Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 09.11.2023, Az.: 2 A 31/22

Junglandwirteprämie; Kontrolle; Personenvereinigung; Junglandwirteprämie für eine Personenvereinigung

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
09.11.2023
Aktenzeichen
2 A 31/22
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 42176
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGGOETT:2023:1109.2A31.22.00

Amtlicher Leitsatz

Ein Junglandwirt übt die erforderliche wirksame und langfristige Kontrolle über einen in Form einer Personenvereinigung geführten landwirtschaftlichen Betrieb aus, wenn andere Angehörige der Personenvereinigung Entscheidungen zu Betriebsführung, Gewinnen und finanziellen Risiken nicht gegen den Junglandwirt treffen können. Dies setzt nicht zwingend voraus, dass der Junglandwirt mehr als die Hälfte der Anteile der Personenvereinigung besitzt und diese Anteile mehr als die Hälfte der Stimmrechte repräsentieren.

Tenor:

Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 17.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.01.2022 verpflichtet, der Klägerin für das Jahr 2020 eine Junglandwirteprämie in Höhe von 3.868,51 Euro zu bewilligen und zzgl. Zinsen auf 3.850,00 Euro in Höhe von 0,5 % für jeden vollen Monat seit Rechtshängigkeit auszuzahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.200,00 Euro vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Mit der Klage begehrt die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung einer Junglandwirteprämie.

Die Klägerin ist eine am 01.07.2019 gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die einen landwirtschaftlichen Betrieb mit ca. 147 ha Acker- und Dauergrünland und 130 Milchkühen, Rindern und Jungtieren betreibt. Gesellschafter der Klägerin sind Frau E. F., die das Nutzungsrecht an ihren land- und forstwirtschaftlichen Grundflächen einschließlich der Wirtschaftsgebäude sowie Sachwerte und Kapitalvermögen in die Gesellschaft einbrachte, sowie Herr G. H., der ausschließlich mit Kapitalvermögen beteiligt ist. Der Gesellschaftsvertrag enthält auszugsweise folgende Regelungen:

§ 5 Geschäftsführung und Vertretung

Zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft und deren Vertretung nach außen sind beide Gesellschafter alleine berechtigt und verpflichtet, jedoch mit einer Beschränkung im Innenverhältnis auf Verpflichtungsgeschäfte, die 3.000 Euro im Einzelfall und 25.000 Euro in Jahressumme nicht übersteigen. Hierüber hinausgehende Verpflichtungsgeschäfte bedürfen eines Mehrheitsbeschlusses aller Gesellschafter. ...

§ 7 Beschlussfassung und Protokollierung

1. Beschlüsse der Gesellschaft bedürfen der Einstimmigkeit. Bei Gesellschafterversammlungen, an deren Teilnahme ein Gesellschafter ausdrücklich verzichtet hat (§ 5 letzter Satz) reicht die Einstimmigkeit der anwesenden Gesellschafter.

2. Das Stimmenverhältnis richtet sich nach dem Verhältnis der Gesellschaftsbeteiligungen gem. § 10 dieses Vertrages.

2. Auf Verlangen eines Gesellschafters ist ein Protokoll über die Gesellschafterversammlung zu fertigen, ...

§ 10 Rechnungsabschluss/Ergebnisverwendung

1. Die Gesellschafter sind wie folgt an dem Ergebnis der Gesellschaft beteiligt:

- die Gesellschafterin zu 1. mit 75 %

- der Gesellschafter zu 2. mit 25 %.

...

Unter dem 06.05.2020 beantragte die Klägerin in einem "Sammelantrag Agrarförderung und Agrarumweltmaßnahmen" bei der Beklagten für das Jahr 2020 die Gewährung einer Basisprämie, eine Greeningprämie, einer Umverteilungsprämie und einer Junglandwirteprämie, wobei als Junglandwirt der am 13.08.1980 geborene G. H. benannt wurde. Die Beklagte bewilligte hierauf durch Bescheid vom 17.12.2020 die Basisprämie, die Greeningprämie und die Umverteilungsprämie.

Durch gesonderten Bescheid vom 17.12.2020 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Junglandwirteprämie ab. Zur Begründung führte sie aus, eine wirksame Kontrolle der betrieblichen Entscheidungen durch den Gesellschafter H. sei nicht gewährleistet. Nach § 5 des Gesellschaftsvertrags obliege die Betriebsführung beiden Gesellschaftern. Nach § 7 bedürften Beschlüsse der Einstimmigkeit, wobei sich das Stimmenverhältnis nach dem Verhältnis der Gesellschafterbeteiligungen gemäß § 10 richte. Nach § 10 des Vertrags habe die Gesellschafterin F. eine Beteiligung von 75 %, der Gesellschafter H. dagegen nur einen Anteil von 25 %. Innerhalb der Gesellschaft könne somit eine Entscheidung gegen den Junglandwirt getroffen werden.

Mit Schreiben vom 19.01.2021 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, § 7 des Gesellschaftsvertrags enthalte das Gebot der Einstimmigkeit von Entscheidungen. Der Hinweis auf § 10 in § 7 sei versehentlich nicht gelöscht worden. Die Gewinnverteilung nach § 10 des Vertrags habe nichts mit dem Erfordernis der Einstimmigkeit bei Beschlüssen zu tun. Unter dem 20.01.2021 änderten die Gesellschafter § 7 des Gesellschaftsvertrags und strichen den Verweis auf § 10.

Durch Widerspruchsbescheid vom 05.01.2022 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin unter Wiederholung der Begründung des Ausgangsbescheids zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 01.02.2022 Klage erhoben. Sie trägt wiederholend vor, § 7 Abs. 1 ihres Vertrags regele eindeutig, dass Beschlüsse der Gesellschafterversammlung nur einstimmig gefasst werden könnten. Dies gelte unabhängig von den Anteilen gemäß § 10 des Vertrags. Aufgrund der Notwendigkeit der Einstimmigkeit sei es der Gesellschafterin F. gerade nicht möglich, den Gesellschafter H. zu überstimmen. Allein dies sei maßgeblich, nicht jedoch bedürfe es einer Mehrheit der Stimmenanteile des Junglandwirts, die ihm die alleinige Kontrolle ermögliche. Soweit die Beklagte sich auf eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahr 2020 beziehe, stütze sich diese auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs von 2012, die vor Inkrafttreten der hier einschlägigen Verordnungen ergangen sei.

Die Klägerin beantragt,

den Ablehnungsbescheid der Beklagten hinsichtlich der Junglandwirteprämie 2020 vom 17.12.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.01.2022 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr für das Antragsjahr 2020 eine Junglandwirteprämie in Höhe von 3.960 Euro zu bewilligen und zzgl. Zinsen in Höhe von 0,5 % für jeden vollen Monat seit Rechtshängigkeit auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bleibt bei ihrer Auffassung, es sei auf die Stimmenanteile abzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs müsse der Junglandwirt mehr als die Hälfte der Anteile an der Gesellschaft besitzen und diese Hälfte müsse auch mehr als die Hälfte der Stimmrechte repräsentieren. Der Vertrag der Klägerin sei uneindeutig und nicht geeignet, eine langfristige Kontrolle durch den Junglandwirt sicherzustellen. Schließlich bezieht sich die Beklagte zur Begründung ihrer Auffassung auf ein Urteil des VG Hannover vom 16.02.2019 (11 A 1280/19), in dem in einem zumindest teilweise vergleichbaren Fall ein Anspruch auf Junglandwirteprämie verneint worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat überwiegend Erfolg.

Sie ist zulässig, insbesondere kann die Klägerin als Vereinigung natürlicher Personen Empfängerin der Junglandwirteprämie sein (siehe sogleich) und ist daher gemäß § 61 Nr. 2 VwGO beteiligungsfähig. Die Klage ist auch überwiegend begründet. Die Klägerin hat für das Jahr 2020 einen Anspruch auf die Prämie, sodass die angefochtenen Bescheide rechtswidrig sind und sie in ihren Rechten verletzen, soweit sie dem entgegenstehen (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Lediglich im Hinblick auf die Höhe der Prämie und den Zinsanspruch unterliegt die Klägerin zu einem geringen Teil.

Die von der Klägerin begehrte Junglandwirteprämie ist eine flächenbezogene Fördermaßnahme, die als Ergänzung zur Basisprämie im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU gewährt wird. Gemeinschaftsrechtliche Rechtsgrundlage für die Gewährung der Junglandwirteprämie für das Kalenderjahr 2020 sind die Regelungen zur Basisprämie, der einheitlichen Flächenzahlung und den damit verbundenen Zahlungen in Titel III der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608) in Verbindung mit der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014 der Kommission vom 11.03.2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 (ABl. L 181 vom 20.06.2014, S. 1).

Gemäß Art. 50 Abs. 1 bis 5 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 wird eine jährliche Zahlung an Junglandwirte für einen Höchstzeitraum von fünf Jahren gewährt, wenn der Junglandwirt Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung hat und der Betriebsinhaber Zahlungsansprüche aktiviert hat. Art. 50 Abs. 2 definiert als "Junglandwirte" natürliche Personen, die sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niederlassen oder die sich während der fünf Jahre vor dem im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung erstmalig gestellten Beihilfeantrag bereits in einem solchen Betrieb niedergelassen haben und im Jahr der Antragstellung nicht älter als 40 Jahre sind.

Nach Art. 49 Abs. 1 UA 1 lit. b) der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014 wird die jährliche Zahlung für Junglandwirte gemäß Art. 50 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 einer juristischen Person unabhängig von ihrer Rechtsform gewährt, wenn diese Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung und insoweit Zahlungsansprüche aktiviert oder beihilfefähige Hektarflächen angemeldet hat und wenn ein Junglandwirt die juristische Person wirksam und langfristig in Bezug auf die Entscheidungen zu Betriebsführung, Gewinnen und finanziellen Risiken im ersten Jahr der Antragstellung kontrolliert. Sind mehrere natürliche Personen, bei denen es sich nicht ausschließlich um Junglandwirte handelt, am Kapital oder der Betriebsführung der juristischen Person beteiligt, so muss der Junglandwirt in der Lage sein, diese wirksame und langfristige Kontrolle allein oder gemeinschaftlich mit anderen Landwirten auszuüben. Damit hat der Verordnungsgeber zum Ausdruck gebracht, dass der Junglandwirt bei Personenvereinigungen nicht eine alleinige Kontrolle über die Gesellschaft ausüben muss, sondern eine Beteiligung an der Kontrolle genügt (VG Ansbach, Urteil vom 06.10.2020 - AN 14 K 18.00625 -, juris Rn. 42). Gemäß § 50 der Verordnung (EU) Nr. 639/2014 gilt § 49 sinngemäß auch für eine Vereinigung natürlicher Personen.

Im Erwägungsgrund 62 der Verordnung (EU) Nr. 639/2014 wird zu den Bedingungen für den Bezug der Prämie des Weiteren Folgendes ausführt:

"Bei juristischen Personen ist es angezeigt, dass diese Bedingungen von allen natürlichen Personen erfüllt werden, die entsprechend der Festlegung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Fn.: Siehe Urteil des EuGH vom 25. Oktober 2012 in der Rechtssache C-592/11 ...) die tatsächliche und langfristige Kontrolle über diese juristische Person ausüben."

Der EuGH hatte in seinem Urteil vom 25.10.2012 (juris Rn. 57) ausgeführt, "dass die Kontrollbefugnis, wenn sich der Beihilfeantrag auf eine mittels einer juristischen Person ausgeübte Tätigkeit bezieht, von einer natürlichen Person ausgeübt werden muss, die weniger als 40 Jahre alt ist und sich zum ersten Mal in einem landwirtschaftlichen Unternehmen als Betriebsinhaber niederlässt, und dass eine solche Kontrollbefugnis insbesondere voraussetzt, dass der Betreffende mehr als die Hälfte der Anteile an der juristischen Person besitzt und diese Anteile mehr als die Hälfte der Stimmrechte repräsentieren" (Unterstreichung durch das erkennende Gericht).

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren ausschließlich darüber, ob der Gesellschafter G. H. im Bewilligungsjahr 2020 in der Lage war, den landwirtschaftlichen Betrieb wirksam und langfristig zu kontrollieren. Auch die Kammer hat hinsichtlich des Vorliegens der sonstigen Voraussetzungen für die Gewährung der Junglandwirteprämie keine Bedenken.

Die Auswirkungen der in der Verordnung Nr. 639/2014 getroffenen Neuregelung sind in Rechtsprechung und Literatur umstritten. So ziehen der Bayerische VGH (Beschluss vom 04.05.2020 - 6 ZB 19.1755 -, juris Rn. 15 f., der ein entsprechendes Urteil des VG Regensburg vom 11.07.2019 - RN 5 K 18.1415 -, juris Rn. 42 ff., bestätigt) und das VG Hannover (Urteil vom 16.02.2022 - 11 A 1280/19 -, n. v.) aus der Bezugnahme auf die Entscheidung des EuGH im 62. Erwägungsgrund der Verordnung den Schluss, dass der Europäische Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt habe, dass eine wirksame Kontrolle des landwirtschaftlichen Betriebs voraussetze, dass der Junglandwirt, von dem eine juristische Person bzw. eine Vereinigung natürlicher Personen ihre Berechtigung zum Erhalt einer Junglandwirteprämie ableite, mehr als die Hälfte der Anteile der juristischen Person bzw. der Personenvereinigung besitze und diese Anteile auch mehr als die Hälfte der Stimmrechte repräsentierten.

Demgegenüber hat das VG Lüneburg mit Urteil vom 26.04.2018 (1 A 105/16, juris Rn. 20) ausgeführt:

"Diese Bestimmung ist dahin auszulegen, dass Entscheidungen zur Betriebsführung, Gewinnen und finanziellen Risiken nicht gegen den Junglandwirt getroffen und umgesetzt werden dürfen. Insoweit genügt es, wenn andere Mitgesellschafter solche Entscheidungen nicht gegen den Junglandwirt durchsetzen können, etwa weil die Einstimmigkeit der Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist, mithin eine gemeinschaftliche Kontrolle gegeben ist (vgl. Booth, in: Münchener Anwaltshandbuch Agrarrecht, 2. Aufl. (2016), § 27 Rn. 202). Hingegen ist nicht erforderlich, dass der Junglandwirt die alleinige Kontrolle über die juristische Person innehat und die angeführten Entscheidungen in seinem Sinne (einseitig) durchsetzen kann. Von dem engen Verständnis der Beherrschung der juristischen Person im Fall der Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirte im Rahmen der Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch ELER nach Art. 22 Abs. 1 Buchst. a Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 (vgl. hierzu: EuGH, Urt. v. 25.10.2012 - C-592/11 -, juris. Rn. 56) hat sich der Verordnungsgeber durch den Satz 2 des Art. 49 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b VO (EU) Nr. 639/2014 bewusst gelöst und lässt nunmehr eine "gemeinschaftliche Kontrolle" mit einem anderen Landwirt genügen. Ausreichend ist h.iernach, dass der Junglandwirt nicht lediglich eine untergeordnete Rolle in der juristischen Person innehat und zumindest Entscheidungen gegen seinen Willen nicht getroffen werden können."

Diese Auffassung entspricht auch dem Inhalt des in der Akte der Beklagten enthaltenen Antragsformulars (vgl. Nr. 6.4.3.2 des Formulars, Bl. 21 des Verwaltungsvorgangs: "Eine gemeinschaftliche Kontrolle liegt vor, wenn andere Landwirte keine Entscheidung gegen den Junglandwirt durchsetzen können."). Des Weiteren hat auch die Beklagte selbst in ihrem Widerspruchsbescheid vom 05.01.2022 (S. 4 oben) Art. 49 Abs. 1 UA 1 lit. b) der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014 dahingehend ausgelegt, dass Entscheidungen zu Betriebsführung, Gewinnen und finanziellen Risiken nicht gegen den Junglandwirt getroffen und umgesetzt werden dürften.

Die Kammer schließt sich in dieser Frage der Auffassung des VG Neustadt (Weinstraße) in seinem Urteil vom 13.10.2022 (2 K 162/22.NW, juris Rn. 40 ff.) an, die Mitgliedstaaten könnten konkretisieren, wann ein Junglandwirt nach innerstaatlichem Gesellschaftsrecht gemeinschaftlich mit einem anderen Gesellschafter die wirksame und langfristige Kontrolle über eine GbR in Bezug auf Betriebsführung, Gewinne und finanzielle Risiken ausübe, und Deutschland habe dies vor dem Inkrafttreten einer entsprechenden gesetzlichen Regelung durch eine bundeseinheitliche Verwaltungspraxis getan. Das VG Neustadt (Weinstraße) führt hierzu aus:

"Dass Konkretisierungen des Unionsrechts den Mitgliedstaaten überlassen sind, ergibt sich grundsätzlich kompetenzrechtlich aus dem Subsidiaritätsprinzip (Art. 5 Abs. 1 bis 3 EUV) sowie verfahrensrechtlich aus der Verwaltungsautonomie der Mitgliedstaaten (Art. 291 Abs. 1 AEUV). Der EuGH bestätigte diesen Konkretisierungsspielraum ausdrücklich in Bezug auf entsprechende gesellschaftsrechtlichen Kontrollvorgaben (EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2012, C - 592/11, Rn. 61). Danach "bleibt es den Mitgliedstaaten unbenommen, im Einzelnen die Bedingungen zu konkretisieren, unter denen ein die Beihilfe Beantragender als Betriebsinhaber eingestuft werden kann, doch steht dies unter dem Vorbehalt, dass solche Bedingungen nicht über den mit ihnen zu konkretisierenden Rahmen hinausgehen und somit unter Beachtung der mit der Verordnung (...) verfolgten Ziele gewährleisten, dass der Antragsteller sowohl den landwirtschaftlichen Betrieb als auch dessen Verwaltung tatsächlich und dauerhaft beherrscht." Auf diese EuGH-Entscheidung nimmt die zu konkretisierende DelVO (EU) Nr. 639/2014 in Erwägungsgrund Nr. 62 Fußnote 15 ausdrücklich Bezug.

Deutschland hatte im Zeitraum der Bewilligungen für die Klägerin keine Regelungen zu Art. 49 Nr. 1 lit b Satz 2 i. V. m. Satz 1 i. V. m. Art. 50 DelVO (EU) Nr. 639/2014 i. V. m. Art. 50 Abs. 2 lit a VO (EU) Nr. 1307/2013 erlassen. Diese finden sich erst in § 12 des Gesetzes zur Durchführung der im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik finanzierten Direktzahlungen (GAPDZG), das nach dem Bewilligungszeitraum am 16. Juli 2021 erlassen wurde. Zum Zeitpunkt der Bewilligungen für die Klägerin war die gemeinschaftliche Kontrolle der GbR in dem Bund-Länder-Arbeitspapier 2014 auf Seite 6 näher bestimmt. Danach war in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der Junglandwirt die gemeinschaftliche Kontrolle aufgrund des Gesellschaftsvertrags ausübte. Die gemeinschaftliche Kontrolle übte er aus, wenn er Gesellschafter und Geschäftsführer der GbR war und "wenn keine Entscheidung gegen den Junglandwirt getroffen werden" konnte. Damit gingen die deutschen Behörden einheitlich davon aus, dass ein Veto-Recht des Junglandwirts genügte, um die gemeinschaftliche Kontrolle zu bejahen. Maßstab war dagegen nicht, dass der Junglandwirt die Betriebsführung aktiv gestalten und Entscheidungen gegen den Willen der anderen Gesellschafter durchsetzen konnte.

Diese Auslegung durch die deutschen Behörden hält sich im Rahmen der unionsrechtlichen Vorgaben und gewährleistet die Ziele des Art. 49 Nr. 1 lit b i. V. m. Art. 50 DelVO (EU) Nr. 639/2014 i. V. m. Art. 50 Abs. 2 lit a VO (EU) Nr. 1307/2013. Art. 49 Nr. 1 lit b DelVO (EU) Nr. 639/2014 gibt eine gemeinschaftliche Kontrolle in Bezug auf Betriebsführung, Gewinne und finanzielle Risiken vor. Ein Mitgliedstaat könnte dies gesellschaftsrechtlich so konkretisieren, dass der Junglandwirt aktiv die Entscheidungen beeinflussen und den Betrieb aus eigener Handlungsmacht heraus gestalten kann (so Finnland bei Aktiengesellschaften, vgl. EuGH, a. a. O.). Ein Mitgliedstaat kann sich jedoch auch dafür entscheiden, bei Personengesellschaften eine passive Kontrolle durch ein Vetorecht ausreichen zu lassen (aA mit zu engem Verständnis der EuGH-Entscheidung VGH München, Beschluss vom 4. Mai 2020 - 6 ZB 19.1755 -, juris, Rn. 15 f., der VG Regensburg, Urteil vom 11. Juli 2019 - RN 5 K 18.1415 -, juris, Rn. 42 - 44, bestätigt)."

Dem folgend meint die Kammer, dass es nicht darauf ankommt, dass der Junglandwirt mehr als die Hälfte der Anteile der juristischen Person bzw. der Personenvereinigung besitzt und diese Anteile auch mehr als die Hälfte der Stimmrechte repräsentieren, sofern die wirksame Kontrolle des landwirtschaftlichen Betriebs anderweitig und insbesondere durch gesellschaftsvertragliche Regelungen gewährleistet ist (so auch OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 05.09.2023 - 21 A 1713/20 -, juris Rn. 49 ff.). Die genannte Entscheidung des EuGH (vgl. a.a.O. Rn. 19) erging im Ausgangspunkt im Hinblick auf finnisches nationales Recht, das in § 3 der "Verordnung über die Niederlassungsbeihilfe" u. a. vorsah, dass "eine Person eine Aktiengesellschaft [kontrolliert], wenn sie mehr als die Hälfte der Gesellschaftsanteile hält und die von ihr gehaltenen Anteile mehr als die Hälfte der Stimmrechte aller Gesellschaftsanteile repräsentieren". Zu dieser nationalen Regelung des Mitgliedstaats Finnland hat der EuGH lediglich beispielhaft festgestellt, dass sie den Anforderungen an eine wirksame und langfristige Kontrolle genüge (Rn. 61: "Diesen Erfordernissen genügten nationale Vorschriften wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden"). Über den konkreten Fall hinaus hat er jedoch ausgeführt, es bleibe den Mitgliedstaaten unbenommen, im Einzelnen die Bedingungen zu konkretisieren, unter denen ein die Beihilfe Beantragender als Betriebsinhaber eingestuft werden kann, sofern gewährleistet sei, dass dieser sowohl den landwirtschaftlichen Betrieb als auch dessen Verwaltung tatsächlich und dauerhaft beherrsche. Hierdurch hat er zum Ausdruck gebracht, dass das nationale Recht anderer Mitgliedstaaten auch andere gleich wirksame Regelungen treffen kann.

Im vorliegenden Fall kommt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzung einer wirksamen und langfristigen Kontrolle der GbR durch den Gesellschafter H. vorliegt.

Gemäß § 7 ("Beschlussfassung und Protokollierung") Abs. 1 des Vertrags bedürfen Beschlüsse der Gesellschaft der Einstimmigkeit. Gemäß § 7 Abs. 2 in der bei Antragstellung geltenden Fassung richtet sich das Stimmenverhältnis nach dem Verhältnis der Gesellschaftsbeteiligungen gemäß § 10 des Vertrags. Nach § 10 ("Rechnungsabschluss/Ergebnisverwendung") Abs. 1 sind die Gesellschafterin zu 1. mit 75% und der Gesellschafter zu 2. mit 25% am Ergebnis der Gesellschaft beteiligt.

Die Kammer bewertet die Regelungen in § 7 Abs. 1 und in § 7 Abs. 2 i.V.m. § 10 des Vertrags als widersprüchlich und miteinander unvereinbar. Auf der einen Seite wird für Beschlüsse Einstimmigkeit verlangt. Legt man dies zugrunde, steht die Regelung der Gewährung der Junglandwirtprämie nicht entgegen, denn eine Entscheidung gegen den Willen des Junglandwirts ist auf der Ebene der Gesellschafterbeschlüsse ausgeschlossen. Auf der anderen Seite ist eine Regelung Vertragsgegenstand, die hierzu im Widerspruch steht, indem ein Stimmenverhältnis abhängig vom Verhältnis der Gesellschaftsbeteiligungen festgelegt wird. Legt man dies zugrunde, könnte der Junglandwirt, der nur zu 25% am Ergebnis der Gesellschaft beteiligt ist, von der Mitgesellschafterin überstimmt werden, deren Anteil 75% beträgt.

Angesichts des genannten Widerspruchs bedarf der Vertrag der Auslegung. Die Auslegung des Gesellschaftsvertrags einer GbR richtet sich grundsätzlich nach den in §§ 133, 157 BGB normierten, für die Auslegung von Rechtsgeschäften geltenden Maßstäben. Ausgehend vom Vertragswortlaut sind daneben Entstehungsgeschichte und Systematik, Sinn und Zweck des Vertrags sowie die Besonderheiten seiner Durchführung zu berücksichtigen, um den übereinstimmenden oder für alle Beteiligten erkennbaren, zum Vertragsgegenstand gemachten wirklichen Willen der Parteien zu erforschen (Schäfer in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 705 Rn. 175).

Eine Einstimmigkeit würde der gesetzlichen Regelung in § 709 Abs. 1 BGB entsprechen, wonach die Führung der Geschäfte der Gesellschaft den Gesellschaftern gemeinschaftlich zusteht und für jedes Geschäft die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist. Allerdings kann der Gesellschaftsvertrag durch sog. Mehrheitsklauseln vom Grundsatz der Einstimmigkeit abweichen (§ 709 Abs. 2 BGB). Für die Mehrheitsberechnung gilt nach dem gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz im Zweifel Mehrheit nach Köpfen. Abweichend hiervon finden sich im Fall ungleicher Beitrags- oder Beteiligungsverhältnisse verbreitet besondere Stimmrechtsregelungen, die das Stimmrecht nach Kapitalanteilen o. Ä. staffeln (Schäfer, a.a.O., § 709 Rn. 102).

Eine Mehrheitsklausel nach Kapitalanteilen macht jedoch in einem Gesellschaftsvertrag, an dem nur zwei Gesellschafter beteiligt sind, keinen erkennbaren Sinn. Würde man die Einstimmigkeitsklausel ausblenden und davon ausgehen, dass eine Mehrheitsklausel vereinbart wäre, so hätte dies zum Ergebnis, dass der Junglandwirt sich bei keiner Entscheidung gegen seine Mitgesellschafterin durchsetzen könnte, die ihn aufgrund ihrer höheren Gesellschaftsanteile stets überstimmen könnte. In einem solchen Fall wäre es naheliegender, auf eine Beschlussfassung ganz zu verzichten und die Mitsprache des Junglandwirts auf sein Widerspruchsrecht gemäß § 711 BGB zu beschränken (vgl. zu einer solchen Möglichkeit Schäfer, a.a.O., § 709 Rn. 83).

Die Kammer geht deshalb nicht davon aus, dass die Gesellschafter im vorliegenden Fall eine Mehrheitsbeteiligung nach Gesellschaftsbeteiligungen vereinbaren wollten. Es liegt vielmehr nahe, dass sie sich entsprechend der gesetzlichen Regelung auf eine Einstimmigkeit geeinigt und den Verweis auf § 10 in § 7 Abs. 2 des Vertrags entweder rechtlich falsch eingeordnet oder es - wie sie selbst vortragen - versäumt haben, die Regelung in § 7 Abs. 2 zu löschen. Für die Absicht, den Verweis auf § 10 herauszunehmen, spricht dabei der Umstand, dass § 7 einen weiteren Absatz 2 enthielt, der die Protokollierung der Gesellschafterversammlung regelt. Anhaltspunkte dafür, dass die Gesellschafter mit ihrem Vorbringen darauf abzielen, im Nachhinein rechtsmissbräuchlich die Voraussetzungen für die Gewährung der Junglandwirtprämie herbeizuführen, hat das Gericht nicht.

Wenn man jedoch zu dem Ergebnis käme, dass die Regelungen in § 7 Abs. 1 bzw. Abs. 2 des Vertrags in einem unlösbaren Widerspruch zueinander ständen und man den wirklichen Willen der Vertragspartner nicht bestimmen könnte, würde dies dazu führen, dass die Vertragsbestimmung unwirksam wäre und die gesetzliche Regelung zum Tragen käme (vgl. § 18 Satz 2 des Vertrags). Auch in diesem Fall wäre gemäß § 709 Abs. 1 BGB für jedes Geschäft die Zustimmung beider Gesellschafter erforderlich und könnten Entscheidungen nicht gegen den Willen des Junglandwirts getroffen werden.

Soweit die Beklagte hiergegen das o. g. Urteil des VG Hannover ins Feld führt, unterscheidet sich dieses vom vorliegenden Fall in mehreren Details. Insbesondere gab es in jenem Fall keine Vereinbarung über die Einstimmigkeit, bei Gesellschafterbeschlüssen entsprachen die Stimmrechte den Gesellschaftsanteilen (60:40).

Eine wirksame und langfristige Kontrolle der GbR durch den Gesellschafter H. wird auch nicht (auf Geschäftsführungsebene) dadurch ausgeschlossen, dass auch die Mitgesellschafterin F. im Rahmen der Einzelgeschäftsführung (§ 5 des Gesellschaftsvertrags) mit einer Beschränkung im Innenverhältnis auf Verpflichtungsgeschäfte, die 3.000 Euro im Einzelfall und 25.000 Euro in Jahressumme nicht übersteigen, zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft nach außen und deren Vertretung allein berechtigt und verpflichtet ist. Das VG Lüneburg hat in seinem Urteil vom 26.04.2018 (a.a.O. Rn. 22) zu einem ähnlichen Fall, in dem es jedoch sogar an einer Obergrenze fehlte, Folgendes ausgeführt:

"Die für die Gesellschaft wesentlichen Entscheidungen, an welche die Geschäftsführung sowohl bei Personengesellschaften wie auch bei juristischen Personen zwingend gebunden ist, werden auf der Ebene der Gesellschafter getroffen. Diese gesellschaftsvertraglich geregelte gemeinschaftliche Kontrolle kann auch in der Praxis nicht dadurch unterlaufen werden, dass der Mitgesellschafter aufgrund seiner (Mit-)Geschäftsführerstellung - allerdings in nicht begrenzter Anzahl - Geschäfte der laufenden Geschäftsführung bis 3.000,- EUR allein - ohne Zustimmung der Junglandwirtin - schließen kann. Nach Auffassung der Kammer ist nicht entscheidungserheblich, ob die Geschäfte der laufenden Geschäftsführung in diesem Umfang vor dem Hintergrund der Betriebsgröße der Klägerin mehr oder weniger weitreichende Auswirkungen hätten. Die effektive Kontrolle der Gemeinschaft der Gesellschafter - auch im Hinblick auf die finanziellen Risiken der Entscheidungen - wird dadurch gewährleistet, dass die Junglandwirtin Geschäftsführungsentscheidungen ihres Mitgesellschafters aufgrund des § 711 BGB widersprechen kann mit der Folge, dass beanstandete Entscheidungen nicht vollzogen werden dürfen. Dass die Geschäfte des Mitgesellschafters im Außenverhältnis gegenüber der Gesellschaft gleichwohl wirksam bleiben, ist nicht entscheidend. Die Widerspruchsmöglichkeit führt dazu, dass die Junglandwirtin im Innenverhältnis gegenüber ihrem Mitgesellschafter Ausgleichsansprüche hat."

Diese Entscheidung hat das Nds. Oberverwaltungsgericht (Beschluss vom 17.12.2019 - 10 LA 286/18 -, juris Rn. 24 ff.) bestätigt und ausgeführt:

"Das Widerspruchsrecht gemäß § 711 BGB ist zwar grundsätzlich abdingbar. Ohne nähere Anhaltspunkte kann eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung, die - wie hier - einen Gesellschafter in einem näher beschriebenen Rahmen zur Alleingeschäftsführung und -vertretung ermächtigt, aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass die Mitgesellschafter einem in diesem Rahmen beabsichtigten Geschäft auch nicht widersprechen können (vgl. Westermann in Erman, 15. Aufl. 2017, § 711 BGB Rn. 1). Im Gegenteil setzt die Regelung des § 711 BGB gerade tatbestandlich voraus, dass ein Gesellschafter ein Geschäft tätigen will, für das er keines Gesellschafterbeschlusses und auch sonst keiner Zustimmung der Mitgesellschafter bedarf. Gerade in diesen Fällen billigt die Regelung den Mitgesellschaftern das Widerspruchsrecht zu.

Davon unabhängig binden die entgegen dem Widerspruch getätigten Geschäfte mit Dritten die Gesellschaft. Die von im Innenverhältnis bestehenden Verpflichtungen unabhängige Vertretungsmacht folgt aus Nr. 3.2 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags, wonach jeder Gesellschafter zur Vertretung allein befugt ist.

Die damit eröffnete Möglichkeit dieses Gesellschafters, sich über einen Widerspruch faktisch hinwegzusetzen, führt aber nicht dazu, dass die Gesellschafterin zu 1. - wie die Beklagte meint - die Klägerin nicht mehr im Sinne der Art. 49, 50 der Verordnung (EU) Nr. 639/2014 kontrollieren kann. Die Entscheidung darüber, ob ein Junglandwirt die Kontrolle über eine juristische Person oder eine Personengesellschaft ausübt, muss auf Basis der Annahme erfolgen, dass sich die Mitgesellschafter bzw. andere natürliche Personen, denen sich der Junglandwirt zur Kontrolle des Betriebs bedient, an vertragliche Vereinbarungen bzw. gesetzliche Verpflichtungen halten. Dadurch, dass ein Mitgesellschafter sich über im Innenverhältnis zum Junglandwirt bestehende Beschränkungen des rechtlichen Dürfens hinwegsetzt und im Außenverhältnis im Rahmen des rechtlichen Könnens pflichtwidrig Verbindlichkeiten begründet, entfällt nicht die Kontrollmöglichkeit im Sinne der genannten Artikel der Verordnung. Würde man von dem Junglandwirt fordern, solch einen Missbrauch, der auch den Straftatbestand der Untreue im Sinne des § 266 StGB erfüllen könnte, effektiv zu unterbinden, würde man ihm im Ergebnis die Tätigkeit innerhalb von juristischen Personen unmöglich machen. Denn die Wahl einer solchen Rechtsform des Betriebs, zum Beispiel als GmbH oder auch als Personenhandelsgesellschaft im Sinne des HGB, bringt vielfach die Erteilung weitreichender Vollmachten mit sich (z. B. die Erteilung von Prokura im Sinne der §§ 48 ff. HGB, vgl. auch § 116 Abs. 1 HGB)."

Dieser Rechtsprechung schließt sich die Kammer an. Im Ergebnis kann der Gesellschafter H., dessen Widerspruchsrecht nicht vertraglich ausgeschlossen ist, danach den Betrieb wirksam kontrollieren. Die Kontrolle ist auch langfristig, da ihm für den Fall der Kündigung der Gesellschaft durch die Mitgesellschafterin gemäß § 14 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags das Recht zur Fortführung zusteht (vgl. VG Lüneburg, Urteil vom 26.04.2018, a.a.O. Rn. 23).

Die Klägerin hat daher dem Grunde nach einen Anspruch auf die begehrte Junglandwirteprämie. Hinsichtlich deren Höhe und der Zinsforderung unterliegt sie in geringem Umfang. Das Gericht folgt den Ausführungen der Beklagten, die mit Schreiben vom 17.08.2022 mitgeteilt hat, bei einer maximalen Förderfläche von 90 ha und von einem Fördersatz von 44,27 Euro sei zunächst von einem Beihilfebetrag von 3.984,30 Euro auszugehen, der aus Gründen der Haushaltsdisziplin um 115,79 Euro zu kürzen sei. Ein möglicher Beihilfebetrag betrage deshalb 3.868,51 Euro. Die Kürzung aus Gründen der Haushaltsdisziplin beruht auf Art. 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1801 der Kommission vom 30. November 2020 zur Anpassung des Anpassungssatzes für Direktzahlungen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates für das Kalenderjahr 2020 (ABl. L 402 vom 01.12.2020, S. 49). Danach sind in 2020 Direktzahlungen, die 2.000 Euro überschreiten, um den Anpassungssatz von 2,906192 % (hier: 115,79 Euro) zu kürzen.

Der Zinsanspruch seit Rechtshängigkeit der Klage folgt aus § 14 Abs. 2 Satz 1 MOG i.V.m. §§ 236, 238 und 239 AO. § 238 AO sieht einen Zinssatz von einem halben Prozent je vollendeten Monat und die Abrundung des zu verzinsenden Betrags auf den nächsten durch 50 teilbaren Betrag vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 ZPO.

Die Kammer lässt die Berufung gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu, weil sie der Frage grundsätzliche Bedeutung zumisst, ob eine wirksame und langfristige Kontrolle eines in Form einer Personenvereinigung geführten landwirtschaftlichen Betriebs durch den Junglandwirt i.S.v. Art. 49 Abs. 1 UA 1 lit. b) der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 639/2014 voraussetzt, dass der Betreffende mehr als die Hälfte der Anteile an der Vereinigung besitzt und diese Anteile mehr als die Hälfte der Stimmrechte repräsentieren, oder ob es ausreicht, dass die wirksame Kontrolle in anderer Weise gesellschaftsvertraglich gewährleistet ist.