Staatsgerichtshof Niedersachsen
Beschl. v. 15.01.2019, Az.: StGH 1/18

Bibliographie

Gericht
StGH Niedersachsen
Datum
15.01.2019
Aktenzeichen
StGH 1/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 70197
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Ein Gesetzesbeschluss kann eine Maßnahme im Sinne der §§ 8 Nr. 6, 30 NStGHG in Verbindung mit § 64 Abs. 1 BVerfGG und damit tauglicher Gegenstand eines Organstreitverfahrens nach Art. 54 Nr. 1 NV sein. In einem solchen Organstreitverfahren geht es nicht um die objektive Rechtmäßigkeit des beschlossenen Gesetzes, sondern um eine kontradiktorische Parteienstreitigkeit. 

2. Ist Gegenstand eines Organstreitverfahrens ein Gesetzesbeschluss, ist der Antrag gegen den Landtag zu richten und nicht gegen die Mehrheit der abstimmenden Mitglieder des Landtages oder die von diesen getragenen Fraktionen. 

3. Das Recht auf Chancengleichheit nach Art. 19 Abs. 2 Satz 1 NV gewährleistet nur das Recht, die politische Arbeit im Parlament in dem Umfang und mit dem Gewicht vertreten und umsetzen zu können, wie es dem jeweiligen Stärkeanteil im Parlament entspricht. 

4. Das Recht auf Chancengleichheit "in der Öffentlichkeit" nach Art. 19 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. NV erstreckt sich nur auf die Befugnis der Fraktionen des Landtages, den eigenen Standpunkt und den eigenen Beitrag im Rahmen der parlamentarischen Entscheidungsfindung gegenüber der Öffentlichkeit darzustellen. Ein Recht, sich unabhängig und ohne Bezug zur parlamentarischen Arbeit in der Öffentlichkeit präsentieren zu dürfen, vermittelt Art. 19 Abs. 2 Satz 1, 2. Alt. NV nicht. 

5. Einer Beachtung des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 NV bedarf es bei solchen Gremien nicht, die nicht in die Parlamentsarbeit eingebunden und damit außerparlamentarisch tätig sind. 

6. Gremien, die an der Erfüllung anderer als der dem Parlament verfassungsrechtlich zugewiesenen Aufgaben mitwirken, müssen nicht spiegelbildlich besetzt werden, nur weil ihnen auch Mitglieder des Landtages angehören. 

Tenor:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

A.

 Die Antragstellerin wendet sich im Organstreitverfahren gegen einen Beschluss des Niedersächsischen Landtages, mit dem das Gesetz über die "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" geändert und der Stiftungsrat anstatt bisher mit Vertreterinnen oder Vertretern jeder der dem Niedersächsischen Landtag angehörenden Fraktionen nunmehr mit vier Vertreterinnen oder Vertretern des Niedersächsischen Landtages besetzt wird.

I.

 Mit dem Gesetz über die "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" - GedenkStG - vom 18. November 2004 (Nds. GVBl. S. 494) errichtete das Land Niedersachsen die "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" als rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts (§ 1 Satz 1 GedenkStG; vgl. zur dahinführenden Entwicklung: Niedersächsische Landesregierung, Entwurf eines Gesetzes über die "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten", LT-Drs. 15/1025, S. 7 f.).

 Die Stiftung soll dazu beitragen, dass das Wissen über das historische Geschehen im Nationalsozialismus, insbesondere über die Geschichte des Unrechts und der Verfolgung auf dem Gebiet des Landes Niedersachsen, im Bewusstsein der Menschen wachgehalten und weitergetragen wird. Konkret geht es darum, die Gedenkstätten Bergen-Belsen und Wolfenbüttel und andere Orte der Verfolgung und des Terrors als Orte der Erinnerung an die Leiden der Opfer des Nationalsozialismus und als Orte des Lernens für künftige Generationen zu erhalten und zu gestalten, die Gedenkstättenarbeit von Initiativen und Gedenkstätten in privater Trägerschaft in Niedersachsen zu fördern und die auf das historische Geschehen in den Jahren von 1933 bis 1945 und dessen Folgen bezogene Forschung zu unterstützen (§ 2 Satz 1 GedenkStG).

 Organe der Stiftung sind der Stiftungsrat und die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer (§ 5 GedenkStG). Der Stiftungsrat beschließt über die Satzung, den Haushalts- und Stellenplan, die Geschäftsordnung und die Entgeltordnung der Stiftung sowie über die Berufung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers. Der Stiftungsrat kann sich weitere Angelegenheiten zur Entscheidung vorbehalten, er überwacht die Geschäftsführung, und er beschließt nach Prüfung der Jahresrechnung über die Entlastung der Geschäftsführung (§ 7 GedenkStG). Der Stiftungsrat besteht aus einer Vertreterin oder einem Vertreter des für die Gedenkstättenarbeit zuständigen Ministeriums (Fachministerium) als vorsitzendem Mitglied sowie je einer Vertreterin oder eines Vertreters des Justizministeriums, des Finanzministeriums, des Bundes und des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen. Diese Mitglieder werden auf Veranlassung des Fachministeriums durch die entsendenden Stellen benannt (§ 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 GedenkStG). Weiteres Mitglied des Stiftungsrats ist das vorsitzende Mitglied des Stiftungsbeirats (§ 6 Abs. 1 Satz 3 GedenkStG). Darüber hinaus gehören dem Stiftungsrat Mitglieder des Landtages an. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes über die "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" in der Fassung vom 18. November 2004 (Nds. GVBl. S. 494) waren dies je eine Vertreterin oder ein Vertreter "jeder der dem Niedersächsischen Landtag angehörenden Fraktionen".

II.

 Am 6. Februar 2018 brachten die Fraktionen der SPD, CDU, FDP und von Bündnis 90/Die Grünen den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" im Landtag ein (LT-Drs. 18/268). Der Entwurf sah vor, dass der Stiftungsrat anstatt bisher mit benannten Vertreterinnen oder Vertretern jeder der dem Landtag angehörenden Fraktionen nunmehr mit vier Vertreterinnen oder Vertretern des Landtages besetzt werden solle. Diese Personen solle der Landtag aus seiner Mitte für die Dauer der Wahlperiode wählen. Für jedes Mitglied des Stiftungsrats solle ein stellvertretendes Mitglied benannt werden. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 18/268, S. 1 f.) zielten die vorgeschlagenen Änderungen darauf ab, die Arbeitsfähigkeit des Stiftungsrats dauerhaft zu sichern. Gleichzeitig solle an dem bewährten Modell der Repräsentanz des Landtages im Stiftungsrat festgehalten werden, um die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz der Stiftung zu erhalten. Auch gewährleiste die Entsendung der vier Vertreterinnen oder Vertreter des Landtages, dass in ausreichendem Maße ein Gegengewicht im Stiftungsrat zu den seitens der Exekutive, also von den Landesministerien und vom Bund, entsandten Vertreterinnen oder Vertretern bestehe. Denn sowohl von der Legislative als auch von der Exekutive würden jeweils vier Vertreterinnen oder Vertreter entsandt.

 Der Landtag überwies den Gesetzentwurf in seiner Sitzung vom 8. Februar 2018 direkt in die Ausschüsse. Der federführende Kultusausschuss empfahl dem Landtag in seiner Sitzung vom 16. Februar 2018 mit den Stimmen der den Entwurf tragenden Fraktionen und gegen die Stimmen der Antragstellerin, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen (vgl. Kurzbericht der 7. öffentlichen Sitzung des Kultusausschusses v. 16.2.2018 und LT-Drs. 18/366). Dieser Beschlussempfehlung schloss sich der mitberatende Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen am 21. Februar 2018 mit gleichem Abstimmungsergebnis an (vgl. Kurzbericht der 5. öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen v. 21.2.2018). Auf einen entsprechenden Hinweis des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes (vgl. Schriftlicher Bericht zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten", LT-Drs. 18/405) brachten die Fraktionen der SPD, CDU, FDP und von Bündnis 90/Die Grünen am 26. Februar 2018 einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf in den Landtag ein (LT-Drs. 18/403), der die vorgesehenen Regelungen über die Bestimmung der zu benennenden und der nunmehr zu wählenden Mitglieder des Stiftungsrats und ihrer jeweiligen Stellvertreterinnen und Stellvertreter an die geänderte Zusammensetzung des Stiftungsrats anpasst.

 Der so gefasste Gesetzentwurf wurde in der Sitzung des Landtages vom 27. Februar 2018 abschließend beraten, "mit großer Mehrheit" in der Fassung des Änderungsantrags vom 26. Februar 2018 beschlossen (vgl. PlProt 18/8, S. 599) und im Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 3/2018 vom 8. März 2018, S. 26, verkündet.

 Mit Wirkung vom 9. März 2018 lautet § 6 GedenkStG:

(1) 1Der Stiftungsrat besteht aus je einer Vertreterin oder einem Vertreter

1. des für die Gedenkstättenarbeit zuständigen Ministeriums (Fachministerium) als vorsitzendem Mitglied,

2. des Justizministeriums,

3. des Finanzministeriums,

4. des Bundes und

5. des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen

sowie vier Vertreterinnen oder Vertretern des Niedersächsischen Landtages. 2Die Mitglieder nach Satz 1 Nrn. 1 bis 5 werden auf Veranlassung des Fachministeriums durch die entsendenden Stellen benannt; die Vertreterinnen und Vertreter des Landtages werden von diesem aus seiner Mitte für die Dauer der Wahlperiode gewählt. 3Weiteres Mitglied ist das vorsitzende Mitglied des Stiftungsbeirats.

(2) Für jedes Mitglied des Stiftungsrats nach Absatz 1 Satz 1 wird ein stellvertretendes Mitglied bestimmt; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) 1An den Sitzungen des Stiftungsrats können bis zu drei weitere Mitglieder des Stiftungsbeirats und weitere sachkundige Personen mit beratender Stimme teilnehmen. 2Das Nähere bestimmt die Stiftungssatzung.

(4) Der Stiftungsrat wird vom vorsitzenden Mitglied nach Bedarf, mindestens jedoch einmal im Jahr zu einer Sitzung einberufen.

(5) 1Der Stiftungsrat ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. 2Beschlüsse des Stiftungsrats kommen mit der Mehrheit der anwesenden Mitglieder zustande, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. 3Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des vorsitzenden Mitglieds den Ausschlag. 4In Haushalts- und Personalangelegenheiten können die Beschlüsse des Stiftungsrats nur mit Zustimmung der Mitglieder nach Absatz 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 gefasst werden.

(6) Die Tätigkeit im Stiftungsrat ist ehrenamtlich.

III.

 Am 10. April 2018 brachte die Antragstellerin einen Entschließungsantrag "Gesetz 'Stiftung niedersächsische Gedenkstätten' - Normenkontrolle einleiten" (LT-Drs. 18/651) in den Landtag ein. Nach diesem Antrag sollte der Landtag eine Entschließung fassen, wonach an der Vereinbarkeit des § 6 Abs. 1 des Gesetzes "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 28. Februar 2018 mit der Niedersächsischen Verfassung erhebliche rechtliche Zweifel bestünden und der Staatsgerichtshof über das Gesetz im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle gemäß Artikel 54 Nr. 3 der Niedersächsischen Verfassung entscheiden solle.

 In der 6. Sitzung des Ältestenrats des Landtages vom 11. April 2018 zog die Antragstellerin diesen Antrag zurück (vgl. LT-Drs. 18/662).

IV.

 Der Niedersächsische Landtag wählte in seiner Sitzung vom 19. April 2018 die Abgeordneten C (SPD, 122 Stimmen), D (CDU, 119 Stimmen), E (FDP, 119 Stimmen) und F(Bündnis 90/Die Grünen, 110 Stimmen) als Vertreterinnen und Vertreter des Landtages und die Abgeordneten G (SPD, 122 Stimmen), H (CDU, 119 Stimmen), I (FDP, 119 Stimmen) und J (Bündnis 90/Die Grünen, 110 Stimmen) als deren Stellvertreterinnen in den Stiftungsrat der "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" (vgl. PlProt. 18/12, S. 1021 f.; Unterrichtung der Präsidentin des Niedersächsischen Landtages v. 19.4.2018, LT-Drs. 18/731).

 Der von der Antragstellerin in der Plenarsitzung am 19. April 2018 - unter Protest und mit Hinweis auf die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit des Gesetzes - unterbreitete Vorschlag, die ihr angehörenden Abgeordneten K und L als Mitglied und Stellvertreter in den Stiftungsrat zu wählen, fand nicht die erforderliche Mehrheit. Auf den Vorschlag entfielen 9 Stimmen (vgl. PlProt. 18/12, S. 1022).

V.

 Am 30. Juli 2018 hat die Antragstellerin beim Staatsgerichtshof "Organklage" erhoben. Sie macht geltend, die Neuregelung des § 6 Abs. 1 GedenkStG verstoße gegen das demokratische Repräsentationsprinzip und den Grundsatz der Gleichheit der Fraktionen, weil sie die AfD-Landtagsfraktion von der Vertretung im Stiftungsrat willkürlich ausschließe.

 Nach dem Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 1 und 2 GG und des Art. 2 Abs. 1 NV gehe alle Staatsgewalt vom Volke aus. Ausübung dieser Staatsgewalt sei alles Handeln des Staates und daher auch die Mitwirkung des Landtages in der "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten". Bei dieser Mitwirkung müsse das Volk in seiner Vielfalt repräsentiert werden. Denn das politische System sei eine repräsentative Demokratie, bei der sich der politische Pluralismus gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG und Art. 19 NV vornehmlich durch Parteien und in den Parlamenten durch Fraktionen verwirkliche. Die Fraktionen seien verfassungsrechtliche Organe und notwendige Einrichtungen des Verfassungslebens. Ihr rechtlicher Status sei durch eine Gleichheit aller Fraktionen eines Parlaments und das in Art. 19 Abs. 2 Satz 1 NV bestimmte Recht auf Chancengleichheit in Parlament und Öffentlichkeit gekennzeichnet. Die Fraktionen leisteten auch die organisatorische Vermittlung der ihnen angehörenden Abgeordneten und verwirklichten dadurch die Gleichheit der Abgeordneten. Die Stärke der Fraktionen im Parlament müsse sich in den Arbeitsgruppen und Untereinheiten des Parlaments, die für die Vorbereitung der Entscheidungen im Plenum unverzichtbar seien, und auch bei jeder anderen Mitwirkung an der Parlamentsarbeit widerspiegeln. Seien die Arbeitsgruppen zu klein, müsse jede Fraktion wenigstens einen Sitz erhalten. Dieser Grundsatz der Spiegelbildlichkeit sei in Art. 20 Abs. 2 NV niedergelegt und in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seit Langem anerkannt. Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit gelte auch für die Repräsentation des Landtages in anderen Arbeits- und Entscheidungsgremien des Staates, auch in denen der mittelbaren Staatsverwaltung. Das Verfassungsprinzip der parteiendemokratischen Repräsentation gebiete, dass bei jedweder Vertretung des Volkes durch den Landtag alle Fraktionen bestmöglich in die Ausübung der Staatsgewalt einbezogen würden. Dies gelte auch für die Mitwirkung in der Verwaltung. Wirke der Landtag dort mit, müssten alle Fraktionen beteiligt sein und in der Verwaltungs- oder Organisationseinheit einen Sitz und eine Stimme haben. Anderenfalls werde ein Teil des Volkes verfassungswidrig von der mittelbaren Ausübung der Staatsgewalt ausgeschlossen.

 Daneben bestehe eine Neutralitätspflicht des Staates gegenüber politischen Anschauungen der Bürgerinnen und Bürger, einhergehend mit dem Diskriminierungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 GG und Art. 3 Abs. 2 und 3 NV sowie dem Recht auf Chancengleichheit der Fraktionen nach Art. 19 Abs. 2 Satz 1 NV und der Parteien nach Art. 21 Abs. 1 GG. Diese Rechte und Pflichten seien auch vom Parlament zu achten. Der Landtag dürfe daher nicht eine Fraktion, insbesondere nicht eine Oppositionsfraktion, gegenüber anderen Fraktionen benachteiligen. Gerade eine Oppositionsfraktion müsse die Möglichkeit haben, ihren Standpunkt in den Willensbildungsprozess des Parlaments einzubringen, sei es in dessen Ausschüssen und Arbeitsgruppen oder bei dessen Mitwirkung in der Staatsverwaltung. Dies fordere auch das Recht auf Chancengleichheit in Parlament und Öffentlichkeit.

 Gegen diese Grundsätze verstoße die Zusammensetzung des Stiftungsrats nach der Neuregelung des § 6 Abs. 1 GedenkStG. Während der Stiftungsrat bisher mit Vertreterinnen oder Vertretern jeder der dem Landtag angehörenden Fraktionen besetzt gewesen sei, würden nun nur noch vier Vertreterinnen oder Vertreter des Landtages entsandt. Dies schließe sie, die antragstellende AfD-Fraktion, und ihre Abgeordneten von der Mitwirkung im Stiftungsrat aus. Diese Ausgrenzung sei von den Fraktionen von SPD, CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen bewusst vorgenommen worden, wie schon die gemeinsame Einbringung des Gesetzentwurfs und das Stimmverhalten zeige. Es fehle auch jedweder Sachgrund für die Gesetzesänderung, insbesondere für die strikte Reduzierung auf nur vier Vertreterinnen oder Vertreter des Landtages. Die im Gesetzentwurf und in den Beratungen gegebene Begründung, die Arbeitsfähigkeit des Stiftungsrates dauerhaft sichern zu wollen, sei nur vorgeschoben. Das Ziel, die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz der Stiftung zu erhöhen, werde durch den Ausschluss einer Fraktion und des durch sie repräsentierten Teils des Volkes deutlich verfehlt und führe zu einer mit dem Gebot der Chancengleichheit unvereinbaren Diskriminierung der betroffenen Fraktion, ihrer Abgeordneten und deren Wählern. Auch das Ziel, eine Dominanz der Vertreterinnen oder Vertreter des Landtages im Stiftungsrat zu vermeiden, sei nicht nachzuvollziehen. Eine Dominanz von gewählten Volksvertretern mit der anerkannt stärksten demokratischen Legitimation in einer repräsentativen Demokratie sei nichts Negatives. Eine solche Dominanz sei angesichts der Gesamtzahl der Stiftungsratsmitglieder auch nicht zu erwarten. Die verschiedentlich geäußerten Befürchtungen, in den Stiftungsrat könnten Personen einziehen, die den Holocaust verleugnen oder verharmlosen und revisionistische oder antisemitische Meinungen vertreten, entbehrten jeder Grundlage. Kein Abgeordneter der AfD-Fraktion sei wegen solcher Vorwürfe strafrechtlich belangt worden. Verstoße ein Abgeordneter gegen § 130 StGB, werde er aus der Partei ausgeschlossen. Die AfD sei auch nicht antisemitisch in dem Sinne, wie der Vorwurf üblicherweise verstanden werde; Antisemiten würden aus der Partei ausgeschlossen. Die AfD stehe ohne jede Einschränkung zur Verantwortung Deutschlands und Niedersachsens für das schwere Unrecht, das von Deutschen im Namen Deutschlands verübt worden ist, und zur Gedenkkultur Deutschlands und Niedersachsens. Sämtliche vorgeschobenen Sachgründe fußten auf einem Empörungsmoralismus und sollten allein die gewollte Diskriminierung der AfD-Fraktion verschleiern. Der Landtag habe seine Gesetzgebungsbefugnis missbraucht, um die Machtinteressen der Fraktionen von SPD, CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen durchzusetzen. In der Öffentlichkeit entstehe zudem der Eindruck, die AfD wolle an der Arbeit der Gedenkstätten und des Stiftungsrats nicht mitwirken. Dies beschädige ihr Ansehen und das ihrer Mitglieder schwer, beeinträchtige ihre Akzeptanz in der Öffentlichkeit und schmälere ihre Wahlchancen und ihren politischen Einfluss. § 6 Abs. 1 GedenkStG in der Neufassung vom 27. Februar 2018 sei daher verfassungswidrig und nichtig.

 Auch in formeller Hinsicht erfülle die Organklage alle Voraussetzungen. Die Klage richte sich gegen den Gesetzesbeschluss des Antragsgegners und sei rechtzeitig erhoben worden. Als Landtagsfraktion sei sie, die Antragstellerin, im Organstreitverfahren beteiligtenfähig. Auch die Antragsbefugnis sei gegeben, weil die Antragstellerin durch das Änderungsgesetz in ihren verfassungsmäßigen Rechten verletzt sei. Das Rechtschutzbedürfnis ergäbe sich daraus, dass sie immer zum Ausdruck gebracht habe, die geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht hinnehmen zu wollen.

 Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten aus Art. 20 Abs. 1 und 2, 21 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 2 und 3, 19 Abs. 1 und 2 Satz 2 und 20 Abs. 2 NV durch das Gesetz über die "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" vom 18. November 2004 in der Fassung vom 27. Februar 2018 verletzt ist.

 Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

 Der Antragsgegner hält den Antrag bereits für unzulässig. Die Antragstellerin habe die falsche Verfahrensart gewählt. Sie wende sich inhaltlich gegen ein Gesetz. Ein Gesetz als solches könne aber nicht tauglicher Gegenstand eines Organstreitverfahrens sein. Die Antragstellerin sei daher auf das Normenkontrollverfahren zu verweisen, für das sie allerdings das erforderliche Antragsquorum nicht erreiche. Angriffsgegenstand eines Organstreitverfahrens könne allenfalls ein Gesetzesbeschluss sein. Die Antragstellerin sehe die mögliche Rechtsverletzung aber erst im Gesetzesvollzug, also in der tatsächlichen Wahl der Mitglieder des Stiftungsrats und der fehlenden Mehrheit für ihren eigenen Wahlvorschlag. Soweit die Antragstellerin eine Verletzung von Art. 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 NV und Art. 21 Abs. 1 GG geltend mache, fehle ihr die notwendige Antragsbefugnis. Die genannten Bestimmungen vermittelten einer Landtagsfraktion keine organschaftliche Rechtsposition, deren Verletzung in einem verfassungsgerichtlichen Organstreitverfahren geltend gemacht werden könnte. Organschaftliche Teilhabe- und Gleichbehandlungsrechte der Fraktionen ergäben sich zwar aus Art. 38 GG und Art. 12 NV. Diese Normen habe die Antragstellerin aber nur beiläufig bei der Frage nach der Chancengleichheit erwähnt und so einmal mehr dokumentiert, dass es ihr nicht um die Verletzung ihrer spezifisch organschaftlichen Rechte gehe, sondern um die Klärung der Vereinbarkeit des vorliegenden Gesetzes mit der Landesverfassung. Der Antragstellerin fehle auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Sie habe keine der ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten genutzt, sich im parlamentarischen Verfahren gegen den Gesetzentwurf zu positionieren oder gesetzgeberische Alternativen aufzuzeigen. So hätte sie den Gesetzentwurf im Ältestenrat rügen, einen Änderungsantrag stellen oder sich in den beratenden Fachausschüssen des Landtages inhaltlich mit der geplanten Gesetzesänderung auseinandersetzen können. Stattdessen habe sie den Vollzug des Gesetzes stillschweigend gebilligt, als sie sich an der Wahl der Stiftungsratsmitglieder beteiligt habe.

 Der Antrag sei aber jedenfalls unbegründet. Es fehle an einer Verletzung der der Antragstellerin durch die Landesverfassung garantierten Rechte. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ergäbe sich aus der Landesverfassung kein Anspruch von Fraktionen auf Repräsentanz in außerparlamentarischen Gremien. Die Teilhaberechte der Fraktionen, die Ausfluss der Teilhaberechte der ihr angehörenden Abgeordneten seien, bezögen sich allein auf den innerparlamentarischen Bereich. Darunter falle zwar auch die Arbeit in den Ausschüssen und Arbeitsgruppen, da die parlamentarische Willensbildung nicht nur im Plenum erfolge, sondern maßgeblich in den Ausschüssen und Arbeitsgruppen vorbereitet werde. Außerparlamentarischen Gremien, wie dem Stiftungsrat der "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten", komme eine solche Bedeutung für die parlamentarische Willensbildung dagegen nicht zu. Die dorthin entsandten Abgeordneten agierten auch nur als repräsentierende Vertretung des gesamten Landtages. Der Landtag sei frei darin zu entscheiden, ob er überhaupt und bejahendenfalls wie viele und welche Abgeordnete er in den Stiftungsrat entsenden wolle. Eine solche Entscheidung des Landtages könne jederzeit geändert werden. Der Gesetzesbeschluss verletze auch nicht das Recht der Antragstellerin auf Chancengleichheit. Das sich hieraus ergebende "Spiegelbildprinzip" gelte für außerparlamentarische Gremien des Landtages nicht. Auch sonst sei keine Rechtsposition der Antragstellerin ersichtlich, die ihr einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Entsendung eines ihrer Abgeordneten in den Stiftungsrat vermitteln könne.

VI.

 Der Niedersächsischen Landesregierung wurde Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Sie hat hiervon keinen Gebrauch gemacht, da es sich um einen innerparlamentarischen Vorgang handele.

B.

 Der Antrag auf Durchführung des Organstreitverfahrens ist statthaft (I.), bleibt aber ohne Erfolg. Er ist teilweise bereits unzulässig (II.) und im Übrigen unbegründet (III.).

I.

 Nach Art. 54 Nr. 1 der Niedersächsischen Verfassung - NV - vom 19. Mai 1993 (Nds. GVBl. S. 107), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. Juni 2011 (Nds. GVBl. S. 210), und § 8 Nr. 6 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof - NStGHG - vom 1. Juli 1996 (Nds. GVBl. S. 342), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Oktober 2016 (Nds. GVBl. S. 238), entscheidet der Staatsgerichtshof über die Auslegung der Niedersächsischen Verfassung bei Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Landesorgans oder anderer Beteiligter, die durch diese Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages oder der Landesregierung mit eigenen Rechten ausgestattet sind, auf Antrag des obersten Landesorgans oder anderer Beteiligter.

 Durchgreifende Zweifel daran, dass die Antragstellerin ein solches Organstreitverfahren einleiten wollte, bestehen nicht. Auch wenn die Antragsbegründung mit dem Satz "§ 6 Abs. 1 GedenkStG in der novellierten Fassung vom 27. Februar 2018 ist verfassungswidrig und nichtig." schließt und damit auf einen gemäß § 34 Abs. 1 NStGHG möglichen Entscheidungsausspruch im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle zielt, lassen die Bezeichnung als "Organklage gemäß Art. 54 Nr. 1 NV i.V.m. § 30 StGHG", die gegebene Begründung und die Abgrenzung zu der mangels Erreichens des Antragsquorums nach Art. 54 Nr. 3 Alt. 2 NV unzulässigen abstrakten Normenkontrolle hinreichend klar erkennen, um was für eine Verfahrensart es sich hier handeln soll. Auch die Fassung des gestellten Antrages unterscheidet sich hinreichend vom möglichen Ausspruch im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle und trägt den Vorgaben für die Formulierung eines Entscheidungsausspruchs im Organstreitverfahren nach § 30 NStGHG in Verbindung mit § 67 Satz 1 und 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes - BVerfGG - Rechnung, indem es mit der (bloßen) Feststellung der Unvereinbarkeit der angegriffenen Maßnahme mit der Verfassung grundsätzlich dem Gesetzgeber überlassen wird, wie er einen verfassungswidrigen Zustand beseitigt (vgl. Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, Rn. 1060).

 Das danach von der Antragstellerin eingeleitete Organstreitverfahren ist gemessen an den dargestellten Vorgaben des Art. 54 Nr. 1 NV und des § 8 Nr. 6 NStGHG statthaft. Die Antragstellerin beruft sich unter anderem auf das ihr durch Art. 19 Abs. 2 Satz 1 NV eingeräumte "Recht auf Chancengleichheit in Parlament und Öffentlichkeit". Sie macht geltend, der Antragsgegner als oberstes Landesorgan habe dieses Recht durch seinen Beschluss vom 27. Februar 2018 über das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" (vgl. PlProt 18/8, S. 599) verletzt.

 Der Statthaftigkeit des Organstreitverfahrens steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin sich gegen einen Gesetzesbeschluss des Antragsgegners wendet. Zwar kann ein Landesgesetz gemäß Art. 54 Nr. 3 NV im Wege der abstrakten Normenkontrolle auf seine förmliche oder sachliche Vereinbarkeit mit der Niedersächsischen Verfassung überprüft werden, wenn dies die Landesregierung oder ein Fünftel der Mitglieder des Landtages beantragt. Dies schließt aber nicht aus, einen Gesetzesbeschluss zum Gegenstand eines Organstreitverfahrens nach Art. 54 Nr. 1 NV zu machen. Vielmehr kann auch ein Gesetzesbeschluss - also entgegen der Formulierung im Antrag der Antragstellerin nicht das Gesetz, sondern der dahinführende Gesetzgebungsakt - eine Maßnahme im Sinne der §§ 8 Nr. 6, 30 StGHG in Verbindung mit § 64 Abs. 1 BVerfGG sein (so ausdrücklich BVerfG, Urt. v. 29.9.1990 - 2 BvE 1/90 -, BVerfGE 82, 322, 335 = juris Rn. 38 (Sperrklausel); Urt. v. 13.6.1989 - 2 BvE 1/88 -, BVerfGE 80, 188, 209 [BVerfG 13.06.1989 - 2 BvE 1/88] = juris Rn. 74 (Wüppesahl); Urt. v. 14.7.1986 - 2 BvE 2/84 -, BVerfGE 73, 40, 65 = juris Rn. 81 (Parteienfinanzierung V); ständige Rechtsprechung seit BVerfG, Urt. v. 5.4.1952 - 2 BvH 1/52 -, BVerfGE 1, 208, 220 = juris Rn. 45 (Sperrklausel); VerfGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13.12.2017 - 1 GR 29/17 -, juris Rn. 39 f.; VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 27.8.2015 - 1/14 -, juris Rn. 62; Niedersächsischer StGH, Beschl. v. 18.5.1998 - StGH 27/94 -, juris Rn. 20; Beschl. v. 18.5.1998 - StGH 24/94 -, juris Rn. 22 f.). In einem solchen Organstreitverfahren geht es nicht um die objektive Rechtmäßigkeit des beschlossenen Gesetzes, sondern um eine kontradiktorische Parteienstreitigkeit (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13.1.2015 - 2 BvE 1/13 -, BVerfGE 138, 256, 258 f. = juris Rn. 4 f.; Niedersächsischer StGH, Urt. v. 10.2.2017 - StGH 1/16 -, juris Rn. 98 f. jeweils m.w.N.).

II.

 Der Antrag ist nur zulässig, soweit die Antragstellerin eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 19 Abs. 2 Satz 1 NV und Art. 20 Abs. 2 Satz 1 NV durch den Gesetzesbeschluss des Antragsgegners vom 27. Februar 2018 geltend macht. Im Übrigen ist der Antrag unzulässig.

 1. Antragsgegenstand des Organstreitverfahrens sind der Beschluss des Antragsgegners vom 27. Februar 2018 über das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" (vgl. PlProt 18/8, S. 599) und die hiergegen geltend gemachten Rechtsverletzungen. Denn den Streitgegenstand des Organstreitverfahrens bestimmt der Antragsteller mit seinem Antrag und der hierin angeführten Maßnahme sowie mit der Benennung der als verletzt behaupteten Verfassungsnorm (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.9.2013 - 2 BvE 6/08 u.a. -, BVerfGE 134, 141, 192 = juris Rn. 149 (Abgeordnetenüberwachung Bodo Ramelow); VerfG Brandenburg, Urt. v. 19.2.2016 - VfGBbg 57/15 -, NVwZ 2016, 931, 935 = juris Rn. 61; BerlVerfGH, Urt. v. 11.4.2014 - 134/12 -, juris Rn. 31; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 64 Rn. 11 und 108 f. (Stand: Februar 2012) jeweils m.w.N.). Zugleich beschränkt der Antragsteller so das Prüfprogramm und den Prüfungsmaßstab des Staatsgerichtshofs (vgl. VerfG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 26.5.2011 - 19/10 -, juris Rn. 41; VerfGH Berlin, Urt. v. 14.7.2010 - 57/08 -, juris Rn. 82; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, a.a.O., § 64 Rn. 123 (Stand: Februar 2012)). Der Staatsgerichtshof prüft im Organstreit den Angriffsgegenstand (vgl. zu diesem Begriff: BVerfG, Urt. v. 3.7.2007 - 2 BvE 2/07 -, BVerfGE 118, 244, 255 [BVerfG 03.07.2007 - 2 BvE 2/07] = juris Rn. 32 (ISAF-Mandat)) somit keineswegs umfassend und in alle Richtungen. Für eine allgemeine, abstrakte Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit aller in Betracht kommenden Aspekte des Falles ist im Organstreit kein Raum (vgl. BVerfG, Beschl. v. 4.5.2010 - 2 BvE 5/07 -, BVerfGE 126, 55, 67 f. und 74 = juris Rn. 45 und 62 (Bundeswehreinsatz Heiligendamm); Urt. v. 4.7.2007 - 2 BvE 1/06 u.a. -, BVerfGE 118, 277, 318 f. = juris Rn. 191 (Nebeneinkünfte von Abgeordneten); Urt. v. 22.11.2001 - 2 BvE 6/99 -, BVerfGE 104, 151, 193 f. = juris Rn. 122 (NATO-Strategiekonzept); Niedersächsischer StGH, Urt. v. 10.2.2017, a.a.O., Rn. 98; VerfG Brandenburg, Urt. v. 19.2.2016, a.a.O., S. 935 = juris Rn. 62; VerfGH Berlin, Urt. v. 11.4.2014, a.a.O., Rn. 31).

 2. Die Antragstellerin ist als Fraktion des Niedersächsischen Landtages ein Organteil des Verfassungsorgans Landtag und als solcher im Organstreitverfahren beteiligtenfähig (vgl. Niedersächsischer StGH, Urt. v. 8.8.2017 - StGH 2/16 - , juris Rn. 56, und zur Rechtslage auf Bundesebene: BVerfG, Urt. v. 21.6.2016 - 2 BvE 13/13 -, BVerfGE 142, 123, 182 [BVerfG 21.06.2016 - 2 BvR 2728/13; 2 BvR 2728/13; 2 BvR 2729/13; 2 BvR 2730/13; 2 BvR 2731/13 ; 2 BvE 13/13], juris Rn. 106 (OMT-Programm); Urt. v. 22.9.2015 - 2 BvE 1/11 -, BVerfGE 140, 115, 138 f. = juris Rn. 56 (Spiegelbildlichkeit von Ausschüssen) jeweils m.w.N.). Dafür genügt es nach Art. 54 Nr. 1 NV und § 8 Nr. 6 NStGHG, dass der Beteiligte durch die Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages oder der Landesregierung mit eigenen Rechten ausgestattet ist. Ein solches eigenes Recht ergibt sich vorliegend jedenfalls aus Art. 19 Abs. 2 Satz 1 NV, der den Fraktionen des Landtages das Recht auf Chancengleichheit in Parlament und Öffentlichkeit einräumt.

 3. Der Antragstellerin kommt die Antragsbefugnis aber nur zu, soweit sie eine mögliche Verletzung oder Gefährdung ihres Rechts auf Chancengleichheit aus Art. 19 Abs. 2 Satz 1 NV und ihres Rechts aus Art. 20 Abs. 2 Satz 1 NV geltend macht. Hinsichtlich der übrigen geltend gemachten Rechtsverletzungen fehlt die erforderliche Antragsbefugnis, und der Antrag ist insoweit unzulässig.

 Nach Art. 54 Nr. 1 NV, § 30 NStGHG in Verbindung mit § 64 Abs. 1 BVerfGG ist antragsbefugt, wer geltend macht, dass er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch die Niedersächsische Verfassung übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist.

 a. Hiernach vermag die von der Antragstellerin geltend gemachte Verletzung von Rechten aus Art. 20 Abs. 1 und 2, 21 Abs. 1 GG eine Antragsbefugnis von vorneherein nicht zu begründen. Die Antragsbefugnis im vorliegenden (landesverfassungsrechtlichen) Organstreitverfahren setzt eine mögliche Verletzung der Rechte und Pflichten aus der Niedersächsischen Verfassung voraus. Dies sind nur die von der Antragstellerin bezeichneten Rechte und Pflichten aus Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 2 und 3, 19 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 sowie 20 Abs. 2 NV.

 b. Art. 2 Abs. 1 sowie Art. 3 Abs. 2 und 3 NV beinhalten indes keine Rechte oder Pflichten, die die Antragstellerin als Fraktion des Niedersächsischen Landtages für sich in Anspruch nehmen kann. Eigene Rechte in diesem Sinne sind nur solche, die dem Antragsteller zur ausschließlichen Wahrnehmung oder Mitwirkung übertragen worden sind oder deren Beachtung erforderlich ist, um die Wahrnehmung seiner Kompetenzen und die Gültigkeit seiner Akte zu gewährleisten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 4.5.2010, a.a.O., S. 68 = juris Rn. 45; VerfGH Baden-Württemberg, Urt. v. 13.12.2017, a.a.O., Rn. 51 jeweils m.w.N.).

 (1) Nach Art. 2 Abs. 1 NV geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. Art. 2 Abs. 1 NV enthält - in gleicher Weise wie Art. 20 Abs. 1 und 2 GG auf Bundesebene - die Grundentscheidung der Niedersächsischen Verfassung für Demokratie und Volkssouveränität sowie die daraus abzuleitenden Grundsätze der demokratischen Organisation und Legitimation der Staatsgewalt (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 24.5.1995 - 2 BvF 1/92 -, BVerfGE 93, 37, 66 = juris Rn. 134 f.; Beschl. v. 15.2.1978 - 2 BvR 134/76 -, BVerfGE 47, 253, 272 [BVerfG 15.02.1978 - 2 BvR 268/76] = juris Rn. 41 f. (Wahlvorschriften für Bezirksvertretungen); Niedersächsischer StGH, Urt. v. 5.12.2008 - StGH 2/07 -, juris Rn. 133 ff. jeweils m.w.N.).

 Art. 2 Abs. 1 NV formuliert damit ein Strukturprinzip der Verfassungsordnung (vgl. Niedersächsischer StGH, Urt. v. 6.12.2007 - StGH 1/06 -, juris Rn. 86). Mit diesem Inhalt vermittelt er der Antragstellerin als Fraktion des Landtages aber kein eigenes organschaftliches Recht, dessen mögliche Verletzung oder Gefährdung die Antragsbefugnis im Organstreitverfahren begründen könnte (vgl. VerfGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 26.9.2017 - 1 GR 27/17 -, juris Rn. 42 f.). Die Strukturprinzipien der Verfassung können allenfalls dann unmittelbar zur Anwendung kommen und einklagbare Rechte vermitteln, wenn Einzelregelungen in speziellen Normen der Verfassung fehlen (vgl. Epping, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2012, Art. 2 Rn. 3). Derartige Spezialregelungen sind hier in den ebenfalls von der Antragstellerin geltend gemachten Rechten aus Art. 19 Abs. 1 und 2, 20 Abs. 2 NV enthalten.

 Soweit die Antragstellerin eine Verletzung der auf dem Prinzip der repräsentativen Demokratie fußenden Rechte der ihr angehörenden Abgeordneten oder deren Wählerinnen oder Wähler hinsichtlich der effektiven Teilhabe am demokratischen Willensbildungsprozess und an der Ausübung von Staatsgewalt andeutet (vgl. hierzu etwa BVerfG, Urt. v. 21.6.2016 - 2 BvE 13/13 -, BVerfGE 142, 123, 189 [BVerfG 21.06.2016 - 2 BvR 2728/13; 2 BvR 2728/13; 2 BvR 2729/13; 2 BvR 2730/13; 2 BvR 2731/13 ; 2 BvE 13/13], juris Rn. 123 (OMT-Programm); Bayerischer VerfGH, Entsch. v. 26.11.2009 - Vf. 32-IVa-09 -, juris Rn. 42 jeweils m.w.N.), handelt es sich ersichtlich nicht um eigene Rechte der Antragstellerin, weshalb sie nicht berechtigt ist, solche Rechte in einem Organstreitverfahren geltend zu machen. Nach § 30 NStGHG in Verbindung mit § 64 Abs. 1 BVerfGG kann der in einem Organstreitverfahren beteiligtenfähige Antragsteller zwar nicht nur geltend machen, dass er selbst in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt oder gefährdet ist. Möglich ist es auch, einer Rechtsverletzung oder -gefährdung des Verfassungsorgans, dem der Antragsteller angehört, entgegenzutreten. Auf den hier vorliegenden (entgegengesetzten) Fall, dass eine Parlamentsfraktion als Organteil Rechte eines Abgeordneten als Organmitglied geltend macht, erstreckt sich diese gesetzliche Prozessstandschaft hingegen nicht (vgl. VerfGH Saarland, Urt. v. 31.10.2002 - Lv 1/02 -, NVwZ-RR 2003, 81, 82; Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, a.a.O., § 64 Rn. 74 f. (Stand: September 2012)).

 (2) Nach Art. 3 Abs. 2 NV sind die im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland festgelegten Grundrechte und staatsbürgerlichen Rechte Bestandteil der Niedersächsischen Verfassung. Sie binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Landesrecht. Die Achtung der Grundrechte, insbesondere die Verwirklichung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern, ist eine ständige Aufgabe des Landes, der Gemeinden und Landkreise.

 Auch diese Bestimmung vermittelt der Antragstellerin mit Blick auf die von ihr in Anspruch genommenen Grundgesetzartikel 20 Abs. 1 und 2, 21 keine Antragsbefugnis. Art. 20 Abs. 1 und 2, 21 GG sind keine "im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland festgelegten Grundrechte und staatsbürgerlichen Rechte" im Sinne des Art. 3 Abs. 2 NV. "Grundrechte" sind die in Art. 1 bis 19 GG enthaltenen grundrechtlichen Gewährleistungen und "staatsbürgerliche Rechte" und "die nicht im Grundrechtsteil des GG enthaltenen grundrechtsgleichen Rechte der Art. 101 ff. GG" (Schriftlicher Bericht zum Entwurf einer Niedersächsischen Verfassung, LT-Drs. 12/5840, S. 4; vgl. Epping, in: Hannoverscher Kommentar zur Niedersächsischen Verfassung, 2012, Art. 3 Rn. 23 und 26 m.w.N.).

 (3) Art. 3 Abs. 3 NV ("Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse …. benachteiligt oder bevorzugt werden") ist zwar ein Grundrecht. Als Fraktion des Landtages kann sich die Antragstellerin im landesverfassungsrechtlichen Organstreitverfahren aber nicht auf dieses Grundrecht berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs sind Parlamentsfraktionen von der jeweiligen Verfassung anerkannte Teile eines Verfassungsorgans (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.12.1976 - 2 BvR 802/75 -, BVerfGE 43, 142, 147 = juris Rn. 17 (Verfassungsbeschwerde einer Parlamentsfraktion); Niedersächsischer StGH, Urt. v. 24.10.2014 - StGH 7/13 -, juris Rn. 51; Urt. v. 22.10.2012 - StGH 1/12 -, juris Rn. 49). Als Gliederung des Bundestages oder des Landtages sind Fraktionen Teil der organisierten Staatlichkeit (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.1.1986 - 2 BvE 14/83 -, BVerfGE 70, 324, 350 f. = juris Rn. 109 (Haushaltskontrolle der Geheimdienste); Urt. v. 19.7.1966 - 2 BvF 1/65 -, BVerfGE 20, 56, 104 = juris Rn. 129 (Parteienfinanzierung II)). Ihnen stehen daher nicht in gleicher Weise wie den Bürgerinnen und Bürgern die Grundrechte als Abwehrrechte gegenüber dem Staate zur Seite. Denn der Staat kann in ein und demselben Rechtsverhältnis durch die Grundrechte nicht gleichzeitig berechtigt und verpflichtet werden. Die Grundrechtsfähigkeit einer Parlamentsfraktion scheidet mithin von vorneherein aus, wenn die Fraktion sich, wie hier, auf ihren verfassungsrechtlichen Status beruft (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.12.2002 - 1 BvR 802/00 -, juris Rn. 13; Niedersächsisches OVG, Urt. v. 21.9.2004 - 11 LC 290/03 -, juris Rn. 82; vgl. ebenso für das gesamte Parlament: BVerfG, Beschl. v. 4.5.2010, a.a.O., S. 68 = juris Rn. 45; und für den einzelnen Abgeordneten: BVerfG, Urt. v. 4.7.2007, a.a.O., S. 320 = juris Rn. 194). Im Übrigen vermitteln Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte im verfassungsrechtlichen Organstreitverfahren, in dem nur die Verletzung organschaftlicher Rechte geltend gemacht werden kann (vgl. BVerfG, Urt. v. 18.3.2014 - 2 BvE 6/12 -, BVerfGE 135, 317, 390 [BVerfG 18.03.2014 - 2 BvR 1390/12], juris Rn. 135 (ESM); Urt. v. 20.7.1998 - 2 BvE 2/98 -, BVerfGE 99, 19, 29 = juris Rn. 30 (Gysi III)), ohnehin keine rügefähige Rechtsposition.

 c. Die verbleibenden Bestimmungen der Art. 19 Abs. 1 und 2, 20 Abs. 2 NV begründen für die Antragstellerin als Fraktion des Landtages zwar prinzipiell eigene Rechte im Sinne des § 30 NStGHG in Verbindung mit § 64 Abs. 1 BVerfGG. Die Rechte aus Art. 19 Abs. 1 NV, wonach sich Mitglieder des Landtages nach Maßgabe der Geschäftsordnung zu Fraktionen zusammenschließen dürfen, und aus Art. 19 Abs. 2 Satz 2 NV, wonach die Fraktionen des Landtages einen einfachgesetzlich auszugestaltenden Anspruch auf die zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben erforderliche Ausstattung haben, werden durch den Gesetzesbeschluss des Antragsgegners vom 27. Februar 2018 aber ersichtlich in keiner Weise tangiert.

 Eine Gefährdung oder Verletzung der Rechte auf Chancengleichheit in Parlament und Öffentlichkeit nach Art. 19 Abs. 2 Satz 1 NV und auf eine sog. spiegelbildliche Besetzung von Ausschüssen nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 NV ist nach dem Vorbringen der Antragstellerin hingegen nicht von vorneherein und nach jeder erdenklichen Betrachtungsweise ausgeschlossen. Insoweit ist die Antragsbefugnis gegeben.

 4. Der Antrag richtet sich zu Recht gegen den Niedersächsischen Landtag. Die Antragstellerin beanstandet ein Verhalten, das dem Landtag als Ganzem zuzurechnen ist. Denn Gesetze werden gemäß Art. 42 Abs. 1 NV durch Volksentscheid oder, wie im vorliegenden Fall, vom Landtag beschlossen. Ist Gegenstand eines Organstreitverfahrens ein Gesetzesbeschluss, ist der Antrag mithin gegen den Landtag zu richten und nicht gegen die Mehrheit der abstimmenden Mitglieder des Landtages oder die von diesen getragenen Fraktionen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.6.2017 - 2 BvQ 29/17 -, BVerfGE 145, 348, 358 = juris Rn. 32 (Ehe für alle); Urt. v. 29.9.1990, a.a.O., S. 336 = juris Rn. 40).

 5. Der Antragstellerin fehlt auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis nicht. Die Darlegung einer möglichen Rechtsverletzung indiziert regelmäßig die Schutzwürdigkeit des auf die Feststellung dieser Rechtsverletzung gerichteten Begehrens (vgl. BVerfG, Urt. v. 18.12.1984 - 2 BvE 13/83 -, BVerfGE 68, 1, 77 = juris Rn. 115 (Nato-Doppelbeschluss); VerfGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19.8.2008 - 7/07 -, NVwZ-RR 2009, 41, 42 = juris Rn. 238).

 Anhaltspunkte, die im vorliegenden Fall ausnahmsweise eine abweichende Beurteilung gebieten könnten, sind nicht ersichtlich. Das Verhalten der Antragstellerin bietet - entgegen der Auffassung des Antragsgegners - insbesondere keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass sie den Gesetzesbeschluss oder den Gesetzesvollzug "stillschweigend gebilligt" (so der Antragsgegner, LT-Drs. 18/1870, S. 4) hätte. Schon bei der Einbringung des Gesetzentwurfs in den Landtag haben der Abgeordnete Wichmann, Mitglied der Antragstellerin, und die Abgeordnete Guth, Fraktionsvorsitzende der Antragstellerin, den Inhalt des Gesetzentwurfs und die Vorgehensweise der anderen Fraktionen kritisiert und die Ablehnung des Gesetzentwurfs angekündigt (vgl. PlProt. 18/8, S. 591 ff. und S. 596 f.). Diese Kritik setzte der der Antragstellerin angehörende Abgeordnete M auch im federführenden Kultusausschuss fort und lehnte die Beschlussempfehlung des Ausschusses ab, die auf eine unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs durch den Landtag gerichtet war (vgl. Niederschrift über die 7. öffentliche Sitzung des Kultusausschusses v. 16.2.2018, S. 33 f.). Ebenso verhielt sich der der Antragstellerin angehörende Abgeordnete L in der Sitzung des mitberatenden Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen (vgl. Niederschrift über die 5. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen v. 21.2.2018, S. 9 f.). Schließlich hat die Antragstellerin den eigenen Wahlvorschlag für die Wahl der Mitglieder des Stiftungsrats nur unter ausdrücklichem Protest unterbreitet und gleichzeitig ihre Auffassung, wonach das Gesetz verfassungswidrig sei, im Plenum des Landtages bekräftigt (vgl. PlProt. 18/12, S. 1020). Eine weitergehende Verpflichtung zu parlamentarischen Initiativen erfordert das Rechtsschutzbedürfnis nicht.

III.

 Soweit der Antrag danach zulässig ist, fehlt es an seiner Begründetheit. Durch den in der Plenarsitzung vom 27. Februar 2018 gefassten Beschluss über das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" verstößt der Antragsgegner nicht gegen Art. 19 Abs. 2 Satz 1 NV (1.) oder Art. 20 Abs. 2 Satz 1 NV (2.) und verletzt damit auch nicht die aus diesen Bestimmungen resultierenden Rechte der Antragstellerin.

 1. Nach Art. 19 Abs. 2 Satz 1 NV haben die Fraktionen und die Mitglieder des Landtages, die die Landesregierung nicht stützen, das Recht auf Chancengleichheit in Parlament und Öffentlichkeit.

 Dieses Recht auf Chancengleichheit ist Ausdruck des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Abgeordneten und der Fraktionen. Die Bildung von Parlamentsfraktionen beruht auf der in Ausübung des freien Mandats getroffenen Entscheidung der Abgeordneten (vgl. BVerfG, Urt. v. 16.7.1991, a.a.O., S. 324 = juris Rn. 97). Dementsprechend leitet sich die Rechtsstellung der Fraktionen aus dem Status der Abgeordneten ab (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.1.1986, a.a.O., S. 363 = juris Rn. 146). Zu diesem Status gehört es, dass alle Mitglieder des Parlaments einander formal gleichgestellt sind und gleiche Rechte haben. Differenzierungen zwischen Abgeordneten bedürfen stets eines besonderen rechtfertigenden Grundes (vgl. BVerfG, Urt. v. 13.6.1989, a.a.O., S. 220 f. = juris Rn. 118). Auf die Ebene der Fraktionen übertragen ergibt sich aus dem Prinzip der gleichen Mitwirkungsbefugnis aller Abgeordneten der Grundsatz der Gleichbehandlung der Fraktionen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.7.1995 - 2 BvH 1/95 -, BVerfGE 93, 195, 203 f. = juris Rn. 43; StGH Hessen, Urt. v. 9.10.2013 - P.St. 2319 -, juris Rn. 112 jeweils m.w.N.).

 Dabei gewährleistet der Grundsatz der Chancengleichheit einerseits den Schutz der Minderheit im durch die Fraktionen getragenen parlamentarischen Willensbildungsprozess. Art. 19 Abs. 2 Satz 1 NV erkennt die Opposition als wesentlichen Bestandteil der parlamentarischen pluralen Demokratie an (vgl. Schriftlicher Bericht zum Entwurf einer Niedersächsischen Verfassung, LT-Drs. 12/5840, S. 15). Eine Konstitution "der Opposition" als Verfassungsorgan ist hiermit aber ebenso wenig verbunden wie eine Bestimmung konkreter Aufgaben oder Minderheitenrechte, die einer Ausübung durch "die Opposition" vorbehalten wären. Kritik, Kontrolle und die Entwicklung eigener Vorschläge, die allgemein zu den wesentlichen Aufgaben der parlamentarischen Opposition gehören (vgl. Waack, in: Morlok/Schliesky/Wiefelspütz, Parlamentsrecht, 2016, § 22 Rn. 14 ff. m.w.N.), zielen auf einen offenen Wettbewerb der unterschiedlichen politischen Kräfte, dem die Gewährleistung einer realistischen Chance der parlamentarischen Minderheit, zur Mehrheit zu werden, immanent ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 3.5.2016 - 2 BvE 4/14 -, BVerfGE 142, 25, 55 f. = juris Rn. 86 (Oppositionsfraktionsrecht)). Um dies sicherzustellen, sind alle Parlamentsfraktionen von Verfassungs wegen befugt, die ihnen durch Verfassung, Gesetz oder Geschäftsordnung eingeräumten Rechte in formal gleicher Weise auszuüben. Deren Durchsetzung darf nicht davon abhängen, ob sich eine Fraktion in der Mehrheit oder in der Minderheit befindet (vgl. StGH Hessen, Urt. v. 9.10.2013, a.a.O., Rn. 114).

 Das darf andererseits aber nicht dazu führen, das durch die Wahlentscheidung entstandene Stärkeverhältnis der Fraktionen zu verfälschen (vgl. VerfG Brandenburg, Urt. v. 22.7.2016 - 70/15 -, juris Rn. 156). Insofern wird die formale Gleichstellung der Fraktionen durch den insbesondere in Art. 20 Abs. 2 Satz 1 NV zum Ausdruck kommenden Proportionalitätsgrundsatz ergänzt, der auf den Gedanken der Repräsentation zurückzuführen ist (vgl. Brocker, in: Bonner Kommentar, GG, Art. 40 Rn. 195 (Stand: Februar 2011)). Danach können die Rechte der Fraktionen über einen notwendigen Grundbestand hinaus unter Berücksichtigung ihrer Mitgliederzahl durchaus unterschiedlich ausgestaltet werden. Dies gilt nicht nur für die Zuteilung von Ressourcen gemäß Art. 19 Abs. 2 Satz 2 NV, sondern auch für die Mitwirkung im parlamentarischen Verfahren (vgl. BVerfG, Urt. v. 16.7.1991, a.a.O., S. 323 = juris Rn. 98).

 Davon ausgehend bedeutet Chancengleichheit nur das Recht, die politische Arbeit im Parlament in dem Umfang und mit dem Gewicht vertreten und umsetzen zu können, wie es dem jeweiligen Stärkeanteil im Parlament entspricht. Chancengleichheit garantiert mithin eine rechtlich abgestufte Gleichheit bei der Zuteilung von Mitwirkungs- und Teilhaberechten im Rahmen der parlamentarischen Arbeit (vgl. VerfG Brandenburg, Urt. v. 22.7.2016, a.a.O., Rn. 213).

 a. Bezogen auf die Arbeit "im Parlament" konkretisieren sich der parlamentarische Minderheitenschutz und die Chancengleichheit der Fraktionen und Mitglieder des Landtages, die die Landesregierung nicht stützen, maßgeblich im Rederecht und Antragsrecht, im Auskunfts- und Aktenvorlagerecht (vgl. hierzu Niedersächsischer StGH, Urt. v. 29.1.2016 - StGH 1/15 -, juris; Urt. v. 24.10.2014, a.a.O.) und in dem Recht, sich an den vom Parlament vorzunehmenden Abstimmungen und Wahlen zu beteiligen und parlamentarische Initiativen zu ergreifen (vgl. BVerfG, Urt. v. 22.9.2015, a.a.O., S. 150 f. = juris Rn. 92; Urt. v. 16.7.1991, a.a.O., S. 329; VerfG Brandenburg, Urt. v. 22.7.2016, a.a.O., Rn. 218; Achterberg, Parlamentsrecht, 1984, S. 291 ff. jeweils m.w.N.).

 Diese die Arbeit "im Parlament" betreffenden Mitwirkungs- und Teilhaberechte der Antragstellerin wurden weder durch den streitgegenständlichen Gesetzesbeschluss noch durch das vorgelagerte Gesetzgebungsverfahren verletzt. Ausweislich der Protokolle der beteiligten Fachausschüsse und der Landtagssitzung vom 27. Februar 2018 hatte die Antragstellerin hinreichend Gelegenheit, ihre ablehnende Haltung zum Änderungsgesetz in die Debatte einzubringen, und sie hat diese Gelegenheit auch genutzt. Die jeweiligen Abstimmungen sind nach dem Mehrheitsprinzip erfolgt und korrekt verlaufen. Soweit durch den Gesetzesbeschluss die Bestimmung der vom Niedersächsischen Landtag zu entsendenden Mitglieder des Stiftungsrats geändert worden ist, werden dadurch die parlamentarischen Mitwirkungs- und Teilhaberechte der Antragstellerin ersichtlich nicht berührt. Das Recht auf Chancengleichheit "im Parlament" nach Art. 19 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 NV verpflichtet den Antragsgegner nicht, der Antragstellerin die Entsendung eines ihrer Mitglieder in den Stiftungsrat der "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" zu ermöglichen.

 b. Das Recht auf Chancengleichheit "in der Öffentlichkeit" könnte vordergründig als Pendant zum Recht auf Chancengleichheit "im Parlament" und damit als auf jedwede außerparlamentarische Öffentlichkeitsarbeit bezogen erscheinen. Anders als für die im gesellschaftlichen Bereich tätigen und nicht in den Staat integrierten Parteien (vgl. BVerfG, Urt. v. 9.4.1992 - 2 BvE 2/89 -, BVerfGE 85, 264, 284 ff. = juris Rn. 93 ff. (Parteienfinanzierung VII)) ist für die Parlamentsfraktionen aber ihre Einordnung in die organisierte Staatlichkeit kennzeichnend (vgl. BVerfG, Urt. v. 22.9.2015, a.a.O., S. 139 = juris Rn. 56; Urt. v. 13.6.1989, a.a.O., S. 231 = juris Rn. 134). Sie sind Teil des Staatsorgans Landtag. Ihre Hauptfunktion besteht darin, an der Arbeit des Parlaments mitzuwirken und die parlamentarische Willensbildung zu unterstützen, indem sie dem einzelnen Abgeordneten die Ausübung seines Mandats erleichtern, die parlamentarischen Abläufe strukturieren, die Arbeitsfähigkeit des Parlaments verbessern und die jeweiligen Aufgaben als Regierungs- oder Oppositionsfraktion in der parlamentarischen Demokratie wahrnehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 19.7.1966, a.a.O., S. 104 = juris Rn. 129 ff.; VerfGH Berlin, Beschl. v. 22.11.1993 - 18/93 -, juris Rn. 18). Die im verfassungsgerichtlichen Organstreitverfahren durchsetzbaren Rechte einer Parlamentsfraktion und damit auch das Recht auf Chancengleichheit "in der Öffentlichkeit" beziehen sich danach regelmäßig nur auf den parlamentarischen Raum (so ausdrücklich BVerfG, Beschl. v. 1.7.2009 - 2 BvE 5/06 -, BVerfGE 124, 161, 187 = juris Rn. 117 (Parlamentarisches Fragerecht); Beschl. v. 25.3.1999 - 2 BvE 5/99 -, BVerfGE 100, 266, 270 = juris Rn. 20 (Kosovo-Einsatz); Urt. v. 5.4.1952, a.a.O., S. 229 = juris Rn. 69; StGH Hessen, Urt. v. 9.10.2013, a.a.O., Rn. 118; VerfGH Berlin, Beschl. v. 22.11.1993, a.a.O., Rn. 18).

 Bei der Befugnis einer Parlamentsfraktion, in der Öffentlichkeit zu wirken, handelt es sich um eine ergänzende und abgeleitete Funktion. Sie bezieht ihre Legitimation maßgeblich daraus, den Prozess der Willensbildung des Parlaments transparent und damit für die Öffentlichkeit nachvollziehbar zu machen (vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, Urt. v. 19.8.2002 - VGH O 3/02 -, juris Rn. 48). Dementsprechend bestimmt § 30 Abs. 2 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages (Niedersächsisches Abgeordnetengesetz - NAbgG) vom 3. Februar 1978 (Nds. GVBI. S. 101), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. April 2018 (Nds. GVBl. S. 61), dass eine Fraktion "die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit unterrichten" darf. Die Befugnis einer Fraktion, in der Öffentlichkeit zu wirken und hierbei ein Recht auf Chancengleichheit für sich in Anspruch zu nehmen, ist darauf beschränkt, den eigenen Standpunkt und den eigenen Beitrag im Rahmen der parlamentarischen Entscheidungsfindung gegenüber der Öffentlichkeit darzustellen. Demgegenüber ist es einer Fraktion verwehrt, ihre - ganz oder zum Teil durch staatliche Mittel finanzierte - Arbeit in die Öffentlichkeit hinein dazu zu nutzen, in parteipolitischer Weise auf die sich im gesellschaftlichen Bereich vollziehende Herausbildung einer öffentlichen Meinung einzuwirken (vgl. StGH Hessen, Urt. v. 9.10.2013, a.a.O., Rn. 126; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urt. v. 19.8.2002, a.a.O., Rn. 40 und allgemein zu den verfassungsrechtlichen Grenzen von Fraktionsöffentlichkeitsarbeit: BVerfG, Beschl. v. 19.9.2017 - 2 BvC 46/14 -, juris Rn. 55 (Eventualstimme Bundestagswahl 2013); Beschl. v. 6.5.2014 - 2 BvE 3/12 -, BVerfGE 136, 190, 193 = juris Rn. 8; Beschl. v. 19.5.1982 - 2 BvR 630/81 -, NVwZ 1982, 613; Grzeszick, Fraktionsautonomie als Teil des verfassungsrechtlichen Status der Bundestagsfraktionen, in: NVwZ 2017, 985, 990 f.; Kretschmer, Die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen im Spannungsbogen von Idealtypik und Realitätsdruck, in: ZG 2003, 1 ff., insbesondere S. 18 ff.; Braun/ Benterbusch , Zulässigkeit und Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit von Fraktionen, in: ZParl 2002, 653 ff.). Ein Recht, sich unabhängig und ohne Bezug zur parlamentarischen Arbeit in der Öffentlichkeit präsentieren zu dürfen, wie es offenbar die Antragstellerin erstrebt, vermittelt Art. 19 Abs. 2 Satz 1 NV den Fraktionen nicht.

 Das so verstandene Recht auf Chancengleichheit "in der Öffentlichkeit" wird durch den streitgegenständlichen Beschluss des Antragsgegners, mit dem das Gesetz über die "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" geändert und der Stiftungsrat anstatt bisher mit Vertreterinnen oder Vertretern jeder der dem Landtag angehörenden Fraktionen nunmehr mit vier Vertreterinnen oder Vertretern des Landtages besetzt wird, nicht berührt.

 Die Entsendung von Vertreterinnen oder Vertretern des Parlaments in den Stiftungsrat der "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" beruht auf dem "Modell der Repräsentanz des Niedersächsischen Landtages im Stiftungsrat" (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten", LT-Drs. 18/268, S. 2) und verfolgt das Ziel der Erhöhung der gesamtgesellschaftlichen Akzeptanz der Stiftung und ihrer Arbeit (vgl. Stenografischer Bericht der 8. Sitzung des Niedersächsischen Landtages v. 27.2.2018, PlProt. 18/8, S. 597).

 Im Unterschied zum früheren Recht eröffnet § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 GedenkStG in der Fassung des hier streitgegenständlichen Gesetzesbeschlusses vom 27. Februar 2018 die mit der Tätigkeit im Stiftungsrat verbundene Möglichkeit der Repräsentanz nicht (mehr) den einzelnen Fraktionen des Niedersächsischen Landtages. Vielmehr geht es nach dem jetzt gewählten Modell einzig und allein um die Repräsentanz des Landtages als Ganzem. Dabei lässt sich der Landtag im Stiftungsrat von vier seiner Abgeordneten vertreten. Diese Abgeordneten werden nach dem Mehrheitsprinzip vom Landtag gewählt. Vorgaben für die Wählbarkeit, insbesondere mit Blick auf die Fraktionszugehörigkeit, formuliert § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 GedenkStG nicht. Daher kann keine der Fraktionen des Landtages mehr beanspruchen, einen ihr angehörenden Abgeordneten als Vertreter des Landtages in den Stiftungsrat zu entsenden.

 Diesem Wechsel vom Modell der Fraktionenrepräsentanz zu einem Modell der Landtagsrepräsentanz steht das Recht auf Chancengleichheit in der Öffentlichkeit aus Art. 19 Abs. 2 Satz 1 NV nicht entgegen. Diese Norm verleiht den Fraktionen, die die Landesregierung nicht stützen, nur die Befugnis, die allen Fraktionen durch Verfassung, Gesetz oder Geschäftsordnung eingeräumten Rechte in formal gleicher Weise auszuüben (siehe oben III., 1.), bestimmt selbst aber keine konkreten Aufgaben oder Minderheitenrechte. Ein Recht, eine Vertreterin oder einen Vertreter der Fraktion in den Stiftungsrat der "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" zu entsenden, bestand aber nur bis zur Aufhebung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes über die "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" in der Fassung vom 18. November 2004 (Nds. GVBl. S. 494) durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" vom 28. Februar 2018 (Nds. GVBl. S. 26). Ein inhaltsgleiches verfassungsrechtliches Recht existiert nicht. Der Antragsgegner war daher von Verfassungs wegen nicht gehalten, das den Fraktionen durch das Stiftungsgesetz in der Fassung von 2004 einfachgesetzlich eingeräumte Recht, eine eigene Vertreterin oder einen eigenen Vertreter in den Stiftungsrat der "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" zu entsenden, unverändert beizubehalten. Er durfte vielmehr dieses Recht aufheben und stattdessen, wie nun in § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 GedenkStG bestimmt ist, vorsehen, dass der Landtag aus seiner Mitte vier Vertreterinnen oder Vertreter in den Stiftungsrat der "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten" wählt. Die Möglichkeit, für diese Wahl zu kandidieren, und die Chance, im offenen Wettbewerb der unterschiedlichen politischen Kräfte die erforderliche Anzahl an Stimmen zu erringen, sind für alle Fraktionen und alle Abgeordneten des Landtages gleich.

 Ob das alte oder das neue Besetzungsmodell für den Stiftungsrat das sinnvollste oder bestmögliche ist, um die Aufgaben der niedersächsischen Gedenkstätten zu erledigen, ist eine verfassungsrechtlich nicht geregelte, insofern politische Frage, die vom Gesetzgeber zu beantworten ist, solange dieser bei seiner Entscheidung die ihm verfassungsrechtlich gesetzten Grenzen beachtet.

 Schließlich geht die Repräsentanz des Landtages im Stiftungsrat auch erkennbar über die vom Recht auf Chancengleichheit nach Art. 19 Abs. 2 Satz 1 NV geschützte Befugnis einer Fraktion hinaus, die Öffentlichkeit über ihre parlamentarische Tätigkeit zu unterrichten. Ungeachtet der Frage, ob der Stiftungsrat überhaupt öffentlich tagt (vgl. dies verneinend der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung v. 30.11.2018 und der Geschäftsführer der Stiftung N im Gesetzgebungsverfahren, Stenografischer Bericht der 8. Sitzung des Niedersächsischen Landtages v. 27.2.2018, PlProt. 18/8, S. 590), betrifft die Möglichkeit, als Vertreterin oder Vertreter des Landtages sich und die eigene Arbeit im Stiftungsrat öffentlich zu präsentieren, ersichtlich nicht die parlamentarische Tätigkeit einer Fraktion des Landtages.

 Der Auffassung der Antragstellerin, das Recht auf Chancengleichheit in der Öffentlichkeit sei immer tangiert, wenn Vertreter des Landtages in außerparlamentarischen Gremien mitwirken und gebiete deshalb eine Repräsentanz von Mitgliedern aller im Landtag vertretenen Fraktionen, ist nicht zu folgen.

 2. Nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 NV müssen die Fraktionen des Landtages in den Ausschüssen ihrer Stärke entsprechend, mindestens jedoch durch ein Mitglied mit beratender Stimme, vertreten sein.

 Diese Bestimmung der Niedersächsischen Verfassung normiert den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Urt. v. 22.9.2015, a.a.O., S. 145 und 149 ff. = juris Rn. 77 und 91 ff.; Urt. v. 28.2.2012 - 2 BvE 8/11 -, BVerfGE 130, 318, 354 = juris Rn. 127 (Stabilisierungsmechanismusgesetz) jeweils m.w.N.) und der Verfassungsgerichte der Länder (vgl. VerfGH Berlin, Beschl. v. 11.4.2018 - 153/17 -, juris Rn. 31; VerfGH Rheinland-Pfalz, Urt. v. 23.1.2018 - VGH O 17/17 -, juris Rn. 59 ff.; VerfGH Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25.10.2016 - 6/16 -, juris Rn. 39; VerfG Brandenburg, Urt. v. 22.7.2016, a.a.O., Rn. 201; Hamburgisches VerfG, Urt. v. 19.7.2016 - 9/15 -, juris Rn. 54 ff.; Bayerischer VerfGH, Entsch. v. 26.11.2009, a.a.O., Rn. 53) anerkannten sogenannten "Grundsatz der Spiegelbildlichkeit". Danach muss grundsätzlich jeder parlamentarische Ausschuss ein verkleinertes Abbild des Parlaments sein und in seiner Zusammensetzung die Zusammensetzung des gesamten Plenums widerspiegeln. Die Spiegelung erfordert eine Besetzung der Ausschüsse entsprechend dem Stärkeverhältnis der Fraktionen im Plenum, also entsprechend dem proportionalen Anteil der Fraktionen an Abgeordnetenmandaten. Dies gilt mit Blick auf den Grundsatz der effektiven Opposition (vgl. BVerfG, Urt. v. 3.5.2016, a.a.O., S. 57 = juris Rn. 90) besonders für Oppositionsfraktionen.

 Der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit findet seine Grundlage im Recht eines jeden Abgeordneten auf gleiche Teilhabe am Prozess der parlamentarischen Willensbildung, also auf gleichberechtigte Mitwirkung bei den dem Parlament durch die Verfassung übertragenen Aufgaben. Die Mitwirkungsbefugnis der Abgeordneten beschränkt sich dabei nicht nur auf die Beschlussfassung, sondern erstreckt sich auch auf das Recht zu beraten, also zu verhandeln im Sinne von Art. 22 Abs. 1 Satz 1 NV. Öffentliches Verhandeln von Argument und Gegenargument ist ein wesentliches Element des demokratischen Parlamentarismus. Gerade das im parlamentarischen Verfahren gewährleistete Maß an Öffentlichkeit der Auseinandersetzung und Entscheidungssuche eröffnet Möglichkeiten eines Ausgleichs widerstreitender Interessen, die sich bei einem weniger transparenten Vorgehen so nicht ergäben.

 Die Mitwirkungsbefugnis aller Abgeordneten erstreckt sich dabei nicht nur auf das Plenum, sondern grundsätzlich auch auf die Ausschüsse des Parlaments. Da diese entsprechend der parlamentarischen Tradition in Deutschland einen wesentlichen Teil der Arbeit der Parlamente leisten, durch die Vorbereitung der Beschlussfassung des Plenums einen Teil des Entscheidungsprozesses entlastend vorwegnehmen und zudem einen wesentlichen Teil der parlamentarischen Informations-, Kontroll- und Untersuchungsaufgaben wahrnehmen, sind sie in die Repräsentation des Volkes durch das Parlament einbezogen. Eben deshalb muss grundsätzlich jeder Ausschuss ein verkleinertes Abbild des Plenums sein und in seiner Zusammensetzung die Zusammensetzung des Plenums widerspiegeln (vgl. zu Vorstehendem: BVerfG, Urt. v. 22.9.2015, a.a.O., S. 149 ff. = juris Rn. 91 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).

 Aus dieser Begründung des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit ergeben sich zugleich seine Grenzen. Keiner die Zusammensetzung des gesamten Plenums widerspiegelnden Besetzung bedarf es bei solchen Gremien, die nicht dem Einfluss des Prinzips gleichberechtigter Teilnahme aller Abgeordneten an den dem Parlament durch die Verfassung übertragenen Aufgaben unterliegen (so ausdrücklich BVerfG, Urt. v. 22.9.2015, a.a.O., S. 151 f. = juris Rn. 94).

 Einer Beachtung des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit bedarf es danach von vorneherein nicht bei solchen Gremien, die nicht in die Parlamentsarbeit eingebunden und damit außerparlamentarisch tätig sind (vgl. BVerfG, Urt. v. 22.9.2015, a.a.O., S. 154 ff. = juris Rn. 101 ff. (zur Besetzung von Arbeitsgruppen des Vermittlungsausschusses); VerfGH Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25.10.2016. a.a.O., Rn. 39 (zur Besetzung des Landtagspräsidiums); Hamburgisches VerfG, Urt. v. 19.7.2016, a.a.O., Rn. 54 (zur Besetzung einer Härtefallkommission)). Ein solches Gremium ist der Stiftungsrat der "Stiftung niedersächsische Gedenkstätten". Der Stiftungsrat ist neben Vertreterinnen oder Vertretern des Landtages überwiegend mit Dritten besetzt, die nicht dem Landtag angehören. Auf die Auswahl dieser Dritten hat der Landtag keinen Einfluss, weshalb der Stiftungsrat weder nach der Gesetzesfassung von 2004 noch nach der streitbefangenen Regelung vom 28. Februar 2018 als ein verkleinertes Abbild des Landtagsplenums angesehen werden kann. Zudem sind die dem Stiftungsrat zugewiesenen Aufgaben, über die Satzung, den Haushalts- und Stellenplan, die Geschäftsordnung und die Entgeltordnung der Stiftung sowie über die Berufung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers zu beschließen und die Geschäftsführung zu überwachen (vgl. § 7 GedenkStG), ersichtlich reine Verwaltungsaufgaben, die sachlich keinerlei Bezüge zu den Aufgaben des Parlaments und damit zum parlamentarischen Raum aufweisen. Gremien, die an der Erfüllung anderer als der dem Parlament verfassungsrechtlich zugewiesenen Aufgaben mitwirken, müssen indes nicht spiegelbildlich besetzt werden, nur weil ihnen auch Mitglieder des Landtages angehören. Eine Verletzung des Rechts der Antragstellerin aus Art. 20 Abs. 2 Satz 1 NV durch den Gesetzesbeschluss vom 27. Februar 2018 besteht somit nicht.

C.

 Das Verfahren ist nach § 21 Abs. 1 NStGHG kostenfrei; Auslagen der Beteiligten werden gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 NStGHG nicht erstattet.