Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 04.07.2019, Az.: 10 K 181/17
Zufluss bei gespaltener Verwendung
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 04.07.2019
- Aktenzeichen
- 10 K 181/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2019, 42592
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2019:0704.10K181.17.00
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 28.09.2021 - AZ: VIII R 25/19
Rechtsgrundlagen
- § 11 Abs. 1 EStG 2009
- § 8 Abs. 1 EStG 2009
- EStG VZ 2012
Fundstellen
- BBK 2020, 54
- DStRE 2019, 1445-1448
- EStB 2020, 32
- GStB 2020, 1
- GmbH-StB 2020, 23
- GmbH-Stpr. 2019, 310
- NZG 2020, 36
- RdW 2021, 418
- StX 2019, 664-665
Amtlicher Leitsatz
Ein Beschluss über eine gespaltene Verwendung des Gewinns ist gesellschaftsrechtlich zulässig und steuerlich anzuerkennen. Der Beschluss über die Einstellung des Gewinnanteils des beherrschenden Gesellschafters auf sein persönliches Rücklagenkonto führt mit der Beschlussfassung zum Zufluss beim Gesellschafter, und zwar auch dann, wenn für die Auszahlung aus dem Rücklagenkonto ein Beschluss der Gesellschafterversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit erforderlich ist.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Ansatz einer Gewinnausschüttung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 17.585.620 € streitig.
Der Kläger ist Mehrheitsgesellschafter der Firmengruppe A GmbH (A), deren Geschäftsführer er auch ist sowie Mehrheitsgesellschafter sämtlicher Untergesellschaften. Neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aus dieser Tätigkeit erzielte der Kläger im Streitjahr 2012 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen. Der Kläger wurde einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Mit Bescheid vom 04.10.2016 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Aufgrund von Ermittlungen der für die Besteuerung der A zuständigen Veranlagungsdienststelle des Beklagten teilte die Sachbearbeiterin der Körperschaften durch Schreiben vom 19. Dezember 2016 der für die Einkommensbesteuerung zuständigen Veranlagungsdienststelle des Beklagten mit, dass im Jahr 2012 bisher nicht erfasste Gewinnanteile aus der Beteiligung an der A als Einkünfte steuererhöhend zu erfassen sind.
Die Mitteilung beruht darauf, dass für die beim Beklagten geführten Gesellschaften der A Firmengruppe die Gewinnverteilung in § 13 Nr. 3 des jeweiligen gleichlautenden Gesellschaftsvertrages geregelt ist. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag verwiesen. Danach kann eine von dem Verhältnis der Geschäftsanteile abweichende Gewinnverteilung beschlossen werden. Mit Gesellschafterbeschlüssen aus dem Streitjahr 2012 wurde jeweils beschlossen, in welcher Höhe der jeweilige ausschüttbare Gewinn besteht und dass ein bestimmter Anteil hiervon ausgeschüttet wird. Die Gewinnanteile des Klägers werden nach dem Beschluss nicht ausgeschüttet und den "personenbezogenen Rücklagen" zugeführt. Die ausgeschütteten Gewinnanteile sowie die den personenbezogenen Rücklagen zugewiesenen Gewinnanteile bemessen sich jeweils an der Beteiligungshöhe und ergeben in der Summe den zuvor genannten ausschüttbaren Gewinn. Ein Kapitalertragsteuerabzug erfolgte für die Zuweisung des Gewinnanteils an die Rücklagen nicht.
Der Beklagte ging nach Kenntnis dieses Sachverhalts von einem unmittelbaren Zufluss einer Gewinnausschüttung in voller Höhe aus. Die den personenbezogenen Rücklagen zugeführten Gewinnanteile des Klägers seien im Zeitpunkt des Gesellschafterbeschlusses als Einkünfte aus Kapitalvermögen zugeflossen. Wegen der Höhe der einzelnen Zuführungen, der zugrundeliegenden Gesellschafterbeschlüsse und der Beteiligungshöhe an den jeweiligen Gesellschaften wird auf die Einspruchsentscheidung vom 30.06.2017 verwiesen.
Der Beklagte erließ am 28.12.2016 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheid zur Einkommensteuer 2012. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein, mit der Begründung, dass eine Änderung wegen nachträglich bekanntgewordener Tatsache ausscheide. Die Gesellschafterbeschlüsse seien mit den Kapitalertragsteueranmeldungen eingereicht worden. Zudem lägen inkongruente Gewinnausschüttungen vor, die dem Kläger bisher nicht zugeflossen seien. Der Beklagte wies den Einspruch durch Entscheidung vom 30.06.2017 als unbegründet zurück.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Aufhebung des angefochtenen Steuerbescheides. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, es lägen keine nachträglich bekanntgewordenen Tatsachen vor. Die Behauptung des Beklagten, die für den Kläger zuständige Veranlagungsstelle habe von den Gesellschafterbeschlüssen erst im Dezember 2016 durch eine Mitteilung der für die Besteuerung der A zuständigen Dienststelle erfahren, werde mit Nichtwissen bestritten. Vielmehr sei davon auszugehen, dass nachträglich eine entsprechende Abstimmung erfolgt sei und der Beklagte seine geänderte Rechtsauffassung mit neuen Tatsachen rechtfertigen wolle. Zudem sei die Auswertung etwaiger neuer Erkenntnisse wegen eigener Ermittlungspflichtverletzungen verwehrt. Eine solche Ermittlungspflicht habe spätestens bei Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung bestanden.
Zudem handele es sich um inkongruente Gewinnausschüttungen. Gemäß § 13 der Gesellschaftsverträge der A-Gruppe sei der auszuschüttende Gewinn grundsätzlich nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile zu verteilen. Durch einfache Mehrheit könne die Gesellschafterversammlung hiervon abweichen. Werde der Gewinn eines Gesellschafters nicht ausgeschüttet, sei dieser auf ein personenbezogenes Rücklagenkonto diesem Gesellschafter gutzuschreiben. Die auf dem Rücklagenkonto vorhandenen Guthaben könnten zu einem späteren Zeitpunkt an diesen Gesellschafter ausgeschüttet werden. Hierüber entscheide die Gesellschaft mit einfacher Mehrheit.
Derartige inkongruente Gewinnausschüttungen seien nach der Rechtsprechung des BFH anzuerkennen. Diese inkongruente Gewinnausschüttung sei auf den personenbezogenen Rücklagenkonten als Unterkonten einer Gewinnrücklage gebucht worden. Ebenso hätte man die Beträge in den Gewinnvortrag mit einer Nebenrechnung buchen können. Die Nebenrechnung sei nötig, damit diese persönlichen Gewinnvorträge nicht an andere Gesellschafter ausgeschüttet würden. Die Finanzverwaltung sehe in einer überproportionalen Gewinnausschüttung eine freigiebige Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Um diese zu verhindern, sei der Weg über die Rücklagekonten gewählt worden. Dies treffe auch auf die weiteren Regelungen des Gesellschaftervertrages zu.
Es sei auch per Gesellschafterbeschluss möglich, die personenbezogenen Rücklagen an die übrigen Gesellschafter auszuschütten. Zudem minderten sich die Gewinnrücklagen, wenn eine A Gesellschaft Verluste erwirtschaftete. Nach § 30 GmbHG könne dies dazu führen, dass eine Ausschüttung aus den personenbezogenen Rücklagen nicht zulässig sei.
Eine Novation liege nicht vor. Durch die Zuführung in das persönliche Rücklagenkonto sei keine Verbindlichkeit entstanden, da es sich um eine Gewinnrücklage handele. Die Entscheidung des BFH vom 30.10.2011 (BStBl. II 2002, 138) sei auf den vorliegenden Streitfall nicht anwendbar. Auch die Rechtsprechung zur Gewinnausschüttung an einen beherrschenden Gesellschafter ändere daran nichts, da diese zur normalen Gewinnausschüttung ergangen sei und lediglich auf den Fälligkeitszeitpunkt einwirke.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 28.12.2016 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.06.2016 aufzuheben und die Einkommensteuer für 2012 auf xxx € herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid. Ergänzend trägt er vor, der Beklagte sei berechtigt gewesen, den angefochtenen Bescheid gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu erlassen. Der zuständige Veranlagungsbeamte habe vor Erlass des Bescheids über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung keine Informationen aus anderen Dienststellen erhalten.
Der Beklagte habe die Gewinnausschüttung auch zu Recht angesetzt, da durch die Zuweisung der Gewinnausschüttung an den Kläger ihm dieser Gewinnanteil nicht mehr genommen werden könne. Insoweit wandele sich Eigenkapital in Fremdkapital um.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 28.12.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
1. Der Beklagte durfte den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 04.10.2016 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO durch Bescheid vom 28.12.2016 ändern. Steuerbescheide sind nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen.
a) Tatsachen sind alle Sachverhaltsbestandteile, die Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Tatbestandes sein können. Dabei kann es sich um Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art handeln (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juli 2004 XI R 10/03, BStBl. II 2004, 911). Dazu gehören auch subjektive Tatbestandsmerkmale, wie beispielsweise der von den Vertragsparteien einverständlich bestimmte Vertragszweck (vgl. BFH-Urteil vom 20.12.1988 VIII R 121/83, BStBl. II 1989, 585). Bloße Schlussfolgerungen und juristische Subsumtionen hingegen sind keine Tatsachen i.S. des § 173 AO (vgl. BFH-Urteil vom 14.01.1998 II R 9/97, BStBl. II 1998, 371).
Im Streitfall stellen die Gewinnverwendungs- und -ausschüttungsbeschlüsse der jeweiligen Körperschaften einschließlich der darin enthaltenen Entscheidungen der Gesellschafterversammlungen Tatsachen dar. Auf der Grundlage dieser Tatsachen stellt sich die maßgebliche Rechtsfrage, wann die Gewinnanteile des Klägers zugeflossen sind.
b) Die o.g. Tatsachen sind dem Beklagten nachträglich i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bekannt geworden.
Eine Tatsache ist dem Finanzamt dann i.S.d. Vorschrift bekannt, wenn es positive Kenntnis erlangt hat (vgl. v. Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO Kommentar, § 173 AO Rdnr. 174 m.w.N.). Sie wird nachträglich bekannt, wenn sie das Finanzamt bei Erlass des ursprünglichen Steuerbescheides, d.h. bei abschließender Zeichnung des entsprechenden Eingabewertbogens (vgl. BFH-Urteil vom 11.02.1998 I R 82/97, BStBl. II 1998, 552) noch nicht kannte. Eine Tatsache gilt allerdings dann nicht als "neu", wenn sie dem Finanzamt bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht (vgl. § 88 AO) nicht verborgen geblieben wäre, sofern der Steuerpflichtige seinerseits seiner Mitwirkungspflicht voll genügt hat (vgl. BFH-Urteile vom 11.02.1998 I R 82/97, BStBl. II 1998, 552 und vom 13.11.1985 II R 208/82, BStBl. II 1986, 241). Bekannt ist der zuständigen Dienststelle der Inhalt der dort geführten Akten, ohne dass insoweit auf die individuelle Kenntnis des jeweiligen Bearbeiters abzustellen ist (vgl. BFH-Urteile vom 11.02.1998 I R 82/97, BStBl. II 1998, 552 und vom 05.12.2002 IV R 58/01, BFH/NV 2003, 588). Hierbei kommt es auf den Wissensstand und damit den Aktenbestand der zur Bearbeitung des Steuerfalles berufenen Dienststelle an (vgl. BFH-Urteil vom 02.07.2003 XI R 8/03, BStBl. 2003, 803).
Die zuständige (Veranlagungs-)Dienststelle des Beklagten wusste ausweislich der Einkommensteuerakten bei Erlass des Einkommensteuerbescheides vom 04.10.2016 nicht, dass aufgrund der jeweiligen Beschlusslage der Körperschaften, die dem Kläger entsprechend seinem Geschäftsanteil prozentual zustehenden Anteile am ausschüttungsfähigen Gewinn nicht unmittelbar in 2012 ausgeschüttet, sondern in eine personenbezogene Rücklage eingestellt werden sollten sowie dass die jeweilige Gesellschaft die Einstellung in die Rücklage nicht als Zufluss behandelt hat. Diese Tatsachen sind der Veranlagungsstelle erst durch das Schreiben der Sachbearbeiterin aus der Veranlagungsstelle für Körperschaften vom 19.12.2016 und damit nach abschließender Zeichnung des Eingabewertbogens für die Einkommensteuerveranlagung (konkret die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung) bekannt geworden.
Die Veranlagungsstelle muss sich die Kenntnis der Körperschaftsteuerstelle nicht zurechnen lassen, weil es insoweit nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 20. April 1988 X R 40/81, BFHE 153, 437, BStBl. II 1988, 804, 806, unter I. 1. b aa, m.w.N.) auf den Wissenstand der zur Bearbeitung des Steuerfalles berufenen Dienststelle ankommt.
Die nachträglich bekanntgewordenen Umstände galten zudem als "neue" Tatsachen, da die Unkenntnis der Veranlagungsstelle nicht auf einer nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der Ermittlungspflicht beruhte. Weder die Einkommensteuererklärung des Klägers noch die sonstigen Unterlagen der Einkommensteuerstelle wiesen auf das Vorliegen eines möglichen Zuflusses von Gewinnanteilen hin. Eine generelle Ermittlungspflicht ins Blaue hinein im Falle der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung besteht hingegen nicht.
c) Die Tatsachen führen zum Ansatz von weiteren Einkünften i.H.v. xxx € und infolgedessen zu einer höheren Steuer.
2. Die in die persönlichen Rücklagen des Klägers eingestellten Gewinnanteile sind diesem im Zeitpunkt der Beschlussfassung zugeflossen, so dass der Beklagte sie zu Recht als Einkünfte aus Kapitalvermögen im Streitjahr erfasst hat.
Einnahmen (§ 8 Abs. 1 EStG) sind gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind Einnahmen dem Steuerpflichtigen zugeflossen, sobald er darüber wirtschaftlich verfügen kann (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22. Juli 1997 VIII R 57/95, BFHE 184, 21, BStBl. II 1997, 755, 758; BFH-Beschluss vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl. II 1998, 307, 311, unter C. II. 1. a).
a) Bei Beträgen, die eine GmbH ihrem beherrschenden Gesellschafter schuldet, hat die Rechtsprechung als Zeitpunkt des Zuflusses i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG den Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung des Gesellschafters angesehen. Denn ein beherrschender Gesellschafter hat es regelmäßig in der Hand, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480; vom 19. Juli 1994 VIII R 58/92, BFHE 176, 317, BStBl II 1995, 362; vom 22. Juli 1997 VIII R 57/95, BFHE 184, 21, BStBl II 1997, 755; vom 17. November 1998 VIII R 24/98, BFHE 187, 292, BStBl II 1999, 223; vom 5. Oktober 2004 VIII R 9/03, BFH/NV 2005, 526, m.w.N.; vom 8. Mai 2007 VIII R 13/06, BFH/NV 2007, 2249; vom 28. September 2011 VIII R 10/08, BFHE 235, 361, BStBl II 2012, 315). Diese Zuflussregel gilt jedenfalls dann, wenn der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist und sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft richtet.
Abweichend davon hat der BFH in dem Urteil in BFHE 112, 355 [BFH 30.04.1974 - VIII R 123/73], BStBl. II 1974, 541 beim beherrschenden Gesellschafter in der Regel als Zeitpunkt des Zuflusses von Gewinnanteilen selbst dann den Zeitpunkt der Beschlussfassung angesehen, wenn in dem Beschluss über die Ausschüttung ein späterer Fälligkeitszeitpunkt bestimmt war. Der Senat folgt dieser Auffassung.
b) Der jeweilige Gesellschafterbeschluss über die gespaltene Verwendung und die Gutschrift auf dem personenbezogenen Rücklagekonto des Klägers bewirkte im Zeitpunkt der Beschlussfassung einen Zufluss beim Kläger als beherrschender Gesellschafter jeder einzelnen Körperschaft.
Durch die Beschlussfassung entstand für den Kläger ein konkreter, auszahlbarer Gewinnanspruch in Höhe des dem Rücklagekonto zugewiesenen Betrages.
aa) Der Anspruch des Gesellschafters einer GmbH auf Auszahlung des Gewinns entsteht mit dem Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Gewinns (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 14. September 1998 II ZR 172/97, BGHZ 139, 299, Der Betrieb --DB-- 1998, 2212). Er wird nach allgemeiner Meinung mit dem Gewinnverteilungsbeschluss sofort fällig, wenn nicht die Satzung der GmbH Vorschriften über Gewinnabhebungen oder Auszahlungen zu einem späteren Zeitpunkt enthält (vgl. BFH-Urteile in BFHE 112, 355 [BFH 30.04.1974 - VIII R 123/73], BStBl. II 1974, 541, 542; in BFHE 134, 315, BStBl. II 1982, 139, 141, Scholz/Verse, Kommentar zum GmbH-Gesetz, 12. Aufl., § 29 Rz. 79; Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 21. Aufl., § 29 Rz. 49; Roth/Altmeppen, GmbH-Gesetz, 9. Aufl., § 29 Rz. 27). Diese Rechtslage rechtfertigt es, bei einem beherrschenden Gesellschafter einen späteren Zuflusszeitpunkt der Gewinnanteile nur dann anzunehmen, wenn die Satzung bindende Regelungen über eine spätere Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs enthält. Denn wenn in der Satzung jegliche Regelungen fehlen oder diese nur eine Ermächtigung zur freien Bestimmung des Fälligkeitszeitpunktes durch die Gesellschafterversammlung enthält, dann hat der beherrschende Gesellschafter einer zahlungsfähigen GmbH es in der Hand, den Fälligkeitszeitpunkt des Auszahlungsanspruchs zu bestimmen. Er kann damit wirtschaftlich bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung über seinen Gewinnanteil verfügen. Das Hinausschieben der Fälligkeit ist unter diesen Umständen bereits als Verfügung über den Gewinnanteil zu beurteilen (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 134, 315, BStBl II 1982, 139, 141 [BFH 21.10.1981 - I R 230/78], unter 3. der Entscheidungsgründe). Deshalb sind die Gewinnanteile dem beherrschenden Gesellschafter in einem solchen Fall im Zeitpunkt der Beschlussfassung i.S. des § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zugeflossen.
bb) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass es sich im Streitfall nach der jeweiligen Fassung der Beschlüsse um eine sog. gespaltene Gewinnverwendung handelt (vgl. hierzu allgemein Schön, in: Hommelhoff ua. (Hrsg.) Max Hachenburg Fünfte Gedächtnisvorlesung 2002, S. 31ff), mithin der zur Ausschüttung bestimmte Gewinn teilweise für eine sofortige Ausschüttung verwendet und teilweise in eine personenbezogene Rücklage eingestellt wird.
Nach § 29 GmbHG entsteht bei einer GmbH mit Ablauf des Geschäftsjahres zunächst ein mitgliedschaftlicher Anspruch auf Feststellung des Jahresabschlusses und Fassung eines Gewinnverwendungsbeschlusses. Im Rahmen des Gewinnverwendungsbeschlusses wird über die Höhe der Thesaurierung und über die Höhe der Ausschüttung entschieden (vgl. Schön, in: Hommelhoff u.a.(Hrsg.) Max Hachenburg Fünfte Gedächtnisvorlesung 2002, S. 31ff, 43). Sobald über die Verwendung des Gewinnes entschieden wurde, muss in einem weiteren Schritt geklärt werden, in welchem Verhältnis der ausschüttungsfähige Gewinn an die Gesellschafter verteilt werden soll. Mit dem Gewinnverwendungsbeschluss und der Aufteilung auf die Gesellschafter entsteht der Auszahlungsanspruch auf die ausgeschüttete Dividende (BGH, Urteil vom 14.09.1998, aaO.).
Hiervon abweichend durchbricht ein Beschluss über eine gespaltene Verwendung (Ausschüttung) in gewisser Weise die strikte Trennung zwischen Verwendung und Verteilung. Zwar wird in einem ersten Schritt auch in einem solchen Fall über die Höhe des ausschüttbaren Gewinns und die Einstellung in die allgemeinen Gewinnrücklagen beschlossen. In einem zweiten Schritt erfolgt nunmehr jedoch nicht lediglich die Entscheidung über den Verteilungsmaßstab des auszuschüttenden Gewinns auf die Gesellschafter, sondern zugleich die Entscheidung, dass einzelne Gesellschafter nicht unmittelbar den ihnen zugewiesenen Gewinnanteil als Ausschüttung erhalten, sondern eine Einstellung in ausschließlich gesellschafterbezogene eigene Rücklagen erfolgt, also ihre Ausschüttung in die Zukunft verlagert wird. In der Literatur (Schön, aaO.; Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 19. Aufl., § 29 Rz. 39 mwN.; Roth/Altmeppen, GmbH-Gesetz, 9. Aufl., § 29 Rz. 48; Priester, DStR 2001, 795) wird eine gespaltene Verwendung (Ausschüttung) durch einstimmigen Gewinnverwendungsbeschuss gleichwohl überwiegend für zulässig gehalten. Eine derartige Beschlussfassung führt nach Auffassung des Senats bei einem beherrschenden Gesellschafter indes zur Verfügung über seinen Gewinnanteil und damit steuerlich zum Zufluss.
cc) Im Streitfall haben die jeweiligen Gesellschafterversammlungen einstimmig zunächst über die Höhe des für eine Ausschüttung zur Verfügung stehenden Jahresüberschusses entschieden, also den Betrag des Jahresüberschusses bestimmt, der an die Gesellschafter verteilt werden soll. Erst im Anschluss an die Gewinnverwendungsentscheidung erfolgte eine Verteilung des so festgestellten zur Ausschüttung bereitstehenden Betrages entsprechend der Beteiligungsverhältnisse. Diese entsprechend der Beteiligungsverhältnisse beschlossene Gewinnverteilung wurde hinsichtlich einiger Gesellschafter als Gewinnausschüttung beschlossen. Für den Kläger erfolgte jedoch jeweils kein Ausschüttungsbeschluss, sondern eine Zuweisung seines Gewinnanteils in seine personenbezogenen Rücklagen. Bereits mit dieser Zuweisung des ausschüttbaren Gewinnanteils in die personenbezogene Rücklage verfügte der Kläger über seinen Gewinnanteil, da ohne seine Zustimmung eine gespaltene Verwendung, also eine Zuweisung in seine Rücklage nicht zulässig und aufgrund seiner beherrschenden Stellung auch nicht möglich gewesen wäre.
dd) Zudem entstand mit der Beschlussfassung eine Verbindlichkeit der jeweiligen Gesellschaft gegenüber dem Kläger, die für sich genommen ebenfalls einen Zufluss bewirkte. Die Entstehung eines persönlichen Gewinnanspruchs des Klägers wird durch § 13 der Satzung bestätigt. In Nr. 3 heißt es: "Der auszuschüttende Gewinn ist grundsätzlich nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile auf die Gesellschafter zu verteilen. Die Gesellschafterversammlung kann eine abweichende Gewinnausschüttung mit einfacher Mehrheit beschließen. Wird der Gewinn eines Gesellschafters nicht ausgeschüttet, ist dieser auf ein personenbezogenes Rücklagenkonto diesem Gesellschafter gutzuschreiben. Der hiervon betroffene Gesellschafter muss dieser Regelung zustimmen. Die sich auf einem personenbezogenen Rücklagenkonto befindlichen Gewinne können zu einem späteren Zeitpunkt an diesen Gesellschafter ausgeschüttet werden. Über die Ausschüttung aus einem personenbezogenen Rücklagenkonto entscheidet die Gesellschafterversammlung mit einfacher Stimmmehrheit."
Berücksichtigt man weiter, dass nach § 16 der Satzung die so gebildete Rücklage dem nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile ermittelten Abfindungswert hinzuzurechnen ist, zeigt sich eindeutig ein nicht mehr entziehbarer Anspruch des einzelnen Gesellschafters. Dies spricht entgegen der Auffassung des Klägers dafür, dass sich in dem Rücklagenkonto trotz der bilanziellen Bezeichnung kein Eigenkapital der Gesellschaft befindet, sondern ein dem Kläger zugewiesener abrufbarer Gewinnanspruch und damit eine Verbindlichkeit der Gesellschaft. Liegt eine Verbindlichkeit, also Fremdkapital vor, tritt der Zufluss beim beherrschenden Gesellschafter mit der Umwandlung in Fremdkapital ein. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass die konkrete Ausschüttung aus dem Rücklagenkonto eine Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung voraussetzt, da der Kläger als beherrschender Gesellschafter die Auszahlung aus dem Rücklagenkonto jederzeit auch gegen den Willen der anderen Gesellschafter ohne weiteres durchsetzen kann. Demzufolge erfolgte ein Zufluss der streitigen Gewinnanteile bereits im Streitjahr.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
III. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, da die Rechtsfrage infolge eines Beschlusses über eine gespaltene Verwendung bisher nicht höchstrichterlich geklärt ist.
Ein Beschluss über eine gespaltene Verwendung des Gewinns ist gesellschaftsrechtlich zulässig und steuerlich anzuerkennen. Der Beschluss über die Einstellung des Gewinnanteils des beherrschenden Gesellschafters auf sein persönliches Rücklagenkonto führt mit der Beschlussfassung zum Zufluss beim Gesellschafter, und zwar auch dann, wenn für die Auszahlung aus dem Rücklagenkonto ein Beschluss der Gesellschafterversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit erforderlich ist.