Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Beschl. v. 13.05.2019, Az.: L 7 AL 84/18

Sperrzeit nach dem SGB III nach Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses; Unschädlichkeit eines Aufhebungsvertrages; Drohende Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
13.05.2019
Aktenzeichen
L 7 AL 84/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 41493
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
SG Braunschweig - AZ: S 9 AL 159/15

Fundstelle

  • info also 2019, 205-206

Redaktioneller Leitsatz

1. Ein Aufhebungsvertrag führt nicht zu einer Sperrzeit, wenn eine gleichlautende rechtmäßige Kündigung des Arbeitgebers keine Sperrzeit nach sich ziehen würde.

2. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber zum Datum des Vertragsabschlusses das Arbeitsverhältnis aus betriebs- oder personenbedingten Gründen zum gleichen Zeitpunkt hätte fristgerecht kündigen dürfen.

3. Ein wichtiger Grund für einen Aufhebungsvertrag besteht nur, wenn dem Arbeitnehmer andernfalls objektiv rechtmäßig zum selben Zeitpunkt gekündigt worden wäre.

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 23. April 2018 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine zwölfwöchige Sperrzeit (§ 159 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III -).

Der am F. geborene Kläger war seit 1984 beim Berufsförderungswerk G. beschäftigt, seit dem Jahre 2000 als Abteilungsleiter für den Bereich Sozialer Dienst/Fachdienst zuletzt mit einem Monatsgehalt in Höhe von 5.366 Euro brutto. Ihm waren ca. 25 Mitarbeiter unterstellt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Arbeitsvertragsrichtlinien für Einrichtungen der Diakonie (AVR) Anwendung. Gemäß § 30 Abs. 3 AVR war das Arbeitsverhältnis nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren und Vollendung des 40. Lebensjahres nicht mehr vom Arbeitgeber ordentlich kündbar. Eine Änderungskündigung war bei unkündbaren Mitarbeitern nur zum Zwecke der Herabgruppierung um eine Gehaltsgruppe zulässig, wenn die Dienststelle oder Einrichtung wesentlich eingeschränkt oder aufgelöst wird (§ 31 Abs. 2 AVR). Im Juni 2012 beschloss der Arbeitgeber den Personalbestand von 130 Arbeitsstellen bis zum 31. Dezember 2015 um 10 Vollzeitstellen zu vermindern, was in Absprache mit der Mitarbeitervertretung in erster Linie bei rentennahen Jahrgängen durch freiwillige Aufhebungsverträge mit Abfindungsregelungen erfolgen sollte.

Am 28. November 2012 schloss der Kläger mit dem Berufsförderungswerk G. einen Aufhebungsvertrag über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus dringenden betrieblichen Gründen zum 31. Juli 2015 gegen Zahlung einer Abfindung von 38.356,30 Euro und Beibehaltung der bisherigen Eingruppierung nach der höchsten Entgeltgruppe E 13 AVR-K ab. Der Kläger bestätigte ferner im Aufhebungsvertrag, über etwaige Sozialversicherungsnachteile durch dessen Abschluss belehrt worden zu sein. Mit Wirkung vom 1. Januar 2013 wurde die Abteilung des Klägers einem anderen Geschäftsbereich zugeordnet mit der Folge, dass die Stelle als Abteilungsleiter entfiel und der Kläger als Reha- und Integrationsmanager beschäftigt wurde. Die Deutsche Rentenversicherung Bund gewährte dem Kläger auf seinen Antrag ab dem 1. Mai 2017 die Altersrente für langjährig Versicherte in Höhe von 1.789,04 Euro monatlich.

Der Kläger meldete sich zum 1. August 2015 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. In der Arbeitsbescheinigung des Arbeitgebers gab dieser an, dass er das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt hätte. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 17. August 2015 den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit vom 1. August 2015 bis zum 23. Oktober 2015 sowie eine Minderung der Anspruchsdauer um 90 Tage fest, weil der Kläger das Beschäftigungsverhältnis ohne wichtigen Grund gelöst habe. Mit Bewilligungsbescheid vom 18. August 2015 gewährte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld vom 24. Oktober 2015 bis zum 22. April 2017 in Höhe von 69,33 Euro täglich. Gegen den Sperrzeitbescheid legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, eine Sperrzeit trete nicht ein, wenn das Ereignis, das die Sperrzeit begründe, bei Erfüllung der Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosengeld länger als ein Jahr zurückliege. Der Aufhebungsvertrag sei im November 2012 geschlossen worden, die Voraussetzung für den Arbeitslosengeldbezug lägen aber erst am 1. August 2015 vor. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2015 als unbegründet zurück, weil das sperrzeitbegründende Ereignis nicht der Abschluss des Aufhebungsvertrages, sondern der Eintritt der Arbeitslosigkeit sei.

Mit der am 17. November 2015 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, dass sein Arbeitsplatz ab Januar 2013 weggefallen sei. Der Geschäftsführer habe ihm mitgeteilt, dass er betriebsbedingt gekündigt werde, wenn er den Aufhebungsvertrag nicht unterschreibe. Er sei psychisch unter Druck gesetzt worden. In Verhandlungen mit dem Arbeitgeber sei es ihm gelungen, das Arbeitsverhältnis erst zum 31. Juli 2015 enden zu lassen und das bisherige Entgelt nach der Vergütungsgruppe E 13 zu behalten, obwohl er ab Januar 2013 eine Tätigkeit ausgeübt habe, die in die Vergütungsgruppe E 9 gehörte. Da er zum Rentenantrag ab dem 1. Mai 2017 durch die Einstellungen der Leistungen am 22. April 2017 gezwungen worden sei, begehre er die weitere Zahlung des Arbeitslosengeldes bis 31. Juli 2017, weil er regulär erst ab dem 1. August 2017 in Rente gehen wollte.

Die Beklagte hat vorgetragen, der Arbeitgeber habe in der Arbeitsbescheinigung angegeben, dass die ordentliche Kündigung zeitlich unbegrenzt ausgeschlossen gewesen sei und er das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt hätte. Aus dem Aufhebungsvertrag ergebe sich nicht, dass dieser zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung abgeschlossen worden sei. Wenn der Kläger abweichend vom Antrag in der Klageschrift nunmehr Arbeitslosengeld auch ab dem 23. April 2017 begehre, handele es sich dabei um eine Klageänderung, der sie nicht zustimme.

Das Sozialgericht (SG) Braunschweig hat mit Urteil vom 23. April 2018 die Klage abgewiesen. In den Gründen hat es ausgeführt, dass die Klageänderung als sachdienlich angesehen werde. Der Kläger habe die Arbeitslosigkeit grob fahrlässig herbeigeführt, weil ihm keine betriebsbedingte Kündigung zum 31. Juli 2015 gedroht habe. Dies ergebe sich aus der Arbeitsbescheinigung des Arbeitgebers. Da Sperrzeitereignis der Eintritt der Beschäftigungslosigkeit ab 1. August 2015 sei, entfalle nicht die Minderung der Anspruchsdauer gemäß § 148 Abs. 2 Satz 2 SGB III.

Gegen das am 7. Juni 2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29. Juni 2018 Berufung eingelegt. Er trägt vor, die Höhe der Abfindung bewege sich im Rahmen des § 1a Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz, sodass nach den internen Dienstanweisungen der Beklagten bei einem Aufhebungsvertrag die Prüfung der Rechtmäßigkeit der drohenden Arbeitgeberkündigung entsprechend der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 2. Mai 2012 - B 11 AL 6/11 R - entfalle. Ferner habe das Vordergericht völlig unbeachtet gelassen, dass das Berufsförderungswerk G. das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich mit einer sozialen Auslauffrist von 6 Monaten zum Quartalsende hätte beenden können. Sowohl der Aufhebungsvertrag wie auch die Vereinbarung, dass der Kläger die Entgeltgruppe E 13 weiterhin erhalten könne, sei auch für die Versichertengemeinschaft von Vorteil gewesen, weil der Kläger erheblich höhere Beiträge abgeführt habe als bei einer außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 30. Juni 2013. Der Geschäftsführer des Arbeitgebers, Herr Dr. H., habe ihm seinerzeit in Vier-Augen-Gesprächen mehrfach erklärt, wenn der Kläger den Auflösungsvertrag nicht unterzeichne, werde er dann betriebsbedingt gekündigt. Hierzu müsse Dr. H. als Zeuge vernommen werden. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 18. Januar 2017 - 7 AZR 236/15 - nicht von einem Aufhebungsvertrag, sondern von einer befristeten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auszugehen sei, wenn der von den Parteien gewählte Beendigungszeitpunkt die jeweilige Kündigungsfrist um ein Vielfaches überschreite und es an weiteren Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fehle, wie sie im Aufhebungsvertrag regelmäßig getroffen würden.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 23. April 2018 aufzuheben sowie die Bescheide der Beklagten vom 17. und 18. August 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2015 zu ändern,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 1. August 2015 bis zum 23. Oktober 2015 und vom 23. April 2017 bis zum 31. Juli 2017 Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 69,33 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte erwidert, es sei nicht belegt worden, dass eine Kündigung durch den Arbeitgeber zum gleichen Zeitpunkt oder früher erfolgt wäre. Diese Frage habe der Arbeitgeber verneint. Gerade vor dem Hintergrund eines regulären Renteneintritts zum 1. August 2017 wäre es naheliegend gewesen, wenn der Kläger alles drangesetzt hätte, sein Arbeitsverhältnis, bei dem die ordentliche Kündigung zeitlich unbegrenzt ausgeschlossen gewesen sei, bis zum längst möglichen Zeitpunkt fortzuführen. Durch die frühere Beendigung des Arbeitsverhältnisses habe der Kläger in Kauf genommen, bis zum Beginn einer abschlagsfreien Altersrente 2 Jahre überbrücken zu müssen.

Wegen des vollständigen Sachverhalts und des umfassenden Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten (Kd.-Nr. I.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu mit Schreiben vom 4. Januar 2019 angehört worden. Ihre Zustimmung zu dieser Verfahrensweise ist nicht erforderlich.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, weil die angegriffenen Bescheide rechtmäßig sind. Es ist eine zwölfwöchige Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe eingetreten. Dem Kläger steht für den Zeitraum vom 1. August bis zum 23. Oktober 2015 und ab dem 23. April 2017 kein Arbeitslosengeld zu.

1.

Streitgegenstand ist nicht nur der Sperrzeitbescheid vom 17. August 2015, über den das SG befunden hat, sondern auch der Bewilligungsbescheid vom 18. August 2015, mit dem die Beklagte geregelt hat, dass dem Kläger Arbeitslosengeld nur für die Zeit vom 24. Oktober 2015 bis zum 22. April 2017 gewährt wird. Denn die Feststellung einer Sperrzeit stellt nur die Begründung der getroffenen leistungsrechtlichen Regelungen (Ruhen des Zahlungsanspruchs für die Dauer der Sperrzeit sowie Minderung der Anspruchsdauer) dar, sodass diese Rechtsfolgen in einem gesonderten Bescheid geregelt werden müssen (BSG, Urteil vom 29. November 1988 - 11/7 RAr 91/87 -, SozR 4100 § 119 Nr. 34). Aus diesem Grunde bildet der weitere Bescheid, mit dem Leistungen nach Ablauf einer Sperrzeit gewährt werden, mit dem sogenannten Sperrzeitbescheid prozessrechtlich eine Einheit (BSG, Urteil vom 16. September 1999 - B 7 AL 32/98 R -, SozR 3-4100 § 119 Nr. 19). Richtige Klageart dagegen ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (BSG, Urteil vom 13. Mai 1987 - 7 RAr 19/85 -, SozR 4100 § 119 Nr. 31). In diesem Zusammenhang ist es nicht zu beanstanden, wenn der Kläger nach Erschöpfung des Arbeitslosengeldanspruchs einen Zahlungsantrag für die gleichzeitig beanstandete Minderung der Anspruchsdauer stellt. Insoweit gilt nichts Anderes als für den Ruhenstatbestand. Einer Klageänderung bedarf es nicht.

2.

Gemäß § 159 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB III ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, weil der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe). Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt 12 Wochen (§ 159 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Sie beginnt mit dem Tage nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit (§ 159 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Die Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe von 12 Wochen führt ferner zur Minderung der Anspruchsdauer um ein Viertel (§ 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III). Diese Voraussetzungen sind im Falle des Klägers erfüllt.

3.

Der Kläger hat das Beschäftigungsverhältnis durch den Auflösungsvertrag vom 28. November 2012 zum 31. Juli 2015 aufgelöst. Wie die Beklagte zutreffend hervorgehoben hat, wusste der Kläger, dass er im Anschluss daran keine Beschäftigung hatte, vielmehr Arbeitslosengeld beziehen wollte. Er hat die Arbeitslosigkeit folglich vorsätzlich herbeigeführt und dabei schuldhaft gehandelt, weil ihm kein wichtiger Grund zur Seite stand.

a)

Ein Aufhebungsvertrag ist nach § 159 SGB III nicht zu beanstanden, wenn eine gleichlautende rechtmäßige Kündigung des Arbeitgebers keine Sperrzeit nach sich ziehen würde (BSG, Urteil vom 17. Oktober 2002 - B 7 AL 136/01 R -, SozR 3-4300 § 144 Nr. 12). Das bedeutet, dass ausgehend vom Datum des Vertragsabschlusses der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus betriebs- oder personenbedingten Gründen zum gleichen Zeitpunkt hätte fristgerecht kündigen dürfen. Ein wichtiger Grund zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag besteht also nur, wenn dem Arbeitnehmer andernfalls objektiv rechtmäßig zum selben Zeitpunkt gekündigt worden wäre (BSG, Urteil vom 8. Juli 2009 - B 11 AL 17/08 R -, SozR 4-4300 § 144 Nr. 20). Der wichtige Grund muss sich nicht nur auf die Beendigung überhaupt oder auf die Art der Beendigung beziehen; vielmehr muss sich der wichtige Grund auch auf die Wahl des Zeitpunktes für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erstrecken (BSG, Urteil vom 12. November 1981 - 7 RAr 21/81 -, SozR 4100 § 119 Nr. 17; BSG, Urteil vom 5. Juli 1997 - 7 RAr 22/96 -, SozR 3-1500 § 144 Nr. 12).

b)

Der wichtige Grund i.S. der Sperrzeitvorschrift scheitert hier bereits daran, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger vom Arbeitgeber gemäß § 30 Abs. 3 AVR nicht mehr ordentlich gekündigt werden durfte. Insoweit wird die Behauptung des Klägers, der ehemalige Geschäftsführer Dr. H. habe ihm mit einer betriebsbedingten Beendigungskündigung gedroht, als wahr unterstellt. Entscheidend ist allein, ob der Arbeitgeber rechtmäßig hätte ordentlich kündigen dürfen, was vorliegend zweifelsohne nicht zutrifft. Unabhängig von diesem individuellen Kündigungsschutz wäre eine Beendigungskündigung auch wegen der vorrangig möglichen (BAG, Urteil vom 21. April 2005 - 2 AZR 132/04 -) Änderungskündigung mit dem Ziel einer Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen rechtswidrig gewesen. Gleiches gilt für eine Gehaltsänderungskündigung, auch wenn nicht ersichtlich ist, aus welchen Gründen für den Kläger zur Abwendung von Arbeitslosigkeit die Weiterbeschäftigung als Reha- und Integrationsmanager unzumutbar sein sollte. Selbst bei unkündbaren Arbeitnehmern wäre eine Herabgruppierung gemäß § 31 Abs. 2 AVR allenfalls um eine einzige niedrigere Entgeltsgruppe möglich gewesen und auch nur für den Fall, dass die gesamte Dienststelle oder erhebliche Teile davon aufgelöst worden wäre, was beim Berufsförderungswerk Goslar nicht zutrifft. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hatte folglich absoluten Bestandsschutz und war bis zum Erreichen der Altersrente im August 2017 vom Arbeitgeber nicht mehr einseitig veränderbar.

c)

Arbeitsrechtlich unhaltbar ist die Auffassung des Klägers, er hätte auch außerordentlich mit sozialer Auslauffrist gekündigt werden können. Diese ausnahmsweise zulässige Beendigungsform hat die Rechtsprechung nur für Sonderfälle (z.B. Betriebsstillegung) entwickelt, um auch die Arbeitsverhältnisse von unkündbaren Arbeitnehmern beenden zu können, nachdem sämtliche Beschäftigungsmöglichkeiten entfallen waren (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 24. Januar 2013 - 2 AZR 453/11). Diesen Anforderungen genügt aber die beim Berufsförderungswerk G. in den Jahren 2012-2015 durchgeführte Personalanpassungsmaßnahme, die offenbar nicht einmal als interessenausgleich- und sozialplanpflichtige Betriebsänderung anzusehen war, bei weitem nicht. Der Kläger konnte und wurde ohne Probleme über den Ablauf der sozialen Auslauffrist hinaus weiterbeschäftigt. Im Übrigen fehlt es an einem wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung i.S. des § 626 Bürgerliches Gesetzbuch. Denn betriebliche Umstände rechtfertigen grundsätzlich keine außerordentliche Kündigung; sogar im Insolvenzfall ist dem Arbeitgeber die Einhaltung der Kündigungsfrist zuzumuten (BAG, Urteil vom 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 -). Arbeitsrechtlich zutreffend hat das Berufsförderungswerk Goslar deswegen diese Beendigungsmöglichkeit gar nicht in Erwägung gezogen, sondern freiwillige Aufhebungsvereinbarungen angestrebt, wie der vom Kläger vorgelegte Mitarbeiterbrief vom 14. Juni 2012 zeigt.

d) Wenig hilfreich ist der Hinweis des Klägers auf die Rechtsprechung des BSG zu den betriebsbedingten Kündigungen des Arbeitgebers mit dem Abfindungsversprechen nach § 1a Kündigungsschutzgesetz. Abgesehen davon, dass die Höhe der Abfindung nicht dem Rahmen des § 1a Abs. 2 Satz 1 Kündigungsschutzgesetz entspricht (0,5 Monatsverdienste pro Beschäftigungsjahr), liegt hier keine betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers, sondern eine einvernehmliche Aufhebungsvereinbarung vor.

e) Völlig unverständlich ist die weitere Bezugnahme des Klägers auf das Urteil des BAG vom 18. Januar 2017 - 7 AZR 736/15 -. Dort ging es um den Weiterbeschäftigungsanspruch eines leitenden Angestellten, dessen unbefristetes Arbeitsverhältnis im Jahre 2003 mit einer Auslauffrist zum Jahre 2013 ergänzt wurde. Es war darüber zu befinden, ob dieser Änderungsvertrag als Aufhebungsvertrag anzusehen war, was das BAG verneint hat, oder eine offensichtlich unwirksame Befristung beinhaltete mit der Folge, dass der leitende Angestellte über das Jahr 2013 hinaus weiterbeschäftigt werden musste. Vorliegend wollten aber der Kläger und das Berufsförderungswerk G. nichts anderes als einen Auflösungsvertrag abschließen und nicht das unbefristete Beschäftigungsverhältnis früher beenden mit einer anschließenden befristeten Beschäftigung. Die vom BAG besprochene Problematik stellt sich überhaupt nicht, weil der Kläger nicht gegenüber dem Arbeitgeber im Rahmen der Befristungskontrolle die Weiterbeschäftigung über den 31. Juli 2015 geltend gemacht hat. Sein Ziel ist lediglich, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für zwei Jahre bis zum Rentenbeginn ungekürzt Arbeitslosengeld zu beziehen. Im Übrigen hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers die entscheidende Frage nicht reflektiert, wie eine solche Vertragsgestaltung sperrzeitrechtlich zu würdigen wäre. Das BSG nimmt einen wichtigen Grund bei einer Beendigung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses zwecks Aufnahme einer befristeten Beschäftigung nur dann an, wenn zum Zeitpunkt der Aufgabe des unbefristeten Arbeitsverhältnisses eine konkrete Chance bestanden hatte, über die Befristung hinaus weiterbeschäftigt zu werden (BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 7 AL 98/03 R -, SozR 4-4300 § 144 Nr. 9). Das trifft hier nicht zu. Sperrzeitrechtlich macht es überhaupt keinen Unterschied, zu welchem Zeitpunkt die vorsätzlich herbeigeführte und vom Arbeitnehmer zu vertretene Arbeitslosigkeit eingetreten ist, insbesondere ob diese durch Aufhebungsvertrag oder durch eine sonstige versicherungswidrige Vertragsgestaltung erfolgt ist.

4. Härtegesichtspunkte, die eine Halbierung der Sperrzeit auf sechs Wochen gemäß § 159 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2b SGB III rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Kläger hätte ohne Probleme und ohne Gehaltseinbuße bis zum Renteneintritt im August 2017 weiterbeschäftigt werden müssen. Darauf hat er mit dem Auflösungsvertrag zu Lasten der Versichertengemeinschaft verzichtet. Der Kläger wurde zudem vom Arbeitgeber über die sozialrechtlichen Folgen des Auflösungsvertrages belehrt. Das erhaltene Arbeitslosengeld zuzüglich der Abfindung entsprechen im Übrigen dem Netto-Gehalt, das der Kläger in den zwei Jahren vor Rentenbeginn erhalten hätte.

5. Sperrzeitereignis ist die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses am 31. Juli 2015. Die zwölfwöchige Sperrzeit ist folglich vom 1. August bis zum 23. Oktober 2015 eingetreten. In dieser Zeit ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 159 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III). Erst ab 24. Oktober 2015 kann der Kläger die Auszahlung von Arbeitslosengeld verlangen. Da die Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe zu einer Minderung der Anspruchsdauer um 90 Tage führt (§ 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III), endet der Leistungsbezug am 22. April 2017. Die Minderung der Anspruchsdauer entfällt nicht gemäß § 148 Abs. 2 Satz 2 SGB III, weil das Sperrzeitereignis am 31. Juli 2015 nicht länger als ein Jahr zurückliegt als der Tag der Erfüllung der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, hier der 1. August 2015.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf Anwendung des § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Gesetzliche Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.-