Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 12.12.2006, Az.: 3 A 27/05

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
12.12.2006
Aktenzeichen
3 A 27/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 44583
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGLUENE:2006:1212.3A27.05.0A

In der Verwaltungsrechtssache

...

Streitgegenstand: Abfallgebühren 2005,

hat das Verwaltungsgericht Lüneburg - 3. Kammer - auf die mündliche Verhandlung vom 12. Dezember 2006 durch den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts Siebert, die Richterin am Verwaltungsgericht Sandgaard, die Richterin am Verwaltungsgericht Minnich sowie die ehrenamtlichen Richter Düsenberg und Frerichs-Hüsch

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 27. Januar 2005 wird aufgehoben.

  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

  3. Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen die Festsetzung von Abfallgebühren für das Jahr 2005 durch den Beklagten.

2

Der Beklagte betreibt die Abfallentsorgung in seinem Gebiet als öffentliche Einrichtung. Nicht vermeidbare oder verwertbare Restabfälle werden in der Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm in Hamburg thermisch verwertet.

3

Grundlage dieser thermischen Verwertung ist eine vertragliche Vereinbarung mit der Stadtreinigung Hamburg (SRH). Diese hat mit Vertrag vom 18. Dezember 1995 dem Beklagten gemeinsam mit den Landkreisen Rotenburg/Wümme, Soltau-Fallingbostel und Stade eine Kapazität von 120 000 Tonnen Abfall (Mg/a) zur thermischen Verwertung bei der seinerzeit noch im Aufbau befindlichen Müllverwertungsanlage Rugenberger Damm (MVR) eingeräumt. Die MVR hatte den für April 1999 vorgesehenen Beginn des Betriebes noch nicht aufgenommen. Auch war der jetzige Betreiber der MVR, die Müllverwertung Rugenberger Damm GmbH & Co. KG, zum damaligen Zeitpunkt noch nicht errichtet. Eine (europaweite) Ausschreibung durch die Landkreise vor Vertragsschluss war nicht erfolgt. Nach dem Vertrag zwischen der SRH und den Landkreisen wird von einer Gesamtjahreskapazität der MVR von 320 000 Mg/a ausgegangen. Da die SRH lediglich mit einem eigenen Bedarf von 200 000 Mg/a, also nicht mit der vollen Ausnutzung der gesamten Kapazität rechnete, räumte sie den Landkreisen die nicht benötigten Kapazitäten zur Nutzung ein. Der Preis für jede angelieferte und behandelte Tonne Abfall beträgt nach Ziffer 6 Abs. 1 des Vertrages 295,00 DM zzgl. Umsatzsteuer ausgehend vom Preisstand 28. Februar 1995 und einer Menge von 120 000 Mg/a. Der Preis setzt sich zusammen aus einem durchsatzunabhängigen Preis, einem durchsatzabhängigen Preis, der durchsatzabhängigen Energiegutschrift (die in Abzug zu bringen ist) und den Kosten für die Reststoffentsorgung. Um der Entwicklung weiterer Änderungen Rechnung zu tragen, ist eine Preisanpassungsklausel (Anlage 1 des Vertrages) vorgesehen. Die Laufzeit des Vertrages beginnt nach Ziffer 10 Abs. 1 mit der Abfallannahme voraussichtlich zum 15. April 1999 und hat eine Laufzeit von 20 Jahren.

4

Da die Investitionskosten für die Errichtung der Müllverbrennungsanlage niedriger waren, als zunächst angenommen, bot die SRH den am Vertrag vom 18. Dezember 1995 beteiligten Landkreisen unter dem 20. Juli 1998 die "1. Änderungsvereinbarung zum Vertrag" an; wonach der Preis für die angelieferte und behandelte Tonne Abfall unter Berücksichtigung eines Preisstandes vom April 1999 und der Mengenbasis 120 000 Mg/a nunmehr 257,- DM betragen sollte. Zur Unterzeichnung der Änderungsvereinbarung kam es nicht. Gleichwohl rechnete die SRH gegenüber den Vertragspartnern jedenfalls bis Mitte 2002 auf der Basis des reduzierten Preises der Änderungsvereinbarurig ab.

5

Der Vertrag zwischen der SRH und dem Beklagten sowie den weiteren Landkreisen vom 18. Dezember 1995 in der Fassung des Entwurfs der Änderungsvereinbarung vom 19. Oktober 1998 war Gegenstand einer Preisprüfung durch die Wirtschaftsbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg (Preisprüfungsbericht Nr. 1031/99 vom 7. September 2000). In dem Zwischenbericht kommt die Wirtschaftsbehörde zu dem Ergebnis, eine abschließende Preisprüfung sei zwar anhand des verfügbaren Datenmaterials noch nicht möglich, weist jedoch darauf hin, dass eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung über die Verrechnung des kalkulatorischen Gewinns nicht vorhanden sei. Gelte die Differenz zwischen vereinbartem Preis und Selbstkosten als vereinbarter Gewinn, so könne die endgültige Höhe des kalkulatorischen Gewinns erst nach Abschluss der Prüfung der Nachkalkulation nach vier Jahren Laufzeit festgestellt werden.

6

Auch eine Überprüfung des Vertrages zwischen der MVR und der SRH hinsichtlich der Vereinbarkeit mit den Vorgaben nach der Verordnung PR Nr. 30/53 durch die Wirtschaftsbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg (Preisprüfungsbericht Nr. 1051/99 vom 11. September 2000) wurde durchgeführt.

7

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht wies durch Urteil vom 28. März 2001 (Az.: 9 K 4037/00) einen Normenkontrollantrag betreffend die Änderungssatzung des Beklagten vom 6. Juli 2000 über die Erhebung von Benutzungsgebühren für die Abfallentsorgung für die Jahre 1995 bis 2000 als unbegründet ab und führte aus, zwar habe der Beklagte die erforderliche Ausschreibung nicht durchgeführt, er habe jedoch auf geeignete Weise nachgewiesen, dass das vereinbarte und in die Kalkulation eingestellte Entgelt noch dem Erforderlichkeitsprinzip entspreche. Der Beklagte habe davon ausgehen dürfen, der seinerzeit eingestellte Verbrennungspreis, der auf der "Änderungsvereinbarung" von 1998 beruhte, sei aufgrund einer sachgerechten und nachvollziehbaren Prognose einbezogen worden.

8

Eine weitere Zwischenprüfung erfolgte im Jahr 2001 (Preisprüfungsberichte Nr. 70/2001 (SRH) und 71/2001 (MRV) vom 12. Juli 2001). In dem Bericht Nr. 70/2001 traf die Wirtschaftsbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg eine vorläufige Aussage zum Selbstkostenpreis auf der Basis der Daten für die Jahre 1999 und 2000 und errechnete einen geringeren durchsatzunabhängigen Preis als er in die Preisberechnung für den Verbrennungspreis der "Änderungsvereinbarung" von 1998 eingeflossen war.

9

Seit Mitte 2002 hielt der Beklagte einen Betrag von 8,18 EUR pro Tonne Abfall (Mg/a) von dem auf der Änderungsvereinbarung 1998 basierenden Verbrennungspreis zurück und zahlte diesen nicht an die SRH aus (Grundlage war offenbar der Zwischenbericht der Wirtschaftsbehörde Hamburg vom 12. Juli 2001 - Nr. 70/2001). Die SRH forderte von dem Beklagten und den übrigen Landkreisen seit August 2003 einen gegenüber der Vereinbarung von 1998 erhöhten Preis, der auf einem von der SRH in Auftrag gegebenen Privatgutachten, der gutachtlichen Stellungnahme der PwC Deutsche Revision vom 11. Juni 2002, beruhte. Der geforderte Preis lag somit niedriger als der im Jahr 1995 vereinbarte Verbrennungspreis und höher als der in der "Änderungsvereinbarung" von 1998 vorgesehene Preis. Der Beklagte und die Landkreise nahmen jedoch weiterhin Einbehalte vor.

10

Daraufhin erhob die SRH am 20. Juli 2004 bei dem Landgericht Hamburg Zahlungsklage (Az: 303 O 346/04).

11

Mit Bescheid vom 27. Januar 2005 setzte der Beklagte gegenüber den Klägern für ihr Grundstück in C., Abfallgebühren für das Jahr 2005 in Höhe von insgesamt 185, 20 EUR fest, wobei von einer Abfallbehältergrundgebühr in Höhe von 40,-EUR und einer Volumengebühr in Höhe von 3,63 EUR je 40 Liter/ Woche ausgegangen wurde.

12

Diese Gebührenfestsetzung beruht auf der Satzung über die Erhebung von Benutzungsgebühren für die Abfallentsorgung im Landkreis Harburg vom 21. Dezember 2004. Grundlage der darin vorgesehenen Gebühren ist die von der Mittelrheinischen Treuhand für den Beklagten erstellte Gebührenkalkulation Abfallwirtschaft für das Wirtschaftsjahr 2005. In die Kalkulation sind unter anderem Kosten für die thermische Verwertung bei der MVR in Höhe von 168,84 EUR/Mg Abfall eingestellt worden. Dieser Verbrennungspreis entspricht dem von der SRH auf der Grundlage des Gutachtens der PwC Deutsche Revision vom 11. Juni 2002 geforderten Preis unter Berücksichtigung der Preisanpassung nach Index zuzüglich Steuern.

13

Am 21. Februar 2005 haben die Kläger Klage erhoben.

14

Sie sind der Auffassung, der Beklagte habe in der Gebührenkalkulation mehr als die erforderlichen Kosten angesetzt. Da der Beklagte und die am Vertrag beteiligten Landkreise vor Abschluss des Vertrages mit der SRH nicht die erforderliche Ausschreibung durchgeführt hätten, liege ein Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht vor. Der Vertrag sei somit nicht wirksam vereinbart worden. Der in der Gebührenkalkulation zugrunde gelegte Verbrennungspreis sei daher zu hoch. Der Beklagte habe nicht ausreichend dargelegt und plausibel gemacht, dass der eingestellte Verbrennungspreis markt- und wettbewerbsgerecht ist.

15

Da der Beklagte und die weiteren beteiligten Landkreise vor Abschluss des Vertrages mit der SRH keine europaweite Ausschreibung durchgeführt haben, hat die Europäische Kommission am 27. November 2006 beim Europäischen Gerichtshof Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland erhoben.

16

Der Zivilprozess zwischen der SRH und den Landkreisen bei dem Landgericht Hamburg ist inzwischen durch gerichtlichen Vergleich vom 28. November 2006 beendet worden. Darin verpflichten sich die SRH und MVR zur Vornahme einer Neukalkulation des durchsatzunabhängigen Verbrennungspreises auf der Grundlage der Jahre 1999 bis 2003, um so den Selbstkostenfestpreis für die gesamte Vertragslaufzeit hinreichend präzise zu ermitteln. Der ermittelte Preis soll in einem Preisprüfungsverfahren durch die Preisprüfungsbehörde Hamburg überprüft werden.

17

Die Kläger beantragen,

  1. den Bescheid des Beklagten vom 27. Januar 2005 aufzuheben.

18

Der Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

19

Er macht geltend, eine Ausschreibung sei seinerzeit nicht erforderlich gewesen. Dieser Auffassung sei auch das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Ob die am Vertrag beteiligten Landkreise verpflichtet gewesen seien, eine europaweite Ausschreibung durchzuführen, könne im Übrigen offen bleiben, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Niedersächsischen OVG ein Verstoß gegen diese Verpflichtung nicht bereits dazu führe, dass die Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen nicht gebührenfähig seien.

20

Sei eine öffentliche Ausschreibung nicht erfolgt, so müsse der Auftraggeber nachweisen, dass dem Erforderlichkeitsprinzip entsprochen worden sei. Dieser Nachweis sei dann geführt, wenn der vereinbarte Preis demjenigen der Verordnung über die Preise bei öffentlichen Aufträgen - VO PR Nr. 30/53 - entspreche. Im Hinblick auf die Frage, ob der Verbrennungspreis ein Selbstkostenpreis im Sinne der Verordnung sein müsse zwischen dem durchsatzunabhängigen Preis und dem durchsatzabhängigen Preis unterschieden werden, deren Summe zusammen mit weiteren Komponenten den in der Kalkulation enthaltenen Verbrennungspreis ergebe. Der durchsatzunabhängige Preis beruhe hier auf der Kalkulation aus dem Jahre 1995. Insoweit habe es sich um einen Selbstkostenfestpreis im Sinne des § 6 Abs. 1 der VO handeln sollen. Spätere Änderungen der Kosten wirkten sich damit auf den Preis nicht aus. Der durchsatzabhängige Preis, der sich aus den tatsächlichen Kosten und Erlösen berechne, ergebe sich aus den nachgewiesenen Kosten, könne also jeweils erst nach Ende des Abrechnungsjahres ermittelt werden. Dieser durchsatzabhängige Preis sei unzweifelhaft Selbstkostenpreis im Sinne der Verordnung. Hinsichtlich des durchsatzunabhängigen Preises habe das Niedersächsische OVG in seinem Urteil vom 28. März 2001 darauf hingewiesen, dass insoweit eine zuverlässige Ermittlung des Selbstkostenpreises nicht möglich, sondern eine "sachgerechte und nachvollziehbare Prognose" ausreichend sei. Die Vertretbarkeit der angestellten Prognose sei in dem Urteil anhand der Prüfungsberichte der Wirtschaftsbehörde Hamburg bejaht worden.

21

Die Gebührenkalkulation 2005 enthalte einen Verbrennungspreis von 168,84 EUR/Mg und beruhe auf dem Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC. Darin sei ein preisrechtlich zulässiger durchsatzunabhängiger Preis von 293,27 DM/Mg per Preisstand Februar 1995 ausgewiesen. Der liege unterhalb des durchsatzunabhängigen Preises aus dem Entsorgungsvertrag vom 18. Dezember 1995 (314,00 DM/Mg) und über dem durchsatzunabhängigen Preis aus der "Änderungsvereinbarung" (276,00 DM/Mg). Dieser Preis sei der Kalkulation zugrunde gelegt worden. Er - der Beklagte - habe unter Berücksichtigung des Gutachtens von der Rechtmäßigkeit des Verbrennungspreises ausgehen dürfen. Eine Festlegung eines preisrechtlich zulässigen Höchstpreises durch die Preisprüfungsbehörde sei nicht erfolgt, so dass er auch nicht habe davon ausgehen müssen dervon ihm zugrunde gelegte Preis sei überhöht gewesen. Eine Nachkalkulation durch die SRH sei trotz ausdrücklicher Aufforderung vom Frühjahr 2004 von der SRH nicht vorgenommen worden.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie auf die Akten des Landgerichts Hamburg (Az: 303 O 346/04), die beigezogen worden sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Die zulässige Klage ist auch begründet.

24

Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 27. Januar 2005 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

25

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Abfallgebühren ist hier die Satzung des Beklagten über die Erhebung von Benutzungsgebühren für die Abfallentsorgung im Landkreis Harburg (Abfallgebührensatzung - AGS -) vom 21. Dezember 2004 (Amtsblatt für den Landkreis Harburg 2004, 1019).

26

1. Die Kläger als Eigentümer des an die öffentliche Abfallentsorgung angeschlossenen Grundstücks sind als Gesamtschuldner gebührenpflichtig (§ 6 Abs. 1 Sätze 1 und 3, § 5 Abs. 1 AGS).

27

2. Die Höhe der von dem Beklagten erhobenen Gebühren setzt sich zusammen aus einer Grundgebühr je Abfallbehälter in Höhe von jährlich 40 EUR (§ 2 Abs. 2 AGS) und einer (verbrauchsabhängigen) Behältervolumengebühr von jährlich 3,63 EUR je Liter/Woche (§ 2 Abs. 3 AGS). Die Anwendung dieser Maßstäbe ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil sie für sich genommen rechtlich zulässig sind (vgl. Freese in: Hatopp/Rosenzweig/ Freese, Nds. Kommunalabgabengesetz - NKAG -, Kommentar, Stand: Oktober 2005, § 5 Randnr. 339). Gründe, die Rechtswidrigkeit der hier gewählten Gebührenmaßstäbe anzunehmen sind weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. dazu grundsätzlich: Nds. OVG, Beschl.v. 24.6.1998 - 9 L 2722/96 - Juris -; Urt.v. 29.3.1995 - 9 L 4417/94 - NVwZ - RR 96, 289).

28

3. Die Festlegung der Gebührensätze in der AGS des Beklagten, die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 NKAG notwendiger Bestandteil der Satzung sind, ist fehlerhaft erfolgt.

29

a) Sie setzt nach § 5 Abs. 2 Satz 1 NKAG eine Gebührenberechnung, also eine Gebührenkalkulation voraus, für welche die voraussichtlich ansatzfähigen Kosten nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln und die umlagefähigen Kosten nach Maßgabe des in der Satzung vorgesehenen Gebührenmaßstabs auf alle Benutzer der öffentlichen Einrichtung zu verteilen sind. Danach sind hier die Kosten der Abfallentsorgung entsprechend den in der Satzung vorgesehenen Maßstabseinheiten, also der Menge der Abfallbehälter (Grundgebühr) und des wöchentlichen Abfallbehältervolumens (Volumengebühr) zu verteilen gewesen.

30

Die der AGS des Beklagen zugrundeliegende von der Mittelrheinischen Treuhand erstellte Gebührenkalkulation Abfallwirtschaft für das Wirtschaftsjahr 2005 vom 16. November 2004 geht von Gesamtkosten für Abfallentsorgung bei dem Beklagten in Höhe von 21641 200,00 EUR aus, von denen wiederum 19 096 750,00 EUR durch Restabfallgebühren (Regelabfuhrgebühren) zu decken sind. Bei der Ermittlung der Gesamtkosten sind in die Gebührenkalkulation Kosten für Mülltransport/Beseitigung in Höhe von insgesamt 9 832 800,00 EUR eingestellt worden. Diese (größte) Position in der Kalkulation berücksichtigt Verbrennungskosten für die thermische Verwertung in der Müllverbrennungsanlage Rugenberger Damm. Es handelt sich dabei um den Verbrennungspreis (umgerechnet in EUR und angepasst entsprechend den Vereinbarungen), der auf der Grundlage des mit den Landkreisen im Jahr 1995 vereinbarten Vertrages in dem Gutachten der PwC Deutsche Revision vom 11. Juni 2002 als preisrechtlich zulässig ermittelt worden ist und den die SRH von dem Beklagten und den übrigen Landkreisen in dem Zivilrechtsstreit bei dem Landgericht Hamburg gefordert hat.

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Die Berücksichtigung eines für Fremdleistungen zu entrichtenden Entgelts ist gemäß § 5 Abs. 2 Satz 4 NKAG grundsätzlich zulässig. Danach gehören zu den nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermittelnden Kosten der Einrichtung auch Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen. Die Ansatzfähigkeit der ermittelten Kosten und Aufwendungen findet allerdings in der Wahrung des gebührenrechtlichen Erforderlichkeitsprinzips eine Grenze. Das beruht auf der Überlegung, dass eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung (§ 82 Abs. 2 NGO) besonders dort geboten ist, wo das kommunale Handeln Gebührenpflichten auszulösen bestimmt ist. Der Erforderlichkeitsgrundsatz betrifft nicht nur die Angemessenheit der entstandenen Kosten, sondern auch die Erforderlichkeit der gebührenfähigen öffentlichen Einrichtung schlechthin und die Art und Weise ihres Betriebs. Dieser Grundsatz markiert aber nur eine äußerste Grenze, weil dem Einrichtungsträger bei der Ausgestaltung einer öffentlichen Einrichtung ein Bewertungsspielraum eingeräumt ist, der vom Gericht nur in eingeschränktem Umfang geprüft werden kann (Freese, a.a.O., Randnr. 62; Lichtenfeld in: Driehaus, Kommunalabgaben-recht, Kommentar, Stand: September 2006, § 6 Randnr. 740, jeweils m.w.N.). Denn dem kommunalen Satzungsgeber steht nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt.v. 17.4.2002 - 9 CN 1.01 -, BVerwGE 116, 188 = NVwZ 2002, 1123) bei der Kalkulation von Abgaben ein Prognosespielraum zu, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Bei der Kalkulation sind deshalb die im Rahmen des Kostendeckungsprinzips zu berücksichtigenden Kosten und Maßstabseinheiten rechnerisch nicht genau zu bestimmen, sondern es ist eine prognostische Ermittlung geboten, der naturgemäß Schätzungen und Wertungen zugrunde liegen, die nicht darauf überprüft werden können, ob sie sich letztlich als zutreffend erwiesen haben. Bei der Überprüfung solcher nicht vollständig durch Rechtsnormen determinierter Prognoseentscheidungen stößt die gerichtliche Kontrolle der Verwaltung an ihre Funktionsgrenze. Mangels rechtlicher Maßstäbe sind derartige Prognosen tatrichterlich nur eingeschränkt dahingehend überprüfbar, ob im Zeitpunkt der Billigung der Gebührenkalkulation durch den Satzungsgeber die der Kalkulation zugrunde gelegten Berechnungsfaktoren vertretbar angenommen werden konnten. Auch ist es unzulässig, eine Gebührenregelung allein wegen eines einzelnen Kalkulationsfehlers insgesamt als nichtig anzusehen, ohne zu prüfen, ob und in welchem Umfang sich dieser Kalkulationsirrtum überhaupt auf die Gebührenhöhe ausgewirkt hat. Denn eine Gebührenregelung verstößt nur dann gegen höherrangiges Recht, wenn sie zu einer unangemessenen Gewinnerzielung führt.

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b) Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das für die thermische Behandlung der Restabfälle bei der MRV in die Kalkulation des Beklagten eingestellte Entgelt nicht ansatzfähig im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 4 NKAG, weil es nicht dem gebührenrechtlichen Erforderlichkeitsgrundsatz entspricht.

33

aa) Es kann offen bleiben, ob der Beklagte vor Abschluss des Entsorgungsvertrages mit der SRH am 18. Dezember 1995 eine (europaweite) Ausschreibung hätte durchführen müssen (bejahend: Nds. OVG, Urt.v. 28.3.2001 - 9 K 4037/00 -; VG Stade; Urt.v. 22.11.2006 - 4 A 333/05 -). Eine solche Pflicht könnte sich ergeben aus § 32 der Verordnung über die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans der Gemeinden (Gemeindehaushaltsverordnung - GemHVO-) vom 17. März 1997 (Nds. GVBI S. 90) oder aus der Richtlinie 92/50/EWG, die nach Ihrem Art. 44 bis zum 1. Juli 1993 umzusetzen war (die Pflicht zur Ausschreibung aufgrund §§ 106 ff GWB und der Vergabeverordnung sind erst später durch Gesetzesänderung begründet worden).

34

Selbst wenn der von den Klägern gerügte Verstoß gegen europarechtliche (oder nationale) Vergabebestimmungen vorliegen würde, hätte dies nicht - gleichsam im Wege einer "Automatik" zur Folge, dass der von dem Beklagten in der Kalkulation angesetzte Verbrennungspreis nicht in die Kalkulation eingestellt werden durfte.

35

Eine solche Folge ergibt sich nicht aus den vergaberechtlichen Bestimmungen.

36

Weder der Richtlinie 92/50/EWG (Abi. EG Nr. L 209, Seite 1 ff) noch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lässt sich entnehmen, dass im Rahmen der Erhebung öffentlicher Abgaben etwaige Verstöße gegen europarechtliche Vergabebestimmungen für öffentliche Dienstleitungen zur Unzulässigkeit der Berücksichtigung von Kosten, die infolge fehlerhafter Vergabe entstanden sind, führen müssen. Die Regelung mittelbarer Folgen von Vergaberechtsverstößen überlässt das Europarecht dem nationalen Recht (so auch: OVG Reinland-Pfalz , Urteil vom 17.6.2004 - 12 C 10 660/04 -, NVwZ-RR 2005, 850). Die Richtlinie 92/50/EWG dient dem Schutze des freien Dienstleistungsverkehrs und verbietet die Diskriminierung ausländischer Dienstleister (EuGH, Urt.v.  10.4.03 - Rs. C 20/01 und C -28/01 -, NZBau 2003, 393), drittschützende Wirkung im Hinblick auf eventuelle Gebührenzahler kommt diesen Bestimmungen jedoch nicht zu.

37

Auch das nationale Vergaberecht dient dem Schutz der Bieter und nicht dem Schutz der Gebührenzahler (Schulte/Wiesemann in: Driehaus, a.a.O., § 6 Randnr. 131). Insoweit hat auch das Nieder sächsische Oberverwaltungsgericht (Urt.v. 22.1.1999 - 9 L 1803/97 -, NdsVB11999, 167) ausgeführt, dass eine unterbliebene Ausschreibung nicht zur Nichtigkeit des Vergabevertrages und zur Unwirksamkeit des Gebührensatzes führt, wenn die Körperschaft die Angemessenheit der Entgelte für die in Anspruch genommenen Fremdleistungen in anderer Weise nachweisen kann.

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Allein der Umstand, dass der Beklagte ohne vorherige Ausschreibung einen Vertrag abgeschlossen hat, bleibt deshalb für sich gesehen im Hinblick auf den Gebührensatz folgenlos.

39

bb) Fehlt es an einer Ausschreibung, so muss aber die abfallbeseitigungspflichtige Körperschaft auf geeignete Weise nachweisen, dass das vereinbarte und in die Kalkulation eingestellte Entgelt sich noch im Rahmen dessen bewegt, was das kosten bezogene Erforderlichkeitsprinzip voraussetzt ( Nds. OVG, Urt.v. 28.3.2001 - 9 K 4037/02 -). Insoweit obliegt ihr eine Darlegungs- und Plausibilisierungpflicht, die vor allem den Nachweis erfordert, dass die vereinbarten Entgelte in jeder Hinsicht markt- und wettbewerbsgerecht sind und daher niedrigere Entgelte auch bei einer Ausschreibung voraussichtlich nicht hätten vereinbart werden können. Entspricht das vereinbarte Entgelt den Vorschriften des Preisprüfungsrechts, so ist der Nachweis des markt- und wettbewerbsgerechten Entgelts in der Regel erbracht. Genügt der Preis den Anforderungen der Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom 21. November 1953 (BAnz Nr. 244), zuletzt geändert durch Art. 289 der Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304), mit den in der Anlage aufgeführten Leitsätzen für die Preisermittlung (LSP) nicht, so enthält die verträgliche Vereinbarung Regelungen, die nicht mit den Bestimmungen übereinstimmen und diese sind wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 der Verordnung nichtig nach § 134 BGB, soweit ein überhöhter Preis vereinbart worden ist. Die Erhebung von Gebühren für die Finanzierung eines nicht geschuldeten Entgeltes ist rechtswidrig (Nds. OVG, Urt.v. 28.3.2001, a.a.O.). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass für die Beurteilung der Frage, ob die Fremdentgelte rechtmäßig in die Gebührenkalkulation eingestellt worden sind, es nicht darauf ankommen kann, ob der vereinbarte Preis sich nachträglich als preisrechtlich zulässig erweist, sondern maßgeblich ist, ob die beseitigungspflichtige Körperschaft bei der Erstellung der Kalkulation und bei der Beschlussfassung über die Satzung nach den seinerzeit vorliegenden Erkenntnissen davon ausgehen durfte, der Preis sei angemessen (Nds. OVG, Urt.v. 28.3.2001, a.a.O.; VG Stade, Urt.v. 22.11.2006-4 A 333/05 -).

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cc) Der Beklagte hat nicht in dem nach den vorgenannten Grundsätzen erforderlichen Umfang dargelegt und plausibel gemacht, dass er den mit der SRH vereinbarten Verbrennungspreis bei Beschlussfassung über die Satzung in jeder Hinsicht für markt- und wettbewerbsgerecht halten durfte.

41

Eine abschließende Überprüfung des von der PwC Deutsche Revision ermittelten und (unter Berücksichtigung der Preisindices) in die Kalkulation eingestellten Preises durch die örtlich zuständige Preisprüfungsbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg hat nicht stattgefunden.

42

Auf die Frage, ob dieser Preis nach der gegenwärtigen Erkenntnislage oder in einem späteren Zeitpunkt bei Überprüfung durch die Preisprüfungsbehörde den preisrechtlichen Bestimmungen der Verordnung PR Nr. 30/53 entspricht, kommt es im vorliegenden Verfahren - wie bereits ausgeführt - nicht an. Diesen Umständen kann allenfalls Indizwirkung im Hinblick auf die Frage zukommen, ob der Beklagte im Zeitpunkt der Kalkulation bzw. Beschlussfassung davon ausgehen durfte, der Preis sei angemessen.

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Den in die Kalkulation für das Wirtschaftsjahr 2005 eingestellten Verbrennungspreis hat der Beklagte aber im maßgeblichen Zeitraum selbst nicht als preisrechtlich zulässig angesehen, sondern für überhöht gehalten. Hinweis darauf ist bereits der Umstand, dass der Beklagte ebenso wie offenbar die weiteren an der Vereinbarung mit der SRH vom 18. Dezember 1995 beteiligten Landkreise seit Mitte 2002 an die SRH einen Betrag gezahlt haben, der um 8,18 EUR gegenüber dem auf der "Änderungsvereinbarung" von 1998 basierenden Verbrennungspreis (257,- DM) gemindert war. Im Übrigen hat der Beklagte mit an die SRH gerichtetem Schreiben vom 22. Juni 2004 unter Hinweis auf die Jahresschlussrechnung für die Abfallanhahme im Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 31. Dezember 2003 ausgeführt, den auf der Basis des Gutachten PwC vom 11. Juni 2002 berechneten Preis nicht zu akzeptieren und von dem durchsatzunabhängigen Preis aufgrund der Änderungsvereinbarung von 1998 rund 8,18 EUR/t einzubehalten, weil nach den Prüfungsberichten 70/01 (SRH) und 71/01 (MVR) die Preisprüfungsbehörde festgestellt habe, der angesetzte kalkulatorische Gewinn sei zu hoch und damit preisrechtlich nicht zulässig. Auch in dem gerichtlichen Verfahren bei dem Landgericht Hamburg (Az.: 303 O 346/04) hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten mit Schriftsatz vom 24. September 2004, also bereits vor der Kalkulation und auch später geltend gemacht, der der Restforderung im dortigen Verfahren zugrunde liegende Preis auf der Grundlage des Gutachtens der PwC vom 11. Juni 2002 sei preisrechtlich unzulässig und überhöht.

44

Danach kann der Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen, er habe wegen des Gutachtens der PwC vom 11. Juni 2002 davon ausgehen dürfen, das dort als preisrechtlich zulässig ermittelte Entgelt sei marktgerecht. Bei dem genannten Gutachten handelt es sich überdies um ein von der SRH in Auftrag gegebenes Parteigutachten. Zweifel im Hinblick auf die Richtigkeit des nach dem Gutachten ermittelten preisrechtlich zulässigen Entgeltes haben bei dem Beklagten und den übrigen Landkreisen aber nach dem genannten Schriftsatz bestanden. Überdies sprach der Preisprüfungsbericht Nr. 70/2001 (SRH) vom 12. Juli 2001 ebenfalls gegen die preisrechtliche Zulässigkeit des eingestellten Verbrennungspreises, weil darin ein - allerdings vorläufiger - durchsatzunabhängiger Abfallpreis ermittelt wurde, der noch unter dem nach der "Änderungsvereinbarung" berücksichtigten durchsatzunabhängigen Preis lag. Demgegenüber kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, der Verbrennungspreis aus der "Vereinbarung" von 1998 habe lediglich auf einer Reduzierung der Investitionskosten beruht, nicht auf einer selbstständigen Kalkulation, weshalb dieser Preis keine ausreichende Grundlage für die Kalkulation habe bilden können, sondern lediglich die Berechnung aus dem Gutachten der PwC aus dem Jahre 2002. Dem Beklagten lagen ausreichende Hinweise vor, die Zweifel an der preisrechtlichen Zulässigkeit des von der PwC ermittelten Verbrennungspreises begründen konnten Die Kammer verkennt nicht, dass Preise bei öffentlichen Aufträgen aufgrund von Vorauskalkulationen festzulegen sind, so dass spätere Entwicklungen unberücksichtigt bleiben. Gleichwohl hat der Beklagte nicht den Verbrennungspreis aus dem Vertrag von 1995 zugrunde legen dürfen, weil im Zeitpunkt der hier maßgeblichen Kalkulation im November 2004 Veränderungen und Erkenntnisse vorgelegen haben, die erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Ermittlung des Verbrennungspreises und an der preisrechtlichen Zulässigkeit begründet haben. Dementsprechend ist in die Gebührenkalkulation des Beklagten auch nicht der Verbrennungspreis eingestellt worden, wie er im Jahr 1995 vereinbart wurde, sondern ein demgegenüber geminderter. Auch an der Zulässigkeit dieses Preises hat nach den bereits genannten Umständen der Beklagte jedoch selbst Zweifel gehabt. Die Kammer ist nicht gehindert, das Vorbringen des Beklagten in dem Rechtsstreit zwischen der SRH und den Landgericht Hamburg zu berücksichtigen. Insoweit hat der Beklagte geltend gemacht, er sei aus prozesstaktischen Gründen gezwungen gewesen, Argumente gegen den von der SRH geforderten Preis vorzubringen. Wenn der Beklagte und die weiteren Landkreise die Ausführungen in dem Gutachten der PwC von 2002 die dort ermittelten Ergebnisse aber für zutreffend hielten, so haben keine Gründe für die Einbehalte und für die Durchführung des zivilrechtlichen Verfahrens bestanden. Dass dieses Verfahren durchgeführt werden sollte, um eine erneute Preisprüfung zu erreichen, lässt sich den Ausführungen der Landkreise in dem Verfahren bei dem Landgericht Hamburg nicht ohne weiteres entnehmen. Fraglich ist im Übrigen, ob eine solche Prüfung nicht auf andere Weise hätte erreicht werden können. Insbesondere wäre es dem Beklagten und den übrigen Landkreisen möglich gewesen, selbst ein Gutachten einzuholen. Hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dies sei unmöglich gewesen, weil die SRH sich geweigert habe, entsprechende Daten mitzuteilen, liegen nicht vor. Insoweit muss sich der Beklagte entgegenhalten lassen, dass er Anstrengungen zur Herbeiführung einer sachverständigen Prüfung nicht unternommen hat.

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Insgesamt ist es ihm danach nicht gelungen darzulegen und plausibel zu machen, dass der in die Kalkulation eingestellte Verbrennungspreis in jeder Hinsicht markt- und wettbewerbsgerecht gewesen ist. Dieser Preis hätte somit nicht in die Gebührenkalkulation der Mittelreihnischen Treuhand für das Wirtschaftsjahr 2005 eingestellt werden dürfen.

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dd) Gemäß § 1 Abs. 3 PR Nr. 30/53 dürfen für Leistungen aufgrund öffentlicher Aufträge höhere Preise nicht gefordert, versprochen, vereinbart angenommen oder gewährt werden, als nach den Bestimmungen dieser Verordnung zulässig ist. Soweit der zwischen der SRH und den Landkreisen vereinbarte Preis also gegen preisrechtliche Vorschriften verstößt, wäre der vereinbarte Preis grundsätzlich nichtig. Eine Gebührenerhebung, mit der ein in einem nichtigen Vertrag vereinbartes Entgelt refinanziert werden soll, ist rechtswidrig und unzulässig (Nds. OVG, Urt.v. 28.3.2001 a.a.O.). Allerdings führen Fehler der Kalkulation nur dann zur Nichtigkeit der Gebührensatzregelung, wenn sie sich auf die Gebührenhöhe auswirken und durch die Fehler die rechtliche Gebührenhöchstgrenze im Ergebnis überschritten wird, denn einerseits kommt dem kommunalen Satzungsgeber bei der Festlegung der Benutzungsgebühr unter Berücksichtigung des Rechtes zur kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28. Abs. 2 GG) ein Ermessen zu, dabei ist er jedoch an die gesetzlichen Vorgaben gebunden ( BVerwG, Urt.v. 17. April 2002 - 9 CN 1.01 -, BVerwGE 116, 188 = NVwZ 2002, 1123). Ein Fehler bei der Gebührenkalkulation führt daher nicht bereits stets, sondern nur dann zur Unwirksamkeit des beschlossenen Gebührensatzes, wenn sie zur Folge haben, dass er zu Lasten der Gebührenpflichtigen, die sich bei ordnungsgemäßer Kalkulation ergebende Gebührensatzobergrenze mehr als nur geringfügig übersteigt (Lichtenfeld in: Driehaus a.a.O., § 6 Randnr. 731 m.w.N.). Unbeachtlich sind danach Fehler, die sich auf das Kalkulationsergebnis nicht auswirken können oder im konkreten Fall tatsächlich nicht ausgewirkt haben, weil sich dadurch der Gebührensatz, der ohnehin auf kalkulatorischen (prognostischen und bewertenden) Ansätzen beruht und naturgemäß mit Unsicherheiten behaftet ist, nicht erheblich zum Nachteil der Gebührenpflichtigen beeinträchtigt ( Nds. OVG, Urt.v. 4. November 2002 - 9 LB 215/02 - NST-N 2003, 36 m.w.N.).

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Ein solcher nicht beachtlicher Fehler liegt hier jedoch nicht vor, weil die in die Gebührenkalkulation eingestellten Kosten für Mülltransport/Beseitigung in Höhe von insgesamt 9 832 800,00 EUR den größten Einzelposten bei dem in der Kalkulation zugrunde gelegten Gesamtkosten für Abfallentsorgung in Höhe von 21 641 200,00 EUR darstellen. Die fehlerhafte Ermittlung dieses Betrages aufgrund erhöhter Preise ist somit nicht nur geringfügig.

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Eine Ermittlung des zulässigen Preises durch die Kammer und eine darauf beruhende neue Ermittlung eines Gebührensatzes im vorliegenden Verfahren ist nicht möglich. Die Kammer kann den Gebührensatz unter Berücksichtigung des dem Satzungsgeber zustehenden Ermessens nicht auf eine zulässige Höhe reduzieren, weil der Gebührensatz in Satzungsform beschlossen und bekanntgemacht werden muss ( Nds. OVG, Urt.v. 13.3.1990 - 9 L 74/89 - und zum Beitragsrecht das Urt.v. 24.5.1989 - 9 L 1/89 - NVwZ 1990, 690; Lichtenfeld in: Driehaus a.a.O., § 6 Randnr. 732).

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Der von der Beklagten zugrunde gelegte Gebührensatz ist somit unwirksam und der angefochtene Bescheid rechtswidrig.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

51

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 185,20 EUR festgesetzt.

Siebert
Sandgaard
Minnich
Düsenberg
Frerichs-Hüsch