Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 03.11.1993, Az.: 3 U 239/92
Verjährung eines Rückzahlungsanspruchs eines Darlehens; Staffelmäßige Berechnung von Zinsen eines Darlehens; Anwendbarkeit des § 197 BGB a.F. auf Ratenkreditverträge
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 03.11.1993
- Aktenzeichen
- 3 U 239/92
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1993, 15480
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1993:1103.3U239.92.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hildesheim - 15.10.1992 - AZ: 5 O 89/92
Rechtsgrundlagen
- § 607 BGB a.F.
- § 67 Abs. 1 VVG
- § 222 Abs. 1 BGB a.F.
- § 197 BGB a.F.
- § 12 Abs. 2 VerbrKrG a.F.
- § 242 BGB
Fundstelle
- MDR 1994, 157-158 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreitverfahren
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 13. Oktober 1993
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
den Richter am Oberlandesgericht ...
und den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 15. Oktober 1992 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.500,00 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines Restdarlehns in Anspruch. Der Kläger nahm gemeinsam mit Frau ... am 28.11.1983 bei der ... bank ... ein Darlehen über 12.432,42 DM zuzüglich Zinsen und Bearbeitungsgebühr, insgesamt 13.945,55 DM, auf. Das Darlehen war abgesichert durch einen zur Sicherheit übereigneten Pkw und eine Kreditversicherung der Klägerin.
Gezahlt wurden nur drei Raten in Höhe von insgesamt 1.500,00 DM. Nach Verwertung der Sicherheit und Abzug des Rediskonts verblieb eine Restschuld von 8.545,73 DM, auf die die Klägerin der ... bank 6.836,59 DM zahlte. Im Gegenzug trat die ... bank der Klägerin ihre Ansprüche gegen den Beklagten ab. In der Schadensanzeige teilte die ... bank mit, der Beklagte sei unbekannt verzogen und nicht einmal von seiner Frau auffindbar. Mit weiterem Schreiben vom 16.04.1985 unterrichtete die ... bank die Klägerin, daß die Zwangsvollstreckungen gegen Frau ... fruchtlos verlaufen seien. Ferner fügte die ... bank eine Mitteilung des Einwohnermeldeamts der Gemeinde ... bei, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Die Klägerin verlangt aus übergegangenem und abgetretenem Recht Zahlung der Restschuld. Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe versucht, sich durch permanenten Wohnsitzwechsel dem Zugriff der Klägerin zu entziehen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 8.545,73 DM nebst 9,5 % Zinsen seit dem 01.01.1988 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat behauptet, er habe sich bei jedem Wohnsitzwechsel neu angemeldet.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klageforderung sei nach § 197 BGB verjährt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie hat am 14.12.1992 einen mit "Fristverlängerungsantrag und Berufungsbegründung" vorgelegten Schriftsatz vorgelegt, mit dem sie die Berufung zunächst begründet und um Fristverlängerung gebeten hat, um noch dazu vortragen zu können, aus welchen Gründen offenbar in der Zeit von 1985 bis 1992 kein Gerichtsverfahren gegen den Beklagten anhängig gemacht worden ist, ferner, um endgültig über die Durchführung der Berufung zu entscheiden. Die Frist ist antragsgemäß bis zum 14.01.1993 verlängert worden. Eine weitere Berufungsbegründung ist nicht eingegangen.
Die Klägerin ist der Auffassung, § 197 BGB sei für den Tilgungsanteil beim Ratenkredit nicht anwendbar. Darüber hinaus handele der Beklagte treuwidrig, wenn er sich auf die Verjährung berufe, nachdem sein Wohnsitz längere Zeit nicht zu ermitteln gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und nach dem erstinstanzlichen Klagantrag zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er hält die Berufung für unzulässig, weil die Klägerin diese nicht innerhalb der Frist ergänzend begründet hat. Hilfsweise beruft er sich weiterhin auf den Eintritt der Verjährung und verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung ist zulässig.
Die Klägerin hat die Berufung innerhalb der Frist des § 519 Abs. 2 Satz 2 ZPO begründet. In der Berufungsbegründung vom 14.12.1992 ist den Anforderungen des § 519 Abs. 3 ZPO entsprechend erklärt, inwieweit das Urteil angefochten wird; ferner sind die Berufungsgründe aufgeführt. Unschädlich ist, daß die Klägerin sich eine weitere Frist für ergänzendes Vorbringen hat einräumen, letztlich aber ungenutzt verstreichen lassen. Schon aus der Berufungsbegründung ergibt sich mit der notwendigen Klarheit, in welchem Umfang das Verfahren in zweiter Instanz weitergeführt werden soll. Erachtete man darüber hinaus wegen des Verstreichenlassens der Frist für weiteres Vorbringen die Berufung für unzulässig, so wäre dies eine mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbare Förmelei (vgl. für den Einspruch BVerfG NJW 1993, 1635, 1636 [BVerfG 02.03.1993 - 1 BvR 249/92]).
II.
Die Berufung ist nicht begründet. Der Anspruch der ... bank auf Rückzahlung des Darlehns nebst Zinsen aus § 607 Abs. 1 BGB steht der Klägerin in Höhe von 6.836,59 DM aus übergegangenem Recht gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG und wegen des weitergehenden Betrages aus abgetretenem Recht zu. Der Beklagte ist jedoch nach § 222 Abs. 1 BGB berechtigt, die Leistung zu verweigern, weil der Anspruch verjährt ist. Der Senat schließt sich der in Rechtsprechung und Literatur überwiegend vertretenen Auffassung an, wonach der Tilgungsanteil in den zur Rückzahlung eines Konsumentenkredits zu leistenden Raten der kurzen Verjährung des § 197 BGB unterliegt (OLG Hamm NJW 1990, 1672 [OLG Hamm 28.03.1990 - 11 U 144/89], OLG Stuttgart WM 1992, 864 [OLG Stuttgart 23.07.1991 - 6 U 10/91][OLG Stuttgart 23.07.1991 - 6 U 10/91], Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Aufl. Rdnr. 1332 a, Palandt/Heinrichs, 52. Aufl. § 197 BGB Rdnr. 5, Soergel/Walter, 12. Aufl. § 197 BGB Rdnr. 8, Münch.Komm./von Feldmann, 3. Aufl. § 197 BGB Rdnr. 2, AK-BGB/Kohl, § 197 BGB Rdnr. 4, Beining, NJW 1990, § 1464 ff; a.A. dagegen LG Krefeld NJW 1991, 2026 [LG Krefeld 12.04.1991 - 1 S 128/90], Keßler in WuB I E 2 b. - 7.92, Eckert in WuB I E 2 b. 17.90, Schwachheim NJW 1989, 2026 ff [BGH 04.11.1988 - 1 StR 262/88]).
1.
Nach § 197 BGB verjähren in vier Jahren die Ansprüche auf Rückstände von Zinsen mit Einschluß der als Zuschlag zu den Zinsen zum Zwecke allmählicher Tilgung des Kapitals zu entrichtenden Beträge. Zuschlag zu den Zinsen in diesem Sinne ist auch der Tilgungsanteil in den Raten eines Konsumentenkredites. Dieser Kredit unterscheidet sich dadurch von anderen Kreditformen, daß die in der Regel als Kreditgebühren bezeichneten Zinsen nicht staffelmäßig von dem jeweils noch geschuldeten Restkapital sondern von vornherein nach einem gleichbleibenden monatlichen Satz vom ursprünglichen Kreditbetrag berechnet werden. Aus der Gesamtsumme von Kapital, Kreditgebühren und Kosten werden sodann einheitliche Zahlungsraten gebildet. Jede Rate enthält einen dem Verhältnis der Gesamtbeträge entsprechenden Kapital- und Kostenanteil (BGHZ 91, 55, 58) [BGH 05.04.1984 - III ZR 2/83]. Obwohl damit der in den Raten enthaltene Kapitalanteil regelmäßig höher ist als der auf Zinsen und Kosten entfallende Anteil, widerspricht es nicht dem Wortlaut des § 197 BGB, den zur Tilgung bestimmten Anteil unter den Begriff des Zuschlags zu den Zinsen zu fassen. Dieser Begriff setzt nämlich nicht notwendig ein bestimmtes Größenverhältnis zwischen Zinsen und Zuschlag voraus (OLG Hamm NJW 1990, 1672, 1673 [OLG Hamm 28.03.1990 - 11 U 144/89]; Canaris Rdnr. 1332 a, Staudinger/Dilcher, 12. Aufl., § 197 BGB Rdnr. 4, AK-BGB/Kohl a.a.O.).
Wäre dagegen ein entsprechendes Stufenverhältnis zwischen Zinsen und Zuschlag Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 197 BGB, so würde dies zu im Einzelfall nicht vorhersehbaren und kaum nachvollziehbaren Ergebnissen führen. Für das typische Annuitätendarlehn, bei dem der Zinsanteil anfangs weit überwiegt und im Laufe der Zeit schließlich hinter dem Tilgungsanteil zurücktritt, würden je nach dem Verhältnis zwischen den einzelnen Anteilen für die Raten unterschiedliche Verjährungsfristen gelten. Selbst für den Ratenkredit könnte die Verjährung uneinheitlich sein und davon abhängen, ob die einzelnen Raten oder die vorzeitig fällig gestellte Restschuld geltend gemacht werden. Die Fiktion des über die Gesamtlaufzeit gleichbleibenden Verhältnisses von Kapital und Kosten in den einzelnen Zahlungsraten gilt nämlich nur, wenn der Kredit vereinbarungsgemäß zurückgezahlt wird. Kommt der Schuldner in Verzug und kündigt das Kreditinstitut den Kredit, so sind die Zinsen staffelmäßig zu berechnen. Dieses bisher von der Rechtsprechung aufgestellte Gebot (BGHZ 91, 55, 58 ff) [BGH 05.04.1984 - III ZR 2/83] gilt gemäß § 12 Abs. 2 Verbraucherkreditgesetz für die ab dem 01.01.1991 abgeschlossenen Kreditverträge kraft Gesetzes. Bei staffelmäßiger Berechnung ist der Zinsanteil zu Beginn der Darlehnslaufzeit höher und sinkt mit fortschreitender Tilgung immer weiter ab (BGH a.a.O.).
Es wäre letztlich für jede Form des verzinslichen Darlehns im Einzelfall zu prüfen, ob die jeweiligen Raten der kurzen oder der langen Verjährung unterliegen. Dieses Ergebnis widerspräche dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsfrieden, dem gerade bei der Anwendung von Verjährungsvorschriften besondere Bedeutung zukommt (vgl. in anderem Zusammenhang OLG Hamm WM 1993, 1842, 1843 [OLG Hamm 02.12.1992 - 31 U 165/92]) [OLG Hamm 02.12.1992 - 31 U 165/92]. Eine derart komplizierte Verjährungsregelung wäre weder im Interesse des Verbrauchers noch im Interesse der Kreditinstitute.
Im Interesse des Verbraucherschutzes ist aber auch aus einem anderen Grunde eine einheitliche Anwendung des § 197 BGB geboten. Würden nämlich die Tilgungsanteile in den Teilzahlungskreditraten aus dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift herausgenommen, so hätten es die Banken in der Hand, durch die Gestaltung des Kreditvertrages die Verjährungsfrist zu verlängern. Der Verbraucher ist jedoch beim Ratenkredit nicht weniger schutzbedürftig als bei anderen Darlehen.
2.
Auch vom Sinn der Vorschrift her erscheint es geboten, § 197 BGB auf den Tilgungsanteil in den Raten von Teilzahlungskrediten anzuwenden. Zweck des § 197 BGB ist es zu verhindern, daß regelmäßig wiederkehrende Einzelforderungen des Gläubigers sich mehr und mehr ansammeln und schließlich einen Betrag erreichen, dessen Aufbringung in einer Summe dem Schuldner immer schwerer fällt (BGHZ 98, 174, 184[BGH 10.07.1986 - III ZR 133/85] m.w.N.). Unter diesem Gesichtspunkt ließe sich zwar gegen eine Anwendung des § 197 BGB auf den Tilgungsanteil in den Kreditraten einwenden, daß bezüglich des Nettokapitals ein solches Schutzbedürfnis des Schuldners gar nicht gegeben sei, weil die Nettokreditsumme von Anfang an feststeht (LG Krefeld a.a.O. S. 2027). Allein aus diesem Grunde ist ein Schutzbedürfnis jedoch nicht zu verneinen. Denn es soll beim Ratenkredit dem Schuldner gerade die Möglichkeit gegeben werden, den typischerweise alsbald verbrauchten Kredit aus seinem laufenden Einkommen in regelmäßigen Raten mit den Zinsen zurückzuzahlen (OLG Hamm a.a.O.). Sammeln sich durch den Verzug des Schuldners immer mehr Raten an, so macht es für die Schwierigkeiten, die ihm die Aufbringung der rückständigen Raten in einer Summe bereitet, keinen Unterschied, ob es sich insoweit um Restkapital oder um Zinsen handelt. Ohnehin wird der durchschnittliche Schuldner, der einheitliche Raten zu zahlen hat, eine Unterscheidung zwischen Zins und Tilgung gar nicht treffen.
Ferner beruht die Regelung des § 197 BGB darauf, daß es gerade bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen oft sehr schwer ist, sichere Feststellungen für eine bis zu 30 Jahre zurückliegende Zeit zu treffen (BGHZ 98, a.a.O.). Insoweit wird von den Gegnern der kurzen Verjährung eingewandt, es könne nicht davon ausgegangen werden, daß bei Laufzeiten von 4 bis 6 Jahren eine Sachverhaltsaufklärung erschwert werde (Kessler a.a.O.). Dagegen spricht, daß bei Nichtanwendung des § 197 BGB den Kreditinstituten nicht nur 4 bis 6 sondern 30 Jahre Zeit gegeben würde, ihre Forderungen geltend zu machen. Innerhalb dieses Zeitraums können sich erhebliche Schwierigkeiten ergeben, die erbrachten Zahlungen im einzelnen darzustellen und nachzuweisen. Nach den Erfahrungen des Senats sind häufig schon nach wesentlich kürzerer Zeit von den Banken nachvollziehbare Abrechnungen nicht mehr oder nur mit großen Schwierigkeiten zu erhalten. Die Schuldner sind um so weniger in der Lage, nach Ablauf mehrerer Jahre noch darzulegen, in welchem Umfang sie Zahlungen erbracht haben. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, daß ein Kreditinstitut sich erst nach längerer Zeit entschließt, einen Schuldner in Anspruch zu nehmen, wenn die Verjährungsfrist entsprechend lang ist. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn ein ursprünglich auf Jahre hinaus zahlungsunfähiger Schuldner durch eine Erbschaft nach längerer Zeit zahlungskräftig wird, so daß eine Inanspruchnahme lohnend erscheint.
3.
Die historische Auslegung steht der Anwendung des § 197 BGB auf diesen Fall nicht entgegen. Diese Auslegungsmethode bietet allerdings nur eingeschränkte Erkenntnismöglichkeiten, weil der Ratenkredit in seiner heutigen Form dem damaligen Gesetzgeber noch gar nicht bekannt war. Die bankmäßige Teilzahlungsfinanzierung setzte in Deutschland erste Mitte der zwanziger Jahre ein (Hagenmüller/Diepen, Der Bankbetrieb, 9. Aufl., S. 448). Die ersten Teilzahlungskreditinstitute entstanden erst allmählich nach dem Ersten Weltkrieg (Löffelholz-Müller, Banklexikon, 9. Aufl. Stichwort "Ratenkredit").
Den Gesetzgebungsmaterialien ist zu entnehmen, daß der historische Gesetzgeber offenbar nur das Hypothekarkreditgeschäft, und hier primär die nicht-annuitätische, jedoch ratierliche Tilgung im Auge hatte. Die heutige Fassung des § 197 BGB geht auf einen Änderungsantrag zurück, der in seiner endgültigen Fassung wie folgt lautete:
"Zu den Zinsen im Sinne dieser Vorschrift gehören auch die als Zuschlag zu den Zinsen zur allmählichen Berichtigung des Kapitals (der Hauptforderung) zu zahlenden Beträge." (Mugdan, Materialien, S. 778)
Die Mehrheit nahm diesen Antrag mit der Begründung an, "von dem ... theoretischen Unterschiede (zwischen Zinsen und Amortisationsrenten) sei jedoch dann abzusehen, wenn die Theilzahlungen den Zinszahlungen derart assimilirt seien, daß nach der Auffassung des Verkehres und besonders auch nach der Auffassung der Betheiligten dieser Unterschied völlig verschwinde. Diese Voraussetzung treffe aber in denjenigen Fällen zu, wo ein nach Prozenten bestimmter Zuschlag zu den Zinsen zum Zwecke der allmählichen Tilgung eines Kapitals stipulirt sei. Hierzu komme, daß die im § 157 (jetzt § 197) normirte vierjährige Verjährungsfrist, abgesehen von den in den Mot. erwähnten wirtschaftlichen und rechtspolizeilichen Gesichtspunkten, auch auf einer zu Gunsten des Schuldners stattfindenden Zahlungspräsumtion hinsichtlich älterer Zinsrückstände beruhe, und daß kein Grund vorliege, die gleiche Präsumtion nicht auch hinsichtlich der Amortisationsrenten Platz greifen zu lassen. Eine Gefährdung der Gläubiger sei endlich aus der Einbeziehung der Annuitäten in die verjährige Verjährungsfrist nicht zu befürchten. In Betracht kämen fast ausschließlich die großen Kreditinstitute. Diese seien jedoch in der Lage, vertragsmäßig an die nicht pünktliche Entrichtung der Annuitäten die Fälligkeit des gesamten Kapitales zu knüpfen ..." (Mugdan, a.a.O. S. 779). Daraus ergibt sich, daß zumindest für Kredite mit nicht-annuitätischer, jedoch ratierlicher Tilgung der Gesetzgeber die Verjährung des Kapitalanteils für sinnvoll hielt. Es spricht somit von der historischen Auslegung her nichts dagegen, auch beim Ratenkredit den Kapitalanteil der kurzen Verjährung zu unterwerfen.
4.
Gegen die Anwendung des § 197 BGB ist letztlich nicht einzuwenden, daß das Kreditinstitut die vierjährige Verjährungsfrist leicht umgehen kann, indem es Zins- und Kapitalforderung getrennt abrechnet (OLG Hamm a.a.O. S. 1673, Canaris Rdnr. 1332 a, Soergel/Walter a.a.O., Staudinger/Dilcher, a.a.O.). Denn das gilt für alle unter § 197 BGB fallende Darlehen.
Der Anspruch der Klägerin ist damit verjährt. Da der Kredit bereits im Jahr 1985 fällig gestellt wurde, ist die Verjährung mit Ablauf des 31.12.1989 eingetreten. Die Verjährung erfaßt neben Zinsen und Kapital auch die in den einzelnen Raten enthaltenen Anteile der Bearbeitungsgebühr sowie die auf die Raten angefallenen Verzugszinsen (OLG Hamm a.a.O. m.w.N.).
5.
Die Berufung auf den Eintritt der Verjährung ist nicht treuwidrig. Der Beklagte könnte zwar möglicherweise nach § 242 BGB gehindert sein, die Einrede der Verjährung zu erheben, wenn er sich durch ständige Umzüge dem Zugriff der Klägerin entzogen hätte. Dafür mögen die Mitteilungen der Raiffeisenbank vom 15.03. und 16.04.1985 sprechen. Die Klägerin hat jedoch nicht nachgewiesen, was sie seitdem unternommen hat, um die Adresse des Beklagten ausfindig zu machen, insbesondere ob die weitere Verfolgung des Anspruchs unter der von der Gemeinde ... mitgeteilten Adresse in ... Erfolg gehabt hat.
Andererseits hat der Beklagte vorgetragen, er sei zwar häufiger umgezogen, habe sich jedoch ständig umgemeldet. Hierfür spricht, daß die Klägerin letztlich doch die Adresse des Beklagten herausbekommen hat.
III.
Nach alledem war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gemäß § 546 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Streitwertbeschluss:
Wert der Beschwer: 8.545,73 DM.