Landgericht Oldenburg
Urt. v. 07.07.2005, Az.: 10 O 3615/02
Prüffähigkeit einer Schlussrechnung gemäß den Anforderungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) ; Rechtzeitigkeit einer Rüge der mangelnden Prüffähigkeit; Rechtfertigung einer Kostenschätzung; Erfüllung der Mitwirkungspflicht durch Zugänglichmachen der Rechungsunterlagen
Bibliographie
- Gericht
- LG Oldenburg
- Datum
- 07.07.2005
- Aktenzeichen
- 10 O 3615/02
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2005, 31502
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGOLDBG:2005:0707.10O3615.02.0A
Rechtsgrundlage
- § 62 HOAI
In dem Rechtsstreit
hat die 10. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung vom 16.06.2004
durch
den Richter am Landgericht Müller als Einzelrichter
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Klage wird als zurzeit unbegründet abgewiesen.
- 2.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
- 3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger macht von der Beklagten restlichen Werklohn geltend.
Für die Beklagte erbrachte der Kläger die Tragswerksplanung für die Bauvorhaben Schriftliche Verträge wurden zwischen den Parteien nicht geschlossen. Allerdings hat der Kläger der Beklagten jeweils vorbereitete Ingenieurverträge übersandt, die durch die Beklagte mit Schreiben vom 22.07.1998 angenommen worden sind. Zuvor hatte es Gespräche zwischen den Parteien gegeben, in denen man sich für beide Bauvorhaben auf ein Pauschalhonorar von jeweils 100.000,00 DM zuzüglich Umsatzsteuer geeinigt hatte. Auf diese Gespräche und die getroffenen Preisabsprachen nahm die Beklagte in dem Schreiben vom 22.07.1998 ausdrücklich Bezug.
Der Kläger erbrachte seine Leistungen bis Mitte des Jahre 1999. Erstmals mit den Rechnungen vom 8. bzw. 10.08.2001 machte der Kläger höhere Honorarforderungen geltend. Im Schreiben vom 21.02.2002 bestätigte der Kläger die Pauschalpreisvereinbarung, führte aber an, dass sich das zusätzlich geltend gemachte Honorar allein auf Zusatzaufträge beziehe. Mit Schreiben vom 06.01.2003 forderte der Kläger die Beklagte erfolglos auf, bis zum 20.01.2003 eine der DIN 276 entsprechende Kostenermittlung vorzulegen. Dies ist seitens der Beklagten abgelehnt worden. Gleichzeitig wurde dem Kläger jedoch angeboten, sämtliche Bauunterlagen, die er für die Anfertigung seiner Rechnung benötige, einzusehen.
Der Kläger behauptet, er habe für das im Auftrag der Beklagten Nachtragsarbeiten durchführen müssen, da nach der Erbringung seiner Leistung neue Architektenpläne vorgelegt worden seien. Hinsichtlich des Objektes habe er nach Erbringung der Leistungsphasen 1 bis 6 im Auftrag der Beklagten zwei Mehrfachberechnungen für Alternativstatiken bzw. Stützen der Eckbalkone ausgeführt. Weiter seien Nachträge für die statische Berechnung erstellt worden.
Nachdem der Kläger seine Forderung zunächst auf die mit der Klage eingereichten Honorarschlussrechnungen vom 08.08.2001 bzw. 10.08.2001 gestützt hat, hat er mit Schriftsatz vom 20.03.2002 neue Schlussrechnungen vom 14. bzw. 15.03.2003 vorgelegt. Hierzu behauptet der Kläger, er sei berechtigt, die anrechenbaren Kosten zu schätzen, da sich die Beklagte geweigert habe, die anrechenbaren Kosten mitzuteilen. Die Rechnungen seien auch prüffähig.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 52.191,68 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.09.2001 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, dass es seit der Beauftragung des Klägers am 22.07.1998 keine Veränderungen an der Bauausführung und der Planung gegeben habe. Dem Kläger seien keine Zusatzleistungen in Auftrag gegeben worden. Sonderleistungen seien nicht erbracht worden und zur Vorbereitung der Vergabe sei der Kläger nicht beauftragt worden. Im Übrigen habe der Architekt den Kläger - unstreitig -angewiesen, nicht eher mit den Planungen zu beginnen, bis ihm schriftlich der Auftrag erteilt worden sei. Der in den Rechnungen enthaltene Stundenaufwand werde mit Nichtwissen bestritten. Im Übrigen dürfe der Kläger maximal ein Zeithonorar von 75,00 DM pro Stunde berechnen. Ihrer Ansicht nach sei ein schriftlicher Vertrag geschlossen worden, sodass eine verbindliche Vereinbarung eines Pauschalhonorars vorliege. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, verstoße die Geltendmachung des höheren Honorars gegen Treu und Glauben. Schließlich habe der Kläger bei der Erstellung der Rechnungen bei der Ermittlung der anrechenbaren Kosten weder den Anforderungen der DIN 276 noch des § 62 HOAI genügt. Die Rechnungen seien nicht prüffähig.
Der Einzelrichter hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 05.11.2003 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Schreiben der Sachverständigen vom 07.01.2004 (Bl. 182 d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist derzeit nicht begründet.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Honoraranspruch jedenfalls zurzeit nicht zu, da die Schlussrechnungen vom 14. und 15.03.2003 nicht den Anforderungen des § 62 HOAI entsprechen. Die Rechnungen sind nicht prüffähig.
Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass die Prüffähigkeit einer Schlussrechnung keinen Selbstzweck darstellt und nicht von Amts wegen zu ermitteln ist. Von einer Prüfung von Amts wegen kann vorliegend jedoch keine Rede sein, denn bereits mit der Klageerwiderung hat die Beklagte erstmals die mangelnde Prüffähigkeit der zunächst der Klage zu Grunde gelegten Schlussrechnungen gerügt. Dementsprechend hat sie dann mit dem Schriftsatz vom 07.05.2003 im unmittelbaren Anschluss an die mit Schriftsatz des Klägers vom 20.03.2003 überreichten überarbeiteten Schlussrechnungen vom 14. und 15.03.2003 deren fehlende Prüffähigkeit neuerlich gerügt. Erst im Anschluss an die jeweiligen Rügen ist der Kläger seitens des Gerichts auf die fehlende Prüffähigkeit hingewiesen worden.
Soweit der Kläger auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.11.2003 (NJW-RR 2004, 446 [BGH 27.11.2003 - VII ZR 288/02]) hinweist und sich darauf beruft, dass die Rüge fehlender Prüffähigkeit innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Schlussrechnung vorgebracht werden müsse, greift dieser Einwand nicht durch. Der Kläger stützt seine Klageforderung auf die überarbeiteten Schlussrechnungen vom 14. bzw. 15.03.2003. Deren mangelnde Prüffähigkeit hat die Beklagte rechtzeitig innerhalb der Zweimonatsfrist gerügt, sodass sie mit ihrer Rüge nicht ausgeschlossen ist.
Die Schlussrechnungen vom 14. und 15.03.2003 sind nicht prüffähig. Sie entsprechen hinsichtlich der Darstellung der anrechenbaren Kosten nicht den Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 HOAI. Den entsprechenden nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen in ihrem Schreiben vom 07.01.2004 ist letztlich auch der Kläger gefolgt, der im Anschluss an das Schreiben die Beklagte zur Vorlage der Kostenberechnungen aufgefordert hat.
Der Kläger ist vorliegend nicht berechtigt, die anrechenbaren Kosten zu schätzen. Entgegen seiner Ansicht hat die Beklagte die ihr obliegende Mitwirkung an der Aufstellung der Kostenberechnungen nicht verweigert. Nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 19.12.2002 hat der Kläger die anrechenbaren Kosten in Abstimmung mit dem Architekten ermittelt. Von daher fragt es sich bereits, ob überhaupt Raum für eine Kostenschätzung verbleibt. Dies kann letztlich jedoch dahin gestellt bleiben, da die Beklagte in jedem Falle ihren Mitwirkungspflichten genügt hat, sodass es Sache des Klägers ist, eine dem Gesetz entsprechende Aufstellung der anrechenbaren Kosten zu fertigen.
Ein Verstoß der Beklagten gegen ihre Mitwirkungspflichten liegt nicht darin begründet, dass sie sich geweigert hat, eine der DIN 276 entsprechende Kostenermittlung
vorzulegen. Da es sich bei der Beklagten bzw. bei den für die Beklagte handelnden Personen nicht um eine auf dem Bausektor tätige Personen handelt, wäre vom Kläger im Einzelnen anzugeben, welche Kosten mitgeteilt werden sollen, um die Beklagte in die Lage zu versetzen, die entsprechenden Kosten bzw. Rechnungen zusammen zu stellen. Die Ermittlung der anrechenbaren Kosten ist nicht Sache der Beklagten, da die Rechnungslegung dem Kläger als demjenigen obliegt, der die Werklohnforderung geltend macht (vgl. OLG Düsseldorf, BauR 1997, 510[OLG Düsseldorf 20.06.1996 - 12 U 129/95])
Die Beklagte hat auch nicht ihre Auskunftspflicht verletzt. Unstreitig hat die Beklagte dem Kläger angeboten, sämtliche Rechnungsunterlagen einzusehen und sämtliche Informationen zu liefern, die der Kläger zur Erstellung einer prüffähigen Schlussrechnung benötigt, wie sich unter anderem aus den Schriftsätzen der Beklagten vom 16.01.2003 und 13.02.2003 ergibt. Diesem Angebot ist der Kläger ebenfalls unstreitig nicht nachgegangen. Damit hat die Beklagte ihrer Mitwirkungspflicht genügt, die lediglich darin besteht, dem Kläger die Rechnungsunterlagen zugänglich zu machen, damit er diese sichten und die für seinen Honoraranspruch wichtigen Informationen heraussuchen kann (vgl. BGH BauR 1995, 126, 128[BGH 27.10.1994 - VII ZR 217/93]; OLG Düsseldorf, a.a.O., S. 511). Da der Beklagten keine Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht vorgeworfen werden kann, war der Kläger nicht zur Schätzung berechtigt. Ein dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 28.05.1999 (BauR 2000, 915, 916) [OLG Düsseldorf 28.05.1999 - 22 U 248/98] vergleichbarer Fall liegt somit nicht vor.
Der Vortrag der Beklagten kann nicht als unsubstantiiertes Bestreiten der anrechenbaren Kosten angesehen werden. Der Hinweis des Klägers auf das Urteil des OLG Celle vom 11.11.1998 (BauR 1999, 508) greift daher nicht durch. Die Beklagte kennt als Bauherrin wohl die gesamten Baukosten der Objekte. Von der Beklagten, die nicht auf dem Bausektor tätig ist, kann jedoch nicht erwartet werden, dass sie sich mit der DIN 276 auseinandersetzt und die anrechenbaren Kosten ermittelt. Dies ist - wie oben bereits ausgeführt - Aufgabe des Klägers.
Soweit der Kläger Honoraransprüche für Zusatzleistungen geltend macht, ist sein Vortrag nicht genügend substantiiert. Der Vertrag zwischen dem Kläger und dem Beklagten ist unstreitig durch das Schreiben der Beklagten vom 22.07.1997 zu Stande gekommen, wobei der Kläger ebenfalls unstreitig seitens des Architekten der Beklagten zuvor darauf hingewiesen worden war, dass er erst dann mit seinen Arbeiten beginnen sollte, wenn ihm der Auftrag schriftlich erteilt worden sei. Soweit der Kläger geltend vorzulegen. Da es sich bei der Beklagten bzw. bei den für die Beklagte handelnden Personen nicht um eine auf dem Bausektor tätige Personen handelt, wäre vom Kläger im Einzelnen anzugeben, welche Kosten mitgeteilt werden sollen, um die Beklagte in die Lage zu versetzen, die entsprechenden Kosten bzw. Rechnungen zusammen zu stellen. Die Ermittlung der anrechenbaren Kosten ist nicht Sache der Beklagten, da die Rechnungslegung dem Kläger als demjenigen obliegt, der die Werklohnforderung geltend macht (vgl. OLG Düsseldorf, BauR 1997, 510[OLG Düsseldorf 20.06.1996 - 12 U 129/95])
Die Beklagte hat auch nicht ihre Auskunftspflicht verletzt. Unstreitig hat die Beklagte dem Kläger angeboten, sämtliche Rechnungsunterlagen einzusehen und sämtliche Informationen zu liefern, die der Kläger zur Erstellung einer prüffähigen Schlussrechnung benötigt, wie sich unter anderem aus den Schriftsätzen der Beklagten vom 16.01.2003 und 13.02.2003 ergibt. Diesem Angebot ist der Kläger ebenfalls unstreitig nicht nachgegangen. Damit hat die Beklagte ihrer Mitwirkungspflicht genügt, die lediglich darin besteht, dem Kläger die Rechnungsunterlagen zugänglich zu machen, damit er diese sichten und die für seinen Honoraranspruch wichtigen Informationen heraussuchen kann (vgl. BGH BauR 1995, 126, 128[BGH 27.10.1994 - VII ZR 217/93]; OLG Düsseldorf, a.a.O., S. 511). Da der Beklagten keine Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht vorgeworfen werden kann, war der Kläger nicht zur Schätzung berechtigt. Ein dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 28.05.1999 (BauR 2000, 915, 916) [OLG Düsseldorf 28.05.1999 - 22 U 248/98] vergleichbarer Fall liegt somit nicht vor.
Der Vortrag der Beklagten kann nicht als unsubstantiiertes Bestreiten der anrechenbaren Kosten angesehen werden. Der Hinweis des Klägers auf das Urteil des OLG Celle vom 11.11.1998 (BauR 1999, 508) greift daher nicht durch. Die Beklagte kennt als Bauherrin wohl die gesamten Baukosten der Objekte. Von der Beklagten, die nicht auf dem Bausektor tätig ist, kann jedoch nicht erwartet werden, dass sie sich mit der DIN 276 auseinandersetzt und die anrechenbaren Kosten ermittelt. Dies ist - wie oben bereits ausgeführt - Aufgabe des Klägers.
Soweit der Kläger Honoraransprüche für Zusatzleistungen geltend macht, ist sein Vortrag nicht genügend substantiiert. Der Vertrag zwischen dem Kläger und dem Beklagten ist unstreitig durch das Schreiben der Beklagten vom 22.07.1997 zu Stande gekommen, wobei der Kläger ebenfalls unstreitig seitens des Architekten der Beklagten zuvor darauf hingewiesen worden war, dass er erst dann mit seinen Arbeiten beginnen sollte, wenn ihm der Auftrag schriftlich erteilt worden sei. Soweit der Kläger geltend macht, dass ihm nachträglich Zusatzaufträge auf Grund von Änderungen in den Planungen erteilt worden seien, hat er dies trotz des Bestreitens der Beklagten und mehrerer gerichtlicher Hinweise nicht im Einzelnen weiter dargelegt. Die näheren Umstände der Erteilung der Zusatzaufträge hätten vorgetragen werden müssen. Die bloße Behauptung der Erteilung von Zusatzaufträgen reicht insoweit ebenso wenig aus wie die Vorlage von Stundenzetteln. Dies gilt vor allem auch vor dem Hintergrund, dass es nach dem Vortrag der Beklagten zu keinen - jedenfalls keinen wesentlichen - Änderungen der Planungen gekommen ist. Es wäre daher Sache des Klägers gewesen, unter Beweisantritt im Einzelnen vorzutragen, durch welche Planungsänderungen welche zusätzlichen Leistungen erforderlich geworden sind und wer die zusätzlichen Leistungen in Auftrag gegeben hat. Hieran fehlt es jedoch.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 S. 1 und 2 ZPO.