Landgericht Stade
Urt. v. 15.05.2014, Az.: 8 O 70/13
Kaufvertrag, Vorzugsentschädigung, Kosten der Ersatzvornahme, Zumutbarkeit der Nachbesserung
Bibliographie
- Gericht
- LG Stade
- Datum
- 15.05.2014
- Aktenzeichen
- 8 O 70/13
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 42458
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- §§ 53, 48 CiSG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Nachbesserung einer Vertragswidrigkeit durch den Verkäufer ist umzumutbar, soweit sich dieser bereits als unzuverlässig erwiesen hat.
Tenor:
1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 5.664,80 € nebst Zinsen in Höhe von 7 Prozentpunkten über dem Basiszins für die Zeit vom 6. Juni 2012 bis zum 22. Februar 2013 und in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszins für die Zeit ab dem 23. Februar 2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 86 % und die Beklagte 14 %.
3. Dieses Urteil ist für beide Parteien in Höhe des für sie jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin, eine in Spanien ansässige Gießerei, verlangt von der Beklagten, einem in Buchholz in der Nordheide ansässigen Stahl- und Maschinenbau Unternehmen, Kaufpreiszahlung in Höhe von 37.846,00 € für die Lieferung von 1 Satz (2 Stück) Rührflügel 1L00263 für Toaster zu einem Preis von 4.452,00 € und weitere 8 Satz (16 Stück) Rührflügel 1L00264 für Toaster zum Preis von 28.144,00 € und einem Holz-Kombimodell zu einem Stückpreis von 5.250,00 €.
Die Beklagte erklärt die Aufrechnung mit vermeintlichen Gegenansprüchen aus Ersatzvornahme in Höhe von 32.156,40 € und einem vermeintlichen Vertragsstrafenanspruch in Höhe von 1.892,30 € (5 % des Gesamtbestellwertes).
Als Anlieferungstermin bei der Beklagten war der 11. April 2012 vereinbart. Dieser Termin unterlag „im Falle einer schuldhaft verspäteten Erfüllung der vom Auftragnehmer zu erbringenden Lieferung ab dem 18. April 2012 einer Verzugsentschädigung von 2,00 % je angefangener Kalenderwoche, max. 5,00 %“.
Die Klägerin lieferte am 27. April 2012 5 Rührflügel; die vollständige Lieferung traf am 6. Mai 2012 bei der Beklagten ein.
Mit E-Mail vom 7. Mai 2012 beanstandete die Beklagte, dass die angelieferten Rührflügel nicht zu Ende bearbeitet worden seien, es fehle die komplette Anarbeitung der Flügel, die Unterseite müsse gefräst werden; ebenso müsse die Oberseite angearbeitet werden. Sie verwies darauf, dass die Flügel schon am 4. Mai 2012 von ihr, der Klägerin, hätten versendet werden sollen. Die Klägerin schlug der Beklagten vor, die Nacharbeiten in Eigenregie durchzuführen.
Unter dem 8. Mai 2012 zeigte die Beklagte an, „zur Vermeidung von weiteren Kosten und Schadensersatzansprüchen unseres Kunden“ sofort mit der Ersatzvornahme beginnen zu wollen, sofern die Beklagte nicht eine günstigere und schnellere Lösung bis 10:00 Uhr mitteile. Die Gesamtlohn- und Transportkosten schätzte die Beklagte auf 20.000,00 €. Innerhalb dieser gesetzten Frist erklärte die Klägerin, die Kosten von 20.000,00 € seien unermesslich hoch und sie werde noch am gleichen Vormittag einen Vorschlag übermitteln. Mit weiterer E-Mail vom gleichen Tage bekräftigte die Klägerin, die Kosten von 20.000,00 € nicht akzeptieren zu können. An den Rührflügeln sei zudem „Rohkontur“ markiert. Die Klägerin bot der Beklagten insoweit Extrabearbeitung bei entsprechender Kostenübernahme durch die Beklagte an. Auf einer konventionellen Maschine würden Kosten pro Teil in Höhe von 120,00 € (3 Stunden) anfallen. Insgesamt würde die Dauer der Nachbearbeitung 6 Tage betragen (2 Tage Hintransport, 2 Tage Bearbeitung, 2 Tage Rücktransport). Unter dem 16. Mai 2012 teilte die Beklagte mit, die Rührflügel in den letzten Tagen „sehr aufwendig gerichtet und nachgearbeitet“ zu haben. Zudem sei nunmehr aufgefallen, dass die Rührflügel entgegen den Zeichnungen ca. 250 mm im Radius bzw. 500 mm im Durchmesser zu groß seien. Die Beklagte setzte eine Frist bis zum 18. Mai 2012, 10:00 Uhr, um die Flügel zu besichtigen und eine gemeinsame Sanierung zu besprechen. Die Beklagte zeigte sich von der Qualität der Arbeit enttäuscht und forderte die Klägerin auf, spätestens bis zum 30. Juni 2012 die Flügel komplett und fehlerfrei neu zu liefern.
Unter dem 18. Mai 2012 teilte die Klägerin der Beklagten Nachfolgendes mit:
„…Wir haben intensiv geprüft und haben festgestellt, dass tatsächlich der Modellhersteller eine falsche Zeichnung genommen hat, um das Modell herzustellen, deshalb ist der Radius zu gross.
Nach Aussage unserer Qualitätsleitung können wir die Flügel auf das richtige Radius auftragschweissen und mechanisch bearbeiten.
Wenn sie damit einverstanden sind, können wir die Teile sofort abholen lassen und sie bei uns mit zertifizierten Schweisser schweissen lassen…“
Am 18. Mai 2012 führte die Klägerin mit E-Mail um 17:12 Uhr weiter aus:
„…Wir haben Kalkulationen und Berechnungen durchgeführt und haben festgestellt, dass das Material, dass aufzuschweissen ist, beträgt pro Teil fast 40 kg, diese Arbeit an 18 Teilen ist bis Dienstag leider nicht machbar.
Wenn es weniger gewesen wäre, hatten wir schon unsere Schweisser beauftragt morgen bei Ihnen zu sein. Aber soviel Auftragsschweissen würde erst einmal zeitlich sehr viel Aufwand nehmen und die Geometrie der Teile sicher verbiegen.
Wir werden sofort das Modell ändern und die Neufertigung beginnen, um Ihnen am 30.06.12 neue gute Teile als kostenlosen Ersatz, zu liefern.
Es tut mir wirklich sehr leid, dass dieser Auftrag so schief gelaufen ist. Der Modellhersteller hat eine falsche Zeichnung genommen und der Kollege im Modelldesign bei uns hat es nicht geprüft als es fertig war. Dieser Kollege arbeitet nicht mehr bei uns im Haus. …
Ich würde auch gerne wissen wie es kostenmässig weiter gehen soll, wieviel Kosten Sie hatten für den Aufwand usw. …“
Die Klägerin macht geltend, sie sei selbst in der Lage gewesen die Nacherfüllung vorzunehmen. Durch die unberechtigte Selbstvornahme der Nacherfüllung durch die Beklagte habe sie die Nacherfüllung selbst nicht erbringen können. Die Beklagte habe die Selbstvornahme unberechtigt ausgeführt. Eine Fristsetzung zur Vornahme der Nachbesserung sei nicht entbehrlich gewesen. Ihr, der Klägerin, sei nicht bekannt gewesen, dass hinter dem Auftrag der Stillstand einer Raffinerie gestanden habe. Es sei für sie nicht ersichtlich gewesen, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines Fixgeschäftes gehandelt habe. Eine angemessene Frist zur Nachbesserung habe die Beklagte nicht gesetzt. Nach Mitteilung der Mängel durch die Beklagte habe sie, die Klägerin, sich umgehend bereit erklärt, die Nachbesserung sofort und kostengünstiger vorzunehmen. In Bezug auf die geltend gemachten Mängel hinsichtlich der Maße der Rührflügel handele es sich zudem um offensichtliche Mängel. Die Beklagte hätte diese unverzüglich nach Erhalt der Ware am 7. Mai 2012 und nicht erst am 16. Mai 2012 rügen müssen. Ihr Vorbringen sei insoweit verspätet. Ihr, der Klägerin, sei lediglich die Möglichkeit eingeräumt worden, bis zum 18. Mai 2012 die Flügel zu besichtigen und eine gemeinsame Sanierung zu besprechen. Eine Aufforderung zur Nachbesserung sei darin nicht zu sehen. Sie wäre zudem nicht mit einer angemessenen Frist verbunden gewesen. Zudem habe der Beklagten kein Recht zugestanden, bis zum 30. Juni 2012 eine Neulieferung zu verlangen. Die Kosten einer Neulieferung stünden außer Verhältnis zu den Kosten einer Nachbesserung. Eine Selbstvornahme auf ihre Kosten und eine Neulieferung könnten nicht zusammen verlangt werden. Mit ihrem Schreiben vom 18. Mai 2012, 17:12 Uhr, habe sie nicht klargestellt, dass die Beklagte berechtigterweise eine Selbstvornahme der nicht vertragsgemäßen Lieferung vorgenommen habe. Vielmehr erkundige sie, die Klägerin, sich lediglich über die Kosten.
Sie bestreite die völlig unverhältnismäßigen Kosten der Selbstbeseitigung. Es werde bestritten, dass die vorgebrachten Stunden überhaupt in der Höhe angefallen seien, zumal Arbeitsstunden an Tagen genannt seien, an welchen sich die Rührflügel nach Mitteilung der Beklagten zur Nacharbeitung bei dem durch die Beklagte beauftragten Subunternehmer befunden hätten. Die Rührflügel hätten sich im Zeitraum vom 11. Mai 2012 bis zur Rücklieferung am 15. Mai 2012 bei der Firma ... in Hamburg befunden. Gleichzeitig würde aber in diesem Zeitraum ein Arbeitsaufwand von mehr als 90 Stunden aufgestellt, ohne dass dargelegt werde, welche Rührflügel gerichtet worden seien.
Hinzu komme, dass der gemäß der Bestellung der Beklagten die Gewährleistung nur die Nachbesserung oder den Ersatz der Produkte umfasse, wobei Montage- oder Demontagekosten nicht gedeckt seien. Die Klägerin habe mit E-Mail vom 16. Mai 2012 als Art der Gewährleistung die Ersatzlieferung gewählt, indem sie sie, die Klägerin, aufgefordert habe, ihr bis zum 25. Mai 2012 einen Termin zur Nachlieferung zu nennen. Ansonsten würde man bei einem Fremdunternehmen bestellen und die Klägerin mit den Mehrkosten sowie eventuellen Schadensersatzansprüchen belasten. Die geschuldeten Rührflügel seien wie von der Beklagten gewünscht in ihrer Gießerei umgehend fertiggestellt worden. Zudem sei die Klägerin ihrer Schadensminderungspflicht nicht nachgekommen. Die durch die Selbstbehebung des Mangels entstandenen Kosten von 32.156,40 € würden bei weitem über den Kosten (12.500,00 €) liegen, die entstanden wären, wenn sie, die Klägerin, die Behebung des Mangels vorgenommen hätte, bzw. wenn die Beklagte die bereits durch die Beklagte veranlasste Ersatzlieferung angenommen hätte.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr 37.846,00 € gemäß Rechnung Nr. FVE12/0154 vom 04.05.2012 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.06.2012 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte macht geltend, die Klägerin habe mit Schreiben vom 18. Mai 2012, 17:12 Uhr, klargestellt, dass sie, die Beklagte, berechtigterweise eine Selbstbeseitigung der nicht vertragsgemäßen Lieferung vorgenommen habe, man habe nunmehr letztlich in Erfahrung bringen wollen, welchen Gesamtaufwand die Beklagte für die Selbstbeseitigung zu verzeichnen gehabt habe. Das Schreiben belege auch, dass die Klägerin nicht in der Lage gewesen wäre, Nacharbeiten durchzuführen. Die Klägerin habe die von ihr, der Beklagten, durchgeführte Ersatzvornahme akzeptiert. Es erstaune, wenn die Klägerin die Dauer der Nachbearbeitung bzw. den Hin- und Rücktransport mit 6 Tagen angebe. In Anbetracht der fehlenden Termintreue der Klägerin, die sich seit den ersten Anfragen im März 2012 dokumentiere, könne keine Rede davon sein, dass dieser Vortrag glaubhaft sei bzw. in die Realität hätte umgesetzt werden können. Der Schaden, den sie von Seiten ihres Auftraggebers hätte genannt bekommen, hätte den hier im Streit befindlichen Aufwand um ein Vielfaches überschritten. Die fehlende Bearbeitung der Rührflügel und die am 8. Mai 2012 auch gerügte Überhöhung der Rührflügel um 20 mm hätten ein Überfräsen nicht möglich gemacht, so dass die Rührflügel hätten gerichtet werden müssen. Die von ihr vorgenommenen Leistungen im Hinblick auf die gerügten Mängel seien mit einem erheblichen Aufwand verbunden gewesen, weil das Handling sich als ausgesprochen schwierig gestaltet habe. Demzufolge habe erst am 16. Mai 2012 festgestellt werden können, dass die Rührflügel auch noch entgegen den vertraglich vereinbarten Abmessungen zu groß gewesen seien. Es sei wenig angemessen, von einer verspäteten Mängelrüge zu sprechen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 19. Dezember 2013 zum Umfang der Nacharbeiten durch die Beklagte durch Vernehmung der Zeugen ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ..., ... und ... Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 24. April 2014 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist wegen einer Hauptforderung in Höhe von 5.664,80 € nebst Zinsen begründet.
Die nach Artikel 53 CISG begründete Kaufpreisforderung der Klägerin in Höhe von 37.846,00 € ist für sich genommen dem Grunde und der Höhe nach zwischen den Parteien nicht im Streit. Diese Forderung ist durch Aufrechnung mit Gegenansprüchen der Beklagten in Höhe von insgesamt 32.181,20 € ( 1.892,30 € Verzugsentschädigung und 30.288,90 € Ersatzvornahmekosten) erloschen.
Mangels einer getroffenen Rechtswahl ist auf den vorliegenden Vertrag gemäß Artikel 1 Abs. 1 a das UN-Kaufrecht (CISG) anzuwenden. Sowohl Spanien als auch Deutschland sind Vertragsstaaten. Der Vertragsschluss ist durch Angebot und Annahme zustande gekommen.
Das CISG ist weder durch die Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Europäischen Gießereien, die die Klägerin zur Grundlage ihres Angebotes gemacht hat, noch durch die Allgemeinen Einkaufbedingungen, die die Beklagte zum Gegenstand ihrer Bestellung gemacht hat, ganz oder teilweise abbedungen worden. Die Parteien haben dafür gesorgt, dass die Geschäftsbedingungen der jeweils anderen Seite nicht in den Kaufvertrag einbezogen wurden. Die unterschiedlichen Geschäftsbedingungen stehen dem wirksamen Abschluss des Kaufvertrages nicht entgegen. Die Parteien sehen widersprechende Geschäftsbedingungen nicht als Hindernis für die Durchführung des Kaufvertrages an.
Die Parteien haben zudem zur Gewährleistung und zur Verzugsentschädigung explizite Regeln getroffen, die dem UN-Kaufrecht vorgehen.
Der Beklagten steht zunächst eine Verzugsentschädigung in Höhe von 5 % des Gesamtbestellwertes in Höhe von 1.892,30 € zu. Verbindlich vereinbart war ein Liefertermin zum 11. April 2012. Die Klägerin lieferte der Beklagten am 27. April 2012 6 Rührflügel, vgl. Anlage K 13; die komplette Lieferung erreichte die Beklagte hingegen erst am 6. Mai 2012. Die Parteien haben vereinbart, dass bei einer verspäteten Lieferung ab dem 18. April 2012 eine Verzugsentschädigung von 2 % je angefangene Kalenderwoche, max. jedoch 5 % des Gesamtbestellwertes verwirkt ist. Die maximale Entschädigung ist daher bei einer Verzugsdauer von zweieinhalb Wochen verwirkt. Ein derartiger Verzug hat hier vorgelegen. Zwischen dem 18. April 2012 und dem 6. Mai 2012 liegen zweieinhalb Wochen.
Weiterhin steht der Beklagten ein Gegenanspruch auf Erstattung von Ersatzvornahmekosten in Höhe von insgesamt 30.288,90 € (noch von der Beklagten geltend gemachter Betrag von 32.156,40 € abzüglich von der Kammer vorgenommener Kürzungen in Höhe von 1.867,50 €) zu. Die Parteien haben zur Gewährleistung geregelt, dass diese die Nachbesserung oder den Ersatz der Produkte umfasst; Montage- oder Demontagekosten sind danach nicht mit abgedeckt. Diese Regelung lehnt sich an Artikel 46 CISG an.
Der Käufer kann, sofern die Ware nicht vertragsgemäß ist, Ersatzlieferung verlangen, wenn die Vertragswidrigkeit eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt und die Ersatzlieferung entweder zusammen mit einer Anzeige nach Artikel 39 CISG oder innerhalb einer angemessenen Frist danach verlangt wird, Artikel 46 Abs. 2 CISG. Nach Artikel 46 Abs. 3 CISG kann er bei nichtvertragsgemäßer Ware vom Verkäufer auch verlangen, die Vertragswidrigkeit durch Nachbesserung zu beheben. Aus Artikel 48 Abs. 1 CISG ist abzuleiten, dass die Kosten einer Ersatzlieferung oder Nachbesserung den Verkäufer treffen. Zudem ergibt sich aus Artikel 45 Abs. 1 b, Abs. 2 CISG, dass der Verkäufer dem Käufer auch alle anderen Nachteile zu ersetzen hat, die ihm durch die Fehlerhaftigkeit der ersten Lieferung entstanden sind, soweit sie durch die Ersatzlieferung oder Nachbesserung nicht mehr behoben werden können.
Die von der Klägerin gelieferten Rührflügel waren vertragswidrig. Der Produktionsleiter der Beklagten, der Zeuge Hannemann, hat die Vertragswidrigkeit anschaulich dargestellt. Die Ausführung der Flügel war anhand von Zeichnungen vorgegeben. Die gelieferten Flügel waren nach außen hin hochgebogen und mussten nach der Darstellung des Zeugen an der Unterseite noch eine Schräge bekommen. Diese Schräge habe jedoch gefehlt. Die Flügel mussten demgemäß wieder runtergebogen und anschließend mit einer Schräge versehen werden. Außerdem sei es erforderlich gewesen, die Unter- und Oberseite mechanisch zu erarbeiten. Die Schrägen habe die Beklagte allerdings nicht selbst anbringen können. Dies sei vielmehr durch Fremdfirmen erledigt worden. Beim Zusammenschrauben der Flügel sei dann auch später festgestellt worden, dass die Klägerin eine falsche Form genommen gehabt habe, so dass die Flügel auch noch zu lang gewesen seien und deshalb hätten eingekürzt werden müssen. Auf jeder Seite der Flügel hätten 25 cm abgeschnitten werden müssen. Auch der Zeuge Gewinner hat anschaulich geschildert, dass die gebogenen Flügel durch Erwärmen wieder gerade hätten gezogen werden müssen. Es habe sich um relativ viel Masse gehandelt. Der Maschinenbauer ... hat als Zeuge die schlechte Qualität der Flügel bestätigt. Die Flügel hätten gerichtet und die vordere Schneide geschliffen werden müssen. Die Flügel hätten nach oben weggestanden, obwohl sie parallel zum Boden hin hätten gerichtet sein müssen. Der Zeuge ... hat bekundet, dass die Ober- und Unterseiten deutlich unebener gewesen seien, als dies hätte sein sollen. Die Oberseite sei viel zu krumm gewesen und die Unebenheiten seien viel zu groß gewesen, als das man dies mit einer Maschine hätte beheben können. Auch der Zeuge hat authentisch erläutert, wenn die Flügel zu krumm seien, könnten sie in der Maschine nicht ordnungsgemäß laufen. Der Zeuge ... hat die Rührflügel auf der Oberseite geschliffen. Nach seinem Eindruck waren die Rührflügel vorne zu dick gegossen worden und es hatten sich regelrechte Wellen gebildet. Der Zeuge ..., von Beruf Stahlbauschlosser, hat dargestellt, dass die Flügel schief gefertigt waren. Die Flügel müssten flach über die Ebene laufen. Wenn die Flügel in dem gelieferten Zustand eingebaut worden wären, wäre eine Seite des Flügels auf den Boden geraten. Es sei festgestellt worden, dass die Schneide mit einer großen Flex hätte nachgearbeitet werden müssen. Die Schneide habe nicht die vorgegebene Gradzahl aufgewiesen. Die Schneide habe flachgeschliffen werden müssen, damit sie sich ordnungsgemäß über dem Boden habe bewegen können. Der Werkstattmeister der Beklagten ... hat von den erheblichen Nacharbeiten berichtet. Er hat die Richtarbeiten geschildert und auch die Feststellung zu langer Flügel bestätigt, die an den Enden hätten abgeschnitten werden müssen.
Die Regelung der Parteien zur Gewährleistung ist im Lichte des Artikels 48 CISG auszulegen. Unter der Voraussetzung der Zumutbarkeit für den Käufer hat der Verkäufer grundsätzlich ein Wahlrecht, wie er den Mangel beseitigen will. Er kann sich grundsätzlich entscheiden, ob er den Mangel durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung beseitigt. Es ist ihm auch gestattet, unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit mehrere Nacherfüllungsversuche auszuführen (z. B. zunächst Nach-besserung, dann Ersatzlieferung; Schlechtriem/Schwenzer, Müller-Chen, UN-Kaufrecht, 5. Aufl., Artikel 48 Rn. 6). Der Verkäufer darf gemäß Artikel 48 Abs. 1 CISG aber nur nachbessern, wenn dies für den Käufer nicht unzumutbar ist. Insoweit kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Maßgeblich ist die objektivierte Käuferperspektive und nicht die Einschätzung des Verkäufers, vgl. Schlechtriem/Schwenzer, Müller-Chen, a.a.O., Rn. 9). Die Nachbesserung durch die Klägerin war für die Beklagte unzumutbar. Die Beklagte hatte ihr Vertrauen in die Termintreue der Klägerin verloren. Als verbindlicher Liefertermin war der 11. April 2012 vereinbart gewesen. Es hatte bereits wegen der termingerechten Ausführung einer Vorbestellung Schwierigkeiten gegeben. Die Klägerin hatte unter dem 6. Februar 2012 versichert, dass sich Derartiges nicht wiederholen werde, und zur Sicherheit der Beklagten terminliche Garantien in Form einer Verzugsstrafe angeboten. Die Klägerin musste auch davon ausgehen, dass wegen des verbindlich vereinbarten und qualifiziert zugesicherten Liefertermins die Beklagte mit ihrem Auftraggeber nachhaltige Schwierigkeiten bekommen würde, wenn dieser Liefertermin nicht zeitnah eingehalten werden würde. Vor diesem Hintergrund war die Beklagte nicht gehalten, sich darauf einzulassen, die Flügel nach Spanien zurückzugeben. Die Beklagte konnte sich keinesfalls mehr darauf verlassen, dass die Klägerin in der Lage sein würde, das in Aussicht gestellte Zeitfenster von 6 Tagen für die Nacharbeit einzuhalten. Die Klägerin hat sich mit E-Mail vom 18. Mai 2012, 17:12 Uhr, Anlage B 17, auch selbst nachhaltig vom Umfang der Nacharbeiten überrascht gezeigt. Demgemäß war der Beklagten in zeitlicher Hinsicht eine Nachbesserung durch die in Spanien ansässige Klägerin schon nicht zumutbar. Hinzu tritt in gravierendem Maße der erhebliche Umfang der Vertragswidrigkeit der Klägerin, der aufwändige Nacharbeiten erforderte. Die Klägerin hat zudem selbst erläutert, dass der Modellhersteller eine falsche Zeichnung genommen habe, und dass der Kollege im Modelldesign keine Fertigungskontrolle vorgenommen habe. Deutlicher lässt sich durch Eigenerklärung die eigene Unzuverlässigkeit kaum dokumentieren. Vor diesem Hintergrund war die Beklagte nicht gehalten, von einer Ersatzvornahme abzusehen und allein auf eine zeitgerechte und komplette Nacherfüllung seitens der Klägerin durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung zu setzen. Die Beklagte war vielmehr berechtigt gewesen, wie geschehen mit der Ersatzvornahme bereits ab dem 9. Mai 2012 zu beginnen. Die E-Mail vom 18. Mai 2012, 17:12 Uhr, ist nicht nur eine Anfrage seitens der Klägerin, die ein rein informatorisches Interesse an dem Aufwand der Beklagten ausweist. Vielmehr hatte die Klägerin durch die Nachfrage, wie es kostenmäßig weitergehen solle und durch das Anerkenntnis des hohen Aufwands an Nacharbeit zugleich zu verstehen gegeben, dass die Nacharbeit in Eigenregie der Beklagten zumindest gut vertretbar gewesen ist. Das die Klägerin einen kostenlosen Ersatz der Teile angeboten hat und die Beklagte dies zusätzlich auch verlangt hat, steht dem Anspruch der Beklagten auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten nicht entgegen. Die Neuanfertigung ist als „goodwill“ oder vertrauensbildende Maßnahme zu verstehen. Keineswegs hatte die Beklagte zum Ausdruck gebracht, bei einer Neuanfertigung auf Aufwendungsersatzansprüche verzichten zu wollen.
Der Anspruch auf Ersatz der eigenen Aufwendungen scheitert nicht an Artikel 39 CISG. Danach verliert der Käufer das Recht, eine Vertragswidrigkeit der Ware geltend zu machen, wenn er diese nicht spezifiziert innerhalb angemessener Frist rügt, nachdem er sie festgestellt hat bzw. nachdem er sie gemäß Artikel 38 CISG hätte feststellen müssen. Diese Frist beträgt im Rahmen des CISG im Hinblick auf die unterschiedlichen nationalen Rechtstraditionen etwa einen Monat, vgl. BGH vom 08.03.1995 - VIII. ZR 159/94. Die ersten 6 Rührflügel waren am 27. April 2012 geliefert worden, am 6. Mai 2012 war die Bestellung komplett bei der Beklagten eingetroffen. Hieraus erhellt, dass selbst die Rüge zum Radius vom 16. Mai 2012 nicht verspätet erhoben war.
Die Aufstellung der Beklagten zur Nacharbeit, Anlage B 18, unterliegt von der Stundenanzahl her gewissen Kürzungen. Für den Produktionsleiter der Beklagten ... sind im Zeitraum vom 22. März 2012 bis zum 8. Mai 2012 insgesamt 24,5 Stunden angesetzt. Diese Stundenanzahl ist herauszunehmen. Die Beklagte stützt sich mit ihrer Aufstellung auf Kosten, die mit Mängeln der Rührflügel in Zusammenhang stehen. Der Zeuge ... hat für die Tätigkeit ab dem 22. März 2012 ohne spezifizierte Angaben von einem auftragsbegleiteten Aufwand gesprochen. Dieser Aufwand habe mit der Nacharbeit der Rührflügel direkt nichts zu tun. Aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit habe er befürchtet, dass die Ware nicht termingerecht geliefert werden würde. Wegen dieser Kosten hat sich die Beklagte schon durch die vereinbarte Verzugsentschädigung teilweise abgesichert. Auch der Aufwand vom 8. Mai 2012 in Form von 8 Stunden für die Prüfung von Bauteilen ist nicht erstattungsfähig. Insoweit handelt es sich um Sowiesokosten. Erstattungsfähig ist jedoch der Aufwand des Zeugen Hannemann am 9. Mai 2012 und am 10. Mai 2012. An diesen Tagen war der Zeuge in Hamburg und Lübeck vor Ort gewesen, um die Nachbesserung bei den Fremdfirmen abzuklären. Die für die Zeugen ..., ..., ..., ..., ..., ..., ... und ... angesetzten Kosten sind nicht zu kürzen. Insoweit hat die Beweisaufnahme ergeben, dass diese Tätigkeiten tatsächlich angefallen waren. Die Kammer schließt insoweit ein manipulatives Erfassen von Zeitaufwand durch einen der Zeugen und/oder die Beklagte selbst aus. Die in der Aufstellung aufgeführte Zeugin ... war nicht vernommen worden. Insoweit haben sich die Parteien darauf verständigt, dass für den Fall der Haftung der Klägerin für diese Zeugin statt 6 nur 3 Stunden anzusetzen sind. Insoweit ergibt sich daher ein Kürzungsbetrag für 27,5 Stunden á 45 € = 1.237,50 €.
Zu ersetzen sind auch die Fahrtkosten zu den externen Fertigern und der innerbetriebliche Transportaufwand. Die Erinnerung der insoweit eingesetzten Zeugen an die einzelnen Fahrten ist naturgemäß nicht mehr sehr ausgeprägt gewesen. Anhaltspunkte für zu hohe Aufschreibungen bestehen jedoch auch insofern nicht. Insbesondere der Zeuge ..., der den innerbetrieblichen Transport und das Packen der Paletten und das Einpacken übernommen hatte, konnte sich an Einzelheiten nur noch sehr rudimentär erinnern. Die Kammer sieht aber auch insoweit keinen Ansatz für Kürzungen. Die Kammer berücksichtigt, dass restliche Unsicherheiten und Unwägbarkeiten wegen einer exakten Stundenerfassung verbleiben. Der Zeuge ... hat aber auch versichert und deutlich gemacht, dass in der Aufstellung Anlage B 18 die Einkürzarbeiten nicht erfasst sind. Insoweit besteht eine gewisse Kompensation für verbleibende Unwägbarkeiten. Die Kammer sieht davon ab, einen ansonsten zu erwägenden Unsicherheitsabschlag beim Personalaufwand von 5 % vorzunehmen, § 287 ZPO. Die Kammer hält es aber für angezeigt und angemessen, den Stundensatz für die Fahrer ..., .... und ... sowie die Hilfskraft ... von 45,00 € auf 30,00 € zu kürzen. Damit ergibt sich ein weiterer Kürzungsbetrag in Höhe von 630,00 € (42 h x 15,00 €).
Es besteht kein Anlass, Abstriche bei den hohen Energiekosten zu machen, die im Zuge des Richtens angefallen waren. Der Zeuge ... hat insoweit versichert, insoweit sei längst nicht sämtlicher Aufwand erfasst worden. Dieser hohe Verbrauch des Inhalts von Gasflaschen für die Richtarbeiten an den Rührflügeln findet in gewisser Weise seine Bestätigung und sein Spiegelbild in dem nachgewiesenen hohen Stundenaufwand der eingesetzten Mitarbeiter.
Die Fremdleistungen durch die Firma ... sind in Höhe von 12.818,00 € zu erstatten. In Korrektur zu der Aufstellung Anlage B 18 sind für die Kosten durch die Firma DSD in Lübeck nicht in Höhe von 4.250,00 € anzusetzen, sondern gemäß Rechnung vom 23.05.2012, Anlage B 20, lediglich 950,00 € netto. Diesem schlichten Versehen des Zeugen ... hat die Beklagte bei der Bezifferung der Ersatzvornahmekosten mit der Klagerwiderung Rechnung getragen.
Die Entscheidung zu den Zinsen bestimmt sich nach spanischem Recht, weil sie im CISG nicht geregelt ist, Artikel 7 CISG, Artikel 28 EGBGB. Seit dem 23. Februar 2013 entspricht der gesetzliche Verzugszinssatz in Spanien dem Zinssatz der Europäischen Zentralbank zzgl. 8 Prozentpunkte; vor dem 23. Februar 2013 wurden dem gesetzlichen Zinssatz der Europäischen Zentralbank lediglich 7 Prozentpunkte hinzuaddiert.
Die Nebenentscheidungen finden ihre Rechtsgrundlage in §§ 92 Abs. 1, 709 Satz 1 ZPO.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 37.846,00 € festgesetzt.