Landgericht Stade
Beschl. v. 29.04.2014, Az.: 9 T 38/14

Bibliographie

Gericht
LG Stade
Datum
29.04.2014
Aktenzeichen
9 T 38/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 42498
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG - 07.03.2014 - AZ: 9 M 3238/14

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Tostedt vom 7. März 2014 dahingehend ergänzt, dass der Gläubigerin Rechtsanwältin L. für das Verfahren in erster Instanz beigeordnet wird. Die Beiordnung erfolgt zu den Bedingungen eines im Bezirk des Amtsgerichts Tostedt ansässigen Rechtsanwalts.

Gerichtskosten fallen für das Beschwerdeverfahren nicht an. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Gläubigerin strebt mit ihrer sofortigen Beschwerde eine Ergänzung des Beschlusses des Amtsgerichts Tostedt vom 7. März 2014 dahingehend an, dass ihre Verfahrensbevollmächtigte im Rahmen der für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bewilligten Prozesskostenhilfe beigeordnet wird.

Der Gläubigerin steht nach dem Beschluss des Amtsgerichts L. vom 28. Juni 2012 (Aktenzeichen 121 F 52/10) Kindesunterhalt gegen den Schuldner zu. Unter dem 19. Februar 2014 beantragte sie über ihre Verfahrensbevollmächtigte beim Amtsgericht Tostedt, gegen den Schuldner einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu erlassen, mit dem die angeblichen Ansprüche des Schuldners aus seinen vertraglichen Rechtsverhältnissen mit der Commerzbank AG (Filiale B.) gepfändet werden sollten. Zugleich beantragte sie, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Einen ausdrücklichen Antrag, hierbei auch ihre Verfahrensbevollmächtigte im Rahmen der Prozesskostenhilfe beizuordnen, stellte sie nicht.

Das Amtsgericht Tostedt bewilligte der Gläubigerin mit Beschluss vom 7. März 2014 Prozesskostenhilfe für den „Pfändungsauftrag lt. Gläubigerantrag vom 19.02.2014 an den Gerichtsvollzieher“ und bestimmte dabei, dass monatliche Raten auf die Verfahrenskosten nicht zu zahlen sind. Eine Entscheidung über die Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin erging hierbei nicht. Unter dem 13. März 2014 beantragte die Verfahrensbevollmächtigte der Gläubigerin, ihr aufgrund der bewilligten Prozesskostenhilfe aus der Landeskasse Gebühren und Auslagen von insgesamt 158,39 € zu zahlen. Auf den mit Schreiben der Kostenbeamtin vom 14. März 2014 erteilten Hinweis, dass der Beschluss vom 7. März 2014 keine Beiordnung enthalte, beantragte sie mit Schriftsatz vom 18. März 2014, den Beschluss entsprechend zu ergänzen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei so zu verstehen gewesen, dass auch die Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten erfolgen sollte. In dem vorgegebenen Formular sei dies nicht vorgesehen, sodass „diesseits“ unterstellt worden sei, dass bei Beantragung durch einen Rechtsanwalt automatisch auch dessen Beiordnung beantragt sei. Vorsorglich wurde darum gebeten, das Schreiben als Beschwerde zu verstehen.

Das Amtsgericht Tostedt sah das Schreiben als sofortige Beschwerde an und half dieser mit seinem Beschluss vom 16. April 2014 nicht ab. In dem Antrag vom 19. Februar 2014 sei lediglich um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgesucht worden. Ein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts sei hingegen nicht gestellt worden. Der Ansicht, dass ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, der von einem Rechtsanwalt gestellt wird, zugleich stillschweigend auch den Antrag beinhalte, den Anwalt beizuordnen, sei nicht zu folgen. Das Formular lasse im Übrigen Ergänzungen zu, sodass man einen entsprechenden Antrag dort hätte einfügen können. Eine anwaltliche Vertretung sei in den Zwangsvollstreckungsverfahren nicht vorgeschrieben. Eine stillschweigende Beiordnung komme in Verfahren ohne Anwaltszwang nicht in Betracht. Nachträglich könne ein Rechtsanwalt nicht mehr beigeordnet werden, wenn es versäumt wurde, rechtzeitig einen ausdrücklichen Beiordnungsantrag zu stellen.

II.

Statthafter Rechtsbehelf für das von der Gläubigerin verfolgte Rechtsschutzziel - die Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten - ist die sofortige Beschwerde. Entscheidungen im Prozesskostenhilfeverfahren können nach § 127 ZPO Abs. 2 S. 2 ZPO vom Antragsteller - hier also der Gläubigerin - mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden. Zu den anfechtbaren Entscheidungen zählt dabei auch die Verweigerung der Beiordnung bzw. die Nichtbeiordnung eines Rechtsanwalts (vgl. Fischer in Musielak, ZPO, 10. Aufl. (2013), § 127 RdNr. 14; Kratz in Beck´scher Online-Kommentar ZPO (Stand: 15. März 2014), § 127 RdNr. 21). Der als „Beschwerde“ erhobene Rechtsbehelf ist mithin als sofortige Beschwerde auszulegen.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerdefrist von einem Monat (§ 127 Abs. 2 S. 3 ZPO) ist gewahrt.

In der Sache erweist sich die sofortige Beschwerde als begründet. Die Verfahrensbevollmächtigte der Gläubigerin ist dieser im Rahmen der Prozesskostenhilfe beizuordnen, da dies stillschweigend rechtzeitig beantragt wurde und sich die Beiordnung eines Rechtsanwalts auch in der Sache als erforderlich erweist.

Nach § 121 Abs. 2 ZPO wird der Partei in den Verfahren, bei denen eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben ist, auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn dies erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Zu den Verfahren ohne Anwaltszwang zählen auch die Zwangsvollstreckungssachen. Da der Schuldner seinerseits in dem Verfahren nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, richten sich die Voraussetzungen für die Beiordnung hier danach, ob eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich ist. Den zur Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten erforderlichen Antrag hat die Gläubigerin zugleich mit dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und damit rechtzeitig gestellt. Zwar enthält der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe keinen ausdrücklichen Beiordnungsantrag. Die Gläubigerin hat aber mit dem für sie eingereichten Antrag stillschweigend zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht nur Prozesskostenhilfe, sondern auch die Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten anstrebt. Diese stillschweigende Erklärung kommt darin zum Ausdruck, dass die Verfahrensbevollmächtigte der Gläubigerin mit der Vorlage des Antrages auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ihre Bereitschaft, für die Gläubigerin tätig zu werden, nach außen deutlich zu erkennen gegeben hat. Dies ist Voraussetzung für eine Vertretung im Rahmen der Prozesskostenhilfe, da nur ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet werden darf. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist somit dahingehend auszulegen, dass zugleich auch die Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten erstrebt wird (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl. (2010), § 121 RdNr. 14; Fischer in Musielak, a.a.O, § 121 RdNr. 5; Reichling in Beck´scher Online-Kommentar ZPO, a.a.O., § 121 RdNr. 14). Soweit, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, von Teilen der Rechtsprechung ein ausdrücklicher Antrag verlangt wird (so beispielsweise LAG Schleswig-Holstein, NZA-RR 2005, 327), überzeugt die Kammer dies nicht. Die Annahme, dass ein Rechtsanwalt mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die von ihm vertretene Partei zwar eine Freistellung von den Kosten des gerichtlichen Verfahrens, nicht aber zugleich auch die Übernahme seiner Gebühren erstrebt, erscheint nicht als sonderlich lebensnah. Zutreffend ist insoweit zwar auch, dass von einem Rechtsanwalt erwartet werden darf, dass ihm das Antragserfordernis aus § 121 Abs. 2 ZPO bekannt ist. Auch könnte sich die Verfahrensbevollmächtigte der Gläubigerin nicht darauf berufen, dass der von ihr verwendete Vordruck die Möglichkeit nicht vorsah, dort mittels Ankreuzfeldes oder auf sonstige Weise einen entsprechenden Antrag anzubringen, da dies auf dem Formular oder ggf. einem gesonderten Anschreiben hätte kenntlich gemacht werden können. All dies ändert aber nichts daran, dass dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach seinen äußeren Umständen der Erklärungswert zukam, dass die Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet werden soll.

Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist hier auch erforderlich. Erforderlich ist die Vertretung durch einen Rechtsanwalt dann, wenn Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Angelegenheit befürchten lassen, dass der Antragsteller aufgrund seiner persönlichen Kenntnisse nicht dazu imstande ist, seine Rechte selbst wahrzunehmen (vgl. Zöller/Geimer, a.a.O., § 121 RdNr. 4). Im Falle der sechzehn Jahre alten Gläubigerin liegt es nicht nahe, dass diese über solche Kenntnisse der rechtlichen Voraussetzungen und Besonderheiten bei der Vollstreckung von Unterhaltstiteln verfügt, dass sie den Antrag selbst stellen könnte. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 25. September 2003 - IXa ZB 192/03 = FamRZ 2003, 1921) bei der Vollstreckung von Unterhaltstiteln im Regelfall als notwendig erweist.

Die Einschränkung, dass die Beiordnung zu den Bedingungen eines am Ort des zuständigen Gerichts ansässigen Rechtsanwalts erfolgt, trägt der Bestimmung in § 121 Abs. 3 ZPO Rechnung. Danach kann ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

Gerichtskosten entstehen bei einer erfolgreichen Beschwerde im Prozesskostenhilfeverfahren nicht, da das Gerichtskostengesetz (GKG) lediglich im Falle einer erfolglosen Beschwerde gegen eine PKH-Entscheidung einen Gebührentatbestand vorsieht. Die Kammer hat dies zur Klarstellung im Entscheidungstenor festgehalten. Die Erstattung außergerichtlicher Auslagen - insbesondere also der Anwaltsgebühren - ist nach § 127 Abs. 4 ZPO ausgeschlossen.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist es eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 574 Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO).