Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.06.1995, Az.: VII 405/94
Zugrundelegung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen bei der Besteuerung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 20.06.1995
- Aktenzeichen
- VII 405/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 17884
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1995:0620.VII405.94.0A
Rechtsgrundlage
- § 21 Abs. 1 EStG
Fundstelle
- EFG 1996, 447 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Einkommensteuer 1991
Der VII. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat
nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 20. Juni 1995,
an der mitgewirkt haben:
Vorsitzender Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ...
ehrenamtlicher Richter ...
fürRecht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt.
Mit notariellem Übergabevertrag vom 6. September 1991 - UR-Nr.: 1098/1991 des Notars L. - übernahm der Kläger von seiner Mutter das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück B. in H.. Es war vereinbart, daß der Kläger die auf dem Grundstück abgesicherten Darlehensverbindlichkeiten der Mutter übernehmen sollte. Diese betrugen nach den Angaben des Klägers in dem Schriftsatz vom 31. März 1995 ca. 220.000 DM. Der Verkehrswert des Grundstücks belief sich nach den Angaben des Klägers auf rd. 310.000 DM. Weiterhin war in dem notariellen Vertrag vorgesehen, daß die Eltern des Klägers jederzeit die Einräumung eines unentgeltlichen Wohnungsrechtes an demübertragenen Grundbesitz verlangen konnten. Insoweit lautet der Vertrag wie folgt:
"...
§ 6
Die Eheleute L. können jederzeit ohne Angabe von Gründen verlangen, daß ihnen als Gesamtberechtigte gemäß § 428 BGB ein lebenslängliches und schuldrechtlich unentgeltliches Wohnungsrecht in dem übertragenen Haus eingeräumt wird, welches unter Ausschluß des Eigentümers an sämtlichen Wohn- und Nebenräumen des Hauses ausgeübt wird.
Zur Sicherung dieses Anspruches auf Einräumung eines Wohnungsrechtes bewilligt und beantragt der Erwerber, eine entsprechende Vormerkung in das Grundbuch einzutragen, und zwar mit einem Rangvorbehalt für eine vorrangig für die Volksbank eG D. in S. neu einzutragenden Grundschuld in Höhe von 50.000 DM (i.W. fünfzigtausend Deutsche Mark) nebst 15 % Jahreszinsen sowie einer einmaligen Nebenleistung von 5 % des Grundschuldbetrages.
Der Jahreswert des Wohnungsrechtes würde heute 12.000 DM betragen. Für den Fall, daß die Berechtigten die Einräumung des Wohnungsrechtes verlangen, wird schon heute schuldrechtlich vereinbart, daß sie die gesamten Verbrauchskosten des Hauses für Heizung, Strom, Wasser, Kanal, Müllabfuhr und Schornsteinfeger allein zu tragen haben. ..."
Am 30. September 1991 schloß der Kläger mit seinen Eltern einen Mietvertrag, nach dem er seinen Eltern den Grundbesitz für 500 DM ab 1. Oktober 1991 auf Lebzeiten vermietete.
Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger bezüglich dieses Einfamilienhauses einenÜberschuß der Ausgaben über die Einnahmen von 6.834 DM geltend. Der Beklagte erkannte mit Einkommensteuerbescheid vom 16. November 1992 das Mietverhältnis des Klägers mit seinen Eltern wegen eines Mißbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S. von § 42 AO nicht an und berücksichtigte entsprechend nicht den geltend gemachten Verlust aus Vermietung und Verpachtung. Der Einspruch blieb erfolglos. Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage. Die Kläger tragen vor, daß seine Mutter wegen einer Bürgschaft für seine Schwester von den Gläubigern der Schwester in Anspruch genommen werden sollte. Aus diesem Grunde sei die Übertragung des Hausgrundstücks auf ihn erforderlich gewesen. Er habe mit eigenen Mitteln die dinglich abgesicherten Verbindlichkeiten der Mutter nicht tragen können. Daher sei von vornherein vereinbart gewesen, daß die Eltern die monatliche Miete an ihn zahlen sollten. Dies könne auch von dem Notar und seinem Steuerberater bezeugt werden. Von einem Mißbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S. von § 42 AO könne daher keine Rede sein. Die getroffenen Vereinbarungen hielten auch einem sog. Fremdvergleich stand, denn so lange nicht die Eltern von dem Wohnungsrecht Gebrauch machten, werde die Nutzung des Objekts allein durch den Mietvertrag geregelt.
Die Kläger beantragen,
einen Überschuß der Ausgaben über die Einnahmen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 6.834 DM zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hält im wesentlichen an dem Vorbringen des Vorverfahrens fest.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichts- und Steuerakten (Steuernummer ...).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Zu Recht hat der Beklagte keine negativen Einkünfte des Klägers aus dem Einfamilienhaus B. gemäß § 21 Abs. 1 EStG berücksichtigt, denn der Kläger hat keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind Verträge zwischen nahen Angehörigen der Besteuerung grundsätzlich nur dann zugrunde zu legen, wenn diese Verträge bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen sind und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremdenüblichen entspricht (vgl. Urteil des BFH vom 9. Februar 1993 IX R 86/90, BFH/NV 1993, 592 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Nach § 6 des notariellenÜbergabevertrages stand es den Eltern des Klägers jederzeit frei, ohne Angabe von Gründen zu verlangen, daß ihnen das unentgeltliche Wohnrecht in dem Haus eingeräumt wird. Zur Sicherung dieses Anspruchs ist eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen worden. Bei dieser Sachlage hätten fremde Dritte keinen Mietvertrag mehr über das Einfamilienhaus abgeschlossen, zumal der Verkehrswert des übertragenen Grundbesitzes deutlich über dem Wert der übernommenen Verbindlichkeiten lag. Bei dieser Sachlage wäre unter fremden Dritten für den Abschluß eines Mietvertrages kein Raum mehr gewesen. Dem Beweisantritt der Kläger, den Notar und den Steuerberater als Zeugen darüber zu hören, daß der Kläger und seine Eltern von vornherein beabsichtigt hätten, ein entgeltliches Nutzungsverhältnis abzuschließen, war nicht nachzugehen, denn unter fremden Dritten wäre - wie ausgeführt - der Abschluß eines Mietvertrages neben der Regelung des § 6 des notariellen Vertrages nicht denkbar.
Danach konnte die Klage keinen Erfolg haben und war abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision ist nicht zugelassen worden.