Landgericht Stade
Urt. v. 17.02.2014, Az.: 5 O 325/14
Bibliographie
- Gericht
- LG Stade
- Datum
- 17.02.2014
- Aktenzeichen
- 5 O 325/14
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2014, 42452
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf eine Vertragsstrafe aus einer abgegebenen Unterlassungsverpflichtung in Anspruch.
Der Beklagte ist ein Verein, der Ferienwohnraum ... vermittelt. Er repräsentiert mittlerweile etwa 100 Klein- und Großvermieter mit insgesamt mehr als 1.000 Ferienobjekten. Die Klägerin war Mitglied des Beklagten. Es kam dann zu Spannungen im Verein und zum Austritt der Klägerin. Trotzdem war nach dem Austritt der Klägerin noch ihr Ferienobjekt auf der Homepage des Beklagten zu finden. Der Beklagte inserierte nicht nur im Namen der Klägerin Ferienwohnraum, sondern vermittelte darüber hinaus unrichtig den Eindruck, die Klägerin sei (noch) Vereinsmitglied. Die Klägerin mahnte den Beklagten entsprechend ab. Resultat dieser Abmahnung war die Hergabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung des Beklagten, datiert auf den 13.03.2013, mit dem folgenden Inhalt:
„Der ... Tourismus e.V. (…) verpflichtet sich gegenüber ... (…), es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bei Vermeidung einer angemessenen und von der Gläubigerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Vertragsstrafe, deren Höhe im Streitfall vom zuständigen Gericht zu überprüfen ist, auf der Internetpräsenz des ... e.V. die Ferienwohnung/en der Gläubigerin wie nachstehend dargestellt zu bewerben und dadurch den Eindruck zu vermitteln, die Gläubigerin sei Vereinsmitglied und biete ihre Vermietungsobjekte über die Internetpräsenz des Schuldners zu Vermietungszwecken an“ (Anlage K 1).
Am 04.10.2013 gab ..., ein Bekannter ..., bei der Internetsuchmaschine Google gleichzeitig die Suchbegriffe „... Tourismus“ und „...“ ein. Die Suche führte sodann über einen Link zu einem Treffer auf der Homepage des Beklagten, bei dem allerdings die fotografische Darstellung des Objekts fehlte (vgl. Screenshot Anlage K 2). Wenn man dagegen bei Google nur nach „... -Tourismus“ gesucht hat, hat man den Eintrag der Klägerin auf der Homepage des Beklagten nicht gefunden. Aktuell ist der Eintrag ebenfalls nicht (mehr) vorhanden.
Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe auch nach Abgabe der Unterlassungsverpflichtung noch mit ihrem Wohnraum im Internet geworben. Bei der Websuche am 04.10.2013 sei ein entsprechender [aktueller] Eintrag auf der Homepage des Beklagten zu finden gewesen. Erst danach – nach einem entsprechenden Hinweis auf den Missstand durch ... und das Ehepaar ... - sei der Programmierer des Beklagten von diesem beauftragt worden, eine Änderung auf der Webseite vorzunehmen. Sie ist der Ansicht, der Beklagte habe auch nach Abgabe der Unterlassungsverpflichtung gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen verstoßen. Eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.001,00 € sei mindestens angemessen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.001,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.10.2013 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er behauptet, bei dem Screenshot vom 04.10.2013 handele es sich nicht um einen Ausdruck seiner aktuellen Homepage, sondern um „Datenschrott“, der am 18.11.2012 – was der Browserzeile zu entnehmen sei – irgendwo aus dem Internet gezogen worden und noch „irgendwo“ zwischengespeichert gewesen sei. Bereits vor Abgabe der Unterlassungsverpflichtung habe er die Daten der ursprünglich am Werbekonzept beteiligten Klägerin gelöscht. Er ist der Ansicht, er habe sich mit der Unterlassungsverpflichtung nicht verpflichtet, jegliche irgendwo im Internet aus welchen Gründen auch immer gespeicherten Daten zu entfernen. Der Screenshot vom 04.10.2013 sei also nicht geeignet, eine Vertragsstrafe auszulösen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen mit Ausnahme der Schriftsätze der Klägerin vom 20.02.2014 und des Beklagten-Vertreters vom 21.02.2014, soweit diese neue Angriffs- und Verteidigungsmittel enthalten.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Er folgt nicht aus § 339 BGB in Verbindung mit der Unterlassungsverpflichtungserklärung des Beklagten vom 13.03.2013, der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage.
Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich nicht, dass der Beklagte tatsächlich gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen hat. Der Beklagte hat sich verpflichtet, „es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs (…) auf der Internetpräsenz des ... Tourismus e.V. die Ferienwohnung/en der Gläubigerin zu bewerben“. Tatsächlich ist jedoch jedenfalls am 04.10.2013 noch ein Eintrag im Internet zu finden gewesen, der aus einer Websuche bei Google folgte und auf die Homepage des Beklagten führte und ein Ferienobjekt der Klägerin beinhaltete. Für die Beurteilung, ob auch ein solcher Eintrag „auf Umwegen“ einen Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung darstellt, ist das Strafversprechen entsprechend auszulegen. Es gelten die allgemeinen Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB. Vom maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont her, der vorliegend mit dem Wortlaut der Erklärung einhergeht, ist die Unterlassungsverpflichtung so zu verstehen, dass der Beklagte etwaige Ferienobjekte der Klägerin vollständig von seiner Internetpräsenz, nämlich seiner Homepage ..., entfernt und zwar ab sofort für die Zukunft. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Klägerin daran gelegen war, ihre ursprünglich von dem Beklagten beworbenen Ferienobjekte vollständig aus dem Internet zu verbannen. Eine entsprechende Verpflichtung wollte sicherlich auch der Beklagte nicht abgeben, denn er trat nur als zeitweiser Vermittler der Objekte auf. Die Unterlassungsverpflichtung war also nur darauf gerichtet, dass der Beklagte „ab sofort“ nicht mehr als Vermittler der Ferienobjekte auftritt. Ausdrücklich war die Unterlassungsverpflichtung nur auf die eigene Homepage des Beklagten beschränkt. Es war sowohl das Medium als auch die Darstellungsform klar bestimmt.
Der vorliegende Sachverhalt ist zu unterscheiden von solchen Konstellationen, in denen der Betroffene in eine Veröffentlichung seiner Daten im Internet gänzlich nicht eingewilligt hat. Nur in einem solchen Fall kann eine Unterlassungsverpflichtung so weit führen, dass die entsprechenden Daten aus dem Internet ohne Fortbestehen der Aufrufbarkeit restlos entfernt werden müssen (vgl. OLG Köln, Urt. v. 15.12.2009 – Az. 15 U 90/09 – juris).
Es kommt also vorliegend für die Beurteilung, ob ein Verstoß des Beklagten gegen die abgegebene Unterlassungsverpflichtung vorliegt, nicht darauf an, dass ein entsprechender Eintrag, der die Homepage des Beklagten mit einem Ferienobjekt der Klägerin in Verbindung bringt, bei Google zu finden ist. Entscheidend ist allein, ob der Beklagte noch weiter – ob aktiv durch erneutes Hineinsetzen oder passiv durch ein Nichtlöschen des Eintrags – auf seiner Homepage mit dem Ferienobjekt der Klägerin geworben hat, ob er also den streitgegenständlichen Eintrag vom 04.10.2013 zu verantworten hat. Der Beklagte bestreitet das. Er trägt insoweit unter Beweisantritt vor, dass er über seinen Programmierer bereits vor Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung sämtliche Daten der ursprünglich am Werbekonzept beteiligten Klägerin habe löschen lassen. Gemessen an dem substantiierten Bestreiten des Beklagten hat die Klägerin ein entsprechendes werbendes weiteres Tätigwerden des Beklagten nicht konkretisiert und nachvollziehbar dargelegt.
Der Vortrag der Klägerin stützt sich einzig auf den als Anlage K 2 zur Akte gereichten Screenshot von einer Internetsuche des ... am 04.10.2013. Dass dieser Eintrag zum fraglichen Zeitpunkt im Internet zu sehen gewesen ist, ist zwischen den Parteien unstreitig, so dass insoweit kein Beweis zu erheben war. Nicht dargelegt hat die Klägerin jedoch, dass der Eintrag auf ein Handeln oder Unterlassen des Beklagten zurückzuführen ist. Die Klägerin hätte ihren pauschalen Vortrag konkretisieren und einzelne, nachvollziehbare Ausführungen zu der Aktualität des Verstoßes des Beklagten vornehmen müssen. Vorliegend sind die Behauptungen der Klägerin spätestens durch das Vorbringen des Beklagten unklar geworden. Wenn nun infolge der Einlassung des Gegners der Tatsachenvortrag unklar wird und nicht mehr den Schluss auf die Entstehung des geltend gemachten Rechtes zulässt, bedarf er der Ergänzung (BGH, Urt. v. 12.07.1984, Az. VII ZR 123/83 - juris -; BGH NJW 1962, 1394). Zu einer nachträglichen entsprechenden Substantiierung ist es nicht gekommen.
Vielmehr ergibt sich bereits aus dem klägerischen Vortrag selbst, dass es sich bei dem Screenshot nicht um einen aktuellen Ausdruck von der Homepage des Beklagten handelt. Aus der deutlich sichtbaren Browserzeile ergibt sich, dass die aufgerufene Seite auf den 18.11.2012 - also auf einen Zeitpunkt vor Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung - datiert ist, was bedeutet, dass sich dieser Internetauftritt, wie ihn ... am 04.10.2013 vor sich gesehen hat, auf dem Stand 18.11.2012 befindet. Ob der veraltete Stand der Webseite aus einem Zwischenspeicher der Suchmaschine oder aber aus der Datenbank des PC des ... gezogen wurde, lässt sich nicht erkennen. Wohl aber ist zu erkennen, dass es sich gerade nicht um einen aktuellen Internetauftritt bzw. einen Internetauftritt des Beklagten nach dem 13.03.2013 handelt. Dass es sich bei dem zu der Akte gereichten Screenshot um keinen aktuellen Ausdruck von der Homepage des Beklagten handelt, wird zudem gestützt durch den weiteren Vortrag der Klägerin. Sie trägt nämlich insoweit vor, man habe bei Google gleichzeitig die Suchbegriffe „... Tourismus“ und „...“ eingeben müssen. Wenn man dagegen bei Google nur nach „... -Tourismus“ gesucht habe, habe man den Eintrag der Klägerin nicht gefunden. Daraus folgt, dass es einen Internetauftritt des Beklagten gibt, auf dem Ferienobjekt/e der Klägerin ganz offensichtlich nicht vorkommen. Im Übrigen fehlt bei dem Screenshot die fotografische Darstellung des Objekts, was ebenfalls dafür spricht, dass es sich um einen Restbestand aus einer Suchmaschine handelt, er jedenfalls keinen aktuellen Eintrag auf der Homepage des Beklagten darstellt.
Es kommt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht darauf an, dass der Link zu den Vermietungsobjekten sichtbar und funktionstüchtig war. Denn auch insoweit ist erforderlich, dass der Beklagte dafür verantwortlich ist.
Wenn nun der Beklagte seine Homepage der Unterlassungsverpflichtung entsprechend anpasst und die Ferienobjekte der Klägerin löscht, kann er sich grundsätzlich auch auf eine regelmäßige Aktualisierung der Datenbanken der Suchmaschinen verlassen und muss nicht damit rechnen, dass sich eine von ihm bereits gelöschte Seite für längere Zeit weiterhin im Speicher eines dritten Servers befindet und dort noch aufgerufen werden kann (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschl. v. 09.09.2002 - Az. 3 W 60/02 - juris). Aus dem Umstand, dass „irgendwo im Internet“, nämlich bei Benutzung der Suchmaschine Google, noch eine veraltete Version der Homepage des Beklagten zu finden ist, lässt sich kein Verstoß des Beklagten gegen die Unterlassungsverpflichtung dergestalt herleiten, dass der Beklagte sich nach wie vor mit der Vermittlung der Ferienwohnung der Klägerin rühmt.
Nach alledem hat die Klägerin also nicht schlüssig und substantiiert dargelegt, dass der Beklagte gegen die von ihm abgegebene Unterlassungsverpflichtung vom 13.03.2013 verstoßen hat, indem er weiterhin, insbesondere am 04.10.2013, mit einem Ferienobjekt der Klägerin auf seiner Homepage geworben hat. Die vereinbarte Vertragsstrafe wurde nicht ausgelöst, so dass der Klägerin ein solcher Anspruch bereits dem Grunde nach nicht zusteht.
Ausführungen zur Anspruchshöhe sind mithin entbehrlich.
II.
Die Schriftsätze der Klägerin vom 20.02.2014 und des Beklagten vom 21.02.2104 sind gemäß § 296 a ZPO verspätet, soweit sie neue Angriffs- und Verteidigungsmittel enthalten und gaben keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.