Landgericht Oldenburg
Urt. v. 25.11.2005, Az.: 2 O 2336/05

Bibliographie

Gericht
LG Oldenburg
Datum
25.11.2005
Aktenzeichen
2 O 2336/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2005, 42465
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOLDBG:2005:1125.2O2336.05.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
OLG Oldenburg - 30.03.2006 - AZ: 14 U 123/05

In dem Rechtsstreit

...

wegen Verfügungsforderung und Feststellung

hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 28.10.2005 durch ...

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreites. Das Urteil ist wegen der Kosten in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Kläger betreiben eine Biogasanlage und speisen den erzeugten Strom in das Netz der Beklagten ein. Die Parteien streiten darüber, ob die Biogasanlage der Kläger noch im Jahre 2003 oder erst danach in Betrieb genommen ist. Die Beklagte hat den eingespeisten Strom nach den Vergütungssätzen des Jahres 2003 abgerechnet, was die Kläger zunächst nicht beanstandeten. Die Kläger verlangen jedoch, dass die Abrechnung ab 1.8.2004 entsprechend der Überleitungsbestimmung des 21 Abs. Nr. 3 EEG erfolgt. Diese Übergangsbestimmung sieht für Biomasseanlagen, die nach dem 31.12.2003 in Betrieb genommen werden, Vergütungssätze vor, die sich für die Kläger günstiger darstellen; die Kläger heben insoweit für den Zeitraum von August 2004 bis Juni 2005 eine Mehrvergütung in Höher von 13 535,73 € errechnet (wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Klagschrift verwiesen).

2

Die Kläger machen geltend, dass ihre Biogasanlage erst im Jahre 2004 in Betrieb genommen worden sei. Zwar sei das Blockheizkraftwerk bereits im Jahre 2003 fertig gestellt und auch an das Netz der Klägerin angeschlossen worden (die Beklagte hatte den Anschluss mit Angebot vom 2.10.2003 zum Preis von rund 54 000 Euro angeboten, Bl. 62 ff d.A., was die Kläger akzepiert und in Auftrag gegeben hatten; der Anschluß der Eigenerzeugungsanlage wurde am 19.11.2003 bestätigt, Bl. 68 d.A.).

3

Es sei aber 2003 nur ein Probebetrieb mit Erdgas ausgeführt worden, um die Motoren zu testen. Dies könne nicht als Betrieb einer Biogasanlage gewertet werden. Die Befüllung mit Biogas sei erst im Jahr 2004 erfolgt. Zwar seien die Betonsilos für die Biogasanlage bereits im Jahre 2003 errichtet worden und auch die Gasleitung sei bereits errichtet gewesen, doch sei die Dichtigkeitsprüfung erst am 8.1.2004 erfolgt und die Befüllung mit Biomasse sei erst Anfang März erfolgt. Bis Ende März habe noch eine Stützfeuerung mit Erdgas stattgefunden. Entscheidend sei aber jedenfalls, dass es im Jahre 2003 noch nicht zur Einleitung von Biomasse gekommen sei. Die Kläger meinen, deshalb könne vom Sinn und Zweck des EEG eine Inbetriebnahme der Biomasseanlage im Jahre 2003 nicht erfolgt sein; anderenfalls könnte ein Betreiber sich ja nur durch den Anschluß eines Blockheizkraftwerks und dessen Betrieb mit fossilen Brennstoffen die Mindestvergütung nach dem EEG sichern, auch wenn die Komponenten der Biogasanlage erst später nach und nach angeschafft würden.

4

Die Kläger beantragen,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 13 535,73 E nebst Zinsen von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

  2. ferner die Verpflichtung der Beklagten festzustellen, für den in der Biogasanlage der Kläger erzeugten und bei der Beklagten eingespeisten Strom die in § 8 EEG der heutigen Fassung festgelegte Mindestvergütung zu zahlen.

5

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

6

Sie vertritt die Auffassung, dass mit dem Anschluss des Blockheizkraftwerks an ihr Netz und dem Einbau des Zählers, dem Abschluss des Einspeisungsvertrages am 24.11.2003 und der ersten Zählerablesung am 26.1.2003 die Inbetriebnahme noch im Jahre 2003 erfolgte. Sie verweist darauf, dass gerade die Kläger zunächst auf eine Festschreibung der Inbetriebnahme schon im Jahr 2003 besonderen Wert gelegt hätten, damit der für 2003 damals geltende Vergütungssatz für die nächsten 20 Jahre entsprechend den damaligen gesetzlichen Regelungen galt und an den weiteren jährlichen Degressionen nicht teilnahm.

7

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagenbezug genommen.

Entscheidungsgründe

8

Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat die Vergütung der Kläger zutreffend entsprechend einer bereits im Jahre 2003 erfolgten Inbetriebnahme der Biogasanlage abgerechnet.

9

Nach Auffassung des Gerichtes ist nicht auf den "Vollbetrieb" der Biogasanlage abzustellen, sondern unter "Inbetriebnahme" ist der Beginn des Betriebes anzusehen. Die Kläger machen ihren zusätzlichen Vergütungsanspruch unter Berufung auf die Übergangsbestimmungin § 21 Abs. 1 Nr. 3 der EEG-Novelle geltend. Diese Bestimmung erhöht die bisherige Mindestvergütung für Anlagen, die in der ersten Jahreshälfte 2004 in Betrieb gegangen sind, auf die (gegenüber der bisherigen Vergütungsbestimmungen) günstigeren Sätze des § 8 EEG, während für die vor dem 1.1.2004 in Betrieb gegangenen Anlagen nur eine Anhebung der bisherigen Mindestvergütung nach Maßgabe des § 8 Abs. 2 EEG erfolgt (§ 21 I Nr. 4 EEG).

10

Der Begriff der "Anlage" und der "Inbetriebnahme" ist in § 3 EEG nunmehr definiert: eine Anlage ist nach § 3 Abs. 2 EEG jede selbständige technische Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas. Unter "Inbetriebnahme" versteht das EEG gemäß § 3 Abs. 4 die erstmalige Inbetriebsetzung der Anlage nach Herstellung ihrer technischen Betriebsbereitschaft. Auch nach dieser Legaldefinition stellt sich jedoch die Frage, ob unter Anlage nur die eigentlich stromerzeugende Einheit (hier also die "Eigenerzeugungsanlage" gemäß der Beschreibung im Datenblatt vom 12.8.2003, Bl. 61 d.A.) und unter Inbetriebnahme dementsprechend der Beginn der Stromeinspeisung durch diese Einheit zu verstehen ist oder ob zum Begriff der Anlage weitergehend auch alle baulichen Anlagen wie etwa der Biofermenter gehören. Oschmann (in Danner-Theobald Kommentar z. Energierecht Rnr 28 zu § 3 EEG) vertritt die Auffassung, dass der Fermenter einer Biogasanlage eben nicht unmittelbar (selbständig) der Energieerzeugung aus erneuerbarer Energie diene und deshalb nicht unter den Anlagenbegriff des § 3 Abs. 2 EEG falle. Demgegenüber meint Reshöft (Reshöft/Steiner/Dreher EEG, 2. Auflage 2005, § 3 Rnr. 15), dass auch der Gärbehälter einer Biogasanlage Teil der Anlage in Gesetzessinne sei, weil ohne diesen eine Stromerzeugung aus Biogas nicht möglich wäre. Da der Zeitpunkt der Inbetriebnahme vor allem für die Höhe der Vergütung des eingespeisten Strom - und zwar für die Dauer von vielen Jahren - von Bedeutung ist, erscheint die Argumentation der Beklagten, es müsse auf einen möglichst für alle Beteiligten einfach und sicher feststellbarer Zeitpunkt abgestellt werden, zutreffend. Diesem Erfordernis wird die engere Auffassung, die nur auf die Inbetriebnahme der eigentlich stromerzeugenden Einheit (also Beginn der Einspeisung der insoweit betriebsbereiten Anlage) abstellt, am besten gerecht. Er ist für beide Vertragspartner einfach und zweifelsfrei feststellbar, weil er den Anschluss der Anlage an das Stromnetz und den Beginn der Einspeisung voraussetzt; außerdem sind damit ganz wesentliche Investitionen getätigt, so dass die Möglichkeit von gravierenden Manipulationen durch den Betreiber - etwa in der Weise, dass zunächst nur die stromerzeugende Einheit angeschafft und angeschlossen werde, um sich die entsprechenden günstigen Vergütungssätze langfristig zu sichern, während z.B. die Fertigstellung des Fermenters und die Nutzung der Anlage entsprechend ihrem Bestimmungszweck zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien langfristig hinausgezögert würde - eher unwahrscheinlich sein dürfte, weil sich dann die getätigten Investitionen für einen längeren Zeitraum nicht rentieren dürften. Grundsätzlich ist die hier vertretene Definition für den Betreiber einer Biogasanlage auch günstig, weil der Gesetzgeber für spätere Investitionen grundsätzlich eine degressive Vergütung festgelegt hat, um alsbaldige Investitionen zu fördern. Lediglich durch die Übergangsvorschrift des § 21 EEG ist die einmalige Situation entstanden, dass (im Nachhinein) eine Inbetriebnahme im ersten Halbjahr 2004 für die Vergütungsbemessung günstiger war als eine Inbetriebnahme vor dem 1.1.2004. Diese Besonderheit rechtfertigt es nicht, von der hier vertretenen, für den Betreiber einer Biogasanlage im allgemeinen sogar günstigeren Auslegung abzugehen, die den Vorteil einer verlässlichen Feststellung ermöglicht und geeignet ist, Rechtsstreitgkeiten über die Höhe der Vergütung von vornherein zu vermeiden.

11

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.