 bis 1981
Amtlicher Leitsatz
Befangenheitsantrag nach Verkündung des Urteils ist unzulässig
Der V. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
am 15. Juni 1995
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag vom 18. Mai 1995 auf Ablehnung der Berufsrichter des Senats wegen Besorgnis der Befangenheit wird abgelehnt.
Gründe
Der Kläger führt vor dem V. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts einen Rechtsstreit gegen den Beklagten. Dabei geht es neben der Frage der Festsetzungsverjährung für das Streitjahr 1976 im übrigen um die Rechtmäßigkeit der im Anschluß an eine steuerliche Außenprüfung vorgenommenen Änderungen.
In der mündlichen Verhandlung am 18. Mai 1995 ist bei der Belehrung der Zeugin ... und des Zeugen ... die Ermahnung zur Wahrheitpflicht unterblieben. Außerdem hat der Senat den Beschluß verkündet, daß eine Befragung der Zeugin ..., der Steuerberaterin des Klägers, welche Unterlagen im einzelnen zu den jeweiligen Streitjahren vorgelegen haben und ob darüber gesprochen worden ist, als nicht zum Beweisthema gehörend abgelehnt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird insoweit auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 18. Mai 1995 verwiesen.
Nach Schluß der mündlichen Verhandlung und Verkündung des Urteils ging um 19.04 Uhr beim Niedersächsischen Finanzgericht ein Telefax ein, mit dem der Prozeßbevollmächtigte des Klägers den Antrag gestellt hat, die Berufsrichter des Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Den Antrag hat er mit der unterlassenen Zeugenermahnung und dem oben genannten Beschluß begründet. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf das zu den Gerichtsakten gelangte Telefax Bezug genommen.
Der Ablehnungsantrag ist unzulässig, weil er erst nach Verkündung des Urteils gestellt worden ist. Das Urteil ist um 16.50 Uhr verkündet worden, der Ablehnungsantrag ist um 19.04 Uhr beim Niedersächsischen Finanzgericht eingegangen. Ein Ablehnungsgesuch kann sich nur auf die jeweilige Instanz beziehen. Es ist nicht mehr zulässig, wenn das Gericht die Sachentscheidung, an der mitzuwirken der als befangen angesehene Richter gehindert werden soll, bereits getroffen hat (Beschluß des BFH vom 12. März 1985 IV S 9/85, BFH/NV 1986, 738).
Der Antrag ist darüber hinaus auch unzulässig, weil er das Gebot der Individualablehnung nicht beachtet. Das Ablehnungsgesuch muß gegen einzelne bestimmte Richter gerichtet werden. Es ist rechtsmißbräuchlich und deshalb unzulässig, pauschal den gesamten Spruchkörper abzulehen (Beschluß des BFH vom 8. Mai 1989 IX B 238/88, BFH/NV 1990, 240, 242). Dasselbe gilt für die pauschale Ablehnung der Berufsrichter.
Der Senat hat in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung, d.h. unter Mitwirkung der abgelehnten Berufsrichter, über den Ablehnungsantrag entscheiden können, weil der Antrag unzulässig ist (vgl. Beschluß des BFH vom 13. Juni 1991 VII B 246/90 BFH/NV 1992, 253 m.w.N.).
Gegen diesen Beschluß ist nach § 128 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) die Beschwerde statthaft.