Verwaltungsgericht Göttingen
Beschl. v. 16.11.2023, Az.: 3 A 150/22
Grundschule; Quereinstieg; Sachkunde; Zuordnung
Bibliographie
- Gericht
- VG Göttingen
- Datum
- 16.11.2023
- Aktenzeichen
- 3 A 150/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2023, 46816
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGGOETT:2023:1116.3A150.22.00
Rechtsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
Zu den Voraussetzungen für einen Quereinstieg in das Referendariat für das Lehramt an Grundschulen.
[Tatbestand]
Die Beteiligten streiten über die Zulassung der Klägerin zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Grundschulen als Quereinsteigerin.
Die Klägerin hat einen Magisterabschluss für Skandinavische Philologie im Hauptfach und Ur- und Frühgeschichte sowie Deutsche Philologie als Nebenfächer. Zudem hat sie einen Master im Studiengang "Museum und Ausstellung" sowie ein abgeschlossenes Grundstudium im Fach Volkskunde. Zuletzt arbeitete sie am Kunstgeschichtlichen Seminar der E.
Mit Schreiben vom 25.03.2022 bewarb sich die Klägerin als Quereinsteigerin für die Einstellung in den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Grundschulen zum 18.08.2022 mit den Fächern Deutsch als Erstfach und Sachunterricht als Zweitfach bei dem Beklagten. Hierzu legte sie diverse Nachweise über erbrachte Studienleistungen vor. Insoweit wird auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (nicht paginierte Beiakte 001) Bezug genommen. Am 12.05.2022 fand ein persönliches Eignungsgespräch statt.
Mit Bescheid vom 23.05.2022 lehnte der Beklagte die Einstellung der Klägerin in den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Grundschulen als Quereinsteigerin zum 18.08.2022 ab. Zur Begründung führte er aus, die für das Zweitfach Sachunterricht unter anderem erforderlichen Fachperspektiven Raum, Naturwissenschaften und Technik würden nicht durch Studienleistungen ausreichend nachgewiesen. Dies habe sich ebenfalls in dem mit Ihr geführten Eignungsgespräch am 12.05.2022 gezeigt.
Hiergegen hat die Klägerin am 17.06.2022 Klage erhoben.
Sie trägt vor, sie habe die erforderlichen Studienleistungen quantitativ und qualitativ ausreichend nachgewiesen. Für den Fachbereich Raum habe sie diese sowohl durch Kurse aus dem Fach Geografie als auch dem Fach Volkskunde und Kurse im Fach Ur- und Frühgeschichte, für die Bereiche Technik und Natur ebenfalls durch das Fach Volkskunde, Kurse im Fach Ur- und Frühgeschichte sowie Museum und Ausstellung belegt. Diese würden sich auch mit der Gegenwart beschäftigen oder zumindest einen aktuellen Bezug haben. Sie habe dem Beklagten alle ihr zur Verfügung stehenden inhaltlichen Unterlagen der Universitäten zu den jeweiligen fachlichen Leistungen übersandt und versucht, die Inhalte ihrer Studienleistungen zu rekonstruieren und überprüfbar zu machen.
Ferner würden nur solche Bewerber zum persönlichen Eignungsgespräch eingeladen werden, deren fachliche Eignung bereits festgestellt wurde. Zudem würden im Eignungsgespräch und im Auswahlverfahren der Quereinsteiger grundsätzlich keine didaktischen Inhalte vorausgesetzt oder abgefragt. In diesem Gespräch habe lediglich ihre persönliche Eignung festgestellt werden sollen. Es seien auch keine fachlichen Fragen bezüglich der Themen Raum, Technik und Natur im Sachunterricht gestellt worden, sodass sich aus dem Gespräch kein fehlendes Fachwissen als Grund für ihre fachliche Nichteignung ergeben könne.
Sie sei schließlich persönlich geeignet. Der Beklagte sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass sie keine Erfahrungen mit der Arbeit mit Kinder- und Jugendgruppen im beruflichen Kontext habe. Sie habe zudem zu ihrer Motivation, zur Schulform und zur Notwendigkeit einer Beziehungsarbeit, zu ihrer Vision einer guten Schule sowie zur Beratung und Unterstützung im schulischen Kontext dezidiert Stellung genommen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 23.05.2022 zu verpflichten, über die Bewerbung der Klägerin auf Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Grundschulen vom 25.03.2022 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, es liege keine qualitative Eignung für das Fach Sachkunde vor, da die Kompetenzbereiche Raum, Naturwissenschaften und Technik nicht ausreichend nachgewiesen worden seien. Sie würden durch die Studienleistungen der Klägerin nur in ihrem historischen Kontext berührt, sodass Bezüge zum aktuellen Lebensalltag nicht ausreichend abgebildet werden würden. Gerade für das Unterrichtsfach Sachkunde bestünde in den Bezügen zum aktuellen Alltag jedoch ein wesentlicher Bestandteil. Zum Nachweis seien überdies Schilderungen der Klägerin aus ihren Erfahrungen oder aktuelle Modulbeschreibungen nicht ausreichend.
Das persönliche Eignungsgespräch habe vor Beendigung der fachlichen Eignungsprüfung stattgefunden, weil die Bewerbungsunterlagen der Klägerin sehr umfangreich gewesen seien. Um der Klägerin zeitnah eine Entscheidung mitteilen zu können, sei zunächst das persönliche Eignungsgespräch geführt worden, während parallel die fachliche Eignungsprüfung erfolgt sei. Aus der Einladung zum Eignungsgespräch ließe sich daher nicht der Schluss ziehen, dass die fachliche Eignung bereits festgestellt worden sei.
Die Klägerin habe in dem persönlichen Eignungsgespräch ferner nicht von Ihrer persönlichen Eignung überzeugen können. Sie habe weder die Motivation für das Ergreifen des Lehrerberufes noch die Wahl der Schulform überzeugend darlegen können. Sie verfüge über kaum Erfahrung im Bereich der Arbeit mit Kindern und sei nicht in der Lage gewesen, ein Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Beziehungsarbeit zu den Schülern zu entwickeln. Es sei ihr nicht gelungen aufzuzeigen, inwieweit eine Beratung und Unterstützung im schulischen Kontext wesentlich sei und in welcher Form sie diese umzusetzen vermöge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie den Inhalt der Akte des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die auf Verpflichtung zur Neubescheidung gerichtete Klage ist zulässig.
Insbesondere ist noch ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin gegeben. Der Streitgegenstand hat sich nicht dadurch erledigt, dass der Einstellungstermin, für den sich die Klägerin ursprünglich beworben hatte, der 18.08.2022, im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits verstrichen ist. Die Beklagte hat in mündlicher Verhandlung angegeben, dass ein nächster Einstellungstermin für Quereinsteiger am 25.01.2024 sein wird (vgl. auch Bek. d. MK vom 05.04.2023 -D. -) und die Einstellungsmodalitäten dieselben sind, wie zum Einstellungstermin 18.08.2022. Die Bewerbung der Klägerin könnte auch für diesen neuen Termin berücksichtigt werden. Die Klägerin hat in mündlicher Verhandlung bekundet, weiterhin und auch für den Termin 25.01.2024 an einer Einstellung in den Vorbereitungsdienst interessiert zu sein. Weitere Zulässigkeitsbedenken bestehen nicht.
Die Klage ist auch begründet.
Die Ablehnung der Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Grundschulen mit Bescheid des Beklagten vom 23.05.2022 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat einen Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung durch den Beklagten (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).
Der Beklagte hat sowohl die tatbestandlichen Voraussetzungen der Anspruchsnorm verkannt als auch sein auf der Rechtsfolgenseite eröffnetes Ermessen falsch ausgeübt.
Aus der Einladung zum persönlichen Eignungsgespräch folgt entgegen der Rechtsansicht der Klägerin allerdings nicht schon, dass ihre fachliche Eignung zuvor bereits verbindlich festgestellt worden ist. Bezüglich der Prüfungsreihenfolge der Einstellungsvoraussetzungen bestehen keine gesetzlichen Vorgaben. Zwar wird in dem FAQ zum Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an allgemeinbildenden Schulen (S. 32 ff. d.A.) unter Ziff. 09 ausgeführt, dass das Eignungsgespräch erst stattfindet, nachdem die fachliche Eignung festgestellt wurde. Dabei handelt es sich jedoch nur um einen allgemeinen Hinweis über den Ablauf des Bewerbungsprozesses. Der Beklagte hat diesbezüglich überzeugend ausgeführt, dass von diesem Ablauf aus Gründen der Zeiteffizienz abgewichen worden, weil die Bewerbungsunterlagen der Klägerin sehr umfangreich gewesen seien. Die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides ergibt sich jedoch aus einer fehlerhaften Rechtsanwendung.
Rechtsgrundlage für das klägerische Begehren ist § 3 Abs. 3 S. 1 der Niedersächsischen Verordnung über die Ausbildung und Prüfung von Lehrkräften im Vorbereitungsdienst (Nds. APVO-Lehr). Danach kann zum Vorbereitungsdienst zugelassen werden, wer ein anderes Hochschulstudium als das Lehramtsstudium mit einem Mastergrad oder einem gleichwertigen Abschluss abgeschlossen hat, wenn der Abschluss zwei Fächern zugeordnet werden kann, von denen für mindestens eines ein besonderer Bedarf durch das Kultusministerium festgestellt worden ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 3 Abs. 3 S. 1 Nds. APVO-Lehr liegen entgegen der Annahme des Beklagten vor.
Die Darlegungs- und Beweislast für die Zuordnung liegt nach den allgemeinen Grundsätzen - wonach es jedem Beteiligten obliegt, die Tatsachen, aus denen sich für ihn günstige Rechtsfolgen ergeben, darzulegen und ggf. zu beweisen - bei der Klägerin als Bewerberin (vgl. OVG Lüneburg Urt. v. 1.4.2014 - 5 LB 279/13, BeckRS 2014, 50887, beck-online). Diese Darlegung ist der Klägerin gelungen.
Die Klägerin hat das Hochschulstudium "Museum und Ausstellung" mit einem Mastergrad abgeschlossen und außerdem mit dem Magisterabschluss in Skandinavischer Philologie und Ur- und Frühgeschichte sowie Deutsche Philologie einen weiteren, gleichwertigen Abschluss. Diese Abschlüsse können den Fächern Deutsch und Sachunterricht zugeordnet werden.
"Zuordnen" bedeutet eine Vergleichbarkeit im Sinne einer fachlichen Verbundenheit herstellen zu können. Dabei ist hervorzuheben, dass lediglich eine Vergleichbarkeit gegeben sein muss, nicht, dass der Abschluss dem Fach, dem er zugeordnet werden soll, vollkommen entspricht oder "gleichwertig" ist. Es würde dem Sinn des § 3 Abs. 3 Nds. APVO-Lehr widersprechen, wenn nur solche Abschlüsse ausreichend wären, die gänzlich mit dem Unterrichtsfach übereinstimmen. Die Vorschrift ist gerade auf solche Abschlüsse ausgerichtet, die nicht durch das Lehramtsstudium erlangt werden. Diese werden schon von Abs. 1 erfasst. Aus dem Vergleich mit Abs. 1, der auch für gegenüber dem Master of Education oder dem Ersten Staatsexamen für Lehramt "gleichwertige" Abschlüsse gilt, folgt, dass an die Abschlüsse im Sinne des Abs. 3 geringere Anforderungen zu stellen sind als an diejenigen des Absatzes 1. Andernfalls hätte der Verordnungsgeber nicht unterschiedliche Begriffe verwendet. Dementsprechend neigt das Gericht zu der Auffassung, dass für eine Zuordnung nicht alle Teilbereiche, die das Fach Sachunterricht umfasst, abgedeckt sein müssen, sondern die von der Klägerin unstreitig erfüllten Bereiche "Gesellschaft, Politik und Wirtschaft" sowie "Zeit und Wandel" für eine Zuordnung im Sinne von § 3 Abs. 3 S. 1 Nds. APVO-Lehr schon ausreichen. Selbst wenn man aber zu dessen Gunsten der Annahme des Beklagten folgt, es müssten alle Bereiche des Sachkundeunterrichts, also auch die Perspektiven "Technik", "Natur" sowie "Raum" abgedeckt sein, erfüllt die Klägerin diese Voraussetzungen. Dies ergibt sich aus der Studiendokumentation, den Studienbüchern und den Leistungsnachweisen der Klägerin sowie der Aufstellungen ihrer Studien- und Prüfungsleistungen sowie ihrem gerichtlichen Vortrag.
Näheren Aufschluss darüber, wann eine Zuordnung im Sinne von § 3 Abs. 3 S. 1 Nds. APVO-Lehr erfolgen kann, geben die Durchführungsbestimmungen zu dieser Verordnung (RdErl. d. MK v. 26.4.2017, Nds. MBl 2017, 595, geändert durch RdErl. vom 18.6.2021, Nds. MBl 2021, 1139). Zwar sind diese Verwaltungsvorschriften für das Gericht nicht bindend; sie bilden aber für den Beklagten den Maßstab seines Handelns und stellen pädagogisch fachliche Anforderungen an eine Lehrkraft an einer Grundschule dar. Im Interesse der Praktikabilität des Verfahrens und unter Berücksichtigung der pädagogischen Einschätzungsprärogative des Beklagten, folgt das Gericht diesem Erlass für die Auslegung des § 3 Abs. 3 S. 1 APVO-Lehr, soweit er nicht in erkennbarem Widerspruch zum Verordnungswortlaut steht.
Einen solchen Widerspruch erkennt das Gericht in Ziffer 7 Abs. 1 des Erlasses. Dort ist geregelt, dass die Prüfung der Bewerbungsfähigkeit durch die für die Zulassung der Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger in den Vorbereitungsdienst zuständige NLSchB, hier den Beklagten, erfolgt. Diese stellt danach auch die Gleichwertigkeit der Abschlüsse fest. Soweit damit zum Ausdruck gebracht werden soll, dass es im Rahmen des Quereinstiegs nach § 3 Abs. 3 S. 1 APVO-Lehr auf eine Gleichwertigkeit ankommen soll, ist dem, wie oben dargelegt, nicht zu folgen.
Unter Ziffer 7 Abs. 6 des Erlasses wird geregelt, dass die erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen im Hauptfach den quantitativen und qualitativen Anforderungen der Fächer des jeweiligen Lehramtsstudiums im Wesentlichen entsprechen müssen, damit eine Zuordnung zu einem Unterrichtsfach erfolgen kann. Nimmt man diese Erläuterungen wörtlich, bedürfte es einer Zuordnung der Leistungen im Nebenfach gar nicht. Auch dies stünde jedoch im Widerspruch zum Verordnungstext, so dass das Gericht auch diese Erlassregelung, sollte sie so zu verstehen sein, nicht anwendet, bzw. sie so versteht, dass eine Zuordnung, wie vom Verordnungstext verlangt, zu Haupt- und Nebenfach zu erfolgen hat. Sollte die Regelung so zu verstehen sein, dass ein gradueller Unterschied zwischen der Zuordnung von Fächern zum Hauptfach - hier Entsprechung im Wesentlichen - und von Fächern zum Nebenfach - hier möglicherweise geringere Anforderungen - besteht, so könnte dies vom Verordnungstext gedeckt sein. Denn welche Anforderungen an die Zuordnung von Abschlüssen zu Fächern - nicht wie Ziffer 7 Abs. 4 des Erlasses schwer verständlich formuliert von Unterrichtsfächern zu Abschlüssen - unterliegt der pädagogischen Einschätzungsprärogative.
Der Beklagte hat eine solche Unterscheidung im Fall der Klägerin allerdings nicht erkennbar vorgenommen. In seinem Interesse geht das Gericht deshalb für die weiteren Ausführungen davon aus, dass es einen solchen Unterschied nicht gibt und die qualitativen Anforderungen, wie sie in den folgenden Ziffern des Erlasses aufgestellt werden, einheitlich auf Haupt- und Nebenfach angewendet werden.
Die qualitativen Anforderungen an die Studien- und Prüfungsleistungen richten sich gem. Ziff. 7 Abs. 12 nach den ländergemeinsamen, inhaltlichen Anforderungen für die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken in der Lehrerbildung (Beschluss der KMK vom 16.10.2008 in der jeweils geltenden Fassung, s. Ausschnittsweise Blatt 38 ff. der Gerichtsakte, online abrufbar unter https://www.kmk.org/dokumentation-statistik/beschluesse- und-veroeffentlichungen/bildung-schule/allgemeine-bildung.html). Diese sehen auf S. 67 als Mindeststudieninhalte für den Studienbereich Sachunterricht für die Fachperspektive "Raum" die Inhalte und Methoden der Förderung von Raumvorstellung, Raumorientierung und Raumverhalten und Vielfalt individueller Orientierungsweisen vor. Bezüglich der "naturwissenschaftlichen Fachperspektive" sind Naturphänomene und Erklärungsmodelle, Grundfragen zur Körperlichkeit des Menschen; Beeinträchtigung und Vielfalt von Sinnesleistungen aufgeführt. Für die "technische Fachperspektive" werden die Wirkung und Funktionsweise von technischen Geräten, Maschinen, Automaten, Steuerungsinstrumenten; Hypothesenbildung und -überprüfung; Erarbeitung und Darstellung sachlich angemessenen Wissens und Könnens; Hindernisse und Barrierefreiheit genannt.
Das Gericht hält es daneben für zulässig und in Anbetracht der Abstraktheit der Formulierungen des KMK-Beschlusses zur praktischen Umsetzung auch für geboten, auf das Kerncurriculum für Sachunterricht an Grundschulen zurückzugreifen. Danach ist der Sachunterricht vielperspektivisch angelegt. Er nimmt Bezug auf verschiedene fachwissenschaftliche Disziplinen, die sich in den fünf Perspektiven "Technik", "Natur", "Raum", "Gesellschaft, Politik und Wirtschaft" sowie "Zeit und Wandel" widerspiegeln, und verknüpft diese sinnhaft (Kerncurriculum für die Grundschule, Schuljahrgänge 1 - 4, Sachunterricht, herausgegeben vom Niedersächsischen Kultusministerium, 2017, S. 5, online abrufbar unter: https://bildungsportal-niedersachsen.de/unterricht-mehr/unterrichtsfaecher/primarbereich/sachunterricht, hier insbesondere S. 10 und 18 ff., im Folgenden: Curriculum).
Nach diesen Maßstäben lassen sich die Abschlüsse der Klägerin auch den Perspektiven "Technik", "Natur" und "Raum" zuordnen.
Die Perspektive "Technik" umfasst die inhaltsbezogenen Kompetenzen aus den Themenbereichen Stabiles Bauen, Erproben von Werkzeugen, Geräten und Maschinen, Auseinandersetzung mit technischen Erfindungen sowie Nachhaltiger Umgang mit Ressourcen (curriculum S. 10). Der Begriff "Technik" steht nicht nur für technische Produkte als solche, sondern bedeutet auch die Auseinandersetzung des Menschen mit diesen (Herstellung, Gebrauch, Bewertung und Entsorgung technischer Produkte) (curriculum S. 18).
Die Klägerin hat die Lehrveranstaltungen "Einführung in die Vor- und Frühgeschichte II: Methoden und Technologien", "Fachliches Objektzeichnen: Frühes Mittelalter", "Bandkeramik", "Dokumentieren und Konservieren (Schwerpunkt Textil)" und "Präventive Konservierung und Probleme der Restaurierung" besucht. Diese hatten die oben genannten Bereiche der Technik zum Gegenstand.
Die Perspektive "Natur" umfasst die inhaltsbezogenen Kompetenzen aus den Themenbereichen Mensch, Pflanzen und Tiere sowie Unbelebte Natur (Curriculum S. 10). Ein besonderer Schwerpunkt liegt bei der Entwicklung , den Fähigkeiten und der Gesunderhaltung des Menschen (Curriculum S.20)
Die von der Klägerin besuchten Lehrveranstaltungen "Körperkultur und Schönheitsideale", "Kultur und Ernährung", "Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten" und "Theorien und Praktiken des Körpers" beschäftigten sich mit diesen Themenbereichen. Letztere etwa beschäftigte sich u.a. mit Körperwahrnehmung, Körperempfinden und Hygiene.
Die Perspektive "Raum" umfasst die inhaltsbezogenen Kompetenzen aus den Themenbereichen Wahrnehmung von Räumen/ Orientierung in Räumen sowie Nutzung und Gestaltung von Räumen (Kerncurriculum für die Grundschule, ebd., S. 10). Zu der Perspektive Raum gehören die Förderung des räumlichen Denkens, der Umgang mit Plänen, Karten und dem Kompass sowie die Anbahnung des Umgangs mit digitalen Orientierungsmitteln. Auch die Wechselbeziehungen zwischen verschiedenen Räumen und den vielfältigen Lebenssituationen spielen eine wichtige Rolle (Curriculum S. 22).
Diesbezüglich hat die Klägerin die Lehrveranstaltungen "Genese und Dynamik des mitteleuropäischen Siedlungswesens", die auch im Fach Geografie anrechnungsfähig war, "Siedlung und Besiedlung während der vor- und nachchristlichen Eisenzeit im nördlichen Mitteleuropa", "Inselalltag", "Siedlungen der Römischen Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit im Barbaricum", "Ergebnisse der Ur- und Frühgeschichtsforschung in den Niederlanden am Beispiel ausgewählter Fundplätze", "Ur- und Frühgeschichte am Niederrhein" und "Stadt im 13. Jahrhundert" besucht. Diese haben sich mit Raumnutzung, Raumorientierung, Raumverhalten und Raumgestaltung auseinandergesetzt.
Soweit sich nicht schon aus den Titeln der Lehrveranstaltungen ergibt, dass diese die jeweilige Perspektive zum Inhalt haben, so hat die Klägerin dies jedenfalls durch ihre Erläuterungen und Belege im Rahmen ihrer Bewerbung und im Klageverfahren deutlich gemacht. Diese Angaben sind überzeugend und daher ausreichend. Das Gesetz sieht keine bestimmte Art vor, auf die der Inhalt der Lehrveranstaltungen nachgewiesen werden muss, damit eine Zuordnung angenommen werden kann. Es sind deshalb insbesondere keine Modulbeschreibungen aus der Studienzeit der Klägerin erforderlich, wie sie der Beklagte mit Schriftsatz vom 08.03.2023 aber fordert. Diese Forderung überspannt die Nachweispflichten der Bewerberin/des Bewerbers und steht auch nicht in Einklang mit Ziffer 7 vorletzter Absatz der Durchführungsbestimmungen, in denen ein Transcript of Records oder eine äquivalente Übersicht der Studien- und Prüfungsleistungen als ausreichend angesehen wird. Auch im FAQ zum Quereinstieg in den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an allgemeinbildenden Schulen (S. 32 ff. d.A.) wird unter Ziff. 05 ausgeführt, dass Modulbeschreibungen zum Nachweis ausreichen, ohne wie bei den ebenfalls genannten Studienordnungen zu spezifizieren, dass sie in der zum Zeitpunkt des Studiums gültigen Fassung vorgelegt werden müssten. Die Klägerin hat eine detaillierte Übersicht über ihre Leistungen mit den zugehörigen Leistungspunkten und Semesterwochenstunden aufgestellt. Dass die Klägerin tatsächlich an den jeweiligen Lehrveranstaltungen teilgenommen hat, ergibt sich aus den jeweiligen Bescheinigungen (siehe die nicht paginierte Beiakte 001).
Der Einwand des Beklagten, dass diese Fachperspektiven nur in ihrem historischen Kontext berührt würden, sodass Bezüge zum aktuellen Lebensalltag nicht ausreichend abgebildet werden würden, greift nicht durch. Überwiegend können die Inhalte auch mit lediglich historischem Wissen vermittelt werden. Zudem wurden in den Lehrveranstaltungen auch aktuelle Themen behandelt oder jedenfalls Bezüge hergestellt. Dies hat die Klägerin überzeugend ausgeführt. Da die erbrachten Studien- und Prüfungsleistungen den qualitativen Anforderungen nur im Wesentlichen entsprechen müssen, ist dies ausreichend.
Auch die quantitativen Anforderungen sind erfüllt.
Ziff. 7 Abs. 7 der Durchführungsbestimmungen zur APVO-Lehr sieht diesbezüglich vor, dass Studien- und Prüfungsleistungen im Umfang von mindestens 75 Leistungspunkten (oder 50 Semesterwochenstunden) im Hauptfach, im Zweitfach mindestens ein Drittel dieser Leistungspunkte nachzuweisen sind. Das sind 25 Leistungspunkte bzw. 17 Semesterwochenstunden. Diese hat die Klägerin nachgewiesen. Sie hat für Sachunterricht 125,5 Leistungspunkte und 66 Semesterwochenstunden vorzuweisen. Es ist überdies nicht vorgeschrieben, dass durch die Leistungspunkte alle Teilbereiche des Sachunterrichts zu gleichen Teilen abgedeckt werden müssten.
Der Beklagte kann sich für seine abweichende Rechtsansicht nicht darauf berufen, dass sich auch in dem Eignungsgespräch gezeigt habe, dass es an einem ausreichenden Nachweis fehlen würde. Gegenstand des Eignungsgesprächs war lediglich die persönliche Eignung. Es sollte hingegen nicht dazu dienen, die fachliche Eignung der Klägerin oder die von ihr vorgelegten Nachweise zu überprüfen. Der Beklagte führt hierzu selbst aus, dass das persönliche Eignungsgespräch parallel zur fachlichen Eignungsprüfung erfolgt ist. Ferner ergibt sich aus dem Gesprächsprotokoll (siehe die nicht paginierte Beiakte), dass ausschließlich Fragen zur persönlichen Eignung gestellt worden sind. So wurde nach der Motivation, Erwartungen, Vorstellungen und der Persönlichkeit der Klägerin gefragt. Die fachliche Eignung und deren Nachweis kamen dagegen nicht zur Sprache. Das persönliche Eignungsgespräch könnte ohne das Vorliegen neuer Erkenntnisse eine einmal festgestellte Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 S. 1 APVO-Lehr auch nicht in Zweifel ziehen.
Auf der Rechtsfolgenseite ist dem Beklagten durch das Wort "kann" bei der Zulassungsentscheidung ein Ermessen eingeräumt. Dieses Ermessen hat der Beklagte nicht in einer dem Zweck der Vorschrift entsprechenden Weise ausgeübt, so dass ein Ermessensfehler vorliegt (§ 114 VwGO).
Bei seiner Ermessensentscheidung kann der Beklagte die persönliche Eignung der Klägerin für den Vorbereitungsdienst berücksichtigen. Die persönliche Nichteignung darf er allerdings nicht darauf stützten, dass die Klägerin pädagogisch nicht geeignet sei. Denn ein Ausschluss kann nicht damit begründet werden, dass ein Bewerber, insbesondere ein Quereinsteiger, fachlich in dem Bereich ungeeignet sei, welchen er gerade erst im Verlaufe des angestrebten Vorbereitungsdienstes erlernen soll (vgl. VG Trier Beschl. v. 31.5.2017 - 7 L 5639/17, BeckRS 2017, 132293 Rn. 13, beck-online). Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Nds. APVO-Lehr ist Ziel des Vorbereitungsdienstes, dass die Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst die in der Anlage genannten Kompetenzen auf der Grundlage von Seminarprogramm und Seminarlehrplänen in engem Bezug zur Schulpraxis erwerben. In der Anlage sind die Kompetenzbereiche Unterrichten, Erziehen, Beurteilen, Beraten und Unterstützen, Diagnostizieren und Fördern, Mitwirken bei der Gestaltung der Eigenverantwortlichkeit der Schule und Weiterentwickeln der eigenen Berufskompetenz sowie Personale Kompetenzen aufgeführt. Da diese Kompetenzen erst durch den Vorbereitungsdienst erlangt werden sollen, können sie nicht Voraussetzung für seine Zulassung sein. Die Arbeit mit Kindern, die Beziehungsarbeit zu Schülern sowie ihre Beratung und Unterstützung gehören zu diesen Kompetenzen.
Die Argumente des Beklagten, die Klägerin verfüge über kaum Erfahrung im Bereich der Arbeit mit Kindern und sei nicht in der Lage gewesen, ein Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Beziehungsarbeit zu den Schülern zu entwickeln, sowie dass es ihr nicht gelungen sei aufzuzeigen, inwieweit eine Beratung und Unterstützung im schulischen Kontext wesentlich sei und in welcher Form sie diese umzusetzen vermöge, darf der Beklagte somit nicht in seine Ermessensentscheidung einfließen lassen. Es kann deshalb dahinstehen, wie viel Erfahrungen die Klägerin mit der Arbeit mit Kindern in beruflichem Kontext hat. Das Gericht hat allerdings keine Zweifel daran, dass der Beklagte hier bisher von falschen Tatsachen ausgeht.
Das Argument des Beklagten, die Klägerin habe weder die Motivation für das Ergreifen des Lehrerberufes noch die Wahl der Schulform überzeugend darlegen können, wäre zwar grundsätzlich im Rahmen der Ermessensentscheidung berücksichtigungsfähig. Allerdings hat die Klägerin diese Motivation ausführlich dargestellt. In dem Gesprächsprotokoll des Eignungsgesprächs (siehe die nicht paginierte Beiakte 001) ist bezüglich der "Motivation, warum GS", d.h. Grundschule, vermerkt: "Im Bereich Museumspädagogik schon Erfahrungen mit Kindern, Ferienprojekte mit Kindern; ist sich bewusst Museumspädagogik ≠ Schulpädagogik; hat Zugang zu Kindern + Spaß an der Arbeit mit denen; hatte sich schon für Projekt an Schule beworben, Sorge vor "kaltes Wasser", ohne pädag. Hilfe; deswegen Master für Pädagogik angestrebt → keinen Platz bekommen; verschiedene Projektarbeiten, auch mit Schülern, Altersklasse GS bis Sek. II". Dem Argument des Beklagten fehlt daher erkennbar die Tatsachengrundlage. Eine auf falscher Tatsachengrundlage beruhende Ermessensentscheidung ist rechtswidrig.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.