Verwaltungsgericht Oldenburg
Beschl. v. 16.09.2015, Az.: 5 B 3178/15

Zwangsgeld; Zwangsgeldandrohung; Zwangsgeldfestsetzung

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
16.09.2015
Aktenzeichen
5 B 3178/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 45068
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Für eine der Durchsetzung einer Untersagungsverfügung dienende Zwangsgeldandrohung für jeden Fall der Zuwiderhandlung fehlt es in den §§ 64 ff. Nds. SOG an einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage (Anschluss an Nds. OVG, Beschluss vom 28. Oktober 2010 - 13 ME 86/10).

Eine solche Zwangsgeldandrohung kann aber in dem Sinne teilweise aufrechterhalten werden, dass sie bei Zuwiderhandlungen jedenfalls eine (erste) Zwangsgeldfestsetzung ermöglicht, sofern die verbleibende Androhung noch hinreichend bestimmt ist, weil dem Betroffenen nur eine Verpflichtung aufgegeben worden ist.

Tenor:

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 17. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. März 2015 wird angeordnet, soweit dieser bei Zuwiderhandlungen mehr als eine Zwangsgeldfestsetzung ermöglicht. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird auf 2.250,00  EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage - 5 A 764/15 - gegen eine Zwangsgeldandrohung sowie seines Widerspruchs gegen die nachfolgende Zwangsgeldfestsetzung.

Der Antragsteller ist Landwirt und Eigentümer der Flurstücke …und …der Flur .. der Gemarkung R.. Bis 2006 befanden sich die Flächen (mit seinerzeit teilweise anderen Flurstücksbezeichnungen) im Eigentum der Firma T. M. R. K. GmbH (im Folgenden: T. GmbH), die dort Torfabbau betrieben hat. Hierzu hatte der Antragsgegner der T. GmbH mehrfach Genehmigungen zum Abbau von Torf (Bodenabbaugenehmigung) nach § 19 Abs. 1 i.V.m. § 17 Niedersächsisches Naturschutzgesetz (NNatG) a.F. (jetzt: § 10 Abs. 1 i.V.m. § 8 Niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Bundesnaturschutzgesetz (NAGBNatSchG)) erteilt, zuletzt unter dem 28. März 1995 mit einer Befristung bis zum 31. Dezember 2010.

Mit bestandskräftigem 1. Änderungsbescheid vom 16. August 2002 erteilte der Antragsgegner der T. GmbH die Plangenehmigung gem. § 119 und 128 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) unter gleichzeitiger Änderung und Erweiterung der Bodenabbaugenehmigung. U.a. die Nebenbestimmung Nr. 9.4 der Bodenabbaugenehmigung wurde wie folgt neu gefasst:

9.4.  Gewässerrandstreifen und Sukzessionsstreifen

Entlang der südlichen Grenze des Flurstückes .. ist innerhalb von 1 Jahr nach Beendigung des Abbaus parallel zum Verbandsgewässer RA-A3 auf dem o.a. abgetorften Flurstück ein 5,7 m breiter Gewässerrandstreifen anzulegen, der von jeglicher landwirtschaftlicher Nutzung ausgeschlossen und auf Dauer der natürlichen Sukzession zu überlassen ist.

Die Zugänglichkeit dieses Streifens zu dem angrenzenden Gewässer ist bereits während und auch nach Abbauende ständig zu gewährleisten. Der Gewässersandstreifen ist nach dem Abbau so herzurichten, dass dieser auch von schwerem Grabenräumgerät ständig befahren werden kann. Zu benachbarten nicht in der Abtorfung befindlichen Flächen ist der Gewässerrandstreifen ständig so anzurampen, dass diese Stelle von den Maschinen und Geräten des Unterhaltungsverbandes bei Gewässerunterhaltung problemlos passiert werden kann.

Außerdem ist dieser Streifen auf Dauer von jeglichen Bodenablagerungen, Anpflanzungen, Einzäunungen oder sonstigen Baumaßnahmen freizuhalten. Aufkommender Bewuchs kann bei Bedarf fachgerecht auf den Stock gesetzt werden.

Sollte der 5,7 m breite Gewässerrandstreifen durch die zukünftige landwirtschaftliche Nutzung der angrenzenden Fläche beeinträchtigt werden, z.B. durch wiederholtes Pflügen von Teilen dieses Streifens oder durch eine sonstige landwirtschaftliche ganz o. tlw. , ist dieser ortsüblich (mehrlagiger Zaun) von der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche auf Dauer abzuzäunen.“

2006 erwarb der Antragsteller die streitgegenständlichen Flächen von der T.  GmbH und nahm nach Beendigung des Torfabbaus und der Herrichtung der Flächen im Jahr 2008 die ackerbauliche Nutzung auf.

Im Rahmen einer Ortsbesichtigung am 28. Mai 2008 stellte der Antragsgegner fest, dass die als Gewässerrandstreifen vorgesehenen Teilareale der Flurstücke des Antragstellers durch die Einsaat von Mais in die landwirtschaftliche Nutzung überführt worden sind. Nach mehreren weiteren Ortbesichtigungen, u.a. am 26. Juni 2013, stellte der Antragsgegner fest, dass der in der Genehmigung festgelegte 5,7 m breite Gewässerrandstreifen entgegen der Nebenbestimmung Ziffer 9.4 vollständig ackerbaulich genutzt wurde (vgl. Bl. 80 f. der Beiakte).

Daraufhin drohte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 17. September 2013 an, sofern er nach der diesjährigen Aberntung des Maisaufwuchses die 5,7 m breite Fläche nicht der natürlichen Sukzession überlasse, gegen ihn „bei jedem Fall der Zuwiderhandlung, d.h. bei jeder erneuten landwirtschaftlichen Bestellung des Gewässerrandstreifens“ ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 EUR festzusetzen. Weil der Gewässerrandstreifen seit 2008 immer wieder genutzt worden sei, bestehe offensichtlich ein hohes wirtschaftliches Interesse an der Nichtbefolgung der Nebenbestimmung, welche die Höhe des Zwangsgeldes rechtfertige. Die gem. § 70 Nds. SOG erforderliche Frist sei mit der Duldung der Aberntung der Fläche in diesem Herbst ausreichend und hinreichend bestimmt.

Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller am 10. Oktober 2013 Widerspruch ein. Am 18. Oktober 2013 teilte er dem Antragsgegner mit, dass nunmehr beabsichtigt sei, den Gewässerrandstreifen einzuhalten. Mit Schreiben vom 9. Juli 2014 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass sich der Widerspruch aus seiner Sicht erledigt habe, nachdem anlässlich einer Kontrolle vor Ort am 23. Juni 2014 festgestellt worden sei, dass der Gewässerrandstreifen auf den Flurstücken …. und … ordnungsgemäß vorhanden sei und der Sukzession überlassen werde (vgl. Bl. 143 der Beiakte a.E.). Unter dem 28. Juli 2014 erwiderte der Antragsteller, der Widerspruch werde aufrechterhalten, zumindest bis eine Regelung bezüglich des - hier nicht streitgegenständlichen - westlichen Randstreifens gefunden worden sei. Die Zwangsgeldandrohung sei rechtswidrig, weil der Antragsgegner bei der Durchsetzung der Auflagen aus der Bodenabbaugenehmigung bei ihm andere Maßstäbe als bei anderen Betroffenen anwende. Während er, der Antragsteller, zur Durchsetzung von Auflagen Ordnungsverfügungen erhalte, seien derartige Verfügungen gegen das Abbauunternehmen T. GmbH betreffend den westlichen Gewässerrandstreifen nicht ergangen. Am 9. Februar 2015 hat der Antragsteller Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist (- 5 A 764/15 -).

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 2015 wies der Antragsgegner den gegen die Zwangsgeldandrohung eingelegten Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Der Antragsteller sei an die Auflage hinsichtlich der Anlegung des Gewässerrandstreifens gebunden. Da er sich in der Vergangenheit nicht dauerhaft daran gehalten habe, sei die Zwangsgeldandrohung erforderlich und der Höhe nach angemessen. Weil die Zwangsgeldandrohung rechtmäßig sei, komme es auch nicht darauf an, wie die Auflagen aus einer Genehmigung gegenüber anderen durchgesetzt werden. Zudem sei, wie der Antragstelle auch wisse, beabsichtigt, die die T. GmbH betreffende Auflage zum westlichen Gewässerrandstreifen zu ändern. Da das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei, sei es auch begründet, diese Auflage zunächst nicht in ihrer ursprünglichen Form durchzusetzen.

Im Rahmen einer weiteren Ortsbesichtigung am 30. Juni 2015 stellte der Antragsgegner eine erneute ackerbauliche Nutzung des Gewässerrandstreifens durch Einsäen von Ackergras an der Südseite der Flurstücke .. und … fest (vgl. Bl. 107 - 113 GA).

Mit 2. Änderungsbescheid zur Bodenabbaugenehmigung vom 27. Juli 2015, gegen den der Antragsteller am 19. August 2015 Widerspruch eingelegt hat, widerrief der Antragsgegner gegenüber der T. GmbH für die Westseite des Flurstücks … die Nebenbestimmungen Nr. 3.2 Satz 2 und Nr. 9.3 des 1. Änderungsbescheides und sprach gleichzeitig die Plangenehmigung nach § 68 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) für eine bereits vorgenommene Umgestaltung der östlichen Gewässerböschung in diesem Bereich aus.

Mit einem weiteren Bescheid vom 27. Juli 2015 setzte der Antragsgegner gegen den Antragsteller ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 EUR mit der Begründung fest, dieser habe gegen die Zwangsgeldandrohung vom 17. September 2013 verstoßen, indem er den Gewässerrandstreifen nicht der Sukzession überlassen, sondern vollständig ackerbaulich genutzt habe. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller am 5. August 2015 Widerspruch ein, über den - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden ist. Einen auf Aussetzung der Vollziehung des Bescheides über die Zwangsgeldfestsetzung gerichteten Antrag lehnte der Antragsgegner unter dem 10. August 2015 ab.

Der Antragsteller hat am 25. August 2015 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Der Antragsgegner habe die vorgenommene Bewirtschaftung zeitweise geduldet, so dass eine besondere Eilbedürftigkeit für die Vollziehung nicht bestehe.  Zudem sei das Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt worden, weil der Antragsgegner Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen die T. GmbH nicht eingeleitet, sondern sogar die diese betreffende Auflage aufgehoben habe.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 17. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. März 2015 sowie des Widerspruchs gegen die Zwangsgeldfestsetzung im Bescheid vom 27. Juli 2015 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er die bisherigen Ausführungen und ergänzt: Anders als bei dem westlichen Gewässerrandstreifen werde vom Antragsteller am südlichen Gewässerrandstreifen eine Kompensationsmaßnahme gefordert. Daher seien die Sachverhalte nicht miteinander vergleichbar. Auch sei eine Duldung des Zustandes nicht erfolgt. Er - der Antragsgegner - habe mehrfach versucht, eine gütliche Einigung zu erreichen. Nachdem der Gewässerrandstreifen im Frühjahr 2014 mit dem Antragsteller abgesteckt und sodann von ihm zunächst nicht  bewirtschaftet worden sei, sei davon ausgegangen worden, dass die Auflage nunmehr eingehalten werde. Als am 30. Juni 2015 festgestellt worden sei, dass dies nicht der Fall ist, sei die Festsetzung des angedrohten Zwangsgeldes erfolgt. Ein Nichteinschreiten gegen den Antragsteller würde eine unrechtmäßige Besserstellung gegenüber Dritten bedeuten, die ebenfalls Kompensationsmaßnahmen einzuhalten haben und diese auch einhalten.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 17. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. März 2015 sowie des Widerspruchs gegen die Zwangsgeldfestsetzung im Bescheid vom 27. Juli 2015 anzuordnen, hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Da nach § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 70 Abs.1 NVwVG, § 64 Abs. 4 Satz 1 Nds. SOG Rechtsbehelfe  gegen die Androhung oder Festsetzung von Zwangsmitteln keine aufschiebende Wirkung entfalten, ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung statthaft.

Der Antrag ist aber nur zu einem geringen Teil begründet.

Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung sowie des eingelegten Widerspruchs gegen die Zwangsgeldfestsetzung anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers am vorläufigen Aufschub der Vollziehbarkeit der ihn belastenden Verwaltungsakte gegenüber dem öffentlichen Interesse an deren sofortiger Vollziehbarkeit überwiegt. Dies ist hier der Fall, weil sich bei der im Eilrechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage sowohl die Androhung als auch die Festsetzung des Zwangsgeldes aller Voraussicht nach als rechtswidrig erweisen und auch sonst öffentliche Interessen am Sofortvollzug das Aussetzungsinteresse des Antragstellers nicht überwiegen.

Die angefochtenen Maßnahmen sind nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung nur insoweit rechtswidrig, als die Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 17. September 2013 eine Zwangsgeldfestsetzung bei mehr als einem Fall der Zuwiderhandlung ermöglicht; im Übrigen sind sie nicht zu beanstanden.

Gem. § 64 Abs. 1, 1. Alt. Nds. SOG kann ein Verwaltungsakt, der auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist.

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der ursprünglich an die T. GmbH gerichtete 1. Änderungsbescheid vom 16. August 2002 zur Bodenabbaugenehmigung mit der darin enthaltenen Verpflichtung, einen 5,7 m breiten Gewässerrandstreifen am südlichen Rand der Flurstücke der natürlichen Sukzession zu überlassen, die der Antragsgegner mit Zwangsmitteln durchzusetzen beabsichtigt, ist bestandskräftig und wirkt gem. § 10 Abs. 4 Satz 3 NAGBNatSchG i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 NAGBNatSchG, § 17 NNatG a.F. auch für und gegen den Antragsteller als Rechtsnachfolger der T. GmbH. Auf die Rechtmäßigkeit eines unanfechtbaren Grundverwaltungsaktes kommt es im Vollstreckungsverfahren nach §§ 64 ff. Nds. SOG nicht an (Nds. OVG, Beschluss vom 7. Dezember 2010 - 11 LA 446/08 -, juris); sie wird von dem Antragsteller aber auch nicht angezweifelt.

§ 64 Abs. 1 Nds. SOG räumt der Behörde bei der Frage, ob sie einen Verwaltungsakt zwangsweise durchsetzen will, einen Ermessensspielraum ein. An die Betätigung des Ermessens sind indes keine allzu hohen Anforderungen zu stellen, so dass im Fall des Vorliegens der Vollstreckungsvoraussetzungen nur in - hier nicht vorliegenden - atypischen Ausnahmefällen weitergehende Erwägungen von der Behörde anzustellen sind (VG Oldenburg, Beschluss vom 18. August 2015 - 7 B 2944/15 -).

Eine unzulässige Ungleichbehandlung des Antragstellers insbesondere mit der T. GmbH ist nicht ersichtlich. Es handelt sich nicht um vergleichbare Sachverhalte. Während hier die Erhaltung eines Gewässerrandstreifens an der südlichen Flurstücksgrenze als Kompensationsmaßnahme für Eingriffe in die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes durch die Gewässerumgestaltung der Verbandsgewässer Ra-A3 und durch die Aufhebung der Flurstücksgrenzgräben entlang der nord- und östlichen Seite der Torfabbaufläche in Rede steht, handelt es sich bei den Nebenbestimmungen 3.2 und 9.3 der Bodenabbaugenehmigung nicht um Maßnahmen zur Kompensation, sondern zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes der Böschung an der Westseite des Flurstücks …. Ohne dass es hier entscheidungserheblich auf die Rechtmäßigkeit des 2. Änderungsbescheides vom 24. Juli 2015 ankommt, mit dem der Antragsgegner diese Nebenbestimmungen widerrufen hat, lassen sich diesem sachliche Erwägungen entnehmen, die - u.a. gestützt auf eine fachgutachterliche Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Niedersachsen - den Antragsgegner im Ergebnis dazu bewogen haben, auf die Herstellung einer höhenungleiche Böschung zu verzichten und die diesbezüglichen Nebenbestimmungen der Bodenabbaugenehmigung zu widerrufen. Zur Begründung führt der Antragsgegner aus, dass die ursprünglich vorgesehene Böschung am westlichen Rand des Flurstücks … weder eine naturschutzfachliche noch eine bodenabbaurechtliche Funktion habe und nach Auffassung der Landwirtschaftskammer auch bei der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Fläche von Nachteil sei.

Soweit der Gewässerrandstreifen gemäß Nr. 9.4 auch auf dem Flurstück … des Herrn O. einzuhalten ist, hat der Antragsgegner - u.a. belegt durch die Lichtbildaufnahmen (Bl. 107 - 113 der GA) - wiederholt festgestellt, dass der Eigentümer dort die natürliche Sukzession auf dem Gewässerrandstreifen duldet, so dass insoweit bereits keine Grundlage für ein vollstreckungsrechtliches Vorgehen gegen Herrn O. und damit auch keine unzulässige Ungleichbehandlung besteht.

Einer Vollstreckung stehen entgegen der Auffassung des Antragstellers auch keine frühere vertrauensschutzbildende Duldung durch den Antragsgegner entgegen, da sich allein daraus, dass eine Behörde einen illegalen Zustand über einen längeren Zeitraum (passiv) hinnimmt, grundsätzlich kein Vertrauenstatbestand des Ordnungspflichtigen dahingehend begründet, der illegale Zustand werde auch künftig hingenommen werden (OVG Münster, Beschluss vom 1. Juli 2011 - 2 B 740/11 -, juris).

Abgesehen davon hat der Antragsgegner den Antragsteller nach Bekanntwerden des Eigentümerwechsels wiederholt über die Pflichten in Bezug auf den Gewässerrandstreifen belehrt. U.a. hat der Antragsgegner den Antragsteller im Rahmen einer Ortsbesichtigung am 29. Mai 2008 über den rechtlichen Rahmen der Folgenutzung informiert und ihn am 25. Juni 2008 zudem schriftlich unter Beifügung der Bodenabbaugenehmigung und der Änderungsbescheide hierzu unterrichtet. Dabei wurde ihm bereits mitgeteilt, dass die - bereits ins Werk gesetzte - landwirtschaftliche Nutzung des 5,7 m breiten Gewässerrandstreifens unzulässig ist. Der Antragsgegner hat aufgrund der Nichteinhaltung des Gewässerrandstreifens gegen den Antragsteller zudem ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet und weitere Gespräche zur Herbeiführung einer gütlichen Einigung durchgeführt, so dass von einer faktischen Duldung keine Rede sein kann. Eine besondere Eilbedürftigkeit ist im Übrigen entgegen der Auffassung des Antragstellers keine Voraussetzung für die Vollstreckung nach § 64 Abs. 1 Nds. SOG.

Allerdings ist eine der Durchsetzung einer Duldung oder Unterlassung dienende und nach § 70 Abs. 1 Nds. SOG erforderliche Zwangsgeldandrohung „für jeden Fall der Zuwiderhandlung“ nach der Rechtsprechung des 13. Senates des Nds. Oberverwaltungsgerichts, der die Kammer folgt, nach niedersächsischem Landesrecht aller Voraussicht unzulässig, weil es hierfür an einer entsprechenden ausdrücklichen Regelung fehlt (vgl. ausführlich: Beschluss vom 28. Oktober 2010 - 13 ME 86/10 -, Rn. 5 - 7 nach juris, unter Verweis auf BVerwG,Gerichtsbescheid vom 26. Juni 1997 - 1 A 10.95 -, juris).

Der dem entgegenstehenden Auffassung des 1. Senates des Nds. Oberverwaltungsgerichts (Urteil vom 21. August 2002 - 1 LB 3335/01 -, juris, zu §§ 64 ff. NGefAG), der die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund anderer rechtlicher Vorgaben in § 13 Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (VwVG) auf niedersächsisches Recht für nicht übertragbar hält, ist der 13. Senat in seiner Entscheidung mit überzeugenden Argumenten entgegengetreten.

Hinzuzufügen ist insoweit allein, dass der Umstand, dass in früherer Gesetzesfassung die Möglichkeit zu gestaffelter Androhung gesteigerter Zwangsgelder für fortdauernde Zuwiderhandlungen gegen ein und dasselbe Verbot ausdrücklich geregelt war (§ 35 Abs. 4 Satz 2 NSOG vom 21. März  1951, GVBl. S. 79, lautete: „Bei Ordnungsgeboten kann das Zwangsmittel für jeden Fall der Nichtbefolgung festgesetzt werden.“) und diese Regelung bei Schaffung des NSOG vom 17. November 1981 nicht wieder aufgenommen worden ist, gegen die Annahme spricht, der Gesetzgeber habe diesen Grundsatz für die nachfolgenden Gesetzesfassungen übernehmen wollen. Dass Grundlage für das seinerzeit neu geschaffene Zwangsmittelrecht der Musterentwurf für ein einheitliches Polizeigesetz des Bundes und der Länder (MEPolG) - ausgearbeitet von der Ständigen Konferenz der Innenminister - war, der sich bei den Regelungen von Maßnahmen zur zwangsweisen Durchsetzung von Ge- und Verboten an dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Landes Baden-Württemberg vom 12. März 1974 orientiert hat, das eine entsprechende Vorschrift nicht enthielt, ändert daran nichts, zumal andere Länder, etwa Bremen und Rheinland-Pfalz, trotz Anlehnung ihrer Polizeigesetze an den Musterentwurf eine entsprechende Regelung enthalten. Obwohl sich, wie der 1. Senat in seiner Entscheidung konstatiert hat (a.a.O., Rn. 35), der mit der Neuregelung des Polizeirechts im Jahre 1981 gehegte Wunsch des niedersächsischen Gesetzgebers, die Landesvollstreckungsregelungen zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit und Ungewissheit des Bürgers vor den verschiedenen Landesregelungen und zum Vorteil der gesetzesanwendenden Beamten und Behörden zu vereinheitlichen, nicht erfüllt habe, hat der niedersächsische Gesetzgeber trotz mittlerweile mehrfacher Gesetzesneufassungen zu einer entsprechenden Änderung und Wiederaufnahme der seinerzeitigen Vorschrift keinen Anlass gesehen. Eine entsprechende Auslegung der Vorschrift, dass trotz Fehlens einer solchen Regelung die Androhung eines Zwangsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung zulässig wäre, wie sie der 1. Senat des Nds. Oberverwaltungsgerichts in seiner Entscheidung vorgenommen hat (a.a.O., Rn. 33), ist daher nicht zulässig und scheidet wegen eines Verstoßes gegen den Verfassungsgrundsatz des Vorbehalts des Gesetzes aus.

Allerdings kann die Androhung des Zwangsgeldes hier in dem Sinne teilweise aufrechterhalten werden, dass sie bei Zuwiderhandlungen jedenfalls eine Zwangsgeldfestsetzung ermöglicht, wie sie mit Bescheid vom 27. Juli 2015 auch erfolgt ist (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 35 nach juris). Da dem Antragsteller in der Zwangsgeldandrohung vom 17. September 2013 auch nicht mehrere, sondern ausdrücklich nur eine Verpflichtung aufgegeben worden ist, nämlich den Gewässerrandstreifen künftig der natürlichen Sukzession zu überlassen, ist die verbleibende Androhung auch noch hinreichend bestimmt.

Die auf der - für den ersten Fall der Zuwiderhandlung rechtmäßigen - Zwangsgeldandrohung beruhende Zwangsgeldfestsetzung vom 27. Juli 2015 ist voraussichtlich nicht zu beanstanden. Mit der erneuten ackerbaulichen Nutzung des Gewässerrandstreifens durch Einsäen von Ackergras im Jahr 2015 nach zuvor - im Bescheid vom 17. September 2013 ausdrücklicher zugelassener - Aberntung des Maisaufwuchses liegt eine erste Zuwiderhandlung gegen die dem Antragsteller aufgegebene Verpflichtung, die streitgegenständliche Fläche von jeglicher landwirtschaftlichen Nutzung auszuschließen und der natürlichen Sukzession zu überlassen, vor.

Die Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes wurde vom Antragsteller nicht angegriffen. Mit 3.000,00 EUR bewegt sie sich im unteren Rahmen des § 67 Abs. 1 Satz 1 Nds. SOG und begegnet daher keinen rechtlichen Bedenken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und Nr. 1.7.1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage Heft 2/2013, S. 57). Bei der Zwangsgeldfestsetzung ist demnach die Höhe des Betrags maßgeblich (3.000,00 EUR), bei der Androhung die Hälfte des Betrages (1.500,00 EUR). Der Gesamtbetrag (4.500,00 EUR) ist gem. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren, zumal keine Vorwegnahme der Hauptsache erstrebt war und auch sonst keine Besonderheiten einen höheren Ansatz rechtfertigen.