Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 14.05.2019, Az.: L 4 KR 169/17
Kostenerstattung für eine in Polen vorgenommene Zahnersatzbehandlung; Erforderlichkeit des krankenversicherungsrechtliches Genehmigungsverfahrens auch für Behandlungen in einem anderen EU-Mitgliedsstaat
Bibliographie
- Gericht
- LSG Niedersachsen-Bremen
- Datum
- 14.05.2019
- Aktenzeichen
- L 4 KR 169/17
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2019, 19930
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- SG Braunschweig - AZ: S 31 KR 124/14
Rechtsgrundlagen
- § 87 Abs. 1a SGB V
- § 13 Abs. 4 SGB V
Fundstellen
- GesR 2019, 529-531
- VK 2019, 181
Redaktioneller Leitsatz
1. Das für eine inländische Behandlung zwingend zu durchlaufende, krankenversicherungsrechtliche Genehmigungsverfahren ist auch dann einzuhalten, wenn die Behandlung in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union durchgeführt wird.
2. Das Erfordernis eines vorherigen Genehmigungsverfahrens verstößt nicht gegen europarechtliche Vorschriften.
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 15. März 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für eine in Polen vorgenommene Zahnersatzbehandlung.
Die am 9. April 1981 geborene Klägerin beantragte die Übernahme der Kosten für eine prothetische Behandlung des Ober- und Unterkiefers in Höhe von voraussichtlichen Gesamtkosten von 4986,85 Euro unter Vorlage eines Heil- und Kostenplans des Zahnarztes Dr. E., F., vom 4. Oktober 2012 (Blatt 1 bis 6 Verwaltungsakte [VA]).
Die Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 20. März 2013 (Blatt 9 Gerichtsakte [GA]) die Übernahme der Kosten bis zum doppelten Festzuschuss in Höhe von 3553,32 Euro.
Die Klägerin ließ die Behandlung im Juni 2013 in Polen durchführen und beantragte anschließend bei der Beklagten die Erstattung der Kosten. Laut Rechnung der polnischen Zahnärztin Dr. G. vom 26. Juni 2013 (Blatt 7 VA) beliefen sich die Kosten für das zahnärztliche Honorar auf 6586 zl und für Material- und Laborkosten auf 7508 zl, insgesamt 14094 zl (= 3254,60 Euro).
Die Beklagte holte daraufhin eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), Zahnarzt Dr. H., vom 8. August 2013 ein (Blatt 13 VA). Dieser kam zu dem Ergebnis, dass die am Unterkiefer durgeführten Arbeiten nicht mängelfrei seien. Aufgrund der erheblichen Spannweiten beider Brücken und der völlig mangelhaften okklusalen Kontaktsituation sei nicht mit einem langfristigen Erfolg der Sanierung zu rechnen. Die eingesetzte festsitzende Brückenversorgung entspreche nicht den in Deutschland geltenden Qualitäts- und Konstruktionskriterien.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit Bescheid vom 12. August 2013 (Blatt 15 VA) mit, dass unter Berücksichtigung des doppelten Festzuschusses ein Erstattungsbetrag abzüglich des Abschlages für Verwaltungskosten und Wirtschaftlichkeitsprüfung (40,- Euro) von 1669,40 Euro für die Versorgung im Oberkiefer übernommen werde. Die Versorgung im Unterkiefer könne nicht bezuschusst werden, da sie nicht den in Deutschland geltenden Qualitäts- und Konstruktionskriterien entspreche.
Hiergegen legte die Klägerin unter dem 26. August 2013 (Blatt 17 VA) Widerspruch ein: Die Versorgung sei nach dem in Deutschland erstellten Heil- und Kostenplan erfolgt. Die Praxis in Polen übernehme für die nächsten zwei Jahre auch die entsprechende Garantie.
Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte ein weiteres Gutachten des MDK, Dr I., vom 24. September 2013 (Blatt 19 VA) ein, der ebenfalls zum Ergebnis gelangte, dass die in Polen durchgeführte Behandlung nicht lege artis erfolgt sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2014 (Blatt 39 VA) wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Anspruch auf Erstattung bestehe höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung habe das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Nach § 12 Abs. 3 der Satzung der Beklagten würden Versicherten die Kosten von Leistungen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) in Anspruch genommen würden, nach Maßgabe des § 13 Abs. 4 bis 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erstattet, wenn die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung im Inland erfüllt seien. Nach § 12 Abs. 4 der Satzung würden Versicherten unter Berücksichtigung eines Abschlags für Verwaltungskosten die Kosten bis zu der Höhe erstattet, die bei Inanspruchnahme als Sach- oder Dienstleistung entstanden wären, höchstens bis zur Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten. Weitere Voraussetzung sei, dass die Versorgung den hierzulande geltenden Qualitäts- und Konstruktionskriterien entspreche. Dies sei nach den Gutachten des MDK nicht der Fall, so dass die Kosten für den Zahnersatz im Unterkiefer nicht übernommen werden könnten.
Dagegen hat die Klägerin am 15. April 2014 Klage zum Sozialgericht (SG) Braunschweig erhoben. Der von dem deutschen Zahnarzt erstellte Heil- und Kostenplan sei zuvor von der Beklagten genehmigt und entsprechend von der polnischen Zahnärztin umgesetzt worden. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, angesichts des Zustandes des Zahnfleisches bei der Begutachtung durch den MDK hätte die Versorgung so nicht durchgeführt werden dürfen, sei dies unbeachtlich. Entscheidend sei, dass die Zähne zum Zeitpunkt der Maßnahmen im Unterkiefer ordnungsgemäß gewesen seien. Die polnische Zahnärztin habe mit Schreiben vom 27. Oktober 2013 (Blatt 17 GA) bestätigt, dass der Zustand des Zahnfleisches während der Maßnahme und bei dem Kontrolltermin nach einer Woche ideal gewesen sei. Erst durch die später eingetretene Schwangerschaft der Klägerin sei das Zahnfleisch parodontal derartig geschädigt worden.
Die Beklagte hat hierauf erwidert, dass der Heil- und Kostenplan zwar im genehmigten Umfang umgesetzt worden sei, jedoch nicht nach den in Deutschland geltenden Qualitätskriterien.
Das SG hat mit Zustimmung der Beteiligung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden und den Bescheid der Beklagten vom 12. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2014 abgeändert sowie die Beklagte verurteilt, der Klägerin über den gewährten Betrag von 1669,40 Euro hinaus auch die weiteren Kosten für die in Polen vorgenommene Zahnersatzbehandlung in Höhe von 1883,92 Euro zu erstatten.
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 12. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2014 sei rechtswidrig, soweit die Beklagte darin die Erstattung der weiteren Kosten für die in Polen vorgenommene Zahnersatzbehandlung für den Unterkiefer in Höhe von 1883,92 Euro abgelehnt habe. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Erstattung dieser weiteren Kosten gemäß § 13 Abs. 4 SGB V. Danach seien Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der EU, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat seien auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterlägen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürften nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft seien oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt seien. Der Anspruch auf Erstattung bestehe höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung habe das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie habe dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Der Anspruch setze dabei voraus, dass ein Primärleistungsanspruch in Deutschland bestehe. Dieser Primäranspruch ergebe sich aus § 27 Abs. 1 Satz 2, § 55 Abs. 1 SGB V, da die Beklagte den doppelten Festzuschuss für die Zahnversorgung gemäß dem Heil- und Kostenplan vom 4. Oktober 2012 genehmigt habe und die Klägerin die Maßnahme erst danach habe durchführen lassen. Die die Zahnversorgung durchführende polnische Zahnärztin Dr. G. sei auch berechtigt im Sinne des § 13 Abs. 4 SGB V. Anhaltspunkte dafür, dass deren Zugang und Ausübung des Berufes nicht Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft seien oder sie nicht im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sei, lägen nicht vor. Entgegen der Auffassung der Beklagten könne die Mangelhaftigkeit der Behandlung bei einer Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz nicht anspruchsausschließend entgegengehalten werden. Solche Einschränkungen fänden keine Grundlage im SGB V. Entsprechend sehe auch die Satzung der Beklagten eine Kostenerstattung nach Maßgabe des § 13 Abs. 4 bis 6 SGB V bereits dann vor, wenn die Voraussetzungen - wie vorliegend - für eine Leistungsgewährung im Inland erfüllt seien. Der Versicherte sei insoweit weder nach Gesetz noch nach der Satzung der Beklagten anders zu stellen als bei einer Behandlung im Inland. Im Übrigen ginge ein Verstoß gegen Vorgaben der Zahnersatz-Richtlinie sowie gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot auch bei einer Inlandsbehandlung nicht zu Lasten des Versicherten (Verweis auf SG München, Gerichtsbescheid vom 30. Juli 2012 - S 28 KR 666/08, juris).
Gegen das ihr am 20. März 2017 zugestellte Urteil des SG richtet sich die Berufung der Beklagten, die sie am 19. April 2017 beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen eingelegt hat.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und trägt ergänzend vor, dass in § 13 Abs. 4 Satz 5 SGB V das den Krankenkassen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V auferlegte Verbot, unwirtschaftliche Leistungen zu gewähren, nicht ausgeschlossen sei, sondern vielmehr unberührt bleibe. Aufgrund der Mangelhaftigkeit des Zahnersatzes im Unterkiefer sei eine Kostenübernahme ausgeschlossen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet über die Berufung durch den Berichterstatter als Einzelrichter sowie ohne mündliche Verhandlung, nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 i.V.m. § 153 Abs. 1 und § 155 Abs. 3, Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg und führt zur Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung sowie zur Klageabweisung.
Die Berufung ist statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere ist die Berufungsfrist (§ 151 Abs. 1 SGG) gewahrt.
Die Berufung ist auch begründet.
Das SG hat die Beklagte mit dem angegriffenen Urteil zu Unrecht im dort tenorierten Umfang zur Leistung bzw. Kostenerstattung verurteilt. Denn der Bescheid der Beklagten vom 12. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2014 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), soweit die Beklagte darin die Erstattung der weiteren Kosten für die in Polen vorgenommene Zahnersatzbehandlung für den Unterkiefer in Höhe von 1883,92 Euro abgelehnt hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) können in Deutschland gesetzlich Krankenversicherte auf Grund der im EG-Vertrag garantierten Dienstleistungsfreiheit für im EU-Ausland selbstbeschaffte ambulante Krankenbehandlung zwar grundsätzlich unabhängig davon Kostenerstattung beanspruchen, ob sie die Krankenkasse vorher eingeschaltet haben oder ob dieselbe Leistung im Inland als Sachleistung zur Verfügung gestanden hätte (BSG, Urteil vom 13. Juli 2014 - B 1 KR 11/04 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 4 LS 1, mit zust. Anm. von Blöcher, jurisPR-SozR 52/2004, Anm. 2). Die Vorschrift dispensiert allerdings nur von der Notwendigkeit, eine Genehmigung allein wegen der Inanspruchnahme der Leistung in einem anderen EU-Mitgliedstaat in Anspruch zu nehmen. Unberührt bleiben andere Genehmigungserfordernisse, etwa die Prüfung und ggf. Begutachtung eines Heil- und Kostenplans bei der Versorgung mit Zahnersatz nach § 87 Abs. 1a Satz 5 bis 7 SGB V (vgl. Kingreen in: Becker/Kingreen, SGB V, 6. Auflage 2018, § 13 SGB V, Rn. 47). Der Anspruch auf Kostenerstattung für einen im EG-Ausland beschafften Zahnersatz setzt allerdings die Genehmigung der Versorgung nach Prüfung einer einem Heil- und Kostenplan vergleichbaren Unterlage durch die Krankenkasse vor der Behandlung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 19/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 21; Schifferdecker in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Werkstand: 102. EL Dezember 2018, § 13 Rn. 175).
Einen Heil- und Kostenplan der in Polen aufgesuchten Zahnärztin hat die Klägerin nicht vorgelegt. Daneben stellt auch die vorgelegte Rechnung vom 23. Juni 2013 - nach Auffassung des Senats - keine einem Heil- und Kostenplan vergleichbare Unterlage dar. Eine Prüfung und Genehmigung der Behandlung in Polen war demnach vor der Behandlung für die Beklagte - nach Auffassung des Senats - unmöglich, was insoweit bereits zum Anspruchsausschluss führt (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 19/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 21 Rn. 20). Der Vertragszahnarzt hat nämlich vor Beginn der Behandlung einen kostenfreien Heil- und Kostenplan zu erstellen, der den Befund, die Regelversorgung und die tatsächlich geplante Versorgung auch in den Fällen des § 55 Abs. 4 und 5 nach Art, Umfang und Kosten beinhaltet (§ 87 Abs. 1a Satz 2 SGB V). Im Heil- und Kostenplan sind Angaben zum Herstellungsort des Zahnersatzes zu machen (Satz 3). Der Heil- und Kostenplan ist von der Krankenkasse vor Beginn der Behandlung insgesamt zu prüfen (Satz 4). Vor diesem Hintergrund kann auch nicht an den von der Beklagten genehmigten Heil- und Kostenplan des Zahnarztes Dr. E. vom 4. Oktober 2012 angeknüpft werden (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 19/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 21 Rn. 21; Bayerisches LSG, Urteil vom 15. März 2016 - L 5 KR 458/15 ZVW, juris Rn. 40 ff.; LSG Hamburg, Urteil vom 12. September 2014 - L 1 KR 162/13, juris). Für die Inanspruchnahme von grenzüberschreitenden zahnprothetischen Behandlungen im EU-Ausland ergibt sich, dass der Krankenkasse vor Durchführung der Auslandsbehandlung die Möglichkeit gegeben werden muss, die vorgesehene Versorgung mit Zahnersatz vorab auf ihre Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen und gegebenenfalls begutachten zu lassen, um auf diesem Wege die Inanspruchnahme der in aller Regel mit hohen Kosten verbundenen Zahnersatzleistungen steuern zu können (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. September 2008 - L 4 KR 5472/07, juris Rn. 21). Soweit die Beklagte mit Bescheid vom 20. März 2013 eine Kostenübernahme für Zahnersatz bewilligt hatte, bezog sie sich im Übrigen ausdrücklich auf den Heil- und Kostenplan vom 4. Oktober 2012 durch den Behandler Dr. E. und nicht durch einen anderen Behandler (vgl. BSG, Urteil vom 7. Mai 2013 -B 1 KR 5/12 R, SozR 4-2500 § 55 Nr. 2 Rn. 18). Hinzu kommt, dass die Beklagte durch die Genehmigung des Heil- und Kostenplans des Dr. E. auch eine Bindung der Krankenkasse im Verhältnis zum behandelnden Zahnarzt geschaffen hat. Diese Bindungswirkung ergibt sich zwar nicht aus einer Erstreckung der Bindungswirkung nach § 77 SGG, sondern aus dem Grundsatz der Selbstbindung des Versicherungsträgers sowie aus § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (vgl. BSG, Urteil vom 25. März 2003 - B 1 KR 29/02 R, SozR 4-1500 § 55 Nr. 1 Rn. 12; LSG Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8. März 2017 - L 11 KA 72/15, juris Rn. 29).
Das für eine inländische Behandlung zwingend zu durchlaufende Genehmigungsverfahren ist insoweit auch bei einer Behandlung in einem anderen EG-Mitgliedstaat grundsätzlich einzuhalten. Eine europarechtliche Diskriminierung geht damit bei europarechtskonformer Anpassung des Verfahrens nicht einher (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 19/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 21 Rn. 22).
Die Regelung des zum 1. Januar 2004 durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14. November 2003 (BGBl I 2190) eingefügten § 13 Abs. 4 SGB V setzt die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur (passiven) Dienstleistungs- und Warenfreiheit im Bereich des Gesundheitswesens um und passt damit das deutsche Krankenversicherungsrecht an die europarechtlichen Vorgaben an (vgl. BSGE 93, 94 = SozR 4-2500 § 13 Nr. 4, Rn. 8 ff.). Da die Leistungserbringer im Ausland typischerweise nicht in das deutsche Leistungserbringungssystem eingegliedert sind, wird Kostenerstattung gewährt. Wie sich schon aus der Formulierung "anstelle der Sach- oder Dienstleistung" in § 13 Abs. 4 Satz 1 SGB V ergibt, setzt dieser Umstand jedoch - ähnlich wie in den weiteren Fällen der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 und 3 SGB V (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - B 1 KR 11/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 19 Rn. 12 ff.) - nicht das SGB V im Übrigen außer Kraft, sondern belässt es bei seinem Leistungsrahmen.
Das aufgezeigte Regelungskonzept des § 13 Abs. 4 SGB V entspricht europäischem Recht: Es nimmt hin, dass Leistungsvoraussetzungen und Begrenzungen des Leistungsumfangs, die im nationalen Recht angelegt sind, uneingeschränkt gelten, wenn und solange sie für die Betroffenen nicht in europarechtswidriger Weise diskriminierend wirken (vgl. EuGHE I 2003, 4509, Rn. 97 ff., 106 ff = SozR 4-6030 Art. 59 Nr. 1 Rn. 127 ff., 137 ff. - Müller-Fauré/van Riet; EuGHE I 2004, 2641 Rn. 48 ff. - Leichtle; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 3 Rn. 11; BSGE 93, 94 = SozR 4-2500 § 13 Nr 4, Rn. 10). Daher kann die Übernahme von Kosten für eine Krankenbehandlung im Ausland innerhalb der EU von dem in Betracht kommenden inländischen Leistungsträger - hier der beklagten KK - nur insoweit verlangt werden, als das Krankenversicherungssystem des Staates der Versicherungszugehörigkeit eine Deckung garantiert (vgl. EuGHE I 2003, 4509, Rn 106 = SozR 4-6030 Art. 59 Nr. 1 Rn. 137 - Müller-Fauré/van Riet). So hat der EuGH etwa auch das Erfordernis, vor dem Facharzt zunächst einen Allgemeinarzt zu konsultieren, ausdrücklich als zulässig angesehen (vgl. EuGHE I 2003, 4509, Rn. 106 = SozR 4-6030 Art. 59 Nr. 1 Rn. 137 - Müller-Fauré/van Riet). Dementsprechend gilt der Arztvorbehalt des § 15 SGB V für den Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln und Laboruntersuchungen als Teil der Krankenbehandlung auch bei einer Behandlung im Ausland innerhalb der EU (vgl. BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 3 Rn. 13 ff.).
Das Erfordernis der Vorlage eines Heil- und Kostenplans zur Genehmigung auch bei einer Behandlung im Ausland innerhalb der EU steht nicht im Widerspruch zu der durch Art. 49 EG gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 19/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 21 Rn. 24). Denn es bewirkt nicht, dass die in Deutschland zugelassenen Leistungserbringer gegenüber Anbietern von medizinischen Sach- und Dienstleistungen, die in anderen Mitgliedstaaten der EU ansässig sind, ungerechtfertigt privilegiert werden. Das dargestellte Verfahren der Vorlage und Prüfung des Heil- und Kostenplans durch die Krankenkasse vor der zahnprothetischen Behandlung gilt unterschiedslos für den Fall der Versorgung mit Zahnersatz im Inland wie im Ausland. Nach der Rechtsprechung des EuGH geht mit Anforderungen, die sowohl für Leistungen im Inland als auch im Ausland Geltung beanspruchen, grundsätzlich keine Beeinträchtigung der europarechtlichen (passiven) Dienstleistungsfreiheit einher; dies gilt insbesondere auch für die Durchführung eines Anerkennungs- bzw. Genehmigungsverfahrens (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 19/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr. 21 Rn. 26 mit Hinweis auf EuGHE I 2004, 2641, Rn. 37, 40 mwN - Leichtle; Becker/Walser, NZS 2005, 449, 455 f.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht ersichtlich.